Chronik der Stadt Plettenberg - 1950

Angefertigt im Auftrag der Stadtverwaltung Plettenberg von Albrecht von Schwartzen

November 1950

Klimaverhältnisse
Der November war bisher der niederschlagsreichste Monat in diesem Jahre. Nur 2 Tage blieben frei von Niederschlägen. Gesamtmonatsmenge 176,6 mm. Die Niederschlagshöhe war damit mehr als doppelt so hoch als der monatliche Durchschnitt mit etwa 85 mm. Größte Tageshöhe mit 27,5 mm am 3. November. Insgesamt 8 Tage mit mehr als 10 mm. Wetter sehr unbeständig. Temperaturen in der ersten Monatshälfte meist mild, später tagsüber um 2 bis 5 Grad, nachts um den Nullpunkt.

DER MENSCH ALS EINZELWESEN
Standesamtsbeurkundungen
Im November war wieder ein starker Geburtenüberschuß zu verzeichnen. Die Standesämter beurkundeten insgesamt 46 Geburten, darunter 2 Zwillingsgeburten, zusammen 29 Knaben und 17 Mädchen. Demgegenüber wurden 13 Sterbefälle registriert, 2 davon infolge Unfalls bzw. besonderer Ursache und 1 an den Folgen eines Unfalls. Das erreichte Höchstalter betrug 84 Jahre, das Durchschnittssterbealter 65,7 Jahre. Fünf der Verstorbenen wurden über 70 Jahre alt. - Die Ehefreudigkeit hielt sich mit 27 Eheschließungen auf der bisherigen Höhe.

Von unseren Alten
Frau Wwe. Therese Brockhaus geb. Scheit, Kückelheim, konnte bei voller körperlicher und geistiger Frische ihren 93. Geburtstag feiern. Die Wwe. des 1934 in den Ruhestand getretenen Ohler Pastors Hawerkamp, Elfriede geb. Wiesmann, wurde 90 Jahre alt. In ihrem 9. Jahrzehnt feierten weitere 7 Plettenberger Bürger Geburtstag: Adolf Wüst (88), Karl Melzer (84), Pauline Sembeck geb. Wosnowski (83), August Klumpe (82) und Heinrich Grewe aus der Hechmecke (82), Wilhelm Glingener aus Kückelheim und Ludwig Hirschfeld (81). - Das seltene Fest der diamantenen Hochzeit konnte in diesem Monat das Eiringhauser Ehepaar Franz Hennecke bei bestem Wohlbefinden im Kreise der Angehörigen feiern.
Mit allgemeiner Anteilnahme wurde der im öffentlichen Leben der Stadt besonders hervorgetretene Geschäftsführer der Fa. Kinkel, Walter Schwarz, zur letzten Ruhe gebettet. Auf den verschiedensten Gebieten, so im Sportleben, hatte er sich betätigt und als geschickter Organisator zur Verfügung gestellt. Ganz besonders hatte er im Vorstand der Plettenberger Schützengesellschaft mitgewirkt. 1939 erzielte er den Königsschuß und hatte die Würde des Schützenkönigs - bedingt durch die besonderen Zeitumstände - über ein Jahrzehnt bis zum September dieses Jahres inne. Er starb im Alter von 56 Jahren an den Folgen eines am Kahley am 27. Oktober erlittenen Verkehrsunfalles.
Mit ebenso herzlicher und allgemeiner Anteilnahme ging der weit über unser Stadtgebiet hinaus bekannte Otto Kettling heim. Fast 35 Jahre hindurch lenkte Otto Kettling seine Schritte an jedem Samstagabend zum Vereinslokal des MGV "Eintracht" Böddinghausen, aus dessen Geschichte er nicht mehr wegzudenken ist. 22 Jahre hindurch führte er den Vorsitz und hielt das Heft fest in der Hand. Seine Sangesbrüder ehrten ihn durch Ernennung zum Ehrenvorsitzenden.

Kriegsgefangenenbetreuung
"Die Heimat vergißt Euch nicht!" Die Organisatoren der freien Wohlfahrtspflege bereiten eine gemeinsame Weihnachtspaketaktion für deutsche Gefangene vor. Zu diesem Zweck wurden in Plettenberg zwei Annahmestellen eingerichtet.

Unglücksfälle (Verkehrsunfälle sind an anderer Stelle verzeichnet)
Am 26. November kam der 13jährige Sohn der Wwe. Hasemayer auf tragische Weise ums Leben. Wie die bisherigen Ermittlungen ergaben, haben seelische Depressionen die Mutter veranlaßt, zusammen mit ihrem Sohn aus dem Leben zu scheiden. Sämtliche Hähne des Gasherdes in der Küche hatte sie weit geöffnet. Fenster und Türen waren fest verschlossen. Das ganze Haus war mit Gas gefüllt. In die darüberliegende Wohnung war ebenfalls Gas eingedrungen und die Ehefrau Schneider mit ihrer erwachsenen Tochter mußten auch dem Krankenhaus zugeführt werden, wo sie aber bald entlassen werden konnten. Bei dem Sohn Hasemayer wurde sofort der Tod festgestellt, während die Mutter einstweilen in Gewahrsam bleiben wird, um sich schließlich wegen ihrer verruchten Tat zu verantworten. Mit Abscheu nahm die Bürgerschaft an der Tragödie teil. Unter großer Anteilnahme, besonders der unteren Klassen des Gymnasiums, wurde der Quartaner Walter Hasemayer zu Grabe getragen.

DIE GEMEINSCHAFT
a) Die Siedlungsgemeinschaft
Im gesamten Stadtgebiet hat die Bevölkerung an Zahl weiter zugenommen. Im November wurden 159 Zugänge und 94 Abgänge registriert. Danach ist ein Zuwachs von 65 Personen zu verzeichnen. Bevölkerungsstand am Ende des Monats 24.496 Einwohner. 11.571 Einwohner waren männlichen und 12.925 weiblichen Geschlechts. Nach Konfessionen geordnet setzt sich die Bevölkerung wie folgt zusammen: Protestanten 16.603 (67,8 %), Katholiken 6.631 (27,0 %), sonst. 244 (1,0 %), ohne Konfession 1.008 (4,2 %). - Der Anteil der Ostvertriebenen an der Gesamteinwohnerzahl betrug 3.699 (15,1 %) und derjenige der Evakuierten 860 (3,5 %).

Straßen und Wege
Mit der lebhaften Entwicklung des Motorfahrzeugs hat der Straßenverkehr in letzter Zeit eine derartige Steigerung erfahren, daß das vorhandene Verkehrsstraßennetz insbesondere im alten Stadtteil nicht mehr ausreicht. Die Straßen sind meist zu eng, unübersichtlich und in ihrer Linienführung unzweckmäßig. Die ungeheuer hohe Zahl der Verkehrsunfälle in den letzten Jahren ist ein besonderes Kennzeichen hierfür. Die Stadt Plettenberg hatte in den letzten Jahrzehnten keine Förderung in der Neugestaltung seiner Straßenverhältnisse erfahren. Sie ist darum hinter solchen Städten, die staatliche Mittel für den Straßenbau in Anspruch nehmen konnten, um mindestens 2 Jahrzehnte zurückgeblieben. Zum Zwecke der Schaffung besserer Verkehrsverhältnisse wurde vom Stadtbauamt eine großzügige Straßenplanung vorgenommen, die zwar vorerst infolge Fehlens der ungeheuren Mittel kaum Wirklichkeit werden wird, die jedoch bei Prüfung und Genehmigung künftiger privater und industrieller Bauvorhaben berücksichtigt wird. Die große Straßenplanung sieht im wesentlichen eine Verlegung der Reichsstraße von Leinschede über die Lenne zum Eschen, von dort über die Lenne entlang zur Lennebrücke, von dort am Sägewerk Kaiser und Böddinghausen vorbei bis zur Höhe der Straßenrampe am Kahley, weiter an der Ölmühle vorbei über den Stübel bis Brüninghausen, wo sie in die jetzige Straßenführung einmündet. Von dieser geplanten Fernverkehrsstraße soll nach Süden in Richtung Attendorn und Herscheid-Lüdenscheid eine Straße etwa in Höhe des Sägewerkes Kaiser abzweigen, die entlang der Else hinter dem Schlachthof her über den Wall führt und an der Lohmühle die Herscheider Straße überquert, dann frei in die Elsewiesen tritt und schließlich in Bremckerlinde auf die jetzige Straße nach Herscheid stößt. Von dieser geplanten Elsestraße soll ein Abzweig vom Wall aus bei Hümmler, Fischer und Geck vorbei zur Königstraße gebrochen werden, der die Verbindung zum Oestertal unter Umgehung der Pfützenhöhe herstellt. Diese großzügige Planung hat vor allem den Zweck, die Ortsteile Eiringhausen und Ohle, besonders den alten Stadtkern vom Verkehr zu entlasten und bessere Verbindungen nach Attendorn und Herscheid-Lüdenscheid zu schaffen. Soweit es die Umgehung der Altstadt betrifft, basiert dieses Projekt auf ein bereits vor dem Kriege in Angriff genommenes bzw. in allen Einzelheiten von höheren Dienststellen bearbeitetes Bauprogramm, das jedoch bei der damaligen Verknappung der Baumaterialien und Abzug aller Bauhandwerker an den Westwall nicht zur Durchführung kam.
Die Arbeiten am Ausbau der Rheinlandstraße sind derart fortgeschritten, daß zur Zeit der Anschluß des neu verlegten Kanals an den bestehenden Kanal im Grafweg ausgeführt wird. Das anhaltende Regenwetter gestaltet die Arbeiten äußerst schwierig.
Wegen des Neubaus eines Teil der Böddinghauserstraße mußte der Omnibusverkehr auf der Strecke Böddinghausen-Papenkuhle vorübergehend unterbrochen werden.

Brücken
An das im vorigen Jahr neuerbaute Brückchen über die Bommecke in Böddinghausen wurde, um diesem eine zweckentsprechende Form zu geben, ein Stück angebaut. Dadurch wurde ein "Stein des Anstoßes" endlich beseitigt.

Wohnungsbau
Der Neubau - Wohnhaus mit Büro - des Fabrikanten Otto Vieregge konnte gerichtet werden. - An dem Wiederaufbau des durch Bomben beschädigten Wohnhauses Schröder am Siesel wird emsig gearbeitet. - Das behelfsmäßige Kleinhaus von Wilhelm Vogelsang an der Sundhelle wurde geschickt zu einem Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung umgestaltet. - Der Wohn- und Geschäftsneubau Richard Apelt am Brockhauser Weg wurde bis auf die Außenputzarbeiten fertiggestellt. - Am Kirchplatz wurde das durch Kriegseinwirkungen stark beschädigte Wohn- und Geschäftshaus Hahn instandgesetzt.
Der Finanzausschuß des Altenaer Kreistages stellte aus Rückflüssen aus der Soforthilfe 230.000 DM für den Flüchtlingsneubau zur Verfügung. Die Darlehen, die nicht zu verzinsen und mit 2 Prozent zu tilgen sind, werden ausschließlich an Flüchtlinge, Sachgeschädigte, politisch Verfolgte und Besatzungsverdrängte abgegeben. Hoffentlich fällt von diesem Betrag auch eine namhafte Summe für Plettenberg ab.
Da angesichts der gestiegenen Baukosten und des Vermögensverlustes sowie bei der geringen Rentabilität des Hausbesitzes dieser aus eigener Kraft auch dringend notwendige Gebäudereparaturen vielfach nicht durchführen kann, hat das Land Nordrhein-Westfalen für dringende Instandsetzungsarbeiten Reparaturdarlehen bereitgestellt. Es sollen vorzugsweise solche Wohngebäude berücksichtigt werden, die überwiegend Kleinwohnungen mit billigen Mieten enthalten. Die Landeshilfe beträgt 50 % der Unkosten. Zinshöhe 4,5 %.
Der Bauanwärter W. Selle erhielt durch Kauf von der Stadt ein Baugrundstück zur Errichtung eines Wohnhauses in der Bermke. Mit dem Bau soll im nächsten Frühjahr begonnen werden.

Wasserversorgung, Strom, Kohle, Gas
Das Wasserversorgungsnetz an der Halle und am Silberg bereitet der Eiringhauser Wassergenossenschaft große Sorge, zumal in diesem Gebiet immer weitere Siedlungen entstehen. Der bekannte Wassersucher, Ing. Dannert, stellte eine allerdings 8 m tief liegende starke Wasserader fest, und zwar im Siemenswinkel, die nunmehr nutzbar gemacht werden soll. Mit der Abtäufung eines Schachtes an dieser Stelle ebenso mit der Ausschachtung der Zuleitung zum Sammelbehälter wurde begonnen.
Die emsig betriebenen Bauarbeiten am Hochbehälter auf dem Eschen haben durch den vorzeitigen Schlechtwettereinbruch eine starke Verzögerung erfahren. Die erste Kammer wurde bereits fertiggestellt, die zweite Kammer gegossen. Nun muß noch der Bau der beide Hochkammern verbindenden Vor- und Armaturenkammer vorgenommen werden. Die erste Kammer allein ist aus technischen Gründen nicht nutzbar. Ob sich die notwendigen Arbeiten noch vor dem Einbruch des Winters durchführen lassen, erscheint fraglich.
Ausgehend von einer geplanten Tagesproduktion von 385.000 Tonnen Kohle gab im Oktober das Bundeswirtschaftsministerium bekannt, daß die Versorgung mit Kohle für den kommenden Winter gesichert sei. Die effektive Tagesförderung blieb aber um 30.000 Tonnen hinter der geplanten Menge. Trotzdem wurden Exportverpflichtungen aufgenommen, die Vorrang genießen und unter allen Umständen erfüllt werden müssen. So stiegen Mitte November in einem wieder höchst unerfreuliche Erinnerungen auf, wenn man vor den Kohlenverkaufsstellen wieder "Schlangen" stehen sah, und zwar länger noch als in Kriegszeiten. Alte Frauen, Männer und Kinder warteten stundenlang auf einen Zentner Kohle. Viele auch vergebens. Die meisten Keller sind leer, da ein großer Teil der Bevölkerung infolge der Geldknappheit nur jeweils geringe Mengen kaufen konnte. Die Aussichten für den kommenden Winter sind damit recht trübe geworden.
Zu Gunsten der "Westfälischen Ferngas AG" in Dortmund kann Grundeigentum für den Bau einer Ferngasanschlußleitung von Himmelmert nach Herscheid enteignet werden, erklärte das Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen.
Bisher waren in Ohle nur das Ohler Eisenwerk und das Schlachthaus und die Wurstküche der Metzgerei Husemann an das Netz der Westfälischen Ferngas AG angeschlossen. Jetzt wurde mit den Erdarbeiten für zwei weitere Anschlüsse begonnen und zwar für den Bäckermeister P. Schröder und Dr. Priewe.

Volkstum, Bräuche
Nach langer Pause fand für alle Bauern aus dem Bereich der Bäuerlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaft Plettenberg wieder eine große "Bente" nach guter alter Art und zwar in Holthausen statt. Dieses Bauernfest wurde von langer Hand vorbereitet. Gemeinsames Kaffetrinken am Nachmittag, gemeinsames Abendessen und ein buntes Unterhaltungsprogramm mit Gesang, Musik und Tanz gaben den äußeren Rahmen. Die Jugendgruppe des SGV führte den Bauernschwank "De Brutschau" auf.
Der Deutsche Städtebund teilte mit: "Die auf Veranlassung des Petersbergs durch das USA-Kriegsministerium geschehenen Nachforschungen nach den 1945 als 'Siegestrophäe' mitgeführten Plettenberger Schützenfahnen blieben ergebnislos."
Der Weihnachtschor nahm Ende des Monats seine Tätigkeit wieder auf.

b.) DIE KULTURGEMEINSCHAFT
Evangelische Gemeinde
Die Evangelische Frauenhilfe Elsetal konnte in diesem Monat ihre 40-Jahrfeier feierlich begehen. - Die Eiringhauser Frauenhilfe feierte ihr 25jähriges Jubelfest mit Pfarrer Rehling, Hagen, und Frau Maria Krueger, der Leiterin des Gesamtverbandes der Ev. Frauenhilfe Deutschlands. - Auch die Oestertaler Ev. Frauenhilfe hat jetzt eine Patengemeinde in der Ostzone, deren Betreuung von allen Mitgliedern bereitswilligst aufgenommen wurde. - In allen evangelischen Gemeinden des Stadtbezirkes fanden eindrucksvolle Bach-Feiern statt. - Pfarrer Knippschild hielt einen zeitnahen Vortrag "Kirche und Remilitarisierung - Wir und die Verteidigung Westeuropas" vor einer begeisterten Zuhörerschaft.

Katholische Gemeinde
Dankbare Anerkennung fand ein vom katholischen Arbeiter- und Männerverein in Ohle veranstalteter Abend statt. - Die St. Laurentius-Gemeinde bot ihren Gemeindemitgliedern zwei interessante Vorträge: Dr. Reinhold über die Kathedralen Spaniens und Bezirkssekr. Scheid über Oberammergau. Von der St. Laurentius-Gemeinde wurde zugunsten der Patengemeinde in der Ostzone und der Bedürftigen der eigenen Gemeinde eine Weihnachtssammlung eingeleitet. Ein lange gehegter Wunsch der Gemeinde, endlich einen Marienaltar zu bekommen, ist endlich Wirklichkeit geworden. Der von dem Bildhauer Bernhard Gohla aus Lippstadt gefertigte Altar ist im goldenen Schnitt in die zur Verfügung stehende Fläche eingefügt. Sämtliche Linien des Altares kreisen um den Mittelpunkt des Altares: Christus. Im Schoße der Mutter eingebettet ergeben Knie und Hände einen Thron. Die Mutter der Barmherzigkeit blickt zu ihren Betenden nieder. Der Engel auf der rechten Seite, welcher die Krone der Madonna bringt, rundet das Altarbild mit dem Engel der linken Seite ab, der eine Opferschale trägt.

Friedhöfe
Nachdem nun endlich alle Schwierigkeiten, die sich seit vielen Jahren der Anlage eines Friedhofes in Landemert entgegenstellten, beseitigt sind, wurde den Stadtvertretern ein Entwurf zur Friedhofsordnung vorgelegt. Danach wird der Landemerter Friedhof als gemeindlicher Friedhof eingerichtet und ist damit nach Ohle der zweite Friedhof dieser Art im Stadtgebiet. Der Friedhof, der inzwischen schon entsprechend eingerichtet wurde, befindet sich im Eigentum der Stadt und ist von dieser zu unterhalten, zu verwalten und zu beaufsichtigen. - Als ein dringendes Bedürfnis erscheint die Errichtung einer Leichenhalle auf dem Oestertaler Friedhof, weshalb nunmehr die Oestertaler Nachbarschaftshilfe einen Antrag bei der evangelischen Kirchengemeinde und bei der Stadtverwaltung einzureichen beabsichtigt. - Männer und Frauen der St. Laurentius-Gemeinde arbeiteten an verschiedenen Nachmittagen auf dem Friedhofsgelände der kath. Gemeinde auf dem Hirtenböhl, um den Toten wieder eine würdige Stätte zu schaffen.

Schulwesen
Ihre zweite Lehrerprüfung bestanden die Junglehrer Heinz Fricke und Armin Born von der Martin-Luther-Schule, Erwin Brand von der evangl. Volksschule Eringhausen und Rudolf Schrick von der kath. Volksschule Plettenberg. - Der zum Rektor der evangl. Volksschule Eiringhausen gewählte Lehrer Heinrich Marl wurde vom Kreisschulrat im Beisein des Schulkollgiums und des Elternbeirats in sein neues Amt eingeführt. Die technische Lehrerin am Gymnasium, Frl. Herta Kiel, verläßt die Anstalt, um einer Berufung an die Oberschule in Oerlinghausen zu folgen. - Die Stadtverwaltung Plettenberg ist bei der in verschiedenen Schulen notwendig gewordenen Neuausstattung dazu übergegangen, an Stelle der bisher üblichen Form der Schulbänke lose Schultische und Stühle zu beschaffen. - Mit der vollständigen Renovierung der Aula des Gymnasiums, die nicht nur von den Schülern bei besonderen Anlässen benutzt wurde sondern auch häufiger Treffpunkt der Öffentlichkeit bei kulturellen und besonderen Veranstaltungen war, wurde begonnen.

Erwachsenenbildung
Die Volkshochschule Plettenberg wartete im November wieder mit einem reichhaltigen und interessanten Programm auf. Folgende Themen wurden behandelt: Frau Lise Schmidt: Lebendiges China; Robert Winners, Dtmd.: Masse und Persönlichkeit - Vermassung des Menschen in unserer Zeit; Stud.Rat Beyer: Geschichte und Kunstschätze des Kölner Doms; Frau Dr. C. Bender, Plettenberg: Die Bedeutung der Milchzähne für das bleibende Gebiß; H. W. Noth: Handschrift und Charakter; Frau Bundestagsabgeordnete Margot Kalinke: Blick hinter Bonner Kulissen.
Weiterhin fanden innerhalb des Rahmens der VHS Diskussionsabende statt: Jugend fragt die Parteien, Presse und öffentliche Meinung und Parteien diskutieren Gegenwartsfragen (Letm.).
Intendant a. D. Reinhard veranstaltete in Ohle einen heiteren Leseabend. - Im November wurde der Lehrgang "Volks- und Gemeinschaftstanz" unter der Leitung von Frl. Dietlind Schnevoigt begonnen. - Der vom Volksbildungsverein Plettenberg veranstaltete Kammermusikabend des Wuppertaler Streichtrios mit Werken von Mozart, Beethoven und Reger war ein besonderes musikalisches Ereignis.

Heimatpflege
Unser Heimatverein, die Abteilung Pletenberg des Sauerländischen Gebirgsvereins, feierte sein 60jähriges Jubelfest. Im Bettermannschen Saale fanden sich alle Freunde der Heimatsache zu einem wohlgelungenen Heimatabend, an dem u. a. auch die 50-, 40- und 25jährigen Jubiläen von 12 Mitgliedern gefeiert wurden. - Mit einer prächtigen Ebbewanderung über Windhausen, Weltringhausen, den ganzen Ebbekamm entlang, über den Rüenhardt und Nordhelle, Kolbturm und Herscheid verabschiedete sich der hiesige SGV vom Spätherbst.

Vereinstätigkeit und sonstige Veranstaltungen
Der Plettenberger MGV 1864 stellte sich durch ein großes Sänger-Konzert auf eine beachtliche Leistungsstufe. - In Eiringhausen veranstaltete der MGV 1872 sein diesjähriges Herbstkonzert. Herrlich sang der gut disziplinierte Chor unter der Leitung seines Dirigenten Hanemann und der heimische Solist, W. Vieregge, Bariton, gab sein bestes. - Der MGV Bremcke sang an einem Sonntagmorgen im Krankenhaus und bereitete den Kranken Aufmunterung und eine schöne besinnliche Stunde. Am gleichen Nachmittag wartete der Plettenberger MGV den Insassen des Wichern-Hauses mit einem Ständchen auf. - Der MGV Ohle besichtigte die Kornbranntwein-Brennerei Hidding in Ergste. Den Abschluß bildete ein feucht-fröhlicher Umtrunk.
Die Landsmannschaft Pommern hatte im Gasthof "Zum Amtsgericht" ihre erste Zusammenkunft. - Im Central-Theater erfreuten sich die beiden Vorstellungen der Süddeutschen Passions- und Kirchenfestspiele mit Calderons "Geheimnisse der heiligen Messe" eines ausgesprochen guten Besuches.
Wenig Sinn für ein gutes Schauspiel scheint man in Plettenberg zu haben. Für die Gastspiele des Westf. Landestheaters wurden nur 45 Vorbestellungen vermerkt. Eine Werbeveranstaltung zu stark ermäßigten Preisen brachte ebenfalls nicht den gewünschten Erfolg. Plettenberg scheint tatsächlich in den Ruf zu geraten, für Kultur und Kulturpflege nichts übrig zu haben.

Volksbücherei
Auf einer Tagung der Plettenberger Volksbüchereileiter wurde festgestellt, daß für die 6 städtischen Volksbüchereien am Maiplatz, Breddeschule, Lettmecke, Landemert, Pasel und Ohle für etwa 1.000 Lser rund 3.200 Bücher zur Verfügung stehen.

Bau- und Kunstdenkmäler
Dem Ehrenmal auf dem Hirtenböhl, einem Wahrzeichen unserer Stadt, droht Gefahr. Nach einer kürzlich stattgefundenen Besichtigung durch Sachverständige soll eine Instandsetzung nicht mehr möglich sein. Der schlechte bauliche Zustand war längst bekannt. Die wohl etwas unglücklich gewählte Konstruktion des Mals erfordert eine häufige Wartung, die jedoch im letzten Jahrzehnt versäumt wurde. Regen- und Schneewasser liefen von der Kugel infolge schadhafter Wasserableitung ins darunterliegende Mauerwerk und zerstörten seine Verbindung. Das Ehrenmal dürfte kaum noch zu retten sein. Für die Stadt Plettenberg ein bedauerlicher und zugleich beschämender Zustand insofern, als ihre frühere Verwaltung unbekümmert den rechtzeitig bekanntgewordenen Schäden gegenübergestanden hat. Für einen gänzlichen Neuaufbau fehlen die Mittel. Der heikle Kostenpunkt ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, daß nunmehr der in Plettenberg geplante Bau einer der größten deutschen Jugendburgen mit der Ehrenmalangelegenheit in einen Zusammenhang gebracht wird. Die Frage wurde aufgeworfen, inwieweit sich eine Jugendherberge anstelle des Ehrenmals mit Heldenverehrung verbinden läßt.

Naturschutz
Heimatfreunde legten mit Unterstützung der Stadt der uralten Hofeslinde vor dem Bauernhaus im Baddinghagen einen eisernen Verband an, um damit ein Abbrechen eines schweren Astes und ein Auseinanderreißen des alten bemoosten Baumriesen zu verhindern.

c) DIE WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT
Landwirtschaft
Nach dem Wegfall der Milchbewirtschaftung sind entgegen den weiterhin gültigen Bestimmungen Bauern dazu übergegangen, Rohmilch unmittelbar an den Milchhandel zu liefern. Wegen der bestehenden Gefahr, daß durch die Milch nicht einwandfreier Tiere schwere Gesundheitsschäden bei der Bevölkerung auftreten können, wurde die Außerachtlassung der bestehenden Bestimmungen unter schwere Strafe gestellt.

Handwerk
Der Metzgereibetrieb Müller, Kirchstraße, konnte am 15. November auf ein 100jähriges Bestehen zurückblicken. Es handelt sich bei der Firma Müller um eine alte Handwerkerfamilie, die sich durch viele Generationen hindurch dem Metzgerhandwerk zugewandt hat.

Industrie
Es konnte im allgemeinen festgestellt werden, daß die Metallindustrie ihren Beschäftigungsstand trotz teilweise sehr großer Schwierigkeiten, wie Material- und Kohlenmangel, noch hält. Auftragseingang und Auftragsbestand sind im allgemeinen übernormal, nur in ganz geringem Umfange kam es infolge Material- und Kohlenmangels zu Kurzarbeit. Leider steht zu erwarten, daß sich im Folgemonat diese Störungen noch ungünstiger auswirken und Arbeiterentlassungen nicht vermeidbar sind. - Die Firma W. Wagner zu Köbbinghauser Hammer konnte ihr 100jähriges Betriebsjubiläum feiern. - Herr Heinrich Holthaus konnte als Mitinhaber der Firma Voß & Schröder sein 40jähriges Jubiläum feiern. Als er im Jahre 1910 eintrat, bestand die Firma nur aus einer Hackenfabrik in der Blemke.

Arbeitsmarktlage
Die Arbeitsmarktlage zeigt gegenüber dem Vormonat nur eine unwesentliche Veränderung. Die allmähliche Stillegung des Bausektors konnte die Zahl der Arbeitslosen nur weniger beeinflussen, da die Metallindustrie noch weitere Einstellungen vornahm. Zahl der Arbeitslosen Ende November für den Bezirk Plettenberg, Ohle und Herscheid 105 gegenüber 114 im Oktober. Die Arbeitsmarktlage ist noch als relativ günstig zu bezeichnen.

Handel
Das Schneeballsystem, dessen sich in letzter Zeit in verstärktem Maße mehrere auswärtige Versandfirmen bedienten, wurde höheren Ortes streng verboten. Viele Plettenberger Spekulanten hatten das Nachsehen. - Der Plettenberger Einzelhandel beschloß für den Monat Dezember eine gemeinsame Werbeaktion zu Weihnachten durch eine gemeinsame Verlosung, deren Gewinne durch Sachspenden beschafft werden sollen. Eine zu diesem Zweck in Umlauf gesetzte Liste ergab bereits in den ersten Tagen Sachspenden im Wert von über 2.500 DM. Girlandenschmuck und Lichtreklame sollen dem Plettenberger Straßenbild ein weihnachtliches Gepräge geben. Zu einer gleichen Aktion entschlossen sich ebenfalls die Eiringhauser Geschäfte.

Märkte und Messen
Das äußerst ungünstige Wetter im November hatte den Marktbetrieb sehr beeinflußt. Die Umsätze an allen Markttagen waren nur mäßig. Gemüseangebot teilweise kläglich. Blumenkohl reichlich je Kopf 0,60 bis 0,90 und Rosenkohl 0,40 bis 0,50, Eier 0,23 bis 0,27 (gegen Ende des Monats 0,22 bis 0,30), Winteräpfel durchschn. 0,25 DM. Fleischwaren, Butter und Fette preislich wie im Oktober. Die sonst so dichtbesetzten Zeilen der Stände zeigten große Lücken.

c) DIE POLITISCHE GEMEINSCHAFT
Bürgermeisterwahl
Rektor Halfmann wurde aufgrund eines nahezu einstimmigen Stadtvertreterentschlusses als Bürgermeister wiedergewählt. Auch Stadtvertreter Arndt auf seinen Posten als 2. Bürgermeister wieder berufen. - Der Ohler Bezirksvorsteher Fritz Schulte-Suhr konnte sein 25jähriges Jubiläum als Bürgermeister und Bezirksvorsteher in Ohle feiern.

Die Parteien
Der BHE, Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten, gründete für Plettenberg eine selbständige Ortsgruppe. - Für die Aufstellung einer Vorschlagsliste für die Wahl von Schöffen und Geschworenen wurden nach dem derzeitigen Stärkeverhältnis im Stadtparlament von der CDU 46, von der SPD 40, von der FSU 23 und vom Zentrum 12 Personen benannt.

Sonstiges
Ein Antrag von Einwohnern der Gemeinde Ohle auf Ausgemeindung ihres Gebietes aus dem Stadtbezirk Plettenberg und Wiedererrichtung einer selbständigen Gemeinde Ohle wurde in einer öffentlichen Kreistagssitzung im Wirtschaftssaal der Burg Altena mit überwältigender Mehrheit trotz anfänglich geteilter Meinung der Kreisvertreter abgelehnt. Die Ohler erklärten den früher vollzogenen Zusammenschluß mit Plettenberg als erzwungen unter dem Druck der NSDAP. Die Gegner der Ausgemeindung hielten die geplante selbständige Gemeinde Ohle für äußerst krisenempfindlich, da diese nur von dem Ohler Eisenwerk als einzigen größeren Steuerzahler abhängig sei.
In den letzten Wochen waren im Zusammenhang mit der Nachricht über erhebliche alliierte Truppenverstärkungen für Westdeutschland Befürchtungen entstanden, daß neben der Beschlagnahme von Kasernen auch mit umfangreichen Beschlagnahmen von Privathäusern und Wohnungen, vor allem aber Hotels und Restaurants, zu rechnen sei. In der Bevölkerung Plettenbergs hatte sich eine erhebliche Unsicherheit gezeigt. Aufgrund einer Rückfrage höherer Stellen bei britischen Dienststellen konnte jedoch klargestellt werden, daß der benötigte Unterkunfts- und Wohnraum grundsätzlich durch Neubauten gedeckt werden soll.

Eisenbahn
Der vor einiger Zeit gefaßte Entschluß der Bundesbahn-Leitung, den Eisenbahnverkehr auf der Strecke Plettenberg-Herscheid wegen des außerordentlich schlechten Zustandes dieser Bahnstrecke und der ungeheuren Wiederinstandsetzungskosten endgültig einzustellen, führte auch in Herscheid zu einem Protest beim Präsidenten in Arnsberg. Man ist der Ansicht, daß weder die Abwicklung des Personenverkehrs auf der Straße noch die Ablösung durch Schienenomnibusse eine tragbare Lösung des Problems bringen kann. Wenn der Güterverkehr nach wie vor aufrechterhalten bleiben soll, dann sei sowieso eine Erneuerung des Bahnkörpers notwendig.

Aus den Polizeiakten
Im Konsum Lettmecke wurde ein schwerer Einbruch verübt, bei dem die unbekannt entkommenen Täter vor allem Bohnenkaffee und Textilien erbeuteten. - Einem Holzhändler wurde ein Steyr-Pkw entwendet. - Wegen Landstreicherei und Bettelns wurden 3 Personen festgenommen.

Medizinalwesen
Die Tuberkulose-Schutzimpfung wurde in den Schulen Plettenberger Gebiets abgeschlossen. - Im November konnte eine auffallend hohe Zahl von Blinddarmentzündungen beobachtet werden. In rund 10 Tagen wurden im Plettenberger Krankenhaus 45 Blinddarmoperationen notwendig. Man spricht in Plettenberg von einer "Blinddarm-Epidemie". Wahrscheinlich ist das anhaltende schlechte Klima Veranlassung zu der auffallenden Häufung dieser Erkrankung. - Bei der allgemein schwierigen Finanzlage der Krankenhäuser konnte festgestellt werden, daß speziell in der Krankenhausfrage die Stadt Plettenberg im ganzen Kreisgebiet am günstigsten dasteht. Die Stadt leistet bekanntlich jährlich an das Evangelische Krankenhaus einen Zuschuß von 24.000 DM. Der darüber hinaus auftretende Fehlbetrag wird von der Evangelischen Kirche getragen. Die schlechte finanzielle Lage ist besonders darauf zurückzuführen, daß die Pflegesätze zu niedrig sind und den verteuerten Selbstkosten bei weitem nicht mehr entsprechen.

Von der Jagd
Ein ungewöhnliches Jagdglück hatte im Jagdbezirk Frehlinghausen-Grävinglöh Walter Pfeiffer aus Ohle, der einen sehr kapitalen Keiler schoß, der aufgebrochen das stattliche Gewicht von 285 Pfund aufwies.


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Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
58849 Herscheid, Tel.: 02357/903090, E-Mail:
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