zusammengestellt aus dem städtischen Archiv und nach von Steinens westfälischer Geschichte von Julius Hölterhoff, 1844 (über 400 Seiten)
1. Geschichte von der ältesten Zeit bis 1843
Der Freiheitsschwindel drang nicht
über die städtischen Grenzen und die mit Posaunen verbreitete Neuerung aller Dinge fand bei
den Bewohnern kein bereitwilliges Ohr. Denn den an sich lächerlichen Vorfall, der seit längeren
Jahren schon als solcher mit Lächeln erzählt wird, daß die Bürger gegen Erhebung des
Garben-Zehntens, weil derselbe nach kaiserlicher Ordnung in Gelde bezahlt werden konnte,
im Jahre 1810 einen quasi Aufstand verfertigten, kann man nicht zu dem sublimierten
Liberalismus jener Zeit zählen. Mit bestimmten Zügen zeichnete sich der Widerwille gegen
die Fremdherrschaft aus, bei den Kriegsleistungen und bei der Konskribtion zum Heere.
Wer flüchtete oder sich der immer wachsamen Landgendarmerie verborgen hielt, konnte sicher
vor Verrat sein, trotz der geheimen Ankläger und Polizei.
Es könnten viele Fälle hier namhaft aufgezählt werden, daß junge Leute vor der Konskribtion
in den elterlichen oder den Häusern von Verwandten in dumpfen verborgenen Erdkellern, im
tiefen Walde, in Köhlerhütten, innerhalb verschütteter Sandgruben sich monatelang unter
Erduldung allerlei Leiden verborgen hielten. Aber mit Stolz darf die Stadt sagen: nicht
aus Mangel an persönlichem Mute!
Denn als der Aufruf erscholl zur Befreiung des Vaterlandes, folgten mit Begeisterung alle
der Forderung, welche die im Innern schlafenden Stimmen weckte, und die Kinder der Stadt
haben männlich gefochten in den ewig denkwürdigen Kriegen 1813, 14 und 15, als freiwillige,
Truppen der Linie und Männer der Landwehr.
a.) eingeborene Bürger: Chr. Broecker, Nachtwächter; Wilhelm Esselen, Stadtförster;
P. B. Leonhard, Bürger und Fabrikarbeiter; P. W. Schröder, Polizeidiener;
So freudig und bereitwillig als die wehrhaften Kräfte für die Befreiung des Vaterlandes
kämpften, mit so tätigem Eifer steuerte die Stadt zu den Lasten, welche der Krieg dem
Vaterlande aufbürden mußte.
1. Geschichte von der ältesten Zeit bis 1843
I. Staatliche Entwicklung
Plettenberg liegt an dem östlichen Ende des ziemlich breiten Talkessels, welcher in einer
Entfernung von zwei Stunden da anfängt, wo die Höhe von Herscheid östlich abfällt und der
Elsebach entspringt, der das ganze Tal der Länge nach durchströmt, und der südlich den dem
vom Ebbe abfallenden Gebirgszuge und nördlich von dem ziemlich scharfen Gebirgsgrat der
Molmert und deren Vorhöhen, welche das Lennetal abgrenzen, eingefaßt wird. In diesen Talkessel
münden mit ihren gleichnamigen Bächen, da wo Plettenberg liegt und die drei Flüsse sich in
einen Strom vereinigen, zwei Talschluchten, von Osten her die Grüne, von Süden aus die
Oester, so daß sich eine mehr als halbkreisförmige Ebene bildet, welche mit einer Wendung
den nach Osten hin fortgesetzt gedachten Gebirgszug der Molmert unmittelbar an der Stadt
nach Norden hin in der Breite einer Schlucht durchbricht und 1/4 Stunde weiter in das Tal
der Lenne mündet, in welch letztere sich auch die Wasser der drei Bäche Else, Oester, Grüne
unter dem gemeinschaftlichen Namen des Erstgenannten ergießen.
Bemerkenswert ist hier, daß die Stadt zum großen Teil noch jetzt in der Ebene des Talkessels
liegt und nur mit einem vorgebauten Teile sich in dessen Wendung nach Norden erstreckt, weil
dadurch dem Auge des Fremden, er mag von Osten, Süden, Westen oder Norden kommen, die Stadt
verborgen bleibt, bis er den Fuß derselben erreicht hat. Denkt man sich hierzu die Talwände
und die Bergrücken mit der Nacht des Waldes bedeckt und die Wärme und Fruchtbarkeit, welche
die vom Gebirge umkränzte Tiefe haben muß, so haben wir ein Bild von der Lage für die erste
Niederlassung, welches den örtlichen Reichtum an Hilfsquellen und einen natürlichen Schutz
für die Zustände einer rechtlosen Zeit uns vergegenwärtigt.
Der Ritter von Plettenberg konnte seinen Stammsitz an einem anderen Orte nicht zugleich
in eine so fruchtbare Oertlichkeit und dem offenen Auge der Heerstraße, welche der Lennstrom
darbot, verdeckt legen, als gerade in der Lage von Plettenberg. Und die Stelle in der Stadt,
jetzt noch "in der Burg" geheißen, begreift in dem angeführten Bilde die sicherste Stelle.
Auf solche Freisassen, durch die Rittergeschlechter unmittelbar unter der Landesherrschaft
stehend, glaubt man aus folgenden Gründen schließen zu müssen:
Dies zusammengefaßt wären dann die Ritter von Plettenberg nicht unumschränkte Herren,
sondern die zur Landeshoheit mittelbare Herrschaft der Plettenbergischen Ansiedlung, wofür
auch noch der Umstand spricht, daß die Kirche von einem Bischof zu Luttich, Grafen von der
Mark, schon im Jahre 1345 erbaut sein soll.
Dies widerspricht der äußeren Geschichte nicht, erklärt vielmehr, wie nach dem Privilegium,
welches Graf Engelbert von der Mark dem Dorfe Plettenberg im Jahre 1387 verlieh, ein
diesen Freiheiten vorauszusetzender geordneter Rechtszustand möglich war, der bei unmittelbar
befreiten Eigenhörigen nicht zu erwarten stand.
Die Urkunde oder der Freiheitsbrief des Grafen Duderich von Plettenberg vom Jahre 1397
bestimmt die Verfassung der Stadt Plettenberg:
Diese Urkunde setzt ferner fest: daß, wer von den Bürgern sich den Beschlüssen des Rats
nicht füge, in eine Strafe von vier Schillinge fällt, welche nötigenfalls durch den Boten
ausgepfändet werden könne. Wer aber dem Boten die Pfänder verweigert, den soll darüber die
Stadt richten und in eine dem Landesherrn verfallende Strafe von 1 Mark verurteilen.
Sie bestimmt noch, daß, sofern Bürgermeister und Rat bei Beschlußnahmen über Angelegenheiten
der Stadt sich nicht einigen möchten, die Mehrzahl der Stimmen entscheiden solle. "Ock so
hebben dei Bürgermestern macht vorwarde to gevene vor schuldig Geld". (Daß sie in
Rechtsangelegenheiten wegen gewöhnlichen Schulden erkennen mögen(?))
Dieser Brief, wenn man auf die Notwendigkeit einer solchen Verfassung zurückschließt, setzt
daher nicht allein voraus, daß damals die Stadt schon nicht unbedeutend bevölkert sein mußte,
sondern es ist schon um deswillen sehr wichtig, weil diese Verfassung mit einigen in der
Zeitfolge entstandenen Abweichungen die Jahrhunderte hindurch bis in die jüngste Zeit, ja,
wenn auch nicht im ganzen Umfange, bis zur französischen Okkupation bestanden hat.
Diese Freiheiten und Rechte sind
Ob und welche Abgaben der Ort Plettenberg vor seiner Erhebung zur Stadt und als solche dem
Landesherrn zu entrichten gehabt, darüber fehlen die Nachrichten. Es scheint aber solche
getragen zu haben, da das Privilegium vom Jahre 1397 bestimmt, daß hinfort die Stadt
Plettenberg keinen anderen Schatzungen als denen anderer Städte gleich unterworfen sein
solle.
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