
BAHNHOF OHLE
Plettenberg-Ohle. den 1 Nov. 1904
„Bahnhof Ohle“ ein Provisorium wie vor sechzig Jahren
Dieser bescheidene Aufenthaltsraum mit Dienstzimmer und notwendigsten Anbauten hat sich seit der Einrichtung des Haltepunktes Ohle vor sechzig Jahren nicht mehr verändert.
„Meine Herren, dies ist natürlich ein Provisorium!“ Es leben noch Zeugen, die diesen Ausspruch des königlich-preußischen Oberbaurats Löbbecke von der Eisenbahndirektion Elberfeld gehört 'haben. Das Ohler Bürger-Konsortium, dem diese Worte galten, hat sicherlich die Schnurrbartenden in Richtung „Es ist erreicht“ gezwirbelt und diese verdienstvollen Männer hatten allen Grund zum Zwirbeln, denn Ohle bekam seinen Bahnhof, schlichte offizielle Bezeichnung „Haltepunkt Ohle“.
Eine Bürger-Initiative war anno 1904 notwendig gewesen, um den einen Haltepunkt für Ohle zu erwirken. Pastor Haverkamp, Ortsvorsteher Mayweg und Lehrer Karl Hüser hatten die Petition im Namen aller Ohler eingereicht. Eigentlich hatten sie gar nicht mit einem Erfolg gerechnet, und um so größer war darum die Freude im Dorf, als vor sechs Jahrzehnten mit dem Bau des Bahnhofs begonnen wurde.
Genau diesen Bahnhof aber nannte der königlich-preußische Oberbaurat Löbbecke ein Provisorium. Erstens stehe er falsch und sollte eigentlich damals schon aus Personalersparnisgründen mit dem Block Ohle zusammengelegt werden. Zweitens sei er auch nicht schön. Dem Oberbaurat aus der Zeit des Jugendstils mochte der schlichte Fachwerkbau nicht behagen, den die königlich-preußische Bahn damals für Ohle als ausreichend befunden hatte. Kein buntverglastes Bogenfenster wie in Werdohl gab dem Innenraum so etwas wie sakrale Würde. In dem Viereck boten sich die Fenster dieses noch schlichteren Wartesaales dar, während im benachbarten Eiringhausen die Wartesaalfenster mit ihren maurischen Bogen das Auge des rauschebärtigen Beschauers seiner Zeit entzückten. Überhaupt, es mangelte diesem Bahnhof ganz und gar die damals so schöne schwarzberußte Bahnhofs-Gotik. Nun, den Ohlern war das zunächst gleich, sie bekamen jedenfalls ihren Bahnhof. Selbst dass er rot war, störte sie nicht, und schließlich, es war ja nur ein Provisorium. Ein königlich-preußischer Baurat hatte es gesagt, und die Worte eines preußischen Beamten wogen damals etwas.
Ihr Nachfolger dieses wackeren Mannes, hol die Klage der Nachfahren!
Der Hagener Hauptbahnhof, einst Inbegriff aller Ohler Vorstellungen vom süßen Leben, hat sein Gesicht gewandelt. Den Werdohler Tuffstein-Bahnhof hat die Bundesbahn begradigt. Selbst die maurische Spitzbogen des Eiringhauser Bahnhofs sind der neuen Sachlichkeit zum Opfer gefallen. Allein, dieser so nachdrücklich als Provisorium bezeichnete Haltepunkt steht noch so da, wie vor 6 Jahren, als am 1. November 1904 der erste Personenzug dort hielt. Ach, hätten sie doch damals wenigstens im Spätbarock gebaut, wie am Plettenberger Haltepunkt, vielleicht kauften ihn uns unsere SGVer ab.
Alte Ohler wissen sogar noch welcher Zug als erster in Ohle gehalten hat. Den 1. November 1904 war just eine halbe Stunde alt, als um 0.34 Uhr hier der „Lumpensammler“ aus Hagen hielt. Schande über alle, die behaupten, schon unseren Großvätern sei es vorwiegend um diesen Zug gegangen!. Auf Jahrhunderte hinaus haben uns unseren Klugen Großvätern gegen diesen, übrigens gänzlich unberechtigten Verdacht abgesichert. Schließlich war der damalige Wortführer der Ohler Pastor höchstpersönlich! Im Übrigen handelt es sich, wie gesagt, ja nur um ein Provisorium. Ohler, das lässt uns für die nächsten Jahrzehnte hoffen!
Autor unbekannt
Die erste Fahrkarte im Ohler Bahnhof erstand Robert Achenbach am 01. Nov.1904
„Provisorium Ohle“ ist geschlossen — Abschied vom Haltepunkt am 02.06.1991
Seit Sonntag fahren in Ohle die Bundesbahn-Reisezüge durch
Nun ist es passiert.
Für das „Provisorium Ohle“ - offiziell „Haltepunkt Ohle“ ist nach dem Willen der Deutschen Bundesbahn endgültig das Aus gekommen. Wie aus Unterlagen der Familie Hüser zu ersehen ist, waren anno 1904 einige Bürger-Initiativen notwendig gewesen, um den neuen Haltepunkt in Ohle zu erwirken. Pastor Haverkamp, Ortsvorsteher Mayweg und Lehrer Hüser hatten die Petition im Namen aller Ohler eingereicht. Eigentlich hatten sie nicht mit einem Erfolg gerechnet, um so größer war die Freude im Dorf, als doch mit dem Bau des Bahnhofs begonnen wurde.
Diesen Bahnhof aber nannte der königlich-preußische Oberbaurat Löbbecke ein Provisorium. Erstens stehe er falsch, und zweitens gefiel dem Oberbaurat aus der Zeit des Jugendstils der schlichte Fachwerkbau nicht. All diese „historischen“ Überlegungen sind jedoch seit dem 2. Juni Schnee von gestern.
Seit diesem Sonntag halten in Ohle keine Personenzüge mehr. Der Aushang am ehemaligen Haltepunkt Ohle gibt nunmehr bekannt: Sehr geehrte Kunden, ab 02.06.1991 halten hier Reisezüge nicht mehr. Wir bitten, unsere Dienste ab Plettenberg oder Werdohl in Anspruch zu nehmen.“
Die Stilllegung des Haltepunktes Ohle wird von der Deutschen Bundesbahn damit begründet, dass in der vergangenen Zeit zu wenig Reisende ein- bzw. ausgestiegen sind. Für die Ohler geht mit ihrem Bahnhof nicht nur ein Stück Geschichte verloren, sondern auch eine gewisse Bequemlichkeit. Nun heißt es für den Ohler, sich nach Eiringhausen oder nach Werdohl zu begeben, um die Dienste der DB in Anspruch nehmen zu können. Leider fanden sich am Samstagabend, als um 19.59 Uhr der letzte Zug in Ohle hielt, nur eine Handvoll Interessierter ein, um diesem „historischen“ Ereignis beizuwohnen. Jetzt ist der letzte Zug abgefahren, doch können auf Wunsch immer noch Sonderzüge für größere Reisegruppen in Ohle halten.
Quellen:
Kirchenarchiv Ohle
Süderländer Tageblatt