Mitglieder der 75th Inf Div der US-Amerikaner sind zur Flaggenparade vor dem Plettenberger Rathaus angetreten. Im Schaukasten rechts ist auf dem Original-Foto die Meldung "Hitler tot" zu lesen. Das Foto wurde von Wilhelm Wengenroth mit einer Plattenkamera (Negativ war eine Glasplatte 18 x 24 cm) auf Befehl der Amerikaner aufgenommen. (Foto: Archiv H.Hassel)


Da war so ein dummer Junge und
schoss mit einem Maschinengewehr

Karl Voßloh aus Holthausen führte im April 1945 Tagebuch

Plettenberg. In einem grün eingebundenen kleinen Oktavheft steht, mit Bleistift geschrieben und kaum noch lesbar, was der damals 82 Jahre alte Karl Voßloh aus Holthausen-Bruch seinem Tagebuch anvertraute. Seine Schwiegertochter Luise hat die Aufzeichnungen verwahrt und dem Chronisten der Heimatzeitung zur Verfügung gestellt:

Donnerstag, 12. April 1945: Heute hatten wir in Holthausen einen schweren Tag. Nach Herscheid zu hörten wir am Morgen schwere Detonationen. Erzählt wurde, unsere Soldaten sprengen zwei Waggons mit Munition (schwere Artillerie-Granaten). Gegen Mittag hörten wir aus dem Oestertal schweres Artilleriefeuer. Enige Granaten schlugen in Holthausen ein. Gegen Abend verstärkte sich das Feuer und hielt die ganze Nacht an. Zerstört wurde das Blumgenhaus und Zanders Fabrik. Wir blieben die Nacht im Keller. Das hier liegende Militär rückte am Abend ab.

Die Gefangenen im Lager betrugen sich sehr anständig, taten keinem was zuleide. Bei Prinz war ein Lager von Zucker, Mehl usw.. Das wurde von den Soldaten freigegeben zum Plündern. Einige holten ganze Säcke Zucker und Mehl. Wir liefen auch hin, es war aber schon zu spät. Wir bekamen nur ein paar Fußmatten, Aufnehmer, Schrubber und Bürsten.

Freitag, 13. April 1945: Heute morgen fing das Böllern wieder an. In Plettenberg sind in der Nacht die Feinde eingezogen. Um 9 Uhr sahen wir einen offenen Wagen bei Zander. Da stiegen welche (amerikanische Soldaten) aus, nahmen 20 deutsche Soldaten gefangen und fuhren wieder zurück nach Plettenberg. Um 11 Uhr schlugen mehrere Granaten in Bremcke ein. Brände konnten wir beobachten. Dann war es ruhig, bis 4 Uhr. Dann fingen in Frehlinghausen unsere Soldaten an, auf von Herscheid kommende Amerikaner zu schießen. Der Kampf dauerte noch um 6 Uhr. Dann kamen wieder Amerikaner von Plettenberg nach Holthausen.

Da war so ein dummer Junge, der schoss mit einem Maschinengewehr aus der Dermcke auf die Amerikaner. Da ging es aber los! Eine Kugel durchschlug bei offenem Fenster die Tür von Carls Schlafzimmer, durchschlug die Treppenverkleidung und saß in der Mauer. Wir waren im Keller. Luise war nach Holthausen zum Einholen. Mein Sohn hatte noch eine Joppe (Jacke) für mich und für Carl drei Joppen und eine Hose gekauft..

Samstag, 14. April 1945: Heute ist alles ruhig. War nach Holthausen. Da stehen überall amerikanische Soldaten, belästigen aber niemand. Die getroffenen Häuser sehen aber böse aus. Frehlinghausen soll schwer zerstört worden sein. Heinrich König, Mühlhof, ist tot geblieben. Auch Friedrich Groll, Dingeringhausen, Bruder der Frau Winkemann, ist tot. Hier in Holthausen ist keiner verletzt.

In Hüinghausen wurde der Schlosser Alfred Schröder von den Amerikanern erschossen. Bei seinem Haus war ein amerikanischer Soldat erschossen worden. Da haben sie angenommen, er hätte es getan.

Von Bremcke aus war auch auf die Amerikaner geschossen worden. Da haben sie mit Maschinengewehren geantwortet. Dem Karl Bröcker wurde der Kaninchenstall zusammengeschossen - 8 Kaninchen tot. Abends 18 Uhr müssen die Straßen frei sein.

Sonntag, 15. April 1945: Bei Werdohl sind schwere Kämpfe seit gestern imgange. Es wird gesagt, die Amerikaner seien zurückgeschlagen. Ein Munitionszug steht hier unter der Brücke am Bruch. Da war auch Dachpappe drauf. Die wurde auch geraubt. Auch viel Holz wurde geholt.

Sonntag, 22 April 1945: Jetzt ist hier alles ruhig. Die Amerikaner haben alle Häuser am Nocken belegt. Die Leute mussten in zwei Stunden ihre Häuser verlassen, Nahrung und Betten mitnehmen. Haben diese Woche noch allerlei organisiert: Ofen, Schraubstock, Decken, Brotmesser, Seifenpulver, Soda, Eimer, Wasserkannen und Rucksack. Einige Soldaten räubern. Hellwig haben sie die Taschenuhr abgenommen, aber wieder zurückgegeben - war ihnen nicht gut genug. Auch Geld soll einigen abgenommen worden sein. Die (ehemals) gefangenen Russen raubten auch. Hatten Wagner Mehl abgenommen. Da sind ihnen einige Mann nachgelaufen, haben sie verhauen und das Mehl wieder abgenommen. Jetzt werden sie wohl verschwunden sein.. Man sieht keine mehr.


Wer aus der Verwaltung ist politisch
untragbar? - Niemand antwortete . . .

Vertreter der Bürgerschaft und die Bediensteten beginnen mit der Selbstverwaltung

Verhandelt am 14. Juli 1945

Anwesend waren: 1. kommissarischer Bürgermeister Dr. Weber 2. Beigeordneter Ehmig
3. Die Mitglieder des Stadtausschusses Bitter, Heinrich (Böddinghausen) Wille, Willi (Eiringhausen) Schulte, Bernhard (Blemke) Pantel, Otto (Lettmecke) Kordes, Heinrich (Mitte) Weber, Heinrich (Bremcke) Geisweidt, Wilh. (Lettmecke) Schulte, Fritz (Ohle)
4. Die Unterbürgermeister Schulte-Suhr, Fritz (Ohle) Strotmann, Fritz (Himmelmert) Ding, Wilhelm (Holthausen) Meister, Karl (Pasel)
5. Als Protokollführer Bürodirektor Hefendahl
Es fehlte mit Entschuldigung das Ausschußmitglied Engelhardt, Egenolf (Mitte)

Seite 2:

1. Neuaufbau der Polizei
Nachdem infolge der Gefangennahme der Polizeibeamten beim Einmarsch der Besatzungstruppen auf Weisung der amerikanischen Militärregierung zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit eine Hilfspolizei aus Einwohnern der Stadt gebildet worden ist, die zunächst eine Stärke von rund 50 Hilfspolizisten hatte, deren Zahl aber inzwischen bis auf 23 herabgemildert wurde, hat sich nunmehr die Notwendigkeit ergeben, wieder eine Polizei nach den inzwischen ergangenen Anweisungen und Richtlinien der Aufsichtsbehörde einzusetzen. Der Neuaufbau wird möglich sein durch Wiederverwendung einzelner, zurückgekehrter und noch zu erwartender Beamten der früheren Polizei und durch Auswahl und Einsatz neuer Polizeibeamtenanwärter aus den früheren Polizeireservisten und den aus der Bürgerschaft sich gemeldeten Bewerber. Die Bestimmungen über die Auswahl der neuen Polizeianwärter wurden bekanntgegeben. Zugleich wurde mitgeteilt, daß 59 Bewerbungen, davon 13 aus der bisherigen Hilfspolizei, eingegangen und aus den verschiedensten Berufen und Altersklassen gekommen seien. Nach den maßgebenden Bestimmungen komme vorläufig für Plettenberg die Belassung von 20 Polizeibeamten in Betracht. Für die Durchführung dieser Auswahl wurde dann nach einer eingehenden Aussprache festgelegt, daß nur Bewerber im Alter von 25 bis 35 Jahren berücksichtigt werden sollen. Die Ausgewählten sollen unter dem Vorbehalt jederzeitiger Aufkündigung angenommen werden, um die Möglichkeit des Ausscheidens nach Rückkehr weiterer Beamter zu geben. Das Bewerbungsgesuch des früheren Polizeibeamten Hecker fand einmütige Ablehnung.

2. Vermögen der NSDAP und ihrer Organisationen
Es wurde mitgeteilt, daß die von der NSDAP und ihren Gliederungen und Verbänden vorhandenen Einrichtungsgegenstände der Verwaltungsstellen auf Weisung der Aufsichtsbehörde zusammengebracht und z. T. verwertet worden sind, bis ein Verbot des weiteren Verkaufs einging. Die restlichen Gegenstände sind im Sitzungssaal des Amtshauses zusammengebracht und der Aufsichtsbehörde gemeldet.

3. Personalfragen in der Stadtverwaltung
Über die bisherigen Maßnahmen zur Überprüfung der Bediensteten der Stadtverwaltung in politischer Hinsicht gab der Bürgermeister bekannt, daß auf mündliche Anordnung der amerikanischen Militärregierung der Vollziehungsbeamte Hanne, der Polizeisekretär Lohmann und die Angestellte Anneliese Schriewer entlassen seien und der Stadtsekretär König suspendiert sei.
Der örtliche Leiter des Geheimdienstes der Militärregierung habe erklärt, daß damit für die Militärregierung die Maßnahmen vorläufig für Plettenberg abgeschlossen seien. Auf Anordnung des Herrn Regierungspräsidenten wären dann die Beamten, die »alte Kämpfer« oder »Pg« (Parteigenosse) vor der Machtübernahme waren, ohne Anspruch auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung mit sofortiger Wirkung aus dem öffentlichen Dienst zu entlassen gewesen. Darunter seien hier, abgesehen von Bürgermeister Brüggemann, der durch den Landrat zu entlassen sei, die Beamten Stadtsekretär Coczelnik, Sparkasseninspektor Harneid, Sparkasseninspektor Maiwald, Wegewärter Leiß, Stadtinspektor Osterhage, Polizeisekretär Reichelt, Kanalwärter Hermann Rötz, Hallenmeister Josef Rötz, Stadtinspektor Schriewer, Wegewärter Völker und Beigeordneter Zimmermann betroffen. Die Entlassungsverfügungen seien den Genannten oder ihren Angehörigen zugestellt.
Hinsichtlich der weiteren Überprüfung seien noch Richtlinien der Aufsichtsbehörden in Vorbereitung, die aber noch nicht offiziell mitgeteilt seien. Nach den Verlautbarungen würden danach noch weitere Maßnahmen erforderlich sein.
Der Bürgermeister teilte dann grundsätzlich mit, daß er im Sinne der ergangenen und noch zu erwartenden Anordnungen alle erforderlichen Entlassungen aussprechen und unter Umständen darüberhinaus noch die Bediensteten beseitigen werde, die nach eingehender Prüfung weiterhin politisch untragbar seien.

Auf die Anfrage, ob und wer unter den hiesigen Behördenbediensteten als politisch untragbar anzusehen sei, antwortete niemand.

8. Wehrmachtsfahrzeuge (Seite 4)
Es wurde mitgeteilt, daß die gesamten Fahrzeuge und Zubehörteile aus der Wehrmacht als Beutegut der Militärregierung zu betrachten und von dieser für die deutsche Wirtschaft zur Verfügung gestellt seien. Dann wurden Darstellungen der Verhältnisse und ihrer Entwicklung über die Maßnahmen zur Verwertung des im Stadtgebiet angefallenen Wehrmachtsgutes gegeben.
Die Stadt wolle keinen eigenen Fuhrpark unterhalten, sondern vielmehr die angefallenen Fahrzeuge einzelnen Fuhrunternehmern zur gegebenen Zeit übereignen. Ein solcher Verkauf sei bisher in gerechter Weise kaum möglich gewesen und darum bis zur Erreichung ruhiger Verhältnisse zurückgestellt. Das seien auch die Gründe, weshalb jetzt vorläufig 10 bis 12 Wagen nach Abtaxierung einstweilen zum Besitz und zur Verwendung in eigener Rechnung zugeteilt seien, nachdem eine Kaution in Höhe des Taxwertes hinterlegt würde. In gleicher Weise soll auch verfahren werden.
Nach einer Besprechung der Angelegenheit wurde vorgeschlagen, für die weiteren Entscheidungen über Wagenzuteilungen einen Ausschuß einzuschalten, dem die Stadtausschußmitglieder Kordes, Pantel und Bernhard Schulte und der Unterbürgermeister Ding angehören sollen.
Als besonderes Ziel für die Weiterbehandlung der Angelegenheit wurde noch festgelegt, die Fahrbereitschaft oder die Straßenverkehrsstelle, wie sie jetzt genannt wird, auf ihre eigentliche Aufgabe, die Verkehrslenkung, zurückzuführen, und alle angefallenen Fahrzeuge an Private abzugeben. Dabei wurde besonders betont, daß der gesamte Verkehr durch diese Stelle zu dirigieren und bei Zuwiderhandlungen gegen ihre Anordnungen mit den schärfsten Maßnahmen, wenn nötig mit Wiederfortnahme des Wagens, vorzugehen sei.


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Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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