1958: Beschäftigungshöchststand mit 117 Mitarbeitern

Gerade die Verkehrsunternehmungen sind von allgemeinwirtschaftlichen Schwankungen besonders abhängig. Als ausgesprochene Dienstleistungsbetriebe ohne eigene Produktion unterliegen sie Kriegsereignissen und Wirtschaftsdepressionen ebenso wie auch Konjunkturschwankungen mehr als Wirtschaftsunternehmen. Auch die Plettenberger Kleinbahn hat zwei große Kriege und ihre wirtschaftlichen Stagnationen als Folge der Niederlage mit ihren unerfreulichen wirtschaftlichen Auswirkungen, aber auch verkehrsbelebende Wirtschaftskonjunkturen in der Vergangenheit erlebt.

Quelle für den kursiven Einschub: 1912-13, Bericht über den Stand der Gemeinde-Angelegenheiten der Stadt Plettenberg für die Zeit vom 1. April 1912 bis 31. März 1913

"Auf der Strecke Plettenberg - Holthausen wurde mit Genehmigung des Herrn Regierungspräsidenten vom 25. Juni 1912 der Sonntags-Personenverkehr am 14. Juli 1912 eingestellt. Auf der Oesterstrecke wurde vom Anfang bis zum Anschluss Oesterhammer der Oberbau vollständig erneuert. Es wurde hierzu das Staatsbahnprofil 6 e auf eisernen Schwellen Profil 51 verwandt. Mit dem Umbau der Strecke von Oesterhammer bis Oesterau soll so lange gewartet werden, bis die Schwierigkeiten mit der Firma Brockhaus bezüglich der Verfrachtung ihrer Güter behoben sind.
Für den Anschluss unserer Bahn an den neuen Staatsbahnhof Plettenberg-Oberstadt wurden im Berichtsjahr etwa 22.000 Mark für Grunderwerb ausgegeben. Auch im laufenden Geschäftsjahr stehen größere Ausgaben bevor.
08. April 1913, Der Vorstand: Pühl, Köhler, Hinrichs
10. April 1913, Der Aufsichtsrat: W. Schade - Vorsitzender


Ein Güterzug der Plettenberger Kleinbahn auf der Herscheider Straße. Links die Gesenkschmiede Firma Budde & Steinbeck, rechts der Konsum und die Aral-Tankstelle Kirchhoff.

(Foto: P.Hauswald 08.1960)

Wenn sie dennoch ohne Substanzverlust ihren Eisenbahnbetrieb, wenn auch zeitweilig mit kriegs- und krisenbedingten Einschränkungen, über schwierige Zeiten aufrecht erhalten konnte, so hat sie ihre Bedeutung und enge Verpflechtung mit der Wirtschaft in ihrem Verkehrsbereich damit bewiesen. Das gilt ebenso für die in den Jahren 1961 und 1962 durchgeführte Betriebsumstellung, auf die besonders wegen ihrer verkehrsbedingten Eigenart später noch einzugehen sein wird.
Ihr Verwaltungsgebäude in der Herscheider Straße bezog die Kleinbahn am 1. April 1906.

Der Belegschaftsstand unterlag im Laufe der Jahre erheblichen Schwankungen und bewegte sich in den Jahren 1896 bis 1918 zwischen 30 und 47. Von 36 Betriebsangehörigen im Jahre 1918 schnellte die Zahl der Betriebsangehörigen auf 52 im Jahre 1919 als Folge der mit Ausgang des ersten Weltkrieges begonnenen sozialen Strukturwandlung (Arbeitszeitverkürzung usw.) empor. Die bis auf 58 Betriebsangehörige im Jahre 1925 angestiegene Belegschaftszahl ging nach einigen Schwankungen mit der zunehmenden Wirtschaftskrise in den Jahren 1930 - 1932 auf 42 zurück, um ab 1933 wieder bis auf 65 in den Jahren 1941 und 1942 zu wachsen. Sie sank jedoch durch den Krieg in den Jahren 1943 bis 1945 auf 38 ab. Mit dem Jahr 1946 nahm sie wieder ständig zu, nicht zuletzt durch den planmäßigen Ausbau des seit 1932 begonnenen Kraftverkehrs und erreichte im Jahre 1958 ihren Höchststand mit 117 Betriebsangehörigen.
Obwohl die Verkehrs- und Betriebsanforderungen in den folgenden Jahren noch ständig zugenommen haben,


12.04.1975: Das 1905/06 errichtete Verwaltungsgebäude der Plettenberger Kleinbahn an der Herscheider Straße wird abgerissen.

sank die Belegschaftszahl vom Jahre 1959 an als Folge des fortschreitenden allgemeinen Arbeitskräftemangels in der gesamten Wirtschaft ständig bis auf 95 Betriebsangehörige im Jahre 1961 ab. Die fehlenden Arbeitskräfte und die weiter zunehmenden Verkehrs- und Betriebsaufgaben führten daher zur Vermehrung der Überarbeit und zu einer entsprechenden Kostensteigerung des Betriebes.

Der Eisenbahnbetrieb der Kleinbahn wurde seit seiner Aufnahme im Jahre 1896 von Jahr zu Jahr in seinen Anlagen und seiner Abwicklung ständig erweitert, weil die an die Kleinbahn gestellten Verkehrsanforderungen dies notwendig machten. In den Jahren 1903 und 1904 stellte der Bau der Oestertalsperre erhöhte Betriebsanforderungen an die Kleinbahn. Im Jahre 1907 wies die Kleinbahn bei ihren 3 Bahnen 10,417 km durchgehende Gleise, 2,295 km Umlaufgleise und 3,179 km Anschlussgleise, zusammen also 15,891 km Länge und 82 Weichen auf. Von der Gesamtlänge entfielen 7,507 km auf Vignolschienen mit Eisenschwellen und 8,384 km auf Rillenschienen, die auf Packlage und zum größten Teil mit Spurstangen verlegt waren. Nicht einbezogen in diese Angaben ist die Privatanschlussbahn. Im Jahre 1908 wurden weitere 4 Anschlüsse verlegt. Die Gesamtlänge der Gleise stieg damit auf 17,130 km und 88 Weichen bei 49 Anschlüssen. Im Frühjahr 1909 erlitt die Kleinbahn erhebliche Hochwasserschäden.
Am 1. Oktober 1911 wurde sie Mitglied der Pensionskasse für Beamte Deutscher Privat-Eisenbahnen in Berlin, der sie seitdem ununterbrochen bis heute angehört.

In den Jahren 1912 - 1915 erhielt die Kleinbahn ihren zweiten Anschluss an die Staatsbahn in Plettenberg-Oberstadt. Die Plettenberger Straßenbahn-Gesellschaft hatte bekanntlich im Jahre 1901 dem Ansinnen des Landrates in Altena, die "Straßenbahn" bis Herscheid zu verlängern, aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht entsprochen. Nun hatte sich die Staatsbahn zu dem Bahnbau von Plettenberg nach Herscheid entschlossen in der Absicht, diese normalspurige Nebenbahn bis Lüdenscheid weiterzuführen. Durch den ersten Weltkrieg von 1914 - 1918 und die ihm folgende Wirtschaftskrise bei der in der gleichen Zeit beginnenden Expansion des Kraftwagens im Verkehr wurde allerdings der im Jahre 1915 bis Herscheid durchgeführte Bahnbau in den späteren Jahren nicht mehr bis Lüdenscheid weitergeführt.

Für ihren an den neuen Staatsbahnhof Plettenberg-Oberstadt vorgesehenen Anschluss erwarb die Kleinbahn im Jahre 1912 den erforderlichen Grundbesitz für 22.000 Mk. Sie wendete für diesen neuen Anschluss im Jahre 1913 weitere 17.200 Mk und im Jahre 1914 wiederum 29.000 Mk auf. Der neue Betriebs- und Anschlussbahnhof in Plettenberg-Oberstadt wurde mit der Eröffnung der Staatsbahn-Nebenbahn Plettenberg - Herscheid am 8. Juli 1915 in Betrieb genommen. Durch die Inbetriebnahme dieser Nebenbahn erlitt der Güterverkehr der Kleinbahn einen fühlbaren Rückschlag.

Die Kriegsjahre brachten durch eine starke Zunahme der Verkehrsanforderungen auch eine beträchtliche Verstärkung des Betriebes, die jedoch nach dem Zusammenbruch im Jahre 1918 bei empfindlichem Verkehrsrückgang und zunehmenden Betriebsschwierigkeiten durch Personalmangel und Betriebsstoffschwierigkeiten beendet wurde. Es mussten Betriebseinschränkungen vorgenommen werden. Die Besetzung des Ruhrgebietes und die zunehmende Inflation im Jahre 1923 führten bei der Kleinbahn zu einer weiteren Verkehrsminderung und zu einer Steigerung der Betriebskosten. Vom 10. März ab verkehrte daher der Stückgüterzug nur noch jeden zweiten Tag. Der Güterdienst wurde vom 1. August 1923 an nur mit einer Lokomotive durchgeführt, der Personenverkehr am 22. September sogar erheblich eingeschränkt und ab 8. November ganz eingestellt.


Erst mit der Stetigkeit der im November 1923 eingeführten Goldmarkwährung besserte sich auch für die Kleinbahn allmählich die wirtschaftliche Lage. Der Personenverkehr konnte am 1. März 1924 in beschränktem Umfang und bis zum 30. November 1924 wieder voll aufgenommen werden. Im Jahre 1924 wurden außerdem neue Schienen sowie 9 Weichen, eine neue Heißdampflokomotive und 10 neue Rollwagen beschafft. Die Kleinbahn war also gleich nach der Währungsreform bemüht, ihre Rückstände bei der Erneuerung von Betriebsanlagen und Betriebsmitteln in den letzten Jahren nun wieder aufzuholen. Zugleich zeigte dieses Beschaffungsprogramm, dass die Kleinbahn aus den Wirren der letzten Jahre dennoch als wirtschaftlich gesundes Unternehmen hervorgegangen ist.


Eine Personenwagenhalle aus Wellblech wurde auf dem Bahnhof Plettenberg-Oberstadt im Jahre 1925 errichtet. Sie wurde erst bei der Betriebsumstellung im Jahre 1961 wieder beseitigt. Die am 30. Dezember 1925 aufgetretenen Hochwasserschäden verursachten der Kleinbahn einen erheblichen Kostenaufwand zu ihrer Beseitigung. Im gleichen Jahr wurden für eine Begradigung der Eisenbahnstrecke im Oestertal 20.850 Mk aufgewendet.



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Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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