Freizeitbad Plettenberg

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  • IG Freibad Grünetal: Abstand vom teuren Neubau nehmen (WR 08.10.1998)
  • Stahlschmidt: Jährliches Defizit bei Sanierung der alten Anlagen
       kaum niedriger (WR 08.10.1998)
  • Fraktionen einig: "Grundversorgung Schwimmen" nicht
       teurer als bisher (WR 08.10.1998)
       (weitere Nachrichten)

  • Artikel aus der Westfälischen Rundschau vom 08.10.1998
    IG Freibad Grünetal: Abstand vom teuren Neubau nehmen

    Plettenberg. (jam) Während Friedrich Wilhelm Schulte, Sprecher der Initiativgruppe "Erhalt des Centraltheatergebäudes", in der letzten Ratssitzung keine Stellung beziehen durfte (wie berichtet), bekam Joachim Schade für die Interessengemeinschaft Freibad Grünetal Gelegenheit, ihr Bürgerbegehren ausführlich zu begründen.

    In Anbetracht der auf die deutsche Volkswirtschaft durchschlagenden internationalen Finanzkrisen und dem erwarteten deutlichen Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen in Plettenberg müßten sich Rat und Verwaltung "zur strikten Ausgabendisziplin und zur Sparsamkeit" veranlaßt sehen, sagte Schade.

    Dennoch werde ein Spaßbad mit Kosten von weit über 20 Millionen Mark geplant, ohne einen Pfennig Eigenkapital, also voll finanziert. Noch im Jahre 1993 sei von Kosten von 13 Millionen Mark gesprochen worden. "Wer die öffentliche Hand als Bauherrn kennt, weiß, dass auch 25 Millionen Mark hier nicht utopisch sind", erklärte Schade angesichts dieser Steigerung.

    Im Vorfeld des Bürgerbegehrens habe die IG Freibad Grünetal immer wieder vergeblich versucht, von der Verwaltung klare Zahlen über Baukosten, zu erwartende Besucherzahlen, Folgekosten etc. zu bekommen.

    Klar ist für Schade, daß die Bürger bei dem neuen Spaßbad mit erhöhten Eintrittspreisen rechnen müßten. Wie hoch diese seien, darüber schweige sich die Verwaltung aus. Ein Gutachten, das der IG entgegen einer Zusage bislang nicht ausgehändigt worden sei, "soll so hohe Preise enthalten, daß Rat und Verwaltung sie sich selbst nicht zu eigen machen wollen".

    Die Interessengemeinschaft sei der Meinung, "daß unser wunderschön gelegenes und mit altem, schützenswertem Baumbestand bestücktes Freibad im Grünetal erhalten werden muß und - mit weitaus geringeren Kosten - zu renovieren ist."

    Das Finanzierungsmodell der Verwaltung sehe vor, die zu erwartenden hohen Verluste aus Neubau und Betrieb des Spaßbades durch die Gewinne der Stadtwerke, insbesondere durch die Verpachtung des Stromnetzes, gedeckt werden sollen. Wenn gesteigerte Verluste der Bäder die Gewinne der Stadtwerke auffräßen, dann wirke dies derzeit steuermindernd, schmälere aber auch die Liquidität, die unsere Stadt - mehr denn je - benötige.

    Joachim Schade: Mit erhöhten Eintrittspreisen ist zu rechnen

    Die Verrechnungsmöglichkeit von Gewinnen mit negativen Ergebnissen setze überdies voraus, daß in dem Bereich, in dem Verluste erzielt werden, die Erzielung eines Gewinns überhaupt möglich sei. Doch im Bereich der Bäder werde es wohl niemals möglich sein, Gewinne zu verbuchen. Schade hält es für wahrscheinlich, daß die neue Bundesregierung solchen Bereichen, in denen ein Totalüberschuß nicht erzielt werden könne, die steuerliche Anerkennung versagen werde. "Es ist also sehr fraglich, ob das Finanzierungsmodell der Verwaltung, auf dem das Neubauvorhaben ja beruht, in Zukunft Bestand haben wird."

    Vor diesem Hintergrund appelliere die Interessengemeinschaft an Rat und Verwaltung, Abstand von dem "teuren Neubau mit seinen unkalkulierbaren Folgekosten" zu nehmen und die bestehenden Bäder instand zu setzen.

    Schade bat die Kommunalpolitiker, den Bürgerentscheid "fair und sachlich durchzuführen und sich dabei ein wenig mehr von der Verwaltung zu emanzipieren, als das bei diesem Thema bisher der Fall war."

    Bei der Durchführung des Bürgerentscheides solle von taktischen Hürden, wie kurze Öffnung der Wahllokale oder unnötiger Verringerung der Anzahl der Wahllokale, Abstand genommen werden. "Die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt dürfen nicht den Eindruck erhalten, als ob Rat und Verwaltung der Äußerung des Bürgerwillens Steine in den Weg legen wollten."



    Artikel aus der Westfälischen Rundschau vom 08.10.1998
    Stahlschmidt: Jährliches Defizit bei Sanierung der alten Anlagen kaum niedriger

    Plettenberg. (jam) In seiner Antwort auf die Stellungnahme von Joachim Schade wies Stadtdirektor Walter Stahlschmidt auf einen wichtigen Punkt hin, den dieser nicht angesprochen habe: Die Differenz zwischen den Verlusten der alten Bäder und des geplanten Kombibades.

    Zwar sei eine konkrete Kostenschätzung derzeit nicht möglich. Das liege an der nicht weit fortgeschrittenen Planung und der fehlenden Möglichkeit zur Prognose der Besucherzahlen.

    Möglich sei es jedoch, die jetzigen Kosten und die Zahlen anderer Badbetreiber zu vergleichen. Der bisherige jährliche Fehlbetrag von Hallen- und Freibad in Höhe von 1,1 bis 1,2 Millionen werde sich nach den erforderlichen Großreparaturen in Höhe von über 7 Millionen Mark auf 1,5 bis 1,7 Millionen Mark steigern. "Mit einem Defizit dieser Größenordnung ließe sich auch ein neues Bad betreiben", sagte Stahlschmidt. Dies zeige der Vergleich mit anderen Bädern, wo der Zuschußbedarf nirgends über 2 Millionen Mark liege. Ein Weitermachen wie bisher verbessere also keinesfalls die Haushaltslage - einmal abgesehen davon, daß die Bäder als eigenständiger Betrieb gar nicht mehr im Etat auftauchten.

    Im übrigen seien die Zinsen zur Zeit "günstig wie nie" sagte Stahlschmidt und bezog sich dabei auf Angebote in Höhe zwischen 3,9 und 4,1 Prozent effektivem Jahreszins. "Wenn man irgend etwas investieren will, ist das jetzt die Chance - günstiger wird es nie."

    Stahlschmidt rechnete vor, welche Kosten die reine Baufinanzierung des Neubaus für die Stadt bedeuten würde. Die Differenz zwischen der Sanierung der alten Bäder (rund 7 Millionen Mark) und dem Neubau (rund 22 Millionen Mark) beträgt 15 Millionen Mark; abzüglich der Mehrwertsteuererstattung und Verkaufserlösen für die alten Grundstücke im Grünetal bleiben 11 Millionen Mark. Auf 25 Jahre gerechnet, ergibt sich eine jährliche Tilgungsrate von rund 440.000 Mark, zu der durchschnittlich 230.000 Mark Zinsen hinzugerechnet werden müssen - macht 670.000 Mark im Jahr. Nach Abzug der Steuervorteile bleiben davon, so Stahlschmidt, 350.000 bis 400.000 Mark reine Baufinanzierung jährlich übrig.

    Den zu erwartenden höheren laufenden Kosten für das neue Bad würden andererseits auch höhere Einnahmen durch steigende Besucherzahlen entgegenstehen.



    Artikel aus der Westfälischen Rundschau vom 08.10.1998
    Fraktionen einig: "Grundversorgung Schwimmen" nicht teurer als bisher

    Plettenberg. (jam) Daß es der IG Freibad in nur zehn Tagen gelungen sei, 3000 Unterschriften gegen das neue Bad zusammenzubringen, müsse nachdenklich stimmen, betonte SPD-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Schrader.

    Die meisten dieser Unterschriften, so ist er sich sicher, würden aber nur die Sorgen über eine solide Finanzierung des Neubaues widerspiegeln, nicht aber eine generelle Ablehnung bedeuten. "Rat und Verwaltung ist es offenbar bisher nicht gelungen, der Bevölkerung die für einen Neubau sprechenden Argumente zu verdeutlichen", sagte Schrader.

    Mit Wasser allein seien Bäder heute nicht zu füllen - Spaßbäder seien angesagt. Dies zeige auch die Erfahrung mit den Bäderneubauten in der Nachbarschaft. Das Olper Bad komme auf monatliche Besucherzahlen von 16.500 und das in Finnentrop von 9.500 Personen. Dem stünden in beiden Plettenberger Bädern monatliche Besucherzahlen von knapp 4200 Besuchern gegenüber.

    Erst die Übernahme der Stromversorgung durch die Stadtwerke habe es ermöglicht, die seit langem gehegten Überlegungen zur Attraktivitätssteigerung der Plettenberger Bäder in einen Neubau münden zu lassen.

    Überlegungen, die Stromgewinne zu nutzen, um die Strompreise zu senken, ließen sich aus rechtlichen Erwägungen heraus nicht verwirklichen. Und die Gelder in den städtischen Etat einzustellen, würde bedeuten, 50 Prozent Steuer abzuführen.

    Nach Darstellung von Wolfgang Schrader wird sich die jährliche Belastung bei einer Renovierung der vorhandenen, wenig attraktiven Bäder mit 1,5 Millionen Mark finanziell im gleichen Rahmen bewegen wie bei einem Neubau allerdings mit wesentlich weniger Besuchern.

    Der Standort für den Neubau im Böddinghauser Feld mit dem vorhandenen Schul- und Sportzentrum sei absolut geeignet, Hochwassergefahr durch die Lenne drohe nicht, sagte Schrader.

    Das neue Bad werde mit Augenmaß auf die Bedürfnisse der Bürger hin geplant und gebaut, machte der SPD-Politiker deutlich. Er verwies auf die Erfahrungen mit dem (ebenfalls komplett eigenfinanzierten) Neubau des Rathauses, das letztlich billiger als geplant ausgefallen sei.

    Schrader versicherte, das neue Bad werde die "Grundversorgung Schwimmen" zu Eintrittspreisen anbieten, die mit heutigen vergleichbar seien: "Es werden keine zehn oder acht Mark zu bezahlen sein." Nur wer Zusatzleistungen wie Sauna oder Solarium wolle, müsse zusätzlich zahlen.

    Nach Auffassung Schraders seien zwei Aspekte in der Diskussion um das Bürgerbegehren zu kurz gekommen. Zum einen werde das Lehrschwimmbecken in Holthausen "selbstverständlich erhalten bleiben". Zum anderen werde das Freibad im Grünetal bis zur Eröffnung des neuen Bades bestehen bleiben. Schrader erneuerte das Angebot an die Interessengemeinschaft, dann noch mal darüber zu sprechen, ob eventuell ein weiterer Betrieb in privater Regie möglich sein werde.

    Schrader sieht dem Bürgerentscheid gelassen entgegen: "Ich bin sicher, die Bürger sagen ja zum Neubau des Bades."

    "Mehrheit der Bürger will ein neues Freizeitbad"

    CDU-Fraktionschef Wolfgang Ising unterstrich in seiner Stellungnahme die Überzeugung, daß die Mehrheit der Plettenberger Bevölkerung ein neues Freizeitbad wolle. Nur auf diesem Wege sei es möglich, die Bäderstruktur in Plettenberg nachhaltig zu verbessern.

    Fast anschaulich listete Ising die verschiedenen Angebote auf, die in einem neuen Bad für einen entsprechenden Besucherzustrom sorgen sollen. Unter anderem nannte er Freizeit- und Spaßbadebereich mit Strömungskanal, Sprudelbecken, Riesenrutsche, Whirlpool und Solarien, Kinderbereich, ganzjähriges Sole-Außenbecken, Freibadbecken für die Sommerzeit, 25-Meter-Innenbahn für den Schwimmsport der Vereine und Schulen, einen großen Saunabereich sowie ein Restaurant, zugänglich gleichermaßen für Schwimmer wie Nichtbenutzer des Bades.

    "Wenn dieses alles so beschlossen wird, die Preise unterschiedlich je nach Benutzung gestaltet sind - das ist heute technisch überhaupt kein Problem mehr -, so daß der normale Nur-Schwimmer nicht viel mehr bezahlt als heute, könnte es mit dem Neubau losgehen."

    Auch Ising wies darauf hin, daß die Gewinne der Stadtwerke mit den Verlusten, die auch nach dem Neubau eines Freizeitbades noch vorhanden seien, verrechnet würden. Die Folgekosten einschließlich der Zinsen, Tilgungen und Abschreibungen und Unterhaltung "werden dann nicht höher sein als heute".

    Dafür verfüge man aber über ein Freizeitbad, das viel mehr Bad- und Saunabesucher in Plettenberg halte und aus der Umgebung anziehe, die Besucherzahl sicherlich über 120.000 ansteigen lasse, für die schwimmsporttreibenden Vereine und den Schulsport geeignet und für die Bürgerinnen und Bürger Plettenbergs angemessen sei.

    Ising bedauerte es, daß es gesetzlich nicht möglich sei, die im Zusammenhang mit der Stromversorgung entstandenen Gewinne der Stadtwerke durch Strompreissenkung an den Endverbraucher weiter zu geben. Wenn dies möglich wäre, sähen die Finanzierung und auch die Folgekosten sicher ganz anders aus. "Eine generelle Strompreissenkung wird es sicherlich, auch wenn wir an das neue Bonn mit seiner möglichen Ökosteuer denken, nicht geben." Ising dankte den Mitgliedern der IG Freibad für ihr kommunalpolitisches Engagement. Er hoffe, sie seien auf den Geschmack gekommen und engagierten sich jetzt in den demokratischen Parteien unserer Stadt.

    Bürger sollen über Finanzierung aufgeklärt werden

    UWG-Sprecher Ingo Götz verzichtete angesichts der Stellungnahmen seiner Vorredner auf einen längeren Redebeitrag. Er appellierte an Rat und Verwaltung, die Zeit bis zum Tag des Bürgerentscheides am 15. November dazu zu nutzen, die Bürger intensiv über die Finanzierung des neuen Bades zu informieren.


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