Chronik der Stadt Plettenberg - 1951

Angefertigt im Auftrag der Stadtverwaltung Plettenberg von Albrecht von Schwartzen

Februar 1951

Klimaverhältnisse
Ein regenreicher Monat, nur 7 Tage waren niederschlagsfrei. Währen der letzten 6 Tage traten auch Schneeschauer auf. Gesamt-Monatsniederschlagshöhe 90,3 mm. Die größte Tageshöhe betrug am 18.2. 24,4 mm.

DER MENSCH ALS EINZELWESEN
Standesamtsbeurkundungen
Die beiden Plettenberger Standesämter registrierten insgesamt 41 Geburten, davon 25 männliche und 16 weibliche. Unter den männlichen war ein Zwillingspaar. Der Geburtenüberschuss betrug 14 oder 34 Prozent.
27 Sterbefälle wuden im Berichtsmonat verzeichnet, 14 Männer und 13 Frauen. Die Zahl der Sterbefälle war gegenüber dem Monatsdurchschnitt der Vorjahre stark erhöht, z. T. infolge der schlechten Witterung und diesmal auch infolge Mangels an Heizmaterial. 9 der Verstorbenen waren älter als 70 Jahre, davon erreichten 2 das Alter von 84 Jahren. Das niedrigste Sterbealter betrug 12 Jahre, und außerdem starben 3 Säuglinge kurz nach der Geburt. Insgesamt wurden 24 Eheschließungen notiert.

Von unseren Alten
Der Geburtstagskalender unserer alten Mitbürger sieht die auffallend hohe Zahl von 22 vor, 80 Jahre und darüber wurden: Karl Voßloh (Holthausen) 88 Jahre; Friedrich Lienenkämper (Bermke) 86 Jahre; Witwe Wilhelmine Neuß geb. Heitkamp 86 Jahre; August Kettling (Böddinghausen), Witwe Luise Pühl geb. Weiß und Ernst Leimbach 85 Jahre; Witwe Louise Schuhmacher geb. Böle (Eiringhausen) 84 Jahre; Witwe Helene Schwarz geb. Neumann (Ohle), Maria Hennecke geb. Rademacher (Eiringhausen), Witwe Mathilde Pflüger geb. Pieper (Hinterm Osterhagen) und Karl Seuthe 83 Jahre; Witwe Karoline Prüß geb. Stahlschmidt (Himmelmert), Witwe Elise Kaiser geb. Gregor (Teindeln), August Schröder (Kückelheim), Paula Bayer geb. Popp (Böddinghausen), Albert Heßmert (Lettmecke) und Wilhelm Brücher 81 Jahre; Witwe Emma Hagedorn geb. Mäckeler (Einig), Witwe Luise Kühne geb. Feldhoff, Maria Lill geb. Dannert (Himmelmert), Wilhelm Meschede (Eiringhausen) und Maria Loos geb. Straub 80 Jahre.

Kriegsgräber im Stadtgebiet
Gelegentlich der aus Anlaß des Volkstrauertages durchgeführten Sammlung des Volksbundes für Kriegsgräberfürsorge wurde festgestellt, wieviel Opfer des Krieges auf unseren Friedhöfen zur letzten Ruhe gebettet liegen. Im Plettenberger Heimatboden ruhen insgesamt 159 deutsche Gefallene, einschließlich der zivilen Opfer des Luftkrieges. Im Kriege 1914 bis 18 wurden 22 deutsche Soldaten beerdigt, davon 21 auf dem evangelischen Friedhof auf dem Hirtenböl und 1 Gefallener auf dem katholischen Friedhof. Im letzten Kriege wurden hier 111 deutsche Soldaten bestattet, davon 59 auf dem alten Böhler Friedhof, 26 davon auf dem neuen evangelischen Friedhof und 5 auf dem katholischen Friedhof. Eiringhausen hat 8 Soldaten auf dem evangelischen und 4 auf dem katholischen Friedhof beerdigt. In Ohle liegen 3, in Oesterau 1 und in Pasel 5 Gefallene.
26 unserer Mitbürger fanden durch den Luftkrieg in bzw. außerhalb unseres Heimatgebietes den Tod, 9 Gefallene wurden auf dem Ehrenfriedhof am Böhl, 5 in Ohle und 12 in Oesterau zur letzten Ruhe gebettet.
Von 159 deutschen Kriegsgräbern werden 91 durch die Stadtgemeinde unterhalten und gepflegt, weil keine Angehörigen vorhanden sind oder am Ort wohnen.
Insgesamt 40 Ausländer und zwar 30 Russen, 2 Polen und 8 Italiener, die als Kriegsgefangene, Internierte bzw. Zivilarbeiter hier waren, wurden ebenfalls hier beerdigt. Diese Gräber werden sämtlich auf Gemeindekosten unterhalten. Sie fanden sich mit Ausnahme von Oesterau und Pasel über alle anderen Friedhöfe im Stadtgebiet verteilt.

Ostvertriebene
Die Ostpreußen wurden zu einem Vortrag in der Aula des Gymnasiums zusammengerufen, woselbst Rektor Kleebs aus Altena über Land und Leute sprach.

Unglücksfälle (Verkehrsunfälle siehe an anderer Stelle)
Beim Ohler Eisenwerk ereignete sich ein bedauerlicher Unfall, bei dem durch Reißen eines Kranseiles ein Walzer an beiden Beinen erheblich verletzt wurde.
Im Bergwald bei Holthausen wurde ein 70jähriger Invalide tot aufgefunden. Der alleinstehende Ostflüchtling wurde von einem Herzschlag ereilt.

DIE GEMEINSCHAFT
a) Die Siedlungsgemeinschaft
Weiterer Zugang der Bevölkerung im Februar. 96 Abgängen standen 142 Zugänge gegenüber. Demnach ist ein Zuwachs von insgesamt 46 Personen zu verzeichnen. Bevölkerungsstand Ende Januar 1951: 24.608 Einwohner. Diese Zahl teilt sich auf in 11.626 männliche und 12.982 weibliche. Die Aufteilung nach Konfessionen sieht folgendermaßen aus: Evangelische 16.663, Katholiken 6.661, sonstige 241, ohne Konfession 1.042. Der Anteil der Ostvertriebenen an der Gesamteinwohnerzahl beträgt 3.724 und derjenige der Evakuierten 860.

Wohnungsbau
Der Neubau Pöggeler an der Bahnhofstraße wurde gerichtet, ebenfalls der Neubau Diesmann in der Ernst-Moritz-Arndt-Straße. Die Kleinsiedlungen Jakobs auf der Halle sind weit vorangeschritten. Mit dem Bauvorhaben Gummelt am Silberg wurde begonnen, desgleichen mit dem Vorhaben Flüel (richtig: Flöel) an der Bahnhofstraße. Es regt sich also schon früh in diesem Jahr auf dem Baumarkt. Alle vorgenannten Bauvorhaben werden noch aus den Mitteln des Vorjahres finanziert. Eigenartigerweise ist im Oestertal noch keine Kleinsiedlung geplant, obwohl die dortigen Siedlungsbewerber schon lange Zeit auf Berücksichtigung drängen.
Drei weiteren Bewerbern konnte zur Ausführung von Eigenheimvorhaben ein Wohnungsbaudarlehen bewilligt werden.

Wasserversorgung
Der Hochbehälter auf dem Eschen wurde fertiggestellt und das Richtfest gebührend gefeiert und nach altem Brauch begossen. Im Oestertal besteht seit längerem ein Projekt, die Wasserversorgung in Dankelmert und Lettmecke zu verbessern. Die Umwandlung der alten Wassergenossenschaft in einen Wasserverband des öffentlichen Rechts war Voraussetzung für die nunmehrige Sicherung der Finanzierung. Es soll ein Hochbehälter mit 300 Kubikmeter Fassungsvermögen im Baddinghagener Tal errichtet werden.

Versorgung mit Kohle
Der außerordentliche Kohlenmangel erschien bei der milden Witterung zwar nicht so schlimm, doch ist der Mangel auch unter den günstigen Wetterumständen noch sehr hart zu spüren. Drei Zentner konnten insgesamt bis zum Februar bisher an jeden Haushalt ausgegeben werden. Ende Februar mußte der städtische Leseraum wegen Heizmaterialmangels geschlossen werden.

Straßenreinigung/Müllabfuhr
Die städtische Müllabfuhr wurde insofern erweitert, als einmal im Monat ein besonderer Lkw eingesetzt wird, der in allen Stadtteilen besonders sperrigen Abfall einsammelt.

Verkehr
Es wurde beschlossen, daß der Omnibusverkehr nach Affeln eingestellt werden soll. Trotz vollbesetzter Wagen ist diese Strecke wirtschaftlich unrentabel und fordert monatlich einen beträchtlichen Zuschuß.

Verkehrsunfälle
Infolge Nichtbeachtung des Vorfahrtsrechts erfolgte am Ausgang der Neuestraße in die Wilhelmstraße ein Zusammenstoß zwischen einem Pkw und einem Motorrad (4.2.). - Am 14. verunglückte ein Sieseler Motorradfahrer in Eiringhausen auf der Reichsstraße. Er fuhr gegen einen dicken Straßenbaum und trug dabei erhebliche Gesichtsverletzungen davon.

Feuerlöschwesen
Der Paseler Löschzug hatte seine passiven und aktiven Mitglieder zu einem Zusammensein vereinigt, um ein echtes Dorffest wie in früherer Zeit zu feiern.

b.) DIE KULTURGEMEINSCHAFT
Schützengesellschaft
Der Zonenprüfungsausschuß in Celle gab seine Entscheidung bekannt, wodurch das nach Kriegsende automatisch beschlagnahmte Vermögen der Plettenberger Schützengesellschaft mit Wirkung vom 15. Dezember (1951) wieder freigegeben worden ist.

Kirchliches Leben
Evangelische Gemeinde
Fräulein Lämmerhirt vom Ökumenischen Amt der Evangelischen Kirche in Westfalen hielt einen fesselnden Vortrag im Gemeindehaus "Ökumene einst und heute". - Dr. Ing. Schapitz trug aus der Männerarbeit der Evangelischen Kirche im Gemeindehaus vor. Hauptthemen waren: "Sind wir am Arbeitsplatz eigentlich noch Menschen?", "Die Gefährdung des Menschentums in der Mechanisierung" und "Der Mensch - ein seelenloses Rädchen?". - Der Jugendkreis der Gemeinde veranstaltete einen besonderen Abend, zu dem er einen Westerwälder Töpfermeister eingeladen hatte. Dieser führte der interessierten Jugend die alte Töpferkunst des Westerwaldes vor.

Katholische Gemeinde
An die Abendandacht mit Diözesanpräses Pfarrer Trennert schloß sich ein Zusammensein der katholischen Heimatvertriebenen im Centraltheater an, wo Pfarrer Trennert ein wichtiges Thema behandelte: Brücken zu schlagen über die großen Klüfte zwischen Ost und West und als Brüder und Schwestern zu einem christlichen Volk werden, sei die große Losung.
Die Mitglieder des St. Hedwigswerkes wählten ihren Vorstand, der sich wie folgt zusammensetzt: Vorsitzender Hermann Beyer; Schriftführerin Frau Angelika Wahle; Kassierer Alfons Misera; Schriftwart Max Müller; Beisitzer Otto Fuhrig, Rud. Stiller, Adolf Ermer, Ernst Domeck, Frau Burkert, Elisabeth Brier, Frau Knappe und Frau Grüber. Die kulturellen Belange soll Lehrer Eistert betreuen.

Schulwesen
Im Februar fand die Einschulung der Lernanfänger statt. Es handelte sich dabei um 303 Jungen und Mädel, die sich auf die einzelnen Schulorte wie folgt verteilen: Stadtmitte evgl. 104, kath.34; Eiringhausen evgl. 36, kath. 27; Ohler Gemeinschaftsschule evgl. 22, kath. 12; Lettmecke 31; Holthausen 18; Bremcke 9, Pasel 5; Landemert 2; Himmelmert 2 und Selscheid 2.
Lehrer Fricke wurde auf Beschluß der Stadtvertretung endgültig an der Martin-Luther-Schule angestellt. - Lehrer Benfer, der bisher in Werdohl beschäftigt war, wurde an die Martin-Luther-Schule versetzt.

Erwachsenenbildung
Der Kunstwissenschaftliche Arbeitskreis der Volkshochschule veranstaltete mit Stud.-Rat Beyer seinen 2. Michelangelo-Abend. Stud.-Rat Beyer kennzeichnete meisterhaft die Bildungselemente, die der großartigen Sixtinischen Deckenmalerei ihren Wesenszug gegeben haben. - Über das Filmwesen und Filmthemen fand in der VHS eine rege Diskussion statt. Vier Filme wurden diskutiert. - Stud.-Rat Beyer brachte Albrecht Dürers Werk im Lichtbild. - Die Jugend traf sich am runden VHS-Tisch. Dr. Hammelrath, ein erfahrener Freund und Bildner der Jugend, fesselte mit seinen Vorträgen über die zunehmende Vermassung des deutschen Volkes. - Rechtsanwalt Küchen gab einen interessanten Einblick in die lyrische Dichtung unserer östlichen und nördlichen Nachbarvölker. - In der ostdeutschen Vortragsreihe der VHS sprach Rektor Kleebs, Altena, über die "Wirtschaftliche Bedeutung der Ostgebiete". - Prof. Budde hielt einen Vortrag mit Lichtbildern über "Der Wald unserer Heimat, seine Geschichte, sein Pflanzenkleid und seine Bewirtschaftung". - Max Nickel, der einem Ruf der Koblenzer Philharmoniker folgt, verabschiedete sich mit einem wohlgelungenen Musikabend von der VHS. - Albrecht von Schwartzen machte mit seinen Zuhörern einen interessanten Streifzug durch Plettenbergs Geschichte in alter und neuer Zeit. - Einen ähnlichen Vortrag hielt dieser auch in der Schule Lettmecke unter besonderer Berücksichtigung der damaligen Zustände im Oestertal. - Den Höhepunkt in der ostdeutschen Vortragsreihe bildete wieder ein Vortrag von "Menzel Wilhelm". - Rechtsanwalt Küchen beendte das sehr reichhaltige und interessante Februar-Programm der Volkshochschule mit seinem 2. Vortrag über "Europäische Lyrik".

Sonstige Vereine und Veranstaltungen
Der MGV "Cäcilia" sang unter der bewährten Leitung seines Dirigenten Schmidt im Krankenhaus und im Wichernhaus. - Derselbe Gesangverein veranstaltete am Karnevalssonntag einen regelrechten Sängerkarneval im Gasthof "Erholung". - In Ohle fanden auch zwei frohgestimmte Karnevalsveranstaltungen statt, die des MGV Ohle und des Frauenvereins vom DRK. - Einen vergnüglichen Abend bereitete das Westfälische Operettentheater Lippstadt seinen Plettenberger Freunden mit der Aufführung der Operette "Der Walzertraum". - Im Ohler Gemeinschaftsraum veranstaltete das Orchester des Ohler Eisenwerkes mit seinem Dirigenten Höverkamp ein schönes Streichkonzert. Das Programm war gut zusammengestellt und die Leistungen ließen nichts zu wünschen übrig. - Schallendes Gelächter und anhaltende Heiterkeit erfüllten das Central-Theater bei der Aufführung des lustigen Dreiakters "Die Eisbär-Dressur" durch die Tegernseer Bauernbühne.

c) DIE WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT

Handwerk
Der Metzgermeister Karl Kniewel übernahm die Metzgerei Hagen in der Neuestraße. - Die Ofenschmiede August Meyer konnte ihr 80jähriges Bestehen feiern. Im Kriege 1870/71 erwarb der Vater des jetzigen Besitzers, der aus Meinerzhagen nach Plettenberg gekommen war, von den Erben Geck das alte Wohnhaus. Die zugehörige alte Schmiede wurde im vorigen Jahr abgerissen.

Industrie
Die Einschränkungen im Strombezug blieben nicht ohne Auswirkungen. In einigen Betrieben kam es zu Arbeitszeitverkürzungen. Die mit Exportaufträgen versehenen Betriebe versuchten, zusätzliche Stromkontingente zu erlangen.
Die Firma Gebr. Mylaeus veranstaltete eine Jubilarfeier, bei der eine große Anzahl Arbeitsjubilare geehrt wurden. Im Mittelpunkt der Feier stand der älteste Arbeitsveteran Fritz Vogt, der bereits 50 Jahre ununterbrochen bei der Firma tätig war, und sein Arbeitskamerad Albert Stahlschmidt, der auf eine 40jährige Tätigkeit zurückblicken konnte.

Arbeitsmarktlage
Die Arbeitslosigkeit sank im Februar um mehr als ein Drittel und zwar von 168 Ende Januar auf 106 Ende des Berichtsmonats. Das heimische Wirtschaftsleben hat eine weitere Belebung erfahren. Vor allem gestaltete sich bei besser werdender Stromversorgung die Exportlage noch günstiger. Unsere Industrie ist nunmehr vollbeschäftigt. In der Landwirtschaft stieg der Kräftebedarf weiterhin. Auch die heimische Forstwirtschaft ist aufnahmefähiger geworden.

Wochenmarkt
Der Februar-Wochenmarkt brachte keine nennenswerten Preisveränderungen.

Die Polizei meldet
einen dreisten Diebstahl bei der Firma Schade, wo Messingbänder in Rollen im Gewicht von etwa 800 kg gestohlen wurden, dann die Sicherstellung eines Lagers mit gestohlenen Metallen, weiterhin einen Messingdiebstahl in einem Betrieb in der Nähe des Bahnhofs. Die an dem letztgenannten Diebstahl beteiligt gewesenen Personen wurden gefaßt. Ein Schrotthändler, der gestohlene Metalle aufgekauft hatte, wurde verhaftet.


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Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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