Chronik der Stadt Plettenberg

zusammengestellt aus dem städtischen Archiv und nach von Steinens westfälischer Geschichte von Julius Hölterhoff, 1844 (über 400 Seiten)

1. Geschichte von der ältesten Zeit bis 1843
Fortsetzung: B. Geschichte der inneren Entwicklung

  Die Stadt Plettenberg ist bis zum Jahre 1810 nie mit dem Amte vereinigt gewesen, sondern hat innerhalb der Grenzen ihres Gebietes ihre Rechte selbst gewahrt und unter Aufsicht der Landesregierung ihr Vermögen verwaltet. Die Selbständigkeit dieses Regiments ist oben näher angedeutet. Rücksichtlich des Anfangs der Kompetenz des Magistrats rücken wir hier ein, was der Bürgermeister J. H. Dulheuer im Jahre 1802 nach den vorhandenen Nachrichten aus der Vergangenheit berichtet:

"Die Polizei- und Kameralsachen stehen, soweit das städtische Territorium geht, unter dem Magistrat; die Zuständigkeit des Magistrats in Justizsachen erstreckt sich aber, in rialibus bis an gewisse Grenzen, über welche ein Streit ausgeglichen ist. Das adlige Haus Cobbenrod ist von der Jurisdiktion des Magistrats ebenfalls eximiert. In personalibus hat das königliche Gericht in der Stadt - im Gegensatz zu dem königlichen Gericht des Amtes Plettenberg - die Jurisdiktion in Ehe- und Judensachen, auch in fisculabis, wenn eine Blutverwundung vorgekommen." Häufig war aber der Justizbürgermeister auch königlicher Richter.

Als Rechte der Bürger finden wir nur die gemeinschaftlichen Rechte in den Waldungen zu Bau- und Brennholz und die gemeinschaftliche Hude von einem Hirten in der städtischen Waldweide und den Holzungen. Das Bürgerrecht erbte von Vater auf den Sohn fort. Neu einziehende Personen mußten das Bürgerrecht nachsuchen und wenn ihnen dasselbe erteilt wurde - wobei man vorzüglich auf den Gewerbsbetrieb der Handwerker usw. sah - mußten sie zur Kammereikasse für die Gewinnung des Rechtes 5 Taler zahlen. Der Bürgereid lautete folgendermaßen:

BÜRGEREID

"Ich schwöre zu Gott einen leiblichen Eid, daß ich als angenommener Bürger hierselbst zuvörderst meinem Landesherrn, demnächst Bürgermeister und Rat allhier gehorsam, treu und hold sein wolle, ihr bestes vorwenden und befördern, sie gegen arges, soviel an mir ist, helfen abkehren, und so ich etwas sehen oder hören werde, so gegen die Stadt, insonderheit Bürgermeister und Rat gerichtet, geredet, gehandelt oder getan wurde, dasselbe gehörende anzeigen und nicht verschweigen, bei Stadtprivilegien, hergebrachten guten Gewohnheiten stehen, dieselben helfen verteidigen, meiner Mitbürger keinen unterkaufen, vorkaufen oder unterwinnen; schädliche Holzung in der Stadt Friedingsholz mutwillig nicht verüben, wie es einem treuen, gehorsamen Bürger wohl anstehet, verhalten wolle, so wahr mir Gott helfe!"

Fremde Einwohner, welche nicht Bürger waren, zahlten nach Ermessen des Magistrats jährlich Einwohnergeld von 15, 20 oder mehr Stüber.

Bevor wir zu der Umgestaltung der Verfassung übergehen, müssen wir noch aus zerstreuten Nachrichten anführen, daß die Stadt vor dem Brande von 1725 an Wohnhäusern 118 zählte, von denen nur sechs das Feuer verschonte; die Bevölkerung ist nirgends angegeben. Das Rathaus wurde 1742/43 neu erbaut und hielt der Magistrat am 23. Oktober 1745 wieder die erste Sitzung ab. Im Jahre 1805 standen in der Stadt 221 Wohnhäuser und die Bevölkerung war 1.295 Seelen stark.

Außer den bereits erwähnten Magistratsmitgliedern verdienen für das 18. Jahrhundert noch erwähnt zu werden: B. Baumeister (Bürgermeister und Kamerarius), Moritz Baumeister (Kammerarius), P. A. Thomee (Sekretarius und Kamerarius) und die Senatoren Cramer (Chirurgus), Plettenberg (Bürger) und Plettenberg (Gerichtsschreiber).

Ferner finden wir auf den ersten Seiten des Protokollbuches von 1725 unter der Aufschrift "Articuli auf geschworenen Montag aus einer alten Nachschrift hierher beschrieben" von der Hand des Sekretario Hammerschmidt, 34 Fragen über zu treffende Einrichtungen zum besten der Stadt und dann noch eine lose Piece, überschrieben "Notauda auff geschworenen Montag 1734":
1. Marty so die gemeine erinnert ohne daß auf heute den 15. Marty befohlenermaßen die Cammerei vorzunehmen und etwa Maß und Gewicht zu prüfen, wird zu considieren und zu schließen sein. - Spezialfragen wegen verschiedener zum Beschluß zu bringenden Angelegenheiten als Wegebesserung, Anstellung eines "eygen Rehhierts" deren Schluß als Formel lautet: frat resolutio. Unterschrieben sind Christophel Allehoff und Joh. Diedr. Schulte, welchen beiden Personen die Bezeichnung "Gemeinheitsvorsteher" beigelegt ist.

Nachrichten über eine Veranlassung zu diesen Fragen finden sich nicht vor. Vielleicht gründen sich dieselben auf ein aus den ältesten Zeiten hergebrachtes Recht der Bürgerschaft, an einem gewissen Tage oder bei Ablegung der Verwaltungsrechnungen dem Bürgermeister und Rat Vor- und Bittstellungen über Angelegenheiten des Gemeinwohls in der Form dieser Fragen vorzulegen.

Nachdem im Jahre 1809 die Franzosen auch von der Grafschaft Mark Besitz ergriffen hatten, beschloß der Präfekt des Ruhrdepartements und Ministerialreskripts vom 26. April 1809, unterm 28. Juli desf. Jahres, die Einteilung und Besetzung der Munizipalitäten. Wie das Land im allgemeinen, so aber die kleineren Städte insbesondere, verlor hierdurch auch die Stadt Plettenberg ihre 400jährige Selbständigkeit. Sie wurde mit dem Amte Plettenberg zu einer Mairie unter dem Kanton Neuenrade vereinigt. Sie verlor nicht allein das Recht, das städtische Regiment selbst zu wählen, sondern in ihrem Magistrat auch die eigene Justizverwaltung. Auch bei der Rückkehr unter die preußische Landeshoheit blieb sie, weil großherzogl.-bergische Verwaltungsordnung nicht aufgehoben wurde, von ihren städtischen Rechten ausgeschlossen bis zur Einführung der Städteordnung im Jahre 1836. Die Vorrechte einer eigenen Justizverwaltung sind aber wohl für immer erloschen, obgleich die höchste Behörde bei Reorganisierung der Justizverwaltung im Jahre 1815 ausdrücklich diese Vorrechte den ausführenden Beamten zur Beachtung empfohlen und die Stadt als den Mittelpunkt in "locus judicii" eines besonderen, wenn auch nur kleinen Jurisdirektionsbezirkes bestimmt hat.

Auf das Gemeindevermögen hat dieser Umsturz der Verfassung keinen anderen Einfluß gehabt, als die Erhöhung der Verwaltungskosten, Verringerung der Einnahmen durch Aufhebung des durch die Selbständigkeit der Stadt bedingten Bürgerrechts und der Zunft-Innungen. Wir haben daher hier nur zu erwähnen
1. daß bei der Einführung der Munizipalitätsverfassung der Freiherr von Plettenberg zum Schwarzenberg als Maire (Verwaltungschef), der frühere Stadtsekretär Worths und der bereits obengedachte Kammerarius P. A. Thomee zu Adjoints (Beigeordneten) ernannt wurden.
2. daß nach der Befreiung des Vaterlandes der Maire von Plettenberg bis zum Jahre 1817 als Bürgermeister fungierte, in dessen Stelle aber
3. der um die Stadt seit langen Jahren verdiente Beigeordnete Thomee rückte, welcher bis in sein hohes Alter mit gerühmtem Eifer sein Amt verwaltete und von des Königs Majestät im Jahre 1826 mit der Verdienstmedaille begnadigt seine Demission nahm.
4. ihm folgte der als Kapitän von der 7. Artilleriebrigade verabschiedete J. W. Ullrich, aus der Uckermark gebürtig. Er entriß sich dem Leben mit eigener Hand am 2. Januar 1835, und die königliche Regierung versetzte an seine Stelle den bisherigen Verwalter der Bürgermeisterei Hagen, J. Aubel, welcher den Dienst am 1. März 1835 antrat.

Inzwischen hatte des Königs Majestät durch den Landtagsabschied für die westfälischen Provinzialstände vom 13. Januar 1835 den Städten der Provinz Westfalen die revidierte Städteordnung vom 17. März 1831 verliehen und wurde deren Einführung gemäß der allerhöchsten Kabinetsordre vom 18. März 1835 für die Stadt Plettenberg durch die landrätliche Verfügung d. d. Altena den 23. April e. a. eingeleitet. Es stand hier in Frage, ob Plettenberg, als zu den kleinsten Städten gehörig, den Anforderungen der Städteordnung
a.) zur Bildung eines tüchtigen Magistrats aus der Mitte der Bürger
b.) zur Deckung der durch die Einführung der neuen Verfassung entstehenden größeren Verwaltungskosten genüge leiste und zur Annahme derselben geeignet oder sich vorteilhafter der bestehenden oder in Aussicht gestellten Verwaltungsordnung für das platte Land anschließe.

Die erste Interrogative hat sich in der Folge, wie der richtige Sinn voraussetzte, als überflüssig erwiesen. Was aber das Erfordernis einer Mehrausgabe bei der Verwaltung betraf, so haben die Bürger diese zu übernehmen, um des von ihren Vorvätern auf sie vererbten Vorrechte willens, keinen Augenblick in Zweifel gestanden.


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Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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