Elektrifizierung erneut im Gespräch

Auf der Oestertalbahn erfolgte im Jahre 1927 eine weitere Streckenverlegung. Im gleichen Jahr wurde auch das bereits vor Jahren erörterte Projekt für eine Elektrifizierung wieder ernstlich aufgegriffen. Anlass hierzu war die Erkenntnis, dass die technische Verbesserung des Betriebes in Anpassung an die neuen Verkehrsverhältnisse zwingend notwendig waren. Diese im Jahre 1927 noch nicht abgeschlossenen Überlegungen scheiterten aber schließlich einmal an der Höhe des Kostenaufwandes für die Elektrifizierung und zum anderen an der in 1929 - 1932 zunehmenden Wirtschaftskrise mit ihrer anhaltenden Verkehrsminderung.


Ein Personenzug der Plettenberger Kleinbahn in den 1930er Jahren auf dem Weg über die Breddestraße zum Bahnhof Eiringhausen.

Die im Jahre 1924 begonnene Erneuerung der Gleisanlagen mit teilweiser Streckenbegradigung im Oestertal konnte bis zum Jahre 1941 fortgesetzt werden. Durch die zunehmenden Kriegseinwirkungen musste allerdings in den Kriegsjahren von weiteren Gleiserneuerungen abgesehen werden. Das gilt auch für die Erneuerung von Weichen und für Verschweißung von Schienenstößen. Entsprechend dem Vorgehen der Reichsbahn schaffte die Kleinbahn am 15. Januar 1929 die 4. Wagenklasse in ihrem Personenverkehr ab und führte von diesem Zeitpunkt an nur noch die 2. und 3. Wagenklasse.

Im Jahre 1935 errichtete sie anstelle eines alten Wohngebäudes ein neues Zweifamilienwohnhaus für 17.800 Mark in ihrem Betriebsbahnhof Plettenberg-Eiringhausen. Im Betriebsbahnhof Plettenberg-Oberstadt wurden die Anlagen und Einrichtungen der Lokomotivwerkstatt erweitert. Diese Erweiterungen wurden in den Jahren 1940 und 1941 fortgesetzt.

Der im Jahr 1938 in Auftrag gegebene dieselelektrische Triebwagen wurde durch kriegsbedingte Erschwernisse erst im Jahre 1941 angeliefert. In Betrieb genommen wurde er am 17. Dezember 1941. Mit diesem Triebwagen hat die Kleinbahn zunächst freilich wenig Freude gehabt. Abgesehen davon, dass der 200 PS-Motor erhebliche Kraftstoffmengen verbrauchte, ohne dass ein entsprechender Nutzen bei 33 Sitzplätzen in dem Fahrzeug erzielt werden konnte, war die Maschinenanlage des Triebwagens, die fast 2/3 des Fahrzeug-Innenraumes einnahm, sehr störungsanfällig. Das Fahrzeug war daher in den ersten Jahren nur wenig im Einsatz. Erst nach dem Einbau eines luftgekühlten Klöckner-Humboldt-Deutz-Motors mit 165 PS in den Jahren 1954-1955 konnte der Triebwagen ab 27. März 1955 mit besserem Erfolg und längeren Laufzeiten für den Personenverkehr der Kleinbahn eingesetzt werden.


Erst 1941 wurde - kriegsbedingt - der bereits 1938 in Auftrag gegebene Schienenbus (Triebwagen) geliefert. Sein 200-PS-Motor verbrauchte Unmengen an Kraftstoff, nahm zudem allein schon zwei Drittel des Innenraumes ein. Erst der Umbau auf einen Klöckner-Humboldt-Deutz-Motor brachte Besserung. Hier steht der Triebwagen auf dem Abstellgleis in Oberstadt. 1960 wurde er nach Sylt verkauft.

Von Wiesenthal nach Westerland
Durch seinen nun ziemlich reibungslosen Einsatz wurde eine Erweiterung des Fahrplanes auf der Strecke Stadt - Wiesenthal möglich. Nach der gänzlichen Umstellung des Personenverkehrs auf Omnibusse im Jahre 1959 verkaufte die Kleinbahn den Triebwagen im Jahre 1960 an die Sylter Verkehrsbetriebe auf Westerland.
Das im Jahre 1941 von einem Lagerplatzinhaber gekaufte Kleingebäude im Betriebsbahnhof Plettenberg-Eiringhausen wurde im Jahre 1942 als Güterabfertigung und Fahrdienstleitung ausgebaut. Bisher befanden sich die Güterabfertigung und Fahrdienstleitung der Kleinbahn in dem Verwaltungsgebäude an der Herscheider Straße.

Die Entwicklung ihres Eisenbahnverkehrs und die aus kriegsbedingten Gründen notwendige Zusammenarbeit mit dem Bahnhof der Reichsbahn erforderten jedoch eine räumlich engere Verbindung dieser Kleinbahn-Betriebs- und Verkehrsstellen zur Reichsbahn. Der Betriebsdienst wurde von Inbetriebnahme der Bahn an bis zum Auslauf ihres Strecken-Eisenbahnbetriebes ausschließlich von einer Betriebsstelle aus gelenkt (Zugleitverfahren). Dieses den Betriebsverhältnissen der Kleinbahn angepasste vereinfachte Zugleitverfahren hatte sich bis zur Einstellung des Eisenbahnbetriebes, abgesehen von einigen kleineren Betriebsunfällen, bewährt.

Noch in den Kriegsjahren 1941, 1943 und 1945 konnte die Kleinbahn bei der Bedeutung ihres Güterverkehrs neue Rollwagen beschaffen. Auf Weisung des Reichs- und Preußischen Verkehrsministers beschloss die Hauptversammlung am 28. Mai 1942 das bisher unter dem Namen "Plettenberger Straßenbahn Aktien-Gesellschaft" geführte Unternehmen in "Plettenberger Kleinbahn Aktien-Gesellschaft" umzubenennen, weil nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen Bahnen, die in öffentlichen Straßen mit Dampflokomotiven betrieben werden, nicht mehr als Straßenbahn rechtlich bezeichnet waren.


Der im Jahre 1904 errichtete und in den Folgejahren weiter ausgebaute Güterbahnhof der Kleinbahn in Eiringhausen lag mit seinen Gleisanlagen in dem Überschwemmungsgebiet der Lenne. Im Jahre 1928 wurde daher bereits die Höherlegung der Gleisanlagen für notwendig gehalten, musste aber aus wirtschaftlichen Gründen zurückgestellt werden. Erst im Jahre 1944 konnte diese Höherlegung der gefährdeten Gleisanlagen um 45 cm durchgeführt werden. Außerdem wurde die Entwässerungsanlage des Bahnhofes erweitert und verbessert.

Im Jahre 1945 wurde die Bahn vom Kriege überrollt. Am 12. April musste der gesamte Betrieb bei Besetzung der Stadt Plettenberg durch amerikanische Truppen (Anm. HH: 75th + 86th Inf Div) eingestellt werden, wurde jedoch bereits am 7. Mai mit Genehmigung des amerikanischen Stadtkommandanten für den Personenverkehr wieder aufgenommen. Der Güterverkehr lief erst im Jahre 1946 wieder an, er war zunächst sehr schwach.

Wegen des erheblichen Mangels an Arbeitskräften musste die Kleinbahn im Jahre 1947 auf fremde Arbeiter von Unternehmen für die dringendsten Arbeiten in der Bahnunterhaltung und Werkstatt zurückgreifen.
Erst nach der Währungsreform im Jahre 1948 haben sich die Verkehrs- und Betriebsverhältnisse der Bahn wieder normalisiert. Die im Winter 1947/48 im Oestertal entstandenen erheblichen Hochwasserschäden erforderten einen Kostenaufwand von mehr als 38.000 Mark. Von diesem Betrage wurde etwa die Hälfte vom Staat als Beihilfe übernommen. Der Materialmangel in den Kriegs- und Nachkriegsjahren hatte zu einem größeren Nachholbedarf geführt, so dass die Beschaffung von Ersatzteilen für Fahrzeuge und Oberbaustoffe, die rückständigen Reparaturen, die Erneuerung des Brückenanstrichs, der Anstrich von Betriebsmitteln usw. einen erheblichen Kostenaufwand erforderten.

Die Güterabfertigung der Kleinbahn musste im Jahre 1951 infolge der Einbeziehung in die durchgehende Frachtberechnung und Abrechnung erweitert werden. Die Zunahme der Verwaltungsarbeiten im Zuge der Verkehrsausweitung machte im Jahre 1952 den Umbau des nicht mehr benötigten Güterschuppens am Verwaltungsgebäude in Büroräume erforderlich.

Bereits vor dem erstmaligen Ablauf der Genehmigung für den Eisenbahnbetrieb am 20. April 1956 wurde immer nachdrücklicher die Beseitigung des Eisenbahnbetriebes in den Stadtstraßen wegen des ständig zunehmenden Kraftverkehrs nach Ablauf der Genehmigung verlangt. Wenn es auch gelang, zunächst den Eisenbahnbetrieb mit kurzfristigen Verlängerungen der Genehmigung noch zu erhalten, so erschien es jedoch nicht mehr zweckmäßig, größere Aufwendungen für Erneuerung und Modernisierung des Eisenbahnbetriebes in den Folgejahren vorzunehmen. Es wurden daher nur die notwendigsten Unterhaltungsarbeiten am Oberbau und an den Betriebsmitteln durchgeführt.


Rangieren von der Kaiserstraße zum Anschlussgleis der Firma W. Wagner jr. in der Viktoriastraße.                                                                                     Foto: Obermann

Die Kleinbahn setzte zwar mit Unterstützung der Deutschen Bundesbahn ihre Bemühungen um die vorläufige Erhaltung ihres Eisenbahnbetriebes fort, musste aber zur Entlastung der innerstädtischen Straßen vom 1. Dezember 1958 an die Güter für die obere Stadt (besonders für das Else- und Oestertal) nicht mehr von Eiringhausen, sondern von Oberstadt aus zustellen. Ein Teil der dadurch der Kleinbahn entstehenden Einnahmeausfälle und erhöhten Betriebskosten wurden von der Bundesbahn erstattet. Diese Maßnahmen konnten zwar die schwierige Verkehrssituation in der Innenstadt entlasten, nicht aber das Problem lösen und die Forderung auf Beseitigung des Eisenbahnbetriebes abzuwenden. Seit 1958 befasste sich die Kleinbahn daher mit Fragen einer zweckmäßigen Umstellung ihres Ladungsgüterverkehrs von der Schiene auf die Straße. Dabei war aus wirtschaftlichen Überlegungen anzustreben, den bisherigen Verkehr weitestgehend zu erhalten.

Planung und Durchführung der Maßnahmen für die Betriebsumstellung werden noch an anderer Stelle näher dargelegt. Der in den letzten Jahren bereits zunehmend auf Omnibusse umgestellte Personenverkehr wurde am 1. Januar 1959 mit der Stilllegung auch im Oestertal endgültig eingestellt. Ihm folgte am 23. Februar 1959 der Stückgutverkehr der Kleinbahn, der bisher noch etwa zur Hälfte auf der Schiene durchgeführt worden war. Von diesem Zeitpunkt an wurde nur noch der Ladungsgüterverkehr auf der Schiene befördert. Dieser restliche, allerdings beachtliche Eisenbahnbetrieb wurde durch einen Brückenneubau im Zentrum der Stadt (Maiplatz) ab 15. Juli 1959 weiter erschwert, weil das durchgehende Betriebsgleis zwischen den Betriebsbahnhöfen Plettenberg-Oberstadt (zugleich Lokomotivbahnhof der Kleinbahn) und Plettenberg-Eiringhausen unterbrochen wurde. Hinzu kamen weitere Erschwernisse durch Beschränkung der Betriebszeiten für den Zugverkehr.


Im Sommer 1959 wurde die Kleinbahnbrücke über den Oesterbach abgerissen, was zu erheblichen Erschwernissen für den Kleinbahnbetrieb führte. Der Oesterbach wurde mit einer großzügigen Stahlbetonplatte abgedeckt, so dass die Kleinbahnschienen oberflächlich in das Straßenprofil gelegt werden konnten.



zurück           Fortsetzung S. 7

Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
58849 Herscheid, Tel.: 02357/903090, E-Mail: webmaster@plbg.de