Quelle: ST vom 02.04.2004
Ganztags-Grundschule zum "Dumpingpreis"
PLETTENBERG - So einig war man sich bei diesem Thema noch nie: Einstimmig
beschlossen gestern die Mitglieder des Schul- und Kulturausschusses sowie des
Jugendhilfeausschusses bei ihrer gemeinsamen Sitzung im Jugendzentrum, dass zum
neuen Schuljahr an der Martin-Luther-Schule die offene Granztagsgrundschule mit zunächst
zwei Gruppen eingerichtet wird.
Einig waren sich die Parteien auch darin, dass die Elternbeiträge für die Nachmittagsbetreuung
minimal seien sollen: nur 20 Euro pro Monat und Kind. Dieser "echte Dumpingpreis" wurde
möglich durch höhere städtische Zuwendungen.
Mit Unterstützung von Vereinen und Verbänden sowie des Kollegiums der Martin-Luther-Grundschule
sollen Grundschüler in dem Projekt nachmittags betreut werden. Geplant ist die Bildung von
zwei Gruppen mit jeweils 25 Kindern. Angeboten werden Bewegungsspiele, Sportangebote,
Chorprojekte und Instrumentalunterricht, Begabtenförderung, Sprachförderung, Rückenschule,
Tanz und Theater, Computerkurse und anderes mehr.
Das Konzept sieht vor, dass von 14 bis 15 Uhr täglich vier Angebote auf dem Programm stehen,
darunter die Hausaufgabenbetreuung für Kinder der dritten und vierten Klassen. Von 15 bis 16 Uhr
gibt es dann sieben verschiedene Angebote täglich.
"Es bleibt bei unserer Skepsis", meinte der CDU-Fraktionsvorsitzende Heiko Hillert. Die
Nachmittagsbetreuung werde schwierig umzusetzen sein, zudem sei es "keine richtige
Schule". Man wisse nicht, was die Anbieter machen und wie sie die Nachmittage gestalten -
daher könne man auch nicht sicher sein, ob das Projekt ein Erfolg wird. "Wir werden
dennoch zustimmen", betonte Hillert. Denn der Bedarf sei tatsächlich vorhanden. So seien
Alleinerziehende oft auf die Kinderbetreuung am Nachmittag angewiesen, um einen
Arbeitsplatz zu bekommen. Zudem würden die Schulen ihr Angebot an Nachmittagen
ausweiten. Heiko Hillert: "Das schreit nach hilfreichen Modellen - dies hier könnte ein Anstoß
sein." Man müsse nun verfolgen, wie sich das Konzept im nächsten Schuljahr bewährt.
Sie freue sich über die Zustimmung der CDU, betonte Karin Rother (SPD). Klaus Salscheider
(UWG) begrüßte das Engagement des Kollegiums der Martin-Luther-Schule: Die Lehrer
wollen sich mit zehn Stunden pro Woche an der offenen Ganztagsgrundschule beteiligen.
Dies sei in der Dienstzeit möglich, da die Martin-Luther-Schule aufgrund des Berechnungsschlüssels,
mit dem Lehrkräfte zugewiesen werden, personell gut ausgestattet sei, erläuterte Schulleiterin
Kneist: "Wir haben Stunden übrig."
Der Elternbeitrag wurde in der gestrigen Sitzung auf 20 Euro festgelegt - "35 Euro wären
kostendeckend für die Stadt", erläuterte der städtische Beigeordnete Klaus Müller. Die Politiker
waren sich aber einig, dass die Stadt einen "echten Zuschuss" in Höhe von 9 000 Euro pro Jahr
zahlen solle - weitere Zuschüsse gibt es vom Bund und vom Land. "Der Sozialpokal für die
niedrigsten Elternbeiträge geht damit an Plettenberg", freute sich Klaus Salscheider - in ganz
Nordrhein-Westfalen gebe es kaum so niedrige Elternbeiträge. Viel höher dürfe er aber auch
nicht sein, meinte Martina Reinhold (SPD) - schließlich müssten die Eltern auch das Mittagessen
für ihre Kinder zahlen. gt |