Chronik der Stadt Plettenberg - 1951

Angefertigt im Auftrag der Stadtverwaltung Plettenberg von Albrecht von Schwartzen

August 1951

Klimaverhältnisse
Die Niederschlagsmeßstelle Plettenberg machte für August folgende Angaben: 1. Dekade 88,5 mm, 2. Dekade 21,8 mm, 3. Dekade 12,7 mm; Monatssumme 123,0 mm Höhe. Größte Tagesmenge am 01.08. mit 26,8 mm Höhe. Zahl der Tage mit mindestens 10,0 mm Niederschlag: 4; mit mindestens 1,0 mm Niederschlag: 17; mit mindestens 0,1 mm Niederschlag: 19. Gewitter traten auf am 01.08. von 16.40 bis 17.30 Uhr, am 04. 08. von 0.10 bis 1.50 Uhr, am 04.08. von 17.30 bis 18.20 Uhr, am 30.08. von 18.10 bis 18.50 Uhr. Im August war das Wetter wiederum sehr unbeständig. Starke Gewitterregen erzielten in der ersten Dekade 93,8 mm Niederschlagshöhe, also mehr als den Monatsdurchschnitt von etwa 85 mm. Mitte und Ende August gab es neben Regentagen auch sehr warme Sonnentage.

DER MENSCH ALS EINZELWESEN
Standesamtsbeurkundungen
In den beiden Standesamtsbezirken der Stadt wurden im Monat August 22 Geburten, 24 Sterbefälle und 29 Eheschließungen beurkundet. Zu den Geburten ist zu bemerken, daß es sich dabei um eine Totgeburt handelt. Die Geburten teilen sich auf in 9 Knaben- und 13 Mädchengeburten. Letztere überwogen also stark. Mehrlingsgeburten kamen im August nicht vor. Von den Verstorbenen waren 13 männlich und 11 weiblich. Das erreichte Höchstalter betrug 87 Jahre. 4 der Verstorbenen wurden mehr als 80 Jahre alt, 5 starben im Alter von 70 bis 80 Jahren, 5 von 60 bis 70, 4 von 50 bis 60 Jahre, 1 zwischen 10 und 20 Jahren, 1 Kind starb im Alter zwischen 1 bis 5 Jahren und drei Kinder waren nicht 1 Jahr alt. In der Gesamtzahl der Sterbefälle sind 3 nachträglich beurkundete Kriegssterbefälle enthalten. In 2 Fällen führten Verkehrsunfälle zum Tode.

Geburtstagskalender
Achtzig Jahre alt und darüber hinaus wurden insgesamt 18 Plettenberger Bürger, die bei geistiger Frische und voller Gesundheit ihren Geburtstag feiern konnten. Der älteste unter diesen war der Eiringhauser Franz Hennecke mit 87 Jahren. Die übrigen waren: Wwe. Auguste Domröse geb. Hoffmann (Zeppelinstraße) 85 Jahre, Josef Sasse (Ohle) 85 Jahre, Wwe. Martha Feller geb. Schmidt (Zimmerstraße) 85 Jahre, Maria Figge geb. Mondroch (Eiringhausen) 84 Jahre, Rud. Niederhoff (Eiringhausen) 84 Jahre, Wwe. Mathilde Eschenbrücher geb. Beckers (Oesterau) 83 Jahre, Lina Gregory geb. Schulte (Immecke) 82 Jahre, Wwe. Anna Groll geb. Gräwe (Seißenschmidtstraße) 82 Jahre, Gustav Bröcker (Landemert) 82 Jahre, Wilhelm Schärfer (Eiringhausen) 81 Jahre, August Meister (Landemert) 81 Jahre, Wwe. Amalie Heilgans (Goethestraße) 81 Jahre, Robert Thomas (Holthausen) 81 Jahre, Alfred Kulse (Ohle) 81 Jahre, Wwe. Auguste Hesmer geb. Meyer (Ohle) 81 Jahre, Wwe. Josefine Weber geb. Kleinehr (Böddinghausen) 80 Jahre, Heinrich Langenbach (Grünestraße) 80 Jahre.
Ihre Goldene Hochzeit konnten feiern die Eheleute Wilhelm Brücher und Lina geb. Schmidt vom Grafweg und Auguste Kellermann und Emma geb. Mürmann in Bremcker Linde.

Unglücksfälle
Auf dem Hof der Selscheider Schule ereignete sich ein tragischer Unglücksfall, als ein Lkw zurücksetzte und dabei den 10-jährigen Schüler Heinrich Schür zwischen Führerhaus und Betonmauer drückte. Der Junge erhielt derartige Quetschungen des Brustkorbs, daß auch der sofort herbeigerufene Arzt keine Rettung mehr bringen konnte. Er verschied kurze Zeit nach dem Unfall an seinen inneren Verletzungen.
Einen besonders tragischen Unfall erlitt der Hammerschmied Ewald Vogelsang aus Merklinghausen bei Kraghammer an seinem 8 to. Gegenschlaghammer bei der Firma Franz Mayer in Himmelmert. Während der Hammer schon in Betrieb war, wollte der Unglückliche noch eine Einstellung mittels einer Zange vornehmen. Die Zange wurde Vogelsang in die rechte Brustseite geschleudert, wodurch der Tod innerhalb einer Viertelstunde eintrat. Er hinterließ Frau und 9 Kinder. Ein 1 1/2-jähriger Junge kam durch Verbrühen zu Tode, als er an der Tauchsiederschnur eine Kanne mit kochendem Wasser vom Tisch zog.
Auf der öffentlichen Bahntoilette in Eiringhausen fand ein Reisender den Wärter dieser Bedürfnisanstalt bewußtlos vor. Der Arzt konnte nur noch den Tod feststellen.

Ostvertriebene
Im Zuge der geplanten Ostvertriebenen-Umsiedlung (siehe Juli 1951) hat die Stadt Plettenberg 60 Familien aufzunehmen. Vom Gemeinnützigen Wohnungsunternehmen werden zu diesem Zweck 56 Neubauwohnungen gebaut. Außerdem errichtet das Ohler Eisenwerk ein 6-Familienwohnhaus auf der Papenkuhle.

DIE GEMEINSCHAFT
a) Die Siedlungsgemeinschaft
Das Einwohnermeldeamt registrierte im August insgesamt 120 Zugänge und 96 Abgänge. Die Gesamtbevölkerungszahl ist somit um 24 auf 24.766 Einwohner gestiegen.

Straßen und Wege
Mit den Straßenarbeiten am Gringel und am Straßendreieck vor dem Ohler Eisenwerk wurde begonnen. - Die Planung der Umgehungsstraße über Umlauf und Wall fand die Genehmigung der Regierung. Es handelt sich um eine neue Straßenführung von der früheren Bücherstube Alberts über den Umlauf und über die Else zum Wall, dann am Wall entlanglaufend bis zur Herscheider Straße. Diese Umgehungsstraße soll bekanntlich eine erhebliche Entlastung der Durchgangsstraße durch die Stadt bilden. Damit würde schon viel erreicht sein. Ein weiterer Plan: von der neuen Umgehungsstraße in der Nähe der Firma Wagner jr. eine Verbindung zur Kaiser- in Richtung Königstraße zu schaffen, ist in Vorbereitung. - Die Goethestraße befindet sich in einer sehr schlechten Verfassung. Die Anwohnerschaft richtete aus diesem Grunde eine Beschwerde an die Stadtverwaltung. Es steht zu erwarten, daß auch diese kurze Strecke bald eine neue Decke erhält. - Das Stadtbauamt hatte für einen neuen Verbindungsweg des Geländes am Kerkel zur Dorfstraße [in Böddinghausen] und zwar mit der Ausmündung hinter der Kurve am Hause Kettling einen Bau- und Straßenfluchtlinienplan erstellt, gegen den allerdings Einsprüche erhoben wurden. - Es wurden weitere Straßen, die sich in sehr schlechtem Zustand befinden, vom Bau- und Wegeausschuß besichtigt und zwar die Rittershausstraße, die durch Ausspülung sehr gelitten hatte, und dann in Holthausen die alte Dorfstraße und die Maibaumstraße. Am schlechtesten war der Bruchweg, aber auch die Decke der Zeppelinstraße war sehr zerstört. - Das Landesstraßenbauamt begann mit einer Instandsetzung der Bundesstraße in Pasel. - Die Kleinbahn erneuerte die Pflasterung zwischen den Gleisen in der Bahnhofstraße vor der Lennebrücke. - Unter dem Amtshaus wurde der Böschungsrand von Gestrüpp und wucherndem Unterholz gesäubert.

Brücken
Mit den ersten Vorbereitungen für den Umbau der Lennebrücke wurde begonnen. Ein Notsteg für Fußgänger wurde angelegt. Die seitlich in den Flußufern befindlichen Brückenfundamente wurden freigelegt. Für die vorgesehenen Verstärkungen und Verbreiterungen an den drei Pfeilern sind die Vorarbeiten soweit vorangeschritten, daß die für den weiteren Ausbau der Fundamente nötigen Baugruben fertiggestellt sind. Die vorbereitenden Arbeiten für das Einrammen der eisernen Spundwände wurden zum Abschluß gebracht.

Wohnungsbau
Unter der Überschrift "Das Wohnungselend in Zahlen" veröffentlichte eine Tageszeitung eine interessante Statistik über das augenblickliche große Wohnungselend in Plettenberg. Insgesamt befinden sich im Stadtgebiet 46 Baracken, in denen 205 Familien mit zusammen 806 Personen leben. Davon entfallen auf Stadtmitte 18 Baracken mit 80 Familien und 317 Personen, auf Ohle 10 Baracken mit 209 Personen, auf das Oestertal 4 Baracken mit 38 Familien und 140 Personen, Eiringhausen 12 Baracken mit 31 Familien und 114 Personen und schließlich auf das Elsetal 2 Baracken mit 8 Familien und 26 Personen. 157 Barackenwohnungen wurden nach ihrem baulichen Zustand hin als schlecht bezeichnet. In 4 Fällen wurden Häuser als baufällig erklärt, deren Bewohner den Wohnungssuchenden zuzurechnen sind. In Gartenhäusern leben zur Zeit 5 Familien.
Als allerdringendster Wohnungsbedarf sind nach Prüfung des Wohnungsamtes anzunehmen: 250 bis 270 Zweiraum-Wohnungen, 180 bis 200 Dreiraum-Wohnungen und 60 bis 70 Vierraum-Wohnungen.
Der Fabrikant Hiby erbaut an der Dillackerstraße ein Wohnhaus. - Am Silberg wurde mit dem Bau eines Wohnhauses des Messingwerks begonnen, das 4 Werkswohnungen erhalten soll. - In den bisher abgelaufenen Monaten des Jahres 1951 wurden beim Stadtbauamt insgesamt 33 Anträge auf Genehmigung von Wohnbauten gestellt und zwar von Neu-, An- und Umbauten. Die Genehmigung wurde in 28 Fällen bereits erteilt.

Wasser- und Gas-Versorgung
Die 51 Jahre bestehende Ohler Wassergenossenschaft wurde aufgelöst und der neue Ohler Wasserbeschaffungsverband in Anwesenheit des Kreiskulturbaumeisters Ginsberg, Altena, des Wasserwirtschaftsverbandes Hagen, des Stadtbaumeisters, des Leiters der Stadtwerke Plettenberg und des Vertreters der Fa. Achenbach und des Ohler Eisenwerkes, Bezirksvorsteher Schulte-Suhr, gegründet. Zum Verbandsvorsteher wurde Ewald Baberg von Ohle gewählt. - Im Zuge der neuen Planung der Oestertaler Wasserversorgung wurde zuerst die Verteilungsleitung in der Hauptstraße erneuert. Dann wurde die Zuleitung vom Hochbehälter Baddinghagen bis in die Ortschaft durch neue Rohre ersetzt. Bereits jetzt kann festgestellt werden, daß Oesterau mehr Wasser hat. - Die Westfälische Ferngas A.-G. legt zur Zeit einen Industrieanschluß von der Königstraße über die Zeppelinstraße zur Ziegelstraße bis zur Firma Groote. Es handelt sich um eine Hochdruckleitung, die einen Anschluß privater Abnehmer nicht zuläßt.

Straßenreinigung und Müllabfuhr
Nach ihrem Ausbau wurde nunmehr auch die Rheinlandstraße in die städtische Müllabfuhr einbezogen.

Verkehrsunfälle
An der Kahleybrücke fuhren sich 2 LKW's in die Flanke und verursachten langwierige Verkehrsstörungen. Dasselbe Schauspiel ereignete sich am gleichen Tage noch einmal, wobei das Brückengeländer einen der beiden PKW's vor dem Absturz auf die Bahnstrecke bewahrte. - Mit erheblichen Verletzungen wurde ein Motorradfahrer ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem dieser in Siesel mit einem entgegenkommenden Pkw zusammengestoßen war. - Auf der Reichsstraße Eiringhausen Werdohl wurde der Plettenberger Krankenwagen von einem Lkw gerammt. Anschließend fuhr der Lkw gegen die Köster'sche Einfriedungsmauer. - An der Ecke Herscheider- und Kaiserstraße ereignete sich ein Zusammenstoß zwischen einem Motorrad und Radfahrer.

b.) DIE KULTURGEMEINSCHAFT
Kirchliches Leben
Evangelische Gemeinde
Der Evangelist Pastor Weber aus Barmen eröffnete die wichtige Darbietung über die große Heilung der Welt. Sonntags war das große Jahresfest der Kirchlichen Gemeinschaft. Hauptthemen der Evangelisationswoche waren "Wer heilt die tödliche Wunde der Welt?", "Das einzige Rezept, das alle Wunden heilt", "Stationen des inneren Kampfes" und "Hilfe in höchster Gefahr".

Katholische Gemeinde
Im Anschluß an eine Kirchenandacht versammelten sich in Eiringhausen Mitglieder des St. Hedwigswerkes in der katholischen Schule, wo der ostvertriebene Danziger Priester Pater Kuhn zu den Heimatvertriebenen sprach. - Der katholische Frauenverein St. Laurentius lud seine Mitglieder zu einer Werbeveranstaltung einer Würzburger Firma im Pfarrsaal ein.

Kirchliche Gebäude
Der Bildhauer Bernhard Gohla, der in der St. Laurentius-Kirche beide Altäre geschaffen hatte, vollendete nun auch eine Plastik des heiligen Judas Thaddäus. Es soll nun die alte Taufkapelle zu einer Judas-Thaddäus-Kapelle hergerichtet werden.

Friedhöfe
Der Plan der Anlage eines kommunalen Friedhofes in der Kersmecke ist zur Zeit wieder Gegenstand lebhafter Erörterungen. Mit dem infragekommenden Grundbesitzer sind bereits Verhandlungen im Gange. Bodenuntersuchungen sind ebenfalls schon vorgenommen.

Schulwesen
Die Sommerferien, die am 1. August begannen, werden dazu benutzt, die alte Dampfheizung in der Martin-Luther-Schule durch eine moderne Warmwasserheizung zu ersetzen. Die neue Einrichtung erhält einen Gas-Spezial-Warmwasserkessel, an den auch das städtische Wannenbad angeschlossen wird. - Eine neue Statistik über die Zahl der Schüler und Lehrer in Plettenberg gewährt einen interessanten Einblick in unsere Schulverhältnisse. Für die öffentlichen Volksschulen ergab sich in unserer Stadt ein durchschnittlicher Schülerbestand von je 47 je Klasse, 70 je Klassenraum und 52 je hauptamtliche Lehrkraft. - Von den verfügbaren Lehrkräften sind 29 % über 55 Jahre alt. Eine Verbesserung dieser Zahlen hat sich durch die Ausquartierung der Berufsschule aus der Brachtschule gezeigt. Auf den Klassenraum unserer 13 Plettenberger Volksschulen kommen danach 63 Schüler und Schülerinnen durchschnittlich, und je Lehrkraft 48 Schüler und Schülerinnen. Insgesamt besuchen zur Zeit 1143 Schulkinder die Volksschulen bei 65 hauptamtlichen Lehrkräften in 50 Klassenräumen. Der Anteil der Schulkinder von Ostvertriebenen betrug mit 446 Kindern rund 14 Prozent. - Die Plettenberger Lehrerschaft besichtigte das Kaltwalzwerk Brockhaus am Bahnhof.

Heimatvereine
Die SGV-Abteilung Plettenberg besuchte geschlossen die Freilichtbühne Elspe, wo Webers "Dreizehnlinden" zur Aufführung kam.

Sonstige Vereine und Veranstaltungen
Die Ortsvereinigung vertriebener Deutscher hatte gemeinsam mit der Jugend des deutschen Ostens eine eindrucksvolle Feier. - Die Ostvertriebenen von Ohle veranstalteten mit ihrem Kinderfest ihr diesjähriges Sommerfest. - Der Zirkus Roland brachte ein sensationelles Programm deutsch-schwedischer Zirkuskunst. Erstklassige Tier- und Dressurgruppen und vollendete Akrobatik sorgten an allen Tagen für ein volbesetztes Zelt. - Der DGB führte sein Sommerfest in der Schützenhalle mit Musik, Gesang und Volkstanz durch. - Englische Jugend war Gast der Stadt Plettenberg. Nach einem Rundgang durch die Stadt wurde das Baugelände für die Jugendherberge auf dem Hirtenböl besichtigt. - Die Plettenberger Kaninchenzüchter machten eine Wochenendfahrt ins Bergische Land. - An der Kundgebung für den Jugendherbergsbau nahmen auch die 50 Schwaben teil, die vom Deutschen Wandertag kamen. Nach der Übernachtung in Plettenberg wanderten sie über Sonneborn, Attendorn zur Hohen Bracht weiter. - Eine Gruppe von St. Georgs-Pfadfindern aus Köln zeltete auf dem Helfenstein. - Eine reichhaltig bunte Kirmes, wie sie sich selten bisher gezeigt hatte, war auf dem Wieden aufgestellt. Die Kirmes wurde gut besucht. - Unter den Weisen des Orchestervereins Eiringhausen verlief ein frohes und abwechslungsreiches Kindersommerfest am Lenneufer. - Der MGV Ohle 1882 fuhr mit Frauen zum Altenberger Dom und nach Schloß Burg an der Wupper. - Die Plettenberger Kleinbahn sowie die Firma Alfred Cordes führten mehrere Gesellschaftsfahrten durch. Diese Fahrten erfreuen sich immermehr größter Beliebtheit.

c) DIE WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT
Landwirtschaft
Auf den Höfen August und Heinrich Bitter in Böddinghausen sowie in dem Gehöft Rosenberg auf dem Berge bei Landemert wurde Anfang des Monats die Maul- und Klauenseuche festgestellt. - Kurz danach trat auch in Ohle sowie in Heveschotten die Seuche auf. Im Laufe des Monats griff die Seuche immer mehr um sich, so daß Landemert, Böddinghausen, Papenkuhle, Sonneborn, Kahley, Bärenberg, Almecke, Marl, Leinschede, Brockhausen und Kückelheim ebenfalls zu Sperrbezirken erklärt werden mußten. Hinzu kamen Ende des Monats Kersmecke, Pasel und Wibbecke. Durch die überaus große Zahl der Seuchenfälle wurde das gesamte Stadtgebiet von der Kreisverwaltung zum Beobachtungsgebiet erkärt, für das im wesentlichen die gleichen Vorschriften wie für Sperrbezirke gelten. Hinzu kam eine allgemeine Hundesperre, wonach alle Hunde nicht mehr frei herumlaufen durften. Für Pasel wurden die Sommerferien bis auf weiteres verlängert, um eine Weiterverbreitung der hier sehr stark aufgetretenen Maul- und Klauenseuche zu verhindern. Weitere Schutzmaßnahmen mußten eingeführt werden, wonach jetzt auch das Geflügel der noch unverseuchten Gehöfte so fest zu halten war, daß es die Gehöfte nicht verlassen konnte. Der Tierarzt führte viele Schutzimpfungen durch. Plettenberg erhielt zu wenig Impfstoff im Verhältnis zu den umliegenden kölnischen Kreisen und Bezirken. Es gelang aber, Ende des Monats zu den zuletzt gelieferten 4000 ccm Serum weitere 3000 ccm in Arnsberg freizubekommen. Ende des Monats ging man dazu über, durch einen Schutzdamm von Impfungen die seuchenfreien Gebiete, z. B. des Ohler Gebirges, des Else- und des oberen Oestertales zu schützen. - Der Kartoffelkäfer trat nicht ganz so stark wie im Vorjahre auf. Immerhin waren 256 Befallmeldungen aus allen Teilen des Stadtgebietes gemacht worden. - Die Aussichten der zu erwartenden Getreideernte werden als mittelgut bezeichnet.

Waldwirtschaft
Die im Jahre 1948 eingeleitete planmäßige Aufforstung wurde in diesem Jahr mit rund 6000 DM im Gemeindewald rund um die Hohe Molmert fortgeführt. Damit belaufen sich die Forstwirtschaftsausgaben auf 53.500 DM, wovon 8.000 DM auf persönliche Aufwendungen und 25.000 DM auf Arbeiterlöhne entfallen. Für den Gemeindewald müssen an Steuern 3.000 DM und für Feuerversicherung 2.000 DM aufgebracht werden. Für die Unterhaltung der Wege wurden 1.000 DM und für die Unterhaltung des Forsthauses 3.000 DM angesetzt. Diesen gesamten Ausgaben steht im Jahre 1951 eine Einnahme von etwa 47.000 DM gegenüber. Aus der Holznutzung und aus Holzverkäufen werden Einnahmen von rund 45.000 DM erwartet. Die beiden Kirchengemeinden Plettenberg und Ohle zahlen für die Mitverwaltung ihres Forstbesitzes zusammen 500 DM.

Industrie
In Bezug auf die allgemeine Lage, Auftragslage, Material- und Kohlenbeschaffungsschwierigkeiten trat gegenüber dem Vormonat keine Änderung ein.
An Jubiläen wurden im August gemeldet: 25 Jahre Drahtstiftefabrik Johann Bender. - Albert Schweitzer feierte sein 50jähriges Jubiläum beim Ohler Eisenwerk. - Die Belegschaft der Fa. Drahtstiftefabrik Johann Bender machte aus Anlaß ihres 25-jährigen Jubiläums einen Ausflug durch das Hochsauerland nach Winterberg. - Die Papierfabrik Gregory führte ihre Gefolgschaft an die heimischen Bergseen und durch das ganze Hochsauerland.

Handel
Der hiesige Milchhändler Erich Schulte, Steinbrinkstraße, hat für den Verkauf von Molkereiprodukten in seinem Hause ein Ladengeschäft errichten lassen, das an neuzeitlichen Ansprüchen und auf hygienischem Gebiet nichts mehr zu wünschen übrig läßt. - Nach Renovierung des "Hotels zur Krone" durch den Pächter Otto Stute wurde die von vielen Vereinen bevorzugte Gaststätte wieder eröffnet. - Der diesjährige Sommerschlußverkauf war allgemein lebhaft und brachte einen guten Kassenerfolg.

Arbeitsmarktlage
Die Arbeitsmarktlage stand weiterhin im Zeichen zunehmender Materialverknappung und Brennstoffschwierigkeiten der Industrie. Arbeitszeitverkürzungen und Entlassungsankündigungen traten in größerem Umfang auf. Vor allem wird der Export immer mehr durch die Materialknappheit bedroht. In der Statistik wirkten sich die Schwierigkeiten jedoch noch nicht so aus, da in vielen Fällen Produktionsstörungen durch Einlegung von Betriebsferien überbrückt werden konnten. - Zahlenmäßig sank so noch die Arbeitslosenziffer von 89 auf insgesamt 69 im Raum Plettenberg, Ohle und Herscheid.

Wochenmarkt
Der Wochenmarkt war im August eine regelrechte Einmachschwemme. Einmachobst war billig, Südfrüchte dagegen teuer. Pflaumen 0,30 DM, Birnen 0,35 DM, Mirabellen 0,35 DM, Pfirsiche 0,95 DM, Johannisbeeren 10 Pfund 2,70 DM, Bananen 1,10 DM, Zitronen 0,15 DM, Bönchen 0,35 DM, Erbsen 0,35 DM, Möhren 0,35 DM, Dicke Bohnen 5-6 Pfund 1,00 DM, Wirsing 0,25 DM, Gurken 0,50 bis 0,60 DM, Blumenkohl 0,35 DM, Kartoffeln 10 Pfund 0,80 - 0,85 DM, Tomaten 0,50 DM. Landbutter kostete 3,00 DM, frische Landeier stiegen auf 0,26 DM. Der Marktbetrieb war außerordentlich rege. Gegen Mitte bis Ende des Monats wurde das Angebot in Pflaumen noch reichlicher. 10 Pfund waren bereits für 1,80 DM zu haben.

Aus der Polizeimappe
20 Meter von seinem Haus in der Grutmecke entfernt wurde der bei der Firma Herzhoff beschäftigte Lagerverwalter Bartholomäus Leiß blutüberströmt aufgefunden. Er war von einem Arbeiter P. auf dem Nachhausewege überfallen und beraubt worden. Die Tat, die mit einem 6 cm dicken Baumstamm, mit dem der Täter den Leiß niederschlug, ausgeführt wurde, hatte zum Glück keine tödlichen Folgen. Der Täter wurde in polizeilichen Gewahrsam gebracht. - In der Wirtschaft Kiy, Ohle, wurde ein Einbruch verübt, wobei die Wirtschaftsräume ausgeplündert wurden. - Beim Messingwerk wurde die Frau eines Gießers überführt, in einem Eßnapf mehrere Kilo Kupfer mitgenommen zu haben. Wie festgestellt wurde, befanden sich in deren Wohnungen weitere Kupfermengen, die beim Messingwerk gestohlen worden waren. - Vom unteren Baumhof am Siesel wurde ein Hühnerdiebstahl gemeldet.

Medizinalwesen
Das Wichern-Krankenhaus konnte auf ein Jahr seines Bestehens zurückblicken. Bereits dieses eine Jahr zeigte, wie sehr sich die Notwendigkeit der inneren Abteilung vollauf erwiesen hat. Alle Erwartungen haben sich erfüllt. Über 500 kranke Menschen fanden in diesem ersten Jahr Behandlung, Linderung und Genesung. Durchschnittlich waren die vorhandenen 40 Betten mit 35 - 38 belegt.


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Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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