Die Willeke-Chronik - V. Teil
1933-1939

"Stadt und Land Hand in Hand"

1933
Anlässlich der am 15. September stattfindenden Eröffnung des Preußischen Staatsrats zeigen alle öffentlichen Gebäude der Stadt und die Kirchen Flaggenschmuck. Die Beamten der Gemeindebehörden und die Schulen versammelten sich zwischen 11 und 12 Uhr, um die Feier am Rundfunk mitzuerleben. Von 11.30 Uhr bis 11.45 Uhr läuteten die Kirchenglocken.

Die Bautätigkeit, die sich zu Beginn der Bausaison gar nicht günstig ansah, hat sich beim Ausgang des Sommers doch noch etwas belebt und ist erfolgreicher geworden als im Vorjahr. Private Wohngebäude werden zur Zeit in den verschiedenen Teilen der Stadt, meist auf den Höhen ihrer Außenbezirke, durchweg in schmucken Ausführungen, errichtet. Der Volksfreund stellt mit Freude diese Bautätigkeit fest; er weiß, welche Bedeutung das Schlüsselgewerbe für Handel und Wandel überhaupt hat, und er sehnt den Tag herbei, wo "alle Räder wieder rundgehen" zum Segen für das Volksganze.

In der letzten Zeit hat das Betteln einen derartigen Umfang angenommen, dass man schlechthin von einer Landplage sprechen kann. Es soll nun allgemein energisch Front dagegen gemacht werden. Um aber zu einem vollen Erfolg zu kommen, war es notwendig, dass die behördliche Arbeit bei der Bevölkerung die größtmöglichste Unterstützung fand. In der Regel handelt es sich bei den Bettlern um fremde, arbeitsscheue Landstreicher, die die Gebefreudigkeit der Bevölkerung ausnützen und aus dem Betteln ein Gewerbe machen. Sie haben auf diese Weise einen mühelosen Erwerb und ihr Einkommen ist vielfach größer als das eines Arbeiters. Die Stadtverwaltung brachte deshalb sogenannte "Bettlerschecks" in Höhe von 2 Pfennig zum Verkauf, die den Bettlern an Stelle von Bargeld gegeben werden. Diese Schecks müssen die Bettler bei der Polizeiwache gegen einen Gutschein umtauschen. Es ist dann die Gewähr gegeben, dass ein Bettler im Laufe eines Tages nur einen bestimmten Betrag erbetteln kann, und dass darüber hinaus kein Alkohol, keine Tabakwaren und Luxuxgegenstände an die Bettler zur Abgabe gelangen.

1. Oktober. Erntedankfest 1933. - In diesem Jahre nicht nur ein Fest des Bauern - wie das Fest der nationalen Arbeit am 1. Mai nicht nur ein Fest des Arbeiters war - sondern im Reich der Erneuerung und Einheit ein Fest des ganzen deutschen Volkes. Ausdruck und Verkörperung wahrer Volksgemeinschaft und Verbundenheit aller Stände untereinander. "Stadt und Land Hand in Hand!" Die Feier des Erntedankfestes in der Stadt wurde mit einem evgl. Festgottesdienst in der Schützenhalle eingeleitet. Die Fahnen der nationalen Vereine und Verbände, etwa 20 an der Zahl, hatten am garben-, blumen- und früchtegeschmückten Altar Aufstellung genommen. Herrlicher Sonnenschein vergoldete die Feier. Der Posaunenchor und der gemischte Chor verschönten den Festgottesdienst mit passenden Darbietungen und die andächtige Gemeinde sang am Schlusse: "Nun danket alle Gott!" Anschließend formierte sich ein stattlicher Festzug, der sich über eine Stunde durch die fahnengeschmückten Straßen der Stadt bewegte. Voran gingen Früchte tragende Kinder, die ihre Gaben dem Krankenhaus brachten; es folgten verschiedene Bauern- und Erntewagen und -gruppen, die viel Beifall fanden. Die Wagen trugen Inschriften wie: "Sommer, Sonne, Segen" oder "Stadt und Land Hand in Hand". Desweiteren nahmen an den Zügen teil: Musik, die Formationen der NSDAP einschließlich Stahlhelm, die hiesigen militärischen Vereine, Freiw. Feuerwehr, Schützengesellschaft, Fliegergruppe, Männergesangverein, Turnvereine, Christlicher Verein junger Männer, Grüner Schützenverein, die katholischen Vereine und die Sanitätskolonne.

Im Anschluss an den Festzug fand eine Kundgebung in dem geräumigen Zelt des zur Zeit im Wieden gastierenden Zirkus Althoff statt. Am Schlusse gedachte man auch unseres allverehrten Herrn Reichspräsidenten von Hindenburg anlässlich seines 86. Geburtstages und betonte besonders seine vorbildliche Pflichterfüllung, seine Treue, sein Vertrauen und seine Gottesfurcht. Mit einem Appell zur Spende für die Winterhilfe und einem dreimaligen "Sieg Heil!" auf unser Vaterland und seine Führer, von Hindenburg und Adolf Hitler schloss der Ortsgruppenleiter der NSDAP, Pg (Parteigenosse) Albert Menschel die erhebende Kundgebung.

Die erste Sammlung der NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) für das Winterhilfswerk aus dem Eintopfgericht der Stadt Plettenberg ergab 830,25 RM. Außerdem wurden am Schlusse des Erntedankfest- Gottedienstes 115,88 RM gesammelt, die ebenfalls der NSV übergeben wurden. Außerdem wurden an diesem Tage für rund 460,00 RM Festabzeichen verkauft, die ebenfalls der NSV für das Winterhilfswerk zuflossen.

Die hiesige Regenstation verzeichnete im September 8 Tage mit Niederschlag mit einer Gesamtniederschlagsmenge von 41,5 mm. Die höchste Tagesmenge betrug 13,9 mm, gemessen am 14. September.

In dem einst so ruhigen, romantischen Grünetal, in dem vor einigen Jahren die Stadt eine Siedlung schuf, und in den letzten Jahren auch sonst verschiedene Häuser am Landemerter Wege gebaut wurden, herrscht im Oktober wieder reges gewerbetätiges Leben, denn die Stadtverwaltung sucht hier nun endlich einen Plan zu verwirklichen, dessen Ausführung schon immer von weitesten Kreisen unserer Bevölkerung ersehnt wurde, nämlich den Bau einer städtische Freibadeanstalt. Dieselbe soll in einer Ausdehnung von 15 x 50 Metern ausgeführt werden bei einer Tiefe von 75 Zentimeter bis 3,60 Meter, mit 75 Zentimeter Tiefe für Nichtschwimmer anfangend. Der durch eine Sperrkette abzuschließende Teil für Nichtschwimmer macht 17,5 Meter von der gesamten Bassinlänge aus. Der Teil für Schwimmer beginnt mit einer Wassertiefe von 1,40 Meter. In der Breite wird ein Planschbecken für Kinder angelegt in einer Ausdehnung von 15 x 9 Meter mit anschließender Sanddüne zum Spielen. Unterhalb des Bassins werden Liegewiesen planiert, je 25 m breit und 80 m lang, in zwei Stufen.

Sonntag, den 8. Oktober, fand wie alljährlich im städtischen Wieden die Schlussübung der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr statt, zu der sich eine große Zuschauermenge eingefunden hatte. Der in früheren Jahren als Abschluss unternommene große Sturmangriff wurde in diesem Jahr zu einer großangelegten Luftschutzübung erweitert. Der Übung lag folgender Plan zugrunde:
Feindliche Flieger sind gemeldet, die Stadt wird in Alarmzustand versetzt, die Passanten müssen die Luftschutzräume aufrufen, die Feuerwehr bricht ihre Übung ab, der Hilfs- und Sicherheitsdienst tritt in Bereitschaft. 10 Minuten später fallen die ersten Bomben im Wieden auf die dort aufgestellten kleinen Häuser, auf die Grünestraße und besonders auf die Fabrik D. W. Schulte, in der ein größerer Brand ausbricht, der von der Feuerwehr gelöscht wird. Eine Sprengbombe bringt ein Haus im Wieden zu Einsturz, wodurch 4 Personen verschüttet werden, ein zweites Haus gerät in Brand, der mit einem Schaumlöschgerät bekämpft wird. Unter den Bomben befinden sich auch Gasbomben, durch die der Wieden und die untere Grünestraße vergast werden, so dass die Mannschaften mit Gasmasken arbeiten müssen. Auch eine Brandbombe wird zur Explosion gebracht, die 2000 Grad Hitze entwickelt und nur mit Sand gelöscht werden kann. Der Sicherheits- und Hilfsdienst ist auf dem Posten und überall wird fieberhaft gearbeitet, um die Verheerungen auf ein Minimum zu beschränken. Die Sanitätskolonne setzt sich tatkräftig ein, um die Verwundeten und Gasvergifteten zu bergen, und schon erscheint auch der Entgiftungstrupp, der mit Kalk und Wasser das Gas unschädlich macht. Die Übung machte in ihrer Vielgestaltigkeit auf die Zuschauer sichtlich starken Eindruck und war eine gute Werbung für den Gedanken des zivilen Luftschutzes.

In der Woche vom 15.-22. Oktober war die Reichshandwerkerwoche und Handwerk, Handel und Gewerbe hatten sich zusammengetan, um hierorts in der Schützenhalle eine Ausstellung erstehen zu lassen. Aus diesem Anlass zeigte die Stadt reichen Flaggen- und Girlandenschmuck. Über die Straße gespannte Inschriften weisen auf den Wert der Handwerksarbeit und auf die Ausstellung hin, die am 15. Oktober eröffnet wurde.

Eingeleitet wurde die Handwerkerwoche durch einen Propaganda- Festzug durch die Hauptstraßen der Stadt, in dem die einzelnen Handwerksberufe in ihrer Berufskleidung marschierten, während auf großen Schildern, die von den einzelnen Berufen von Zunftjüngern gefahren bzw. getragen wurden, in Wort und Bild auf die Bedeutung der verschiedenen Handwerkerzweige hingewiesen wurde. Die Ausstellung selbst hat aufs angenehmste überrascht. Ohne Übertreibung kann man wohl feststellen, dass es das schönste ist, was Plettenberg bisher auf diesem Gebiet gesehen hat. Selbst in letzter Zeit verschiedentlich veranstaltete Braune Messen benachbarter Städte sollen bezüglich der äußeren Aufmachung und Geschlossenheit des Ganzen hinter der hiesigen Ausstellung zurückstehen, Im ganzen wurde während der 8 Tage die Ausstellung von rund 12.000 Personen besucht.

Der 22. Oktober, ein Sonntag, wird in der Geschichte der Ortsgruppe Plettenberg des Deutschen Luftsport-Verbandes als einer der bedeutendsten Tage eingezeichnet werden, als Erfüllung, aber auch als Ansporn für neues, unermüdliches Arbeiten für Deutschlands Größe, Ehre und Freiheit durch die friedliche Eroberung der Luft. In die Tausende gingen die Massen, die in den frühen Nachmittagsstunden zu Fuß, mit Kraftwagen, Motorrädern, Fahrrädern, mit der Eisenbahn und mit Omnibussen dem einen Ziel: Hüinghausen und einige Minuten weiter dem Fluggelände auf dem Habbel zuströmten. Herrlich war das Wetter, einen schöneren Sonntag hätten sich die jungen Plettenberger Flieger für ihre große Veranstaltung nicht wünschen können. SA, HJ, JO und Sanitätskolonne Plettenberg hatten sich in uneigennütziger Weise in den Dienst der Sache gestellt und sorgten für die Organisation der Anfahrt, Kontrolle, Absperrung u. ä.. Mittels einer Großlautsprecher-Anlage war es möglich, die gehaltenen Reden allen Zuschauern verständlich zu machen, die einzelnen Darbierungen in sachgemäßer Weise zu erklären und in den Pausen mit schöner Schallplattenmusik zu unterhalten. Insgesamt waren etwa 5.000 Eintrittskarten verkauft worden und viele von denen, die zugegen waren, dürften zum ersten Male den Start eines Flugzeuges erleben oder sahen erstmalig einen Fallschirmsprung.

Die Firma W. Schade kaufte die Fabrikbaulichkeiten der früheren Fa. J. Kaiser an der Königstraße. Diesem Fabrik-Kauf ist insofern größere Bedeutung beizumessen, weil genannte Firma beabsichtigt, ihre bisher im Amte Plettenberg (Blemke) gelegenen Betrieb in die neu erworbenen Gebäulichkeiten zu verlegen. Es dürfte sich also diese Veränderung nicht unwenig auf die immer wieder geforderte Beseitigung der Arbeitslosigkeit innerhalb des Stadtgebietes auswirken.

Die hiesige Regenstation konnte im Monat Oktober 13 Tage mit Niederschlägen verzeichnen. Die höchste Tagesmenge war 17,9 mm und wurde am 28. Okt. gemessen. Die Gesamtniederschlagsmenge war 84,8 mm.

In der Stadt Plettenberg erbrachte die am 5. November stattgefundene Eintopfgericht-Sammlung das Ergebnis von 777,75 RM und der Abzeichenverkauf (Büchsensammlung) 82,72 RM, zusammen 860,47 RM.

Aus Anlass der Volksabstimmung am 12. November steht unsere Stadt seit dem 10. November in festlichem Flaggenschmuck. Totenstille herrschte am Abend des 10. November während der großen Rede des Führers Adolf Hitler auf den Straßen, jeder Verkehr schien erstorben zu sein. Nur hier und da, wo von privater Seite Lautsprecher nach der Straße zu aufgestellt waren, hatte sich ein kleines Häuflein Zuhörer angesammelt. Alle anderen hörten die Führerrede gemeinsam auf ihren Arbeitsstätten, in den Wohnungen usw.. Schon diese eine Stunde währende unheimlich-feierliche Stille war eine gewaltige Demonstration für die Einheit der Nation.

12. November. Entlaubter Wald, bedeckter Himmel und das große Sterben in der Natur kennzeichnen den zweiten Sonntag im Monat der Toten. Aber in unserem deutschen Vaterlande, im deutschen Menschen in deutschen Herzen war lachender, blühender, aufbauender Frühling, denn es galt, dem großen Führer zu zeigen, dass er auf sein Volk rechnen kann. Es galt zu zeigen, dass er auf sein Volk rechnen kann und dass es ihm gelungen war, der bereits sprichwörtlich gewordenen deutschen Zwietracht den Kopf zu zertreten und ein einigendes Land zu schmieden, dass alle wahren deutschen Volksgenossen umschließt.

Jedem dürfte wohl dieser gewaltige geschichtliche Moment richtig zum Bewußtsein gekommen sein. Ein Moment, der einen mächtigen Schlußstrich gesetzt hat unter die Vergangenheit der Zwietracht, des Hasses, der Zersplitterung des Kasten- und Klassengeistes, des Bruderkampfes und des Materialismus. Und wie es im ganzen lieben Vaterlande, so war es auch hier in unserem Städtchen. In den Straßen boten die zahlreichen Fahnen des neuen Deutschland ein farbenfrohes Bild, das durch Transparente und Wahlplakate noch eindrucksvoller wirkte. Sogar von den Kuppen des Hestenbergs wehte von der neuerrichteten Fahnenstange das Hakenkreuzbanner. Wirkt es nicht symbolisch, dass dort oben während der Jahre des Niederganges niemals eine Fahne gehißt worden ist und erst jetzt wieder, wo die Zeiten freundlicher zu werden beginnen. Ja, freundlicher und hoffnungsvoller sind die Zeiten geworden dank der eisernen Faust des Führers und die neue Zeit spiegelt sich auch auf den Gesichtern der Menschheit wider, die hoffnungsfroh einer besseren Zukunft entgegensehen.

So war es denn kein Wunder, dass unsere Volksgenossen am Tage der Wahl und am Vortage das Straßenbild belebten, hoffnungsfreudig der Dinge harrend, die da kommen sollten. Am Sonntag früh strömten sie beizeiten den Wahllokalen zu, so dass bereits gegen 1 Uhr fast 50 Prozent ihrer Wahlpflicht genügt hatten. In den Nachmittagsstunden, in denen die gesamte NSKK (Nationalsozialistisches Kraftfahrkorps) Schlepperdienste versah, musste man sich in einzelnen Wahllokalen zum "Schlangenstehen" bequemen, so stark war der Andrang. Bei Schluss der Wahl um 6 Uhr registrierte man eine Wahlbeteiligung von rund 97 Prozent. Was man gewünscht, gehofft hatte, ging in Erfüllung: Plettenberg steht geschlossen hinter dem großen Volksführer Adolf Hitler!

- Gewiß entbehrt auch dieser Freudenbecher nicht einen Tropfen Bitternis. Sind doch in der Stadt 322 Personen, die es tatsächlich über sich gebracht haben, mit einem "Nein" zu stimmen. Nur blindester Fanatismus kann einen Menschen so erniedrigen! Aber eine leise Hoffnung haben wir auch hier: Sollten unter diesen Nein-Stimmen nicht auch viele sein, die trotz allem aus Unkenntnis so gehandelt haben? - Das Volk hat abgestimmt, es steht geschlossen hinter dem Führer und hat seiner Partei, die eigentlich keine "Partei", sondern das gesamte Volk ist, unumschränktes Vertrauen gezeigt. Der Führer hat das Volk zu einem mächtigen Block, zu einem Amboß zusammengefasst, auf den Deutschland nun sein Glück, seine Freiheit und seinen Frieden schmieden wird. Mit dem ehernen Ton der Glocken, die um Mitternacht in freudigem Schwingen ihren Freundenschall hinaussandten in die stillen Täler, mischt sich der Ruf der deutschen Nation: Heil Adolf Hitler! Heil unserem Führer.


Das Haus Weiß auf der Weide. Von 1905 bis November 1933 hatte hier die Sparkasse ihr Domizil. Foto: H. Hassel

Am 20. November bezog die Stadtsparkasse, die vorher im Hause des früheren Rendanten Weiß, Kersmecker Weg, untergebracht war, das neue Verwaltungsgebäude Wilhelmstr. 37 (Meinhardt). Das Haus hat ein schmuckhaftes Äußeres erhalten. Insbesondere überraschen die breite Steintreppe und die abends über dem Eingang angebrachte beleuchtete Uhr.


Das umgebaute ehemalige "Hotel zur Post" von Carl Meinhardt an der Wilhelmstraße 37 wurde am 20. November 1933 das neue Domizil der Sparkasse. Zeichnung: Paul Seuthe, Werdohl

Eine seltsame Naturerscheinung wurde am 16. November nachmittags 5.30 Uhr am dunklen Nachthimmel beobachtet. Plötzlich leuchtete ein Meteor auf, der ganz langsam seine Bahn zog und die ganze Gegend mit einer Helligkeit erfüllte, als ob es blitzte. Die Erscheinung dauerte etwa 2 1/2 Sekunden, bis der Meteor wieder vom Dunkel des Alls verschlungen wurde.

Wie im ganzen Deutschen Reich und darüber hinaus in allen evangelischen Landen der 450. Geburtstag Dr. Martin Luthers von der evangelischen Christenheit festlich begangen wurde, so hatten es sich auch die Bewohner unserer Stadt nicht nehmen lassen, seinem Geburtstag ein würdiges Gepräge zu geben. Die Häuser waren reichlich mit Fahnen und Fähnchen geschmückt, vor dem Eingang zur Hauptkirche war ein großer Ehrenbogen angebracht mit den Anfangsworten des Schutz- und Trutzliedes Luthers: "Ein feste Burg ist unser Gott!" als Inschrift. Auch auf dem Wieden war ein großer Ehrenbogen errichtet mit dem Spruch Luthers: "Meinen lieben Deutschen bin ich geboren, ihnen will ich dienen." Bereits am Samstagabend begann der Auftakt zu diesem großen Kirchenfeste. Abends 7 1/2 Uhr versammelten sich die Schulkinder, um die Bewohner unserer Stadt durch ihr Kurrendesingen zu erfreuen. Alle trugen Fackeln.

Am Sonntagmorgen, der in herrlicher Herbstespracht anbrach, strömten die ungeheuren Massen der evangelischen Christenheit zur Schützenhalle, in der der Festgottesdienst stattfand, und gar bald erwies sich, dass auch die große Halle viel zu klein war, um das große Heer der frommen Beter zu fassen. Zur Verschönerung des Gottesdienstes trugen der Posaunenchor und der Lutherchor bei. Im Anschluss an den Gottesdienst blies der Posaunenchor von der Empore der Schützenhalle noch einige Choräle. Um 12 Uhr setzte dann das große Festgeläute der Glocken der Hauptkirche ein. Am Nachmittag versammelten sich dann die ev. Gemeindeglieder in der Schützenhalle, um in gemeinsamer Feier noch einmal des großen Reformators zu gedenken.

Die neuen Markstücke aus Reinnickel sind seit Mitte November auch hier in Plettenberg zur Ausgabe gekommen. Ihre Vorderseite zeigt reicheren Eichenblatt-Schmuck als früher; der Adler auf der Rückseite hat die Umschrift erhalten "Gemeinnutz vor Eigennutz". Die Rückseite trägt auch das Münzwertzeichen, das wie bisher ein lateinischer Buchstabe ist, während die übrige Schrift deutsch ist. (1 Reichsmark [1933] entspräche 4,00 Euro).

Mit Wirkung vom 1. Dezember führt die Plettenberger Straßenbahn auf den Bahnstrecken und im Omnibusverkehr im Stadtgebiet verbilligte Doppelfahrkarten ein. Die Preise für diese Karten sind so bemessen, dass für die zweite Fahrt nur die Hälfte der Einzelfahrt berechnet wird. So stellt sich zum Beispiel der Preis für eine Doppelfahrkarte vom Reichsbahnhof nach Plettenberg-Stadt nur auf 35 Pfennig. Die Doppelfahrkarten haben drei Monate Gültigkeit und sind nicht übertragbar, können aber von Familienmitgliedern gemeinsam benutzt werden.

Auf Anordnung des Kreisarztes sind die Schulen der Stadt Plettenberg wegen Scharlacherkrankung unter den Kindern bis auf weiteres geschlossen worden. Da zwei Todesfälle zu verzeichnen waren, wurde vor Weihnachten der Unterricht nicht wieder aufgenommen.

Die hiesige Regenstation verzeichnete im November 20 Tage mit Niederschlag, davon 5 Tage mit Schnee, mit einer Gesamtniederschlagsmenge von 67,3 mm. Die höchste Tagesmenge betrug 20,8 mm und wurde am 1. November gemessen.

Seit den frühen Morgenstunden des 3. Dezember hat nun auch des Winters Strenge eingesetzt. Während schon vor etlichen Tagen leichter Schneefall niederging, ist nun eine unerwartet strenge Kälte hereingebrochen, die die Fensterscheiben mit Eisblumen und unsere Bäche und Teiche mit einer Eisschicht überzogen hat. An der Turnhalle des Turnvereins "Jahn" tummeln sich bereits fröhliche Kinder auf der dort angelegten Eisbahn, die so recht für unsere Kleinen taugt, da sie ohne jede Ertrinkungsgefahr ist.

In der Stadt Plettenberg wurden am 3. Dezember als Ersparnis aus dem Eintopfgericht 993,20 RM eingesammelt. Es ist somit gegen den Vormonat erfreulicherweise eine Steigerung der Sprenden um rd. 28 Prozent festzustellen.
Das Ergebnis der Viehzählung am 5. Dezember in Plettenberg-Stadt war folgendes: Es wurden 490 viehhaltende Haushalte gezählt. Insgesamt wurden 33 Pferde, 1 Maulesel, 84 Stück Rindvieh, 17 Schafe, 101 Schweine, 456 Ziegen, 726 Kaninchen, 21 Gänse, 42 Enten, 3.558 Stück Federvieh und 116 Bienenstöcke gezählt.

Die Weihnachtsfeiertage, die in diesem Jahr auf Montag und Dienstag fielen, sind in unserer Vaterstadt ruhig verlaufen. Wenn auch der ersehnte Schnee ausblieb, so wurde doch das unbeliebte Tauwetter der letzten Tage durch Frost abgelöst, so dass man schöne Spaziergänge in unsere weitere und nähere Umgebung machen konnte. In der heiligen Nacht sang wieder, altem Brauche folgend, der Weihnachtschor seine Weisen.

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Fortsetzung VI. Teil


Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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