Artikel aus der Westfälischen Rundschau vom 08.10.1998
Fraktionen einig: "Grundversorgung Schwimmen" nicht teurer als bisher
Plettenberg. (jam) Daß es der IG Freibad in nur zehn Tagen gelungen sei, 3000
Unterschriften gegen das neue Bad zusammenzubringen, müsse nachdenklich stimmen, betonte
SPD-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Schrader.
Die meisten dieser Unterschriften, so ist er sich sicher, würden aber nur die Sorgen über
eine solide Finanzierung des Neubaues widerspiegeln, nicht aber eine generelle Ablehnung bedeuten. "Rat
und Verwaltung ist es offenbar bisher nicht gelungen, der Bevölkerung die für einen Neubau sprechenden
Argumente zu verdeutlichen", sagte Schrader.
Mit Wasser allein seien Bäder heute nicht zu füllen - Spaßbäder seien angesagt. Dies zeige
auch die Erfahrung mit den Bäderneubauten in der Nachbarschaft. Das Olper Bad komme auf monatliche
Besucherzahlen von 16.500 und das in Finnentrop von 9.500 Personen. Dem stünden in beiden Plettenberger
Bädern monatliche Besucherzahlen von knapp 4200 Besuchern gegenüber.
Erst die Übernahme der Stromversorgung durch die Stadtwerke habe es ermöglicht, die
seit langem gehegten Überlegungen zur Attraktivitätssteigerung der Plettenberger Bäder in einen Neubau
münden zu lassen.
Überlegungen, die Stromgewinne zu nutzen, um die Strompreise zu senken, ließen sich
aus rechtlichen Erwägungen heraus nicht verwirklichen. Und die Gelder in den städtischen Etat einzustellen,
würde bedeuten, 50 Prozent Steuer abzuführen.
Nach Darstellung von Wolfgang Schrader wird sich die jährliche Belastung bei einer
Renovierung der vorhandenen, wenig attraktiven Bäder mit 1,5 Millionen Mark finanziell im gleichen Rahmen
bewegen wie bei einem Neubau allerdings mit wesentlich weniger Besuchern.
Der Standort für den Neubau im Böddinghauser Feld mit dem vorhandenen Schul- und
Sportzentrum sei absolut geeignet, Hochwassergefahr durch die Lenne drohe nicht, sagte Schrader.
Das neue Bad werde mit Augenmaß auf die Bedürfnisse der Bürger hin geplant und
gebaut, machte der SPD-Politiker deutlich. Er verwies auf die Erfahrungen mit dem (ebenfalls komplett
eigenfinanzierten) Neubau des Rathauses, das letztlich billiger als geplant ausgefallen sei.
Schrader versicherte, das neue Bad werde die "Grundversorgung Schwimmen" zu
Eintrittspreisen anbieten, die mit heutigen vergleichbar seien: "Es werden keine zehn oder acht Mark zu
bezahlen sein." Nur wer Zusatzleistungen wie Sauna oder Solarium wolle, müsse zusätzlich zahlen.
Nach Auffassung Schraders seien zwei Aspekte in der Diskussion um das Bürgerbegehren
zu kurz gekommen. Zum einen werde das Lehrschwimmbecken in Holthausen "selbstverständlich erhalten
bleiben". Zum anderen werde das Freibad im Grünetal bis zur Eröffnung des neuen Bades bestehen bleiben.
Schrader erneuerte das Angebot an die Interessengemeinschaft, dann noch mal darüber zu sprechen, ob
eventuell ein weiterer Betrieb in privater Regie möglich sein werde.
Schrader sieht dem Bürgerentscheid gelassen entgegen: "Ich bin sicher, die Bürger sagen
ja zum Neubau des Bades."
"Mehrheit der Bürger will ein neues Freizeitbad"
CDU-Fraktionschef Wolfgang Ising unterstrich in seiner Stellungnahme die Überzeugung,
daß die Mehrheit der Plettenberger Bevölkerung ein neues Freizeitbad wolle. Nur auf diesem Wege sei es
möglich, die Bäderstruktur in Plettenberg nachhaltig zu verbessern.
Fast anschaulich listete Ising die verschiedenen Angebote auf, die in einem neuen Bad für
einen entsprechenden Besucherzustrom sorgen sollen. Unter anderem nannte er Freizeit- und
Spaßbadebereich mit Strömungskanal, Sprudelbecken, Riesenrutsche, Whirlpool und Solarien,
Kinderbereich, ganzjähriges Sole-Außenbecken, Freibadbecken für die Sommerzeit, 25-Meter-Innenbahn für
den Schwimmsport der Vereine und Schulen, einen großen Saunabereich sowie ein Restaurant, zugänglich
gleichermaßen für Schwimmer wie Nichtbenutzer des Bades.
"Wenn dieses alles so beschlossen wird, die Preise unterschiedlich je nach Benutzung
gestaltet sind - das ist heute technisch überhaupt kein Problem mehr -, so daß der normale Nur-Schwimmer
nicht viel mehr bezahlt als heute, könnte es mit dem Neubau losgehen."
Auch Ising wies darauf hin, daß die Gewinne der Stadtwerke mit den Verlusten, die auch
nach dem Neubau eines Freizeitbades noch vorhanden seien, verrechnet würden. Die Folgekosten
einschließlich der Zinsen, Tilgungen und Abschreibungen und Unterhaltung "werden dann nicht höher sein als
heute".
Dafür verfüge man aber über ein Freizeitbad, das viel mehr Bad- und Saunabesucher in
Plettenberg halte und aus der Umgebung anziehe, die Besucherzahl sicherlich über 120.000 ansteigen lasse,
für die schwimmsporttreibenden Vereine und den Schulsport geeignet und für die Bürgerinnen und Bürger
Plettenbergs angemessen sei.
Ising bedauerte es, daß es gesetzlich nicht möglich sei, die im Zusammenhang mit der
Stromversorgung entstandenen Gewinne der Stadtwerke durch Strompreissenkung an den Endverbraucher
weiter zu geben. Wenn dies möglich wäre, sähen die Finanzierung und auch die Folgekosten sicher ganz
anders aus. "Eine generelle Strompreissenkung wird es sicherlich, auch wenn wir an das neue Bonn mit
seiner möglichen Ökosteuer denken, nicht geben." Ising dankte den Mitgliedern der IG Freibad für ihr
kommunalpolitisches Engagement. Er hoffe, sie seien auf den Geschmack gekommen und engagierten sich
jetzt in den demokratischen Parteien unserer Stadt.
Bürger sollen über Finanzierung aufgeklärt werden
UWG-Sprecher Ingo Götz verzichtete angesichts der Stellungnahmen seiner Vorredner auf
einen längeren Redebeitrag. Er appellierte an Rat und Verwaltung, die Zeit bis zum Tag des
Bürgerentscheides am 15. November dazu zu nutzen, die Bürger intensiv über die Finanzierung des neuen
Bades zu informieren.
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