Quelle: WR 11.10.1999

Brockhaus-Erbe hilft ehemaligen Zwangsarbeitern

Plettenberg. (HH) Spät, hoffentlich nicht zu spät, hat Eckhardt Brockhaus, Gesellschafter der Firma Brockhaus Söhne Wiesenthal, ein dunkles Kapitel Firmengeschichte aufgeschlagen: Der 1945 geborene Pschychoanalytiker hat sich auf die Suche nach rund 100 Zwangsarbeitern gemacht, die bis 1945 in der Gesenkschmiede beschäftigt waren.

Die Zeitschrift "Stern" hat in Heft 41 vom 7. Oktober über die Entschädigung von Zwangsarbeitern unter dem Titel "An der Dividende klebt Blut" berichtet. Dabei wird auch der in Fuldabrück lebenden Eckhardt Brockhaus erwähnt. Der fühlt sich als Miterbe der Firma Brockhaus Söhne mitverantwortlich für das, was den meist aus Osteuropa stammenden Zwangsarbeitern in den Jahren 1941 bis 1945 in Wiesenthal widerfahren ist.

Der Stern zitiert Brockhaus, der in der Ukraine fünf Familien ehemaliger Brockhaus-Zwangsarbeiter besucht hat, unter anderem so: "Ich wollte den Familien klar machen, dass ich mich für ihr Leben interessiere. Und zu diesem Leben gehörte, dass sie bei uns ausgebeutet und verletzt wurden". Eckhardt Brockhaus und seine Schwester Gudrun wollen den Familien helfen, in dem sie die monatliche Rente der Familien von derzeit 50 Mark aufbessern.

Dass Eckhardt Brockhaus überhaupt die Chance hatte, das Schicksal der Zwangsarbeiter der Firma Brockhaus aufzuhellen, ist einem Zufall und dem Forscherfleiß von Plettenbergs Archivar Martin Zimmer zu verdanken. Er entdeckte vor einigen Jahren in einem noch nicht erschlossenen Archivbestand Karteikarten mit den Namen von über 1200 ehemaligen Zwangsarbeitern. Der Bestand ist einmalig in Deutschland, denn anderswo sind solche Karteien vernichtet worden.

"Ich bin der Auffassung, dass die Bürger der Stadt Plettenberg diesen Menschenschicksalen gegenüber eine historische Mitverantwortung haben", meint Eckhardt Brockhaus und schlägt für Plettenberg die Gründung einer Initiative vor, die mit ehemaligen Zwangsarbeitern Kontakt aufnimmt.


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