Artikel aus der Westfälischen Rundschau vom 29.10.1998
Bürgerentscheid: Podiumsgespräch zur Bäderfrage
Plettenberg. Im Blick auf den Bürgerentscheid am 15. November, in dem
Plettenbergs Bevölkerung über das künftige Bäderangebot in der Vier-Täler-Stadt abstimmen wird, findet
am kommenden Mittwoch, 4. November, ab 19 Uhr ein Podiumsgespräch im Ratssaal statt.
Kommunalpolitiker aller Ratsfraktionen, die Spitzen der Verwaltung sowie der städtischen
Bäderbetriebs-GmbH, Vertreter der Schulen und der schwimmsporttreibenden Vereine werden sich den
Fragen interessierter Bürger stellen.
Artikel aus der Westfälischen Rundschau vom 29.10.1998
Anschauungsunterricht in Herford: H20 ein Musterbad
Plettenberg. (mau) Plettenbergs Ratsleute wollen keine weitere wertvolle Zeit
vertrödeln. Sollte sich die Bevölkerung beim Bürgerentscheid am 15. November gegen die Sanierung der
beiden maroden alten Bäder und damit für den Bau eines neuen Freizeitbades mit großzügigem Saunabereich
und Gastronomie im Böddinghauser Feld aussprechen - und davon gehen die Vertreter aller Ratsfraktionen
nach wie vor aus -, wollen sie möglichst rasch in die konkreten Planungen einsteigen.
Unter dieser Prämisse bereiste eine Delegation aus der Vier-Täler-Stadt am Dienstag das
Herforder Sport- und Freizeitbad H20 und das Mindener Melittabad (die WR berichtete).
Anschauungsunterricht hier in einem Muster für durchdachte, moderne Konzeption, die vom Badegast
angenommen wird; ein Beispiel für Fehlplanung dort, wie sie in Plettenberg vermieden werden soll, total am
Bedarf vorbei. Neben Kommunalpolitikern aller Couleur gehörten der Delegation Lehrer von Plettenberger
Schulen, Schwimmvereins-Vorsitzender Peter-August Kellermann sowie die Spitzen der Verwaltung und der
städtischen Bäderbetriebs-GmbH an.
In einer Abschlußbesprechung nach der Rückkehr zeigten sich F. Seega und Bernd Gundlach
als Vertreter der Lehrerschaft vom nahtlosen Nebeneinander von Sport- und Freizeitbereich im Herforder
H20 beeindruckt. Würde ein ähnliches Projekt in Böddinghausen umgesetzt, sehen beide optimale
Bedingungen für den Schwimmunterricht an den Schulen - zumal das Holthauser Lehrschwimmbecken
erhalten bleibt.
Melittabad eine "Anlage zur Geldvernichtung"
Auch Kellermann ist in einem neuen Kombibad nicht bange um die Zukunft "seines"
Schwimmvereins. Bei geschickter Aufteilung der einzelnen Becken - wie in Herford der Fall - kann er sich für
seine Sportgruppen sogar erweiterte Trainingsmöglichkeiten vorstellen - unabhängig vom Badebetrieb.
Kein Thema war nach der Bereisung das Mindener Melittabad, dem Stadtdirektor Walter
Stahlschmidt das Prädikat "Geldvernichtungsanlage" verpaßte. Technik vom Feinsten, Materialien vom
Teuersten, aber als reines, nüchternes Sportbad ohne Berücksichtigung der Komponenten Spaß und Spiel
seit Öffnung am 13. Juni 1998 mangels Besuchern ein enormes Zuschußgeschäft. "Eine Demonstration, wie
wir es in Plettenberg nicht machen sollten", so Stahlschmidt.
Artikel aus der Westfälischen Rundschau vom 29.10.1998
Bei Sauna und Gastronomie "klotzen statt kleckern"
Plettenberg. (mau) Seit Einweihung des "H20" in der 60.000-Einwohner-Stadt Herford
vor rund einem Jahr bricht das neue Sport- und Freizeitbad alle Rekorde.
200.000 Besucher hatten sich die Betreiber von der Herforder Stadtwerke GmbH für Bäder-
und Saunabereich zum Ziel gesetzt, 400.000 kamen. An vielen Tagen wurden Spitzenbesucherzahlen von
2.500 registriert - so viele, wie in Plettenbergs Frei- oder Hallenbad durchschnittlich in einem Monat gezählt
werden.
Die Kapazität des vom niederländischen Planungsbüro Thallessa entworfenen Bades betrug
ursprünglich 700 Gäste zur gleichen Zeit. Durch einen nachträglich angelegten separaten Eingang zum
vorbildlich gestalteten Saunabereich erhöhte sich die Zahl auf 900 Besucher. "Wenn kein Umkleideschrank
mehr frei war, mußten wir das Bad schon häufiger schließen", sagt Frank Hölscher von der Badverwaltung.
Dabei gibt es in Herford zwei weitere Freibäder unter Regie der Stadtwerke, die im
Sommer vornehmlich dem Schul- und Vereinssport sowie Frühschwimmern vorbehalten sind. Für das H20
jedoch gibt es im Umkreis von rund 50 Kilometern keine ernsthafte Konkurrenz.
Inklusive Planung wurden in etwa eineinhalb Jahren rund 21 Millionen Mark verbaut. Eine
konkrete Abrechnung zur Wirtschaftlichkeit liege noch nicht vor, so Hölscher. Fest stehe jedoch: Der
verhältnismäßig klein ausgelegte Gastronomiebereich ist mit imposanten 25 Prozent am Gesamtumsatz des
Bades beteiligt. Und der Saunabereich mit Kristallsauna, Sanarium, Dampfbad, Whirlpool und Sonnenbänken
drinnen sowie Erdsauna und Blockhaussauna draußen im 2000 Quadratmeter großen, ganzjährig genutzten
Saunagarten schreibt schwarze Zahlen.
Der an 360 Tagen im Jahr in der Regel von 6 bis 23 Uhr geöffnete Hallen- und
Freibadbereich versprüht karibisches Flair. Unter Palmen winkt Badevergnügen im Wellenbecken, im
Wildbach und unter Wasserfällen. Attraktionen sind die beiden 120 und 70 Meter langen Rutschröhren.
Schwimmerbecken und Kleinkinder-Erlebniswelt sowie ein durch eine Glaswand auf ganzer Front
abgetrenntes 25-m-Sportbecken (mit 3- und 1-m-Brett) runden das Angebot unter der holzverkleideten
Dachkonstruktion ab. Im Sommer zieht es die Besucher zum Relaxen in die beiden Außenbecken und auf
die Liegestühle drumherum.
Gerade im Sauna- und Gastronomiebereich sei nach Hölschers Empfehlung "Klotzen statt
Kleckern" angesagt. Gerade hier sitze dem Badbesucher das Geld erfahrungsgemäß eher locker, wenn das
Angebot stimme.
Als besonders publikumswirksam hätten sich Aktionen wie Gymnastik- oder
Behindertensportkursangebote, Karibische Nacht oder Jazzfrühschoppen und Gesundheitswochen in
Zusammenarbeit mit den Krankenkassen erwiesen. Im Gymnastikraum veranstaltet die Badverwaltung auf
Anfrage auch Kindergeburtstage. Für die Umsetzung neuer Ideen seien Herfords Badverantwortliche stets
offen.
Und noch einen erfreulichen Nebeneffekt habe das H20 laut Hölscher mit sich gebracht:
Gegenüber dem alten Hallenbadbetrieb sind 50 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Im H20 sind heute
20 Vollzeit- und 40 Teilzeitkräfte beschäftigt.
Artikel aus der Westfälischen Rundschau vom 29.10.1998
Moderne Kassentechnik ermöglicht differenzierte Preisgestaltung
Plettenberg. (mau) Trotz anderslautender Versprechen seitens der Kommunalpolitiker
befürchten viele Plettenberger "nicht mehr bezahlbare Eintrittspreise" in einem neuen Freizeitbad in
Böddinghausen.
Daß moderne Kassentechnik eine differenzierte Preisgestaltung möglich macht, beweist
das Sport- und Freizeitbad H20 in Herford. Wer nur schwimmen will, kommt dort unter Ausnutzung von
Rabattangeboten preiswerter zu seinem Vergnügen als derzeit in Plettenbergs Hallen- oder Freibad. Wer
ganztags Badespaß oder Saunaerlebnis genießen möchte, zahlt mehr - aber alles in einem vernünftigen
Preis-/ Leistungsverhältnis.
Die Bad-Eintrittspreise im H20 (geöffnet Mo. - Fr. 6 bis 8 und 10 bis 23 Uhr,
Sa., So. und Feiertag 9 bis 23 Uhr): Trimm-Dich-Karte (Erwachsene/Jugendliche; 60 min., gilt Mo. - Fr. 6 bis 8,
13 bis 14.30 und 21.30 bis 23 Uhr, nicht an Feiertagen und während der Sommerferien): 5/3 Mark Einzelkarte,
150/90 Mark 50er-Karte, 250/150 Mark 100er-Karte; Sportkarte (90 min.): 9/7 Mark Wochenende, 7/5 Mark
Woche, 65/45 10er-Karte; 2,40 Mark Gruppe ab 50 Personen; Freizeitkarte (Tageskarte, einmaliger Eintritt):
15/10 Mark Wochenende, 13/8 Mark Woche, 120/70 Mark 10er-Karte; Familienkarte: 2 Erwachsene/ 2
Jugendliche 35 Mark, jedes weitere Kind 5 Mark, Saunazuschlag pro Person 6 Mark.
"Vorzugskarte" eine attraktive Alternative
Die Sauna-Eintrittspreise inklusive Bad im H20 (geöffnet Mo. - Fr. 10 bis 23 Uhr, Sa., So.
und Feiertage 9 bis 23 Uhr, dienstags ist Damensauna): Tageskarte (Erwachsene/Jugendliche): 21/16 Mark;
10er-Karte: 190/145 Mark; Solarium: 6 Mark.
Apropos: Kinder unter einem Meter Körpergröße und Geburtstagskinder haben freien
Eintritt; Jugendliche gelten bis einschl. 15 Jahre; 10er-Karten (Bad) kosten am Wochenende 2 Mark Aufpreis.
Das Sportschwimmbecken wird von Schulen und Vereinen Mo. - Fr. 8 bis 13 Uhr, Mo. 14 bis 22 Uhr und Do.
15.30 bis 22 Uhr genutzt.
Eine interessante "Vorzugskarte" bietet das Mindener Melittabad. Die große Vorzugskarte
hat einen Wert von 700 Mark; beim Kauf wird ein Rabatt von 50 Prozent gewährt, so daß der Kaufpreis nur
350 Mark beträgt (mittlere Vorzugskarte: Wert 350 Mark/ Rabatt 43 %/ zu zahlen 200 Mark; kleine
Vorzugskarte: 175 Mark/29 %/125 Mark). Ob Normalbesucher, Kinder, Schüler und Studenten oder Früh-
und Spätschwimmer ist für die Benutzung der Karte unwichtig. Beim Besuch wird von der Karte der jeweils
gültige Eintrittspreis abgebucht. Die Karte ist zeitlich unbegrenzt gültig und auf alle Personen übertragbar.
Artikel aus der Westfälischen Rundschau vom 29.10.1998
Gähnende Leere im Melittabad Minden
Plettenberg. (mau) Eine völlig andere Konzeption als das Herforder H20-Freizeitbad
repräsentiert das Melittabad im benachbarten Minden, das in seiner Konzeption rein sachlich auf Sport und
Aktion ausgelegt ist.
Zugehörig zum Energie-Boulevard der Expo 2000 vereint das 15-Millionen-Mark Bauwerk
modernster, innovativer Energiespartechniken (Blockheizkraftwerk, Wärmerückgewinnungs-Einrichtungen,
Solartechnik, Photovoltaik-Generatoren, Energiesparbeleuchtung) unter seinem futuristischen Dach. 15
Millionen Mark teuer - und dabei wurde jedoch kaum mehr als die Überdachung eines früheren Freibades
erreicht.
"Geld aus dem Fenster geworfen"
"Aus dem Fenster geworfenes Geld", kommentierte Plettenbergs Schwimmvereins Chef
Peter-August Kellermann bei der Visite der Delegation aus der Vier-Täler-Stadt am Dienstag kurz und trocken.
Gähnende Leere im Bad zur normalerweise publikumsintensiven Nachmittagsstunde -
Beleg für die mangelhafte Resonanz, die der Mindener Bäder-GmbH seit der Eröffnung des Bades im Juni
diesen Jahres gewaltige Löcher in ihre Kasse reißt.
Saunabereich ohne jeden Charme
Ein Sauna-Innenbereich, der den Charme der Waschräume von Plettenberger
Schmiedebetrieben versprüht, dazu ein steril gestalteter Außensaunakomplex - auch hier erreichen die
kalkulierten Besucherzahlen nicht annähernd die im Vorfeld gesteckten Ziele.
Alles überhaupt kein Thema für Plettenberg. Doch allemal ein Lehrbeispiel, um bei einem
Neubau solch gravierende Fehler zu vermeiden.
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