Selscheid

Quelle: "Von der Hünenburg auf dem Sundern bei Ohle und ländlichen Siedlungen in ihrer Umgebung", von P. D. Frommann, Weihnachten 1949, S.74 ff.
Erläuterung: E = Erbe     K = Kauf     FK = Feuerkasse

Das nur aus wenigen Häusern bestehende Selscheid liegt 370 Meter über dem Spiegel der Nordsee in einer Einsattelung zwischen dem früher Ebberg genannten Sohlberge und dem Hasenberge. Weil der Verkehr von jeher diese Einsenkung bevorzugte, so bildete letztere eine Art Durchlass oder Sielen, worauf der Stamm "Sel" in dem Namen der Siedlung hinweist, während die Endung "scheid" von dem hohen Alter derselben zeugt.



Urkundlich erwähnt ist Selscheid im 14. Jahrhundert. Es war damals ein Teil der Grafschaft Arnsberg, und deren Grafen hatten den Johannes de Wesselberg mit dem Zehnten zu Selscheid und Grimminghausen belehnt. Zu der Zeit gab es in Selscheid vier Bauerngüter. Als Haupthof galt anscheinend der größte, der von den andern umrahmte Hoegels Hof.

Das Obereigentumsrecht an den Selscheider Gütern war später versplittert. 1474 verfügte über Heugels Hof der aus Plettenberg gebürtige Heinrich Steynhoff, Probst zu Worms und Kanonikus an der Kirche der hl. Apostel zu Köln; er wies die 4 rheinische Gulden betragenden Einkünfte aus dem Hofe der von ihm damals an der Kirche zu Plettenberg gegründeten Neuen Kapelle zu, und zwar zum Unterhalt des Vikars an derselben. In den folgenden Jahrhunderten bezog die Kirchengemeinde zu Plettenberg aus dem Gute 7 1/2 Rtlr., 1 Schuldschwein im Werte von 2 Rtlr. und vier Hühner, jedes mit 3 Stübern berechnet.

1639 war der Erbpächter mit seinen Abgaben arg im Rückstande. "Sämtliche Geistliche, Kirchen- und Schuldiener zu Plettenberg" berichteten über ihn an die kurfürstliche Regierung: "Der Pächter ist allezeit ein fleißiger Mann gewesen und hat wohl bezahlet. Er ist aber zu hoch belastet und nun in Rückstand geraten." Wenn er nicht auf den dritten Teil seiner bisherigen Schatzung (seiner Steuern) gesetzet werde, wolle er das Gut quittieren. Sie baten, ihn auf ein Drittel zu setzen. Heugels Gut blieb in Abhängigkeit von der Plettenberger Kirchengemeinde, bis Peter Kaspar Heugel es 1813 für 1650 Franken loskaufte.

Der in Frilentrop wohnende Johann v. Ole trat sein Anrecht an dem Gut 1556 an seinen Vetter Christoph von Plettenberg zu Schwarzenberg ab gegen ein ihm bequemer liegendes Gut in Frilentrop. Die von Ohle besaßen eine Zeitlang das Obereigentumsrecht an demselben.

Das zweitgrößte Selscheider Gut war das Ebbergs Gut, das seinen Namen von seiner Lage am Fuß des Ebberg hat. Die Gutsinhaber scheinen im 16. Jahrhundert recht wohlhabend gewesen zu sein; denn Johann Ebberch lieh Kaspar Rump zu Grimminghausen 34 Rtlr. gegen Verpfändung eines ihm gehörenden Landes bei Selscheid. - Vollmers Gut war zehntpflichtig nach Grimminghausen.

1642 hatte jedes der vier Güter ein Viertel Messehafer an die Ohler Kirche zu liefern. 1651 wurden folgende Geldabgaben und Dienste für das Amt in Neuenrade vereinbart:

  Rtlr. Stbr. Lenzdienste Herbstdienste
Heugell   1   16          1          1
Ebberich   1     5          1          1
Volmars Johan   0   37          0          0
Hendrick under der Eicke   0   22          2          0

Daß Vollmer nicht zu Diensten verpflichtet war, kam daher, daß sein Besitztum mit Abgaben nach Grimminghausen belastet war. Die Adeligen hatten schon im 16. Jahrhundert Befreiung von Diensten gegnüber den Amtleuten für die von ihnen abhängigen Bauernhöfe. Diese Aufstellung ist auch unterschrieben worden von "Volmar, Ebberich, Jasper Heugell".
Über die Größe und Ertragsfähigkeit der einzelnen Selscheider Güter gibt nachstehende Übersicht aus dem Jahre 1705 Auskunft.

  Malterscheid
Land
Fuder Heu Pacht Rtlr. Pacht Stbr. Kontribution
Rtlr.
Diederich Ebberg             18         6        18        30          30
Christoph Heugel             24         6          9        45          36
Rötger u. der Eichen               5         0          7        30            9
Johan Volmers             10         2        12      41 1/2          15

Zu der Zeit scheint auch Rötger unter der Eiche Pacht, und zwar nach Grimminghausen entrichtet zu haben. - Als man die Herscheider Mark aufteilte, etwa 1777, wurden Hoegel und Ebberg zu den Bauern, Vollmer zu den Halbbauern und Eickesmann zu den Köttern gerechnet.
Selscheid hatte 1765 nur 35 Einwohner, die sich auf fünf Familien in folgender Weise verteilten:

  Peter Henr.
Ebberich
Kaspar
Heugel
Diederich
Volmersmann
Diederich
Eickesmann
Andreas
Wolf
Personen unter 12 J.            1        3            4            0        0
Personen über 60 J.            1        1            1            0        2
Personen überhaupt            8        9          11            4        3
Mägde            1        1            0            0        0
Knechte            2        1            1            0        0
Töchter            1        1            2            1        0
Söhne            1        3            3            1        1
Verwandte            0        0            2            0        0
Frauen            2        2            2            1        1
Männer            1        1            1            1        1

Selscheid musste damals sein Getreide in der staatlichen Mühle zu Versevörde mahlen lassen.
Der letzte katholische Priester in Ohle starb 1575, war gebürtig aus Selscheid und hieß Heugel. Weil die Ohler Gemeinde zu seinem Nachfolger den lutherischen Vikar Peter Geck zu Herscheid berief, so muss sich die Gemeinde schon zu Heugels Zeit der Reformation zugewandt haben. Nicht selten wurden Selscheider Landwirte in den Vorstand ihrer Kirchengemeinde berufen. Als Kirchmeister, Provisoren oder Vormünder sind erwähnt: 1509 Hans Högel, 1522 Hermann Ebberch zu Selsche, 1599 und später Hynrich Hogell, 1768 Joh. Hügel. Andere waren als Gemeinderäte tätig, wie Pet. Diedr. Vollmer 1844 bis 1863.

Der 1618 geborene Clemens Pieper, dessen Vater unter der Eiche zu Selscheid wohnte, war erst Jäger und Fischer zu Pungelscheid und später kurfürstlicher Frone zu Altena. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlernten vier Selscheider Knaben das Tuchmacher-Handwerk in Plettenberg, darunter zwei Brüder Middendorf.
Im vorigen Jahrhundert brannten zwei Selscheider Häuser bis auf die Grundmauern ab, und zwar am 25. Januar 1826 Vollmers und am 22. Juli 1836 Hügels Haus. - 1878 erhielt Wilhelm Werthmann die Erlaubnis zum Betriebe einer Gastwirtschaft.

Die wiederholten Bemühungen der Bewohner von Selscheid und Umgebung zwecks Erlangung einer Bauerschaftsschule hatten zur Folge, dass am 6. Januar 1919 in dem duch einige Zimmer erweiterten "Spieker" auf Vollmers Gute die Schule mit 11 Knaben und 16 Mädchen, die bis dahin in Ohle eingeschult gewesen waren, durch den von Bremcke nach Selscheid versetzten Lehrer Karl Büscher eröffnet werden konnte.
In den letzten Jahrzehnten sind den Selscheidern mehrere vorteilhafte Neuerungen zuteil geworden: 1928 erhielten sie eine bessere Verbindung mit Ohle durch eine neue, allmählich steigende Straße, 1930 eine Wasserleitung und 1937 ein neues Schulhaus mit Lehrerwohnung. Die Schule ist gegenüber dem 1932 auf dem alten Ebbergschen Gute errichteten, aus Wohnhaus mit angefügtem Stall- und Wirtschaftsgebäude bestehenden Neubau, vorn am Wege nach Grimminghausen erbaut und am 15. Juli 1937 bezogen worden. Ebbergs Hof ist seit 1835 in das "alte" und "neue" Ebbergs Gut geteilt, und das alte Ebbergs Haus hat man nach 1932 abgebrochen.


Heugel zu Selscheid

1509 Hans Hoegel war Vormünder der Ohler Kirche
1598 Hynrich Hogell, Provisor der Kercken zu Oil
1674 Claes Höggel, der 1634 geboren war

1813 Pet. Kasp. Heugel und A. M. Elisabeth Heßmer
1821 Kath. Maria und Maria Elisabeth Heugel
1835 Pet. Diedr. Ebberg
22.07.1836 brennt Hügels Haus bis auf die Grundmauern ab.
1868 Anna Maria Ebberg und Wilhelm Werthmann

1979 Inschrift im Fachwerk des Gasthofes Werthmann: ANNO 1748 HANS HINDERICH HENGEL UND LASEN X ANDRES WNLF BANMEISTER BERG UND HNCEI DES HERIN PASALEM 48

Schuldverschreibung des Christopff Höggel zu Selscheid
Quelle: Ev. Kirchenarchiv Ohle, Bemerkungen zur Kirchenrechnung von 1797.
17.15, Febr. 17 - Nr. 146
Christopff Höggel (Heugel) und Ehefrau Anna Cath. bekunden, dass die Kirche zu Ohle ihnen aus "unvermeidlicher notturfft" 20 Rtl. vorschoss, wofür jährlich auf St. Petri ad cathedram 1 Rtl. gewöhnliche Pension zu zahlen ist. Die Auszahlung der 20 Rtl. sei durch den Kirchmeister Joh. zu Erkelse bar und richtig erfolgt. Zur Sicherheit verschreiben die Schuldner ihre Bestialien, Pferde, Kühe usw. als Unterpfand. Eintragung der Obligation in das Kirchenregister in Gegenwart des Pastors Joh. Hengstenberg, des Kirchmeisters Joh. zu Erkelse und der Vorsteher Joh. auf der Wort und Peter zu Elhausen.
Ende April 1927 stirbt Landwirt Fritz Hügel, und damit der letzte männliche Nachkomme der Familie Hügel, vom "Nien Ebbes Hof" (neuen Ebberg-Hof)


Unter der Eiche zu Selscheid
(wohnten)

1539 vermutlich Johann Dunker, der aus Neuenrade stammte und ein Bruder des 1577 als "Scholmester zu Ohel" erwähnten Clemens Dunker war
1598 Dyrich under der Eych
1630 Pieper, der Vater des Altenaer Fronen Clemens Pieper
1642 vielleicht Henrich Volmer

1791 war Besitzer Joh. Pet. Ebberg
1813 Joh. Diedr. Ebberg
1815 Gebr. Herberg
1843 Pet. Diedr. Ebberg
1844 Diedr. Wilh. Holthaus
dann Kasp. Holthaus


Ebberg zu Selscheid

1522 Herm. Ebberch, Vormünder der Kirche zu Ohle
1532 Hans Ebberch, der Rump in Grimminghausen gegen Verpfändung eines Landes bei Selscheid 34 Rtlr. lieh
1556 Herm. Ebberch
1572 Joh. Ebberch
1598 Herm. Ebberch
1698 Diedr. Wilh. im Neuenhause zu Pungelscheid, ∞Mrg. Ebberg in Selscheid
1708 Joh. Rötg. Ebberg zu Selscheid, ∞Else. M., des Wilh. auf dem Hofe zu Werdohl Tochter
1629-1705 Diedr. Ebberg, †1715 die alte Ebbersche im Alter von 72 Jahren
1664-1727 Joh. Ebberg; seine Fraue Christine (1645-1717)

1763-1819 Pet. Kasp. Ebberg, der Bruder und Knecht Diedr. Wilhelms, hatte zwei Kinder; sein Sohn Pet. Diedr. Ebberg bekam ein Teil des Gutes, das 1835 geteilt wurde; er ∞1837 A. M. vom Hofe von Heerwiese.


Vollmer zu Selscheid
(auf Vollmers Gute lebten)

1595 Lambertes Volmar
1598 Lambertes Volmar
1642 Volmers Johann
1650-1710 Johann Vollmers und seine Frau Else
1682-1757 Joh. Diedrich Vollmersmann
1727-1798 Joh. Diedrich Volmers
1756-1823 Peter Wilhelm Volmers
1794-1863 Peter Diedrich Vollmer

25.01.1826 Vollmers Haus brennt bis auf die Grundmauern ab.
1838 kaufte Pet. Diedr. Vollmer für 1950 Tlr. Grundstücke und das halbe Haus von Heugels Gut. Bei Selscheid entstand die neue Siedelung.

Zu den Eigenhörigen des Hauses Brüninghausen gehörte 1570 ein "Lammert tho Selsschede" (Quelle: Adelsarchiv v. Werde-Amecke, Nr. 171, 12. April 1570)

Quelle: Heimatblätter des mittleren Lennegebietes 1928, S. 92:
Von den Selscheider Gütern hat Volmers Gut wohl die günstigste Entwicklung durchgemacht. 1695 lebte Johann Volmers in mißlichen Verhältnissen; denn er bekannte am 15.06.1695 urkundlich auf dem Hause Grimminghausen: "Ich bezeuge Kraft dieses, daß ich von rückständigem Zehendkorn an den Herrn von Mascherel richtig berechneter Schuld annoch schuldig geblieben nach geschehenem Nachlass 8 Rtlr. Verspreche solche in Jahresfrist richtig zu bezahlen, bei Fehlens dessen hernach darob gewöhnliche Interessen zu entrichten."
Er war "Schreibens unerfahren". Dagegen war es Pet. Diedr. Vollmer, dem 6 seiner Nachkommen und Nachfolger im Besitz des Gutes, möglich, 1838 für 1.950 Tlr. den größten Teil von Heugels Gut zu kaufen und damit seinen Grundbesitz beträchtlich zu vergrößern. Außer Fleiß und Sparsamkeit der Familienmitglieder, die ja zum Wesen der heimischen Bevölkerung gehören, haben noch andere Umstände zur Besitzvermehrung der Familie Vollmer beigetragen, die aus folgender Übersicht zu erkennen sind:
(S. 93)
Bekannte erwachsene Kinder Johann Vollmers (1650-1710) sind:
1. Anna Else, heiratete 1706 Hans Becker zu Deilinghofen.
2. Sybilla, heiratete 1708 Joh. Dedr. Winterhoff
3. Johann Diedrich (1682-06.06.1757), 75 Jahre
4. Anna (1699-1762), starb unverheiratet zu Selscheid, 63 Jahre alt.
5. Johann Wilhelm.

Kinder des Johann Diedrich Vollmers (1682-1757):
1. Anna Katharina (1709-1771), 61 Jahre.
2. Anna Sybilla (1712-1766), starb in Selscheid unverheiratet im Alter von 54 Jahren.
3. Anna Elisabeth Christina (1714-1771), starb in Selscheid unverheiratet im Alter von 58 Jahren.
4. Ana Christina (1716-1729).
5. Johann Wilhelm (1723-1724).
6. Johann Diedrich (09.03.1727-04.11.1796), 69 Jahre.
7. Henrich Wilhelm, geb. 1729, wurde 1744 konfirmiert, weiteres ist nicht bekannt.
8. Anna Christina, geb. 1733, heiratete 1763 Joh. Diedr. zu Versevörde.
Die Mutter der Kinder 1-5 hieß Sybilla (1683-1723), die der Kinder 6-8 Anna Katharina Kersting aus Versevörde (1692-1766), 74 Jahre, 3. Frau.

(S. 94) . . . Johann Vollmer (1650-1710) stand in verwandtschaftlicher Beziehung zu Joh. Kellermann in Hilferinghausen; denn Anna Maria Vollmer starb 1704 und Else Vollmer zu Selschede, die 1718 in Frehlinghausen starb, sind keine Schwestern gewesen.
. . . Eigenartig ist in der Familie Vollmer die Vorliebe für die Holzbearbeitung. Der 1719 zu Hohenhagen im Alter von 74 Jahren gestorbene Vollmers Rötger, wahrscheinlich ein Oheim oder Bruder Johann Vollmers zu Selschede (1650-1710) war der Gehülfe des Kaspar Voßloh. Die beiden trieben 1685 am Ohler Pfarrhause die Sparren und Giebel wieder gerade und arbeiteten 1690 am kirchlichen Backhause, Schuppen und Kruzifixhause zu Ohle. Beide Söhne des Schreiners D. Wilh. V. zu Neuenrade (1762-1817) waren Schreiner. Zeitweilig arbeiteten sie gemeinsam in Neuenrade, später zog der 1808 geborene Friedrich Wilhelm V. nach Witten, wo er 1829 Maria Wünnemann heiratete und wo noch Nachkommen von ihm leben. Sein Bruder Joh. Heinrich V. (1814-1885) kam auf seiner Gesellenwanderschaft sogar nach Paris und arbeitete dort längere Zeit. Das von seinem Vater gegründete Geschäft vererbte er an seinen Sohn Wilhelm Hermann V. (1850-1918) von welchem es auf Heinrich Vollmer, den jetzigen Inhaber überging.
Ein Sohn des Schuhmachers Peter Kaspar Vollmer zu Broshagen hieß ebenfalls Pet. Kaspar und war 1802 auch als Schuhmacher in Erkelze tätig.


Am Schlechtenweg

1838 waren Besitzer Pet. Kasp. Heugel und A. M. Heßmer
1839 Pet. Kasp. Windfuhr und Kath. M. Ebberg
1895 August Windfuhr


100 Jahre Gastwirtschaft Werthmann in Selscheid

In der Gastwirtschaft Werthmann in Selscheid hängt seit 1978 die nebenstehende Tafel, auf der aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der Gastwirtschaft Werthmann die Geschichte der Familie festgehalten wurde. Hier die Abschrift:

Chronik der Familie
Werthmann zu Selscheid
vormals Heugel auch
Hoegel zu Selschede

Als Selscheid im 14. Jahrhundert urkundlich erwähnt wurde, bestand Hoegels Hof schon. Er galt als der größte Hof. Im Kirchenbuch zu Ohle zum erstenmal eingetragen: 1509 Hans Hoegel war Vormünder der Ohler Kirche. Im Jahre 1575 starb der in Selscheid geb. letzte kath. Priester von Ohle mit Namen Heugel. 1598 Hynrich Hogel; Provisor der Kerken zu Oil. Im Jahre 1651 wurden Geldabgaben u. Dienste von Hengels Hof an das Amt Neuenrade entrichtet. 1674 Claus Höggel, der 1634 geb. war. Kasp. Hoggel zu Selschede (gest. 1699) 63 Jahre alt. 1705 Christ. Peter auf der Höh Tochter, die 1776 starb. 1725-95 Joh. Hennrich Hügel. 1748 Anna Kath. seligen Peter Klämer von Herschede, Tochter, heiratet Christoph Hügel aus Selschede. 1776 Christine Wilhelmine Rosina Elisabeth Kirchsträßer, Tochter des Clemens Kirchsträßer zu Eiringhausen, heiratet Peter Wilhelm Hügel. 1778 A. M. Christine Grafe vom Wellin. 1789 Kaspar Diedrich Hügel, Joh. Kaspar Hügels Sohn, heiratet Anna El. Hohage von der Wiehardt. 1813 Peter Kaspar Heugel u. A. M. Eb. Heßmer geheiratet. 1821 Kath. Maria u. Maria Elisabeth Heugel. 1835 Peter Diedrich Ebberg. Am 22. Juli 1836 brannte das Haus bis auf die Mauern ab. 1868 Anna Maria Ebberg u. Wilhelm Werthmann. 13.04.1878 erhielt Wilhelm Werthmann die Erlaubnis zum Betriebe einer Gastwirtschaft. Albert Werthmann geb. 09.04.1879 in Selscheid, heiratet Klara Hedwig Klüppelberg geb. 13.11.1893 in Krummenstück. Hildegard Werthmann geb. 24.12.1918 in Selscheid.
1878-1978



Quelle: Süderländer Tageblatt vom 04.03.1953

Goldenes Wirtsjubiläum im Ohler Gebirge
Interessantes Kapitel Heimatgeschichte - Werthmanns Hof in 4 Jahrhunderten

Plettenberg-Selscheid. Am heutigen Mittwoch sind 50 Jahre ins Land gezogen, dass der jetzige 74-jährige Selscheider Wirt, Herr Albert Werthmann, die Konzession erhielt, die von seinem Vater Friedrich-Wilhelm Werthmann im Jahre 1878 gegründete, damals noch recht bescheidene Bauernwirtschaft weiter fortzuführen. Dieses alte Bauernhaus, das in einer besonderen Talmulde zwischen dem Sohlberge und dem Hasenberge weitab vom Lärm und der Unruhe unserer Zeit versteckt liegt, ist wohl eines der ältesten Häuser aus Selscheids Vorzeit. Der alte Torbogen über der Eingangstür trägt die Zahl 1748, desgleichen bezeugt der 118. Psalm mit seinem "danket dem Herrn, denn er ist freundlich, seine Güte währet ewiglich", die wahre Herzensgesinnung der Erbauer dieses Hauses.

Weil der Chronist zu berichten weiß, dass einst in Selscheid ein mächtiger Feuersbrand vier Häuser eingeäschert hat, ist zu vermuten, dass Werthmanns Haus im Jahre 1748 zum zweiten Mal aufgebaut worden ist. Denn dieser Hof gehörte einst dem Geschlecht der Hoegel oder Heugel, und im Jahre 1575 starb in Ohle der letzte katholische Priester dieser Gemeinde, ein gewisser Heugel, der aus Selscheid und dem jetzigen Werthmannschen Hause stammte. Nach dem katholischen Priester Heugel aus Selscheid berief die Ohler Gemeinde einen lutherischen Vikar, und es ist gewiss, dass schon zu Zeiten des Priesters Heugel sowohl Selscheider als auch Ohler Bürger der Reformation zugetan waren.

Der durch Einheirat und Kauf an die Familie Werthmann übergegangene Hof war in alter Zeit so groß, dass, so erzählt der Chronist, sieben Holzfäller in den zum Gut gehörenden Waldungen Bäume fällten, ohne dass einer den anderen hören konnte. Die uralte, unter Naturschutz stehende Linde vor dem Hause - leider durch Blitzschlag zerstört - hat der Gattin des Jubilars den schönen Namen "Lindenwirtin" eingebracht.

Es entwickelte sich aus der anfangs kleinen Bauernwirtsstube, die in diesem Jahr zugleich auf ihr 75-jähriges Bestehen zurückblicken kann, die heutige modernisierte Gaststätte mit Pensionsbetrieb. Das alte Haus, das gänzlich renoviert wurde, erhielt durch Anbau eine sonnige Veranda. Desgleichen wurde in den Fremdenzimmern fließendes Wasser angelegt. Viele erholungsbedürftige Menschen aus den verschiedensten Großstädten unseres Vaterlandes fanden hier im Laufe der Jahre nicht nur gute Aufnahme und beste Verpflegung, sondern vor allem auch die so sehr gesuchte Ruhe und Entspannung.


So sind nun viele Generationen über die alte Schwelle dieses Hauses hinweggeschritten, denn urkundlich ist Selscheid bereits im 14. Jahrhundert als ein Teil der Grafschaft Arnsberg erwähnt. Mithin werden dann auch in dieser geschützten Mulde des Werthmannschen Anwesens die Vorfahren ihre Heimstätte errichtet haben. Dankbar blickt heute der so hoch betagte Jubilar, ein aufrechter Sauerländer von bescheidenem und aufrechtem Wesen, mit seiner lieben Ehegefährtin auf die langen Jahre des gemeinsamen Schaffens und Wirkens zurück. Auf ihrer Hände Arbeit ruht der Segen des Allerhöchsten.

Noch vor Tagen durch den Schatten der Vergänglichkeit erschreckt, darf Opa Werthmann wieder der Genesung entgegensehen und im Kreise seiner Angehörigen dieses nicht alltägliche Fest begehen. Auch die Dorfgemeinschaft und alle Freunde des Hauses aus nah und fern werden heute abend in einer kleinen Feierstunde ihre Anteilnahme und Freude zum Ausdruck bringen. Möge dem biederen Herrn Werthmann und seiner Lebensgefährtin, das ist der Wunsch der Heimatzeitung, noch manches Jahr gemeinsamen Wanderns in Zufriedenheit und Gesundheit beschieden sein.

"Vor meines Vaters Haus steht eine Linde,
vor meines Vaters Haus steht eine Bank,
und wenn ich sie einst wiederfinde,
dann bleib ich dort mein Leben lang . . ."


Schulte zu Breitenfeld (liegt bei 51.23°N 7.8°O)


1865 Landwirt Friedrich Schulte erbaut das Haus, ∞Hulda geb. Wertmann
1928 wohnten in Breitenfeld: Landwirt Fritz Schulte, Kraftfahrer Willy Kohlhage, Knecht Albert Dietz
bis 1955/56 wurde das Gebäude landwirtschaftlich genutzt
1958 K des Nebengebäudes durch Walter und Maria Schrader
1958 K des Haupthauses durch Paul-Heinz (†1998) und Magdalene Decker geb. Schrader
1980 K Friedhelm Bank (†2005)
1998 Gabriele Leyendecker geb. Decker



Schloß Grimminghausen

Haus Grimminghausen - der Loerhof

Nachdem Johann von Rump seinen Anteil an dem Gute Brüninghausen verkauft hatte, lebte die Familie Rump in Grimminghausen, nach Johann Rump Diedrich, der 1539 den Loerhof oder das Hofgut "nutzte", 1564 wird noch seine Witwe Matharina geb. Wrede erwähnt. 1526 bebaute Hans Lohagen das Lohagen-Gut zu Grimminghausen. Das Obereigentumsrecht an Grimminghausen besaß die Familie Ruispe. Hermann und Guntermann von Ruispe verkauften dasselbe an Hinrich Wyscherd zu Plettenberg und seine Hausfrau Hunne. Deren Enkel traten es wieder an die von Ruispe ab, und zwar der Plettenberger Bürger Heinemann Hunolt und Frau bezüglich Lohagen-Gut 1526 an Gerd von Ruispe und Wilhelm Hunolt und Frau zu Sonsbeck betreffs des Loerhofes 1539 an die Witwe Gerhards von Ruispe (Quelle: Urkunden im Archiv des Freiherrn von Wrede). 1569 wohnte Jasper Rump zu Grimminghausen, 1573 bis 1612 Kasper Rump.


Durch Verheiratung der Katharina Rump mit Ahasverus von Plettenberg aus Neilen (Nehlen?) kam die Familie von Plettenberg-Neilen dorthin. Später gehörte Grimminghausen der zur Reformationszeit ihres Glaubens wegen aus Luxemburg geflüchteten Familie von Mascherell, und zwar bis 1681 dem Rentmeister von Hörde, Joh. v. Mascherell, der sich eifrig um den Bergbau in unserer Gegend bemühte. Nach ihm erbte es seine Schwester, die die Gemahlin des Soester Bürgermeisters Andreas von Dael war. Deren Tochter Christine Marg. von Dael heiratete Joseph von Katzler, der erst im kaiserlichen Heere diente, dann im Schwedisch-Polnischen Kriege im Heer des Großen Kurfürsten mit großem Ruhme ein Schwadron führte und deshalb zum Range eines Obersten aufstieg. Später befehligte er im holländischen Dienste eine Brigade. Seine Frau starb 1733 in Grimminghausen. Sein Sohn und Erbe Wilhelm Ludolf starb schon 1700 als holländischer Hauptmann (Hinweis: Dessen Witwe, Helene Christine geb. von der Bersword, starb 1744 in Grimminghausen). Dessen Sohn Niclas Andreas brachte es hier zum preußischen General-Lieutnant und zeichnete sich im siebenjährigen Kriege aus.

Niclas Andreas von Katzeler kaufte 1751 für 300 Tlr. von der Ohler Kirchengemeinde, die bis dahin der Kirche zustehenden Einkünfte aus den beiden Gütern zu Erkelsen, welche bestanden seitens des oberen Gutes in 1 Schwein, 4 Hühner, 1 Pflug- und 2 Handdiensten und des untern Gutes in 3 Rtlr. 45 St., 1 Pfund Wachs und 2 Hühnern. Niclas Andreas Gemahlin, eine geborene von Bardeleben, ist 1767 in Grimminghausen gestorben. Der Familie von Katzeler diensten Jäger Adolf Christoph Hoffmann (†1754) und Schäfer Bernd Sönnecken (†1763). 1663 wohnten in Grimminghausen noch die Witwe von Mascherell, Klara geb. Pfreundt, die in dem Jahre den Hof Voßloh für 140 Tlr. von der Ohler Kirchengemeinde an sich brachte.

1770 kaufte der Freiherr von Haus zu Niederhofen bei Hörde das Gut Grimminghausen, von dem es 1800 der Freiherr von Kessel zum Neuenhof erwarb, dessen Nachkommen es noch besitzen (Stand: 1949)....
...Zu Grimminghausen gehören 10 Höfe: Grimminghausen 3, Hohenhagen, Voßloh, Hechtenberg, Sechtenbecke, Höh, Kleeschlade und Wiehardt...
...Das Haus Grimminghausen ist mit Ausschluss der beträchtlichen Kellerräume im Erdgeschoss ein zweistöckiges Gebäude von gewöhnlicher Form und Größe und unterscheidet sich nur durch seine Größe und ein Schieferdach von den übrigen Wohnungen. Die südöstliche Hälfte des Hauses wurde 1675 angebaut. Ursprünglich soll das gegenwärtige Viehhaus von der Herrschaft bewohnt worden sein, eine Annahme, welche durch den näheren Augenschein an Wahrscheinlichkeit gewinnt.

Pächter auf den beiden Bauernhöfen in Grimminghausen: 1725 Wilh. Wulf, 1749 Jürgen Wulf, 1792 Kasp. D. Lengelsen, 1813 Pet. Kasp. Lengelsen (seine Frau A. Chr. Schulte stammte aus Elhausen), 1759 D. W. Heßmer, dann Joh. Pet. Heßmer, 1825 Joh. Jak. W. Heßmer, Herm. D. Lösenbeck, 1837 P. W. Lösenbeck und A. Kath. Holthaus. 1844 kam aus der Bubbecke Matth. P. Kalthoff. 1856 Holthaus. 1821 wohnte in Grimminghausen Maurer Nikolaus Sturm, 1853 starb hier Zimmermann J. W. Hüttebräucker.



Die Reste von Hohagen Ende der 1950er Jahre. (Archiv: H. Hassel)

Hohagen

1645-1719 Rötger Volmer, der 1685 und 1690 als Zimmermann in Ohle arbeitete
1694-1749 Eberhard auf dem Hohagen
vor 1745 Anton Glingener
1713-1766 Joh. Diedr. Ludemert ∞1746 Christina Glingener (1711-1757)
1758 A. Christine Sirringhaus von Rärin
1734-1776 Joh. Henr. Glingener, Antons Sohn, ∞1761 Elisab. Bröcker von Hüinghausen; diese ∞1777 Herm. Henr. Clemens Rentrop vom Ramsloh bei Hülscheid
1768-1843 Joh. P. Glingener, Joh. Henr. Sohn, ∞1790 A. Kath. Holthaus, Tochter des Pet. Kasp. Holthaus auf der Höh. A. M. Kath. Glingener, die Tochter des J. P. Glingener, ∞1831 Joh. Pet. Becker, Kötter auf der Schibbecke
1723-1803 Wilh. Hollweg und A. M. Christine Mölhof (1760 bis 1802)
1851 P. D. Glingener
1928 wohnte auf dem Hohagen: Landwirt Julius Lengelsen, Packer Julius Lengelsen, Fabrikarbeiter Wilhelm Lengelsen

Quelle: Einwohnerbuch für Lüdenscheid und den Kreis Altena, 1926/27, III. Teil Amt Plettenberg, Gemeinde Ohle, S. 359
Einwohner von Hohagen (Post Ohle)
Lengelsen, Heinrich, Fabrikarbeiter
Lengelsen, Heinrich, Fabrikarbeiter, Nr. 35a
Lengelsen, Julius jr., Packer, Nr. 35a
Lengelsen, Julius sen., Landwirt, Nr. 35
Lengelsen, Wilhelm, Gießer, Nr. 35a


Voßloh
Voßloh wurde 1663 Grimminghauser Pachtgut, Hechtenberg noch später.

1599 Joh. Kranß
1682-1716 Adam im Voßloh und A. Else
1723 † Kasp. Biermann (1640-1723)
1808 Pet. Diedr. Voßloh, Friedrichs Sohn, ∞M. Elisab. Hoppe aus Hüinghausen
1842 † Pet. Wilh. Eick
1926 wohnten auf Voßloh: Landwirt Wilhelm Bangert (Nr.33), Fabrikarbeiter Ewald Schmidt (Nr. 33a)
1928 wohnte in Voßloh: Invalide Ewald Schmidt

Zu den Eigenhörigen des Hauses Brüninghausen gehörte 1570 "Kranß im Voßloe tho Gryminckhusen hie selbst, syn moder und syn frauwe und kynder und alle syn broder und suster" (Quelle: Adelsarchiv v. Werde-Amecke, Nr. 171, 12. April 1570)


Hechtenberg

1644-1718 Volmer Voßloh und A. geb. Hechtenberg (1642-1717)
1675-1745 Joh. Adolf vom Hechtenberg
1761 Joh. Pet. Hechtenberg, Adolfs Sohn, ∞A. Kath. Grote (1740-1795), Tochter des Moritz Grote aus der Lingenbecke
1766-1822 Andreas Hechtenberg, Joh. Pet. Sohn, ∞1803 Christine Elisab. Holthaus, Tochter des Kasp. Holthaus auf der Höh
Diedrich W. Holthaus
1926 wohnten in Hechtenberg: Fabrikarbeiter Gustav Mittendorf (Nr. 32), Landwirt August Werthmann (Nr. 32)
1928 wohnte in Hechtenberg: Landwirt August Werthmann

Hechtenberg, noch mit Stroh gedeckter Einöd-Hof am Wege von Grimminghausen nach Wellin; wurde in der Nacht zum 7. September 1949 durch Blitzeinschlag in Brand gesetzt und brannte bis auf die Grundmauern ab; Pächter war damals Hubert Arns, Eigentümer Werthmann aus Erkelze (vermutlich eher aus Selscheid);

Quelle: Einwohnerbuch für Lüdenscheid und den Kreis Altena, 1931/32

Einwohner in Hechtenberg (Post Ohle)
Middendorf, Gustav Fabrikarbeiter
Werthmann, August, Landwirt


Höh

1650-1728 Pet. Eberh. Wolf, kath., und A. Kreikebaum (1675 bis 1734)
1691-1753 Jürgen Wolf
1758 Joh. Kasp. Wolf, Jürgen Wolfs Sohn, ∞Kath. Elisab. Greve vom Herscheider Baum
1767 Joh. Diedr. Dickehage auf der Höh
1730-1772 Christoph Holthaus und Frau A. Gertr. (1697-1772)
1696-1780 Joh. Herm. Dunker
1730-1808 Joh. Pet. Holthaus und Frau A. Marg. (1733-1800)
1813 Pet. Wilh. Holthaus
1840 Kasp. Diedr. Holthaus und A. Kath. Elisab. Birke aus Bremcke
Karl Vollmer (*25.06.1858), und Frau Karoline geb. Alberts (*01.02.1868), auf der Höh; feierten 1940 ihre Goldene Hochzeit
1926 wohnten in Höh: Landw.-Geh. Karl Vollmer jr., Landwirt Karl Vollmer sen., Landw.-Geh. Wilhelm Vollmer
1928 wohnte in Höh: Landwirt Karl Vollmer


Sechtenbecke


1648-1722 Henrich Schnieder in der Sechmecke und Gertrud (1656-1723)
Wilh. in der Sechmecke und Kath. Elisab. (1711-1747)
1685-1755 Joh. Pet. i. d. Sechmecke und Maria (1681-1757)
1748 Joh. Wilh. ∞als Witwer A. Elisab. Hügel aus Böddinghausen (1712-1757)
1758 Klara A. Syb. Rottmann aus Böddinghausen (1731-1758)
1759 A. Gertr. Sur aus Erkelsen
1810 P. Kasp. Sechtenbeck
1767-1841 Friedrich Sechtenbeck und A. Syb. Chr. Pieper
1841 Karl Fr. Wilh. Sechtenbeck ∞Wwe. Eick im Voßloh, ∞1848 A. M. Cordt
1926 wohnten in der Sechtenbecke: Landwirt Eduard Schmidt (Nr. 28), Fabrikarbeiter Emil Schmidt (Nr. 28), Landwirt August vom Wege (Nr. 28a)
1928 wohnten in der Sechtenbecke: Meister Albert Schmidt, Rentner Eduard Schmidt, Speisewirtschaft und Landwirt August vom Wege


Die Sechtenbecke in den 1960er Jahren. Foto: Martin Zimmer

Quelle: "Alt Ohle im Bild", September 1982, Martin Zimmer; mit Zeichnungen von Peter Krasemann

Die "Alte Sechtenbecke"

Östlich des heutigen Parkplatzes Grimminghausen hinter Selscheid liegt der Hof Sechtenbecke. Er wurde jahrhundertelang von der Familie gleichen Namens als selbständiger Bauernhof bewirtschaftet und bewohnt.
Bei so manchen älteren Bewohnern Selscheids und der umliegenden Bauernschaften weckt der Name Sechtenbecke noch heute Erinnerungen an längst vergangenen Zeiten. So weiß man zu erzählen, dass dieses Gehöft schon seit vielen Jahren zu den Besitzungen von Schloss Neuenhof bei Lüdenscheid gehört und ihre Bewohner neben der Entrichtung von Pachtgeld verpflichtet waren, diesen Hof in Ordnung zu halten. Dazu gehörten u. a. Ausbesserungsarbeiten am Strohdach, an Türen, Fenstern und Mauerwerk.

Um 1880 änderten die Bewohner der "Alten Sechtenbecke" erstmals ihren Namen. Eine Familie Schmidt aus Holthausen zog dort gleich zwanzig Kinder groß! Einer der Schwiegersöhne, August vom Wege aus Holthausen, eröffnete später eine Sommerwirtschaft. Sie wurde gern von Ohler Spaziergängern am Sonntag besucht. Eine kühle Flasche Bier, die vom Wege in seinem selbst angelegten Keller unweit des Hauses lagerte, soll schon diese Wanderung wert gewesen sein.
Alljährlich am Silvestertage, wenn die Neujahrssänger von Selscheid durchs Ohler Gebirge ziehen, und auf den entlegenen Gehöften das neue Jahr ansingen, sind es auch die Bewohner des Hofes Sechtenbecke, die diesen Gruß vernehmen.




Kleeschlade

1696 Wilm vom Brinke in Frehlinghausen
1743 Pet. Birkenhof und Frau Christina (1685-1749)
1759 Joh. Herm. Kohlhage
1778 Joh. Wilh. Hollweg, starb 1803 im Alter von 80 Jahren
1780 Pet. Kasp. Inne; Joh. Anton Hesmerg aus Landemecke bei Herscheid, ∞Joh. W. Hollwegs Tochter A. Christ. M.
1784-1836 Kasp. Leopold Hesmer und M. Kath. Funke
1834 Oet. Wilh. Hesmerg
1905 Heinrich Geisweidt
Am Anfang dieses Jahrhunderts (nach 1900) ist das Haus abgebrannt.

Vor 60 Jahren saß der rote Hahn
auf dem Hof Kleeschlade

Alter Bauernhof sank vor sechs Jahrzehnten in Schutt und Asche - Er wurde nicht wieder aufgebaut - Wie Ohle den Brandopfern half - Zur morgigen Wanderung der Plettenberger SGV-Abteilungen zur Kleeschlade

Es war am Tage nach Pfingsten und etwa um das Jahr 1905. In Ohle war Kirmes. Der Pfingsdienstag war bekanntlich der Hauptkirmestag. Am morgendlichen Kirchweih-Gottesdienst erschien nicht eine Familie aus dem Ohler Gebirge. Auch am Nachmittag, als der Kirmestrubel begann, waren keine Bauersleute, auch keine Kinder "vom Berge", wie man früher sagte, zu sehen. Ich weiß noch, wie mein Vater zum Pastor Haverkamp sagte: "Wenn bis heute abend noch keiner vom Berge kommt, dann müssen wir hinauf, dann ist etwas passiert."

Eine Tragödie in den Bergen
Am Abend gegen 6 Uhr kamen die ersten Bergbauern zur Kirmes. Da erfuhren wir auch, warum sie nicht schon am Morgen gekommen waren. Die "Kleeschlade" war um 10 Uhr morgens abgebrannt, und alle Bauernfamilien von Erkelze, Selscheid und den Grimminghauser Höfen waren zur Hilfeleistung zur Kleeschlade geeilt.

Aber jede Hilfe kam zu spät. Das strohgedeckte Bauernhaus brannte vollkommen nieder. Der Bauer, der mit seiner Frau auf dem Felde arbeitete, konnte kein Stück Möbel oder Hausgerät retten. Die Frau wurde allgemein bedauert, ihr gesamter Vorrat an Leinen war ein Raub der Flammen geworden. Der Bauer hies Heinrich Geisweidt und stammte vom Grävinglöh, wo sein Vater, der "Kleubur", um diese Zeit der Besitzer war.

Vorbildliche Hilfsbereitschaft
Dem abgebrannten Heinrich Geisweidt wurde jedoch eine unerwartete Hilfe zuteil. Auf Anregung des langjährigen Ohler Gemeindevorstehers Fritz Maiweg wurde eine Geldsammlung durchgeführt. Im Dorf Ohle musste ich die Sammlung vornehmen. Die Bauern gaben alle Zehnmark-Goldstücke, einige sogar ein Zwanzigmarkstück. Viele kleine Leute gaben fünf Mark oder zumindest einen Taler. So wurde den armen Abgebrannten durch diese schöne Opferbereitschaft der Dorf- und Volksgemeinschaft in der ersten Not geholfen.

Nur am Rande sei noch erwähnt, dass wir am ersten Schultag nach den Pfingstferien aus Schillers "Lied von der Glocke" die Feuersbrunst lesen und auswendig lernen mussten. Unser Lehrer Carl Hüser legte großen Wert darauf.

Die Kleeschlade, ein Pachtgut des Grafen Busche-Kessel und zum Gut Grimminghausen gehörend, wurde nicht wieder aufgebaut. Nach dem Brande wurden Felder und Wiesen zunächst in eine große Viehweide umgewandelt. Heute stehen dort dicke Tannen. Nur unter der kundigen Führung von Wanderfreund Klaus Schötke werden die Plettenberger Abteilungen des SGV am morgigen Sonntag die Stelle wiederfinden, wo einst Heinrich Geisweidt in harter Arbeit den Acker bestellte und an einem schönen sonnigen Kirmestag den Untergang seines Besitzes erleben musste.

Viele Höfe sind im Laufe der Jahrhunderte im Raum Ohle abgebrannt. Die meisten wurden wieder aufgebaut. Unter denen, die nicht erneuert wurden, waren beispielsweise zwei kleine Kotten in der Nähe von Grävinglöh, deren Stätte unbekannt ist.

Sodann war auf dem Sundern an der "Sundes Vuahr" in der Nähe von Elhausen ein Jägerhaus, ferner auf der Burg ein Bauernhof, dessen Standort man noch nicht festgestellt hat. Im Brüninghauser Tal befand sich ebenfalls ein Jägerhaus, die "Brüninghauser Höh", und ein weiterer Kotten , die "Brüninghauser Becke", aber davon ein andermal.
(Quelle: ST 1965, Autor: Ewald Baberg)




Wiehardt

1697 starb die alte "Wiehärdtsche", aus Maastricht gebürtig, im Alter von 70 Jahren
1698 und 1709 Heimann auf der Wiehardt; er mauerte auch
1652-1750 Joh. Wilh. auf der Wiehardt gen. Luxemburg
1750 Joh. Jost Hohage und Helene Christine (1704-1738)
seit 19?? Wanderheim der SGV-Abteilung Lüdenscheid (26 Betten, 8 Matratzenlager, 50 Sitzplätze)
1926 wohnten auf der Wiehardt: Landwirt Gustav Hurst (Nr. 31), Landwirt Wilhelm Hurst (Nr. 31)


Das SGV-Heim der Abteilung Lüdenscheid auf der Wiehardt im Juni 2010. Foto: Hassel


Brüninghauser-Becke

1694-1739 Joh. Herm. Hink
1740 Joh. Diedr. Hink
1673-1743 Hans Becker
1752 starb der alte Schneider Honigmann
1798 Joh. Pet. Sur, Joh. Henr. Sohn, ∞Kath. Elisab. Brinkmann aus Vorrats Hause.
Das Haus brannte ab und wurde nicht wieder aufgebaut.


Brüninghauser-Höh

1664-1711 Wilm Brinkmann aus Frehlinghausen, er wohnte erst auf der Kleeschlade, seit 1696 auf der Br.-Höh; seine Söhne Joh. Diedr. (*1700) und Christoph (*1702) erwarben 1728 bzw. 1730 Bürgerrecht in Plettenberg
1713 Pet. Birkenhof ∞Christine vom Oberen-Holte, Wilms Witwe und 3. Frau
Das Haus wird abgebrannt sein.


Quelle: Einwohnerbuch für Lüdenscheid und den Kreis Altena, 1931/32, III. Teil Amt Plettenberg, Gemeinde Ohle, S. 467

Einwohner in Selscheid (Post Ohle)

Baberg, Ernst, Holzhandlung u. Landwirt, F. Werdohl 172
Herzog, Albert, Fabrikarbeiter, Nr. 39a
Holthaus, Karl, Fabrikarbeiter
Holthaus, Karl, Rentner
Holthaus, Wilhelm, Fabrikarbeiter
Mittendorf, Fritz, Landw.-Geh.
Mittendorf, Wilhelm, Landw.-Geh.
Mittendorf, Wilhelm, Landwirt
Schmidt, Eduard, Rentner
Simon, Friedrich, Lehrer
vom Wege, August, Landwirt
Werthmann, Albert, Fabrikarbeiter
Werthmann, Albert, Gastwirtschaft
Windfuhr, August, Fabrikarbeiter


Quelle: Text zu einem Dia-Vortrag "Aus der Geschichte der Bauerschaft Selscheid" von Martin Zimmer (in den 1990er Jahren)

Aus der Geschichte der Bauerschaft Selscheid

Name: Das in hiesigen Flur- und Ortsnamen enthaltene fränkische Grundwort "scheid" (scetha) ist im märkischen Sauerland häufig vertreten, ebenfalls im Bergischen, an der unteren Sieg und westlich vom Rhein bis Saarbrücken. Ursprünglich Flurnamen. Renscheid und Timscheid in der Ohler Gemarkung sind unbesiedelt. Ortschaften Herbscheid und Walscheid bei Werdohl entstanden erst nach Teilung der Marken.
Scheid: meistens eine Grenz-, Wasser o. sonstige Scheidung. Südwestlich vom Sundern grenzen aneinander die Fluren von Selscheid, Erkelze und dem Berge Renscheid.
Sel (Sielen): Einsattelung im Gebirge, Durchlass für den Verkehr. Statt Erkelze schrieb man im 16. Jahrhundert Erkelsche (Platt so gesprochen).
Plattdeutsch: Statt Selscheid "Selsche". Richtige Form des Namens von Erkelze = Erkelscheid. Östlich von der Lenne und nördlich von der Ruhr hat "scetha" unter sächsischem Einfluss die Form "schede" erhalten, z. B. Leinschede, Dröschede, Brenschede (viele fränkische Flur- und Ortsnamen mit "ing" und "scheid" = Gebiet der ripuarischen Franken, von in alter Zeit besiedelt).

Aus Selscheids Vorzeit
Auszüge aus P. D. Frommann "Von der Hünenburg auf dem Sundern . . .", S. 74: Selscheid zwischen Ebberg (Sohlberge) und Hasenberg in Einsattelung, Senke - Sel = Art Durchlass oder Sielen. Urkundlich erwähnt im 14. Jahrhundert, damals Teil der Grafschaft Arnsberg. Deren Grafen hatten Johannes Wesselberg mit dem Zehnten zu Selscheid und Grimminghausen belehnt. Zu jener Zeit gab es vier Bauerngüter in Selscheid:
Hoegels Hof = Haupthof, Obereigentumsrecht war später versplittert. 1474 verfügte über Heugels Hof der aus Plettenberg stammende Heinrich Steynhoff, Probst zu Worms und Kanonikus an der Kirche hl. Apostel zu Köln. Er wies 4 rhein. Gulden, die als Einkünfte aus dem Hof kamen, der damals neu gergündeten Kapelle der Kirche Plettenberg zu - zum Unterhalt für den Vikar. In den folgenden Jahrhunderten bezog die Kirchengemeinde zu Plettenberg vom Gut 7 1/2 Rtlr., 1 Schuldschwein, 4 Hühner.
Ebbergs Gut zweitgrößtes, der Name stammt von der Lage am Fuße des Ebbergs. Im 16. Jahrhundert anscheinend recht wohlhabend, denn Johann Ebberch lieh Kaspar Rump zu Grimminghausen 34 Rtl. gegen Verpfändung eines Landstücks.
Vollmers Gut: Noll (Middendorf), erwähnt 1598 Lamberts Volmar, zehntpflichtig nach Grimminghausen, Abgaben an die Ohler Kirche, u. a. aich Lehns- und Herbstdienste. S. 76: Als 1777 die Herscheider Mark aufgeteilt wurde, wurde Vollmer den Halbbauern zugerechnet, Hoegel und Ebberg zu Bauern, Eickesmann zu Köttern.

S. 77: 1765 hatte Selscheid nur 35 Einwohner, die sich auf 5 Familien verteilten: Peter Heinrich Ebberich, Kaspar Heugel, Diederich Volmersmann, Diederich Eickesmann, Andreas Wolf.
Getreide musste in der stattlichen Mühle zu Versevörde gemahlen werden. Der letzte katholische Priester von Ohle hieß Heugel. Er starb 1575. Nicht selten wurden Selscheider Landwirte in den Ohler Kirchenvorstand berufen als Kirchmeister, Provisoren oder Vormünder.
1618 war Clemens Pieper, dessen Vater in Selscheid unter der Eiche wohnte, erst Jäger und Fischer zu Pungelscheid, später kurfürstlicher Frone zu Altena. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlernten vier Selscheider Knaben das Tuchmacherhandwerk in Plettenberg (u. a. zwei Brüder Middendorf). Am 25. Januar 1826 brannte Vollmers Gut ab und am 22. Juli 1836 Hügels Haus. 1878 wurde die Schankkonzession für Wilhelm Werthmann erteilt.

Verwaltungsgeschichte
Am 3. Dezember 1940 Antrag der Gemeindevertretungen von Stadt Plettenberg und Amt Plettenberg auf Zusammenschluss zur Stadt Plettenberg. Ohle stimmte nicht zu (4 Gegenstimmen, 1 Enthaltung, 1 dafür). Am 21.12.1940 wurde mit Wirkung zum 1. April 1941 durch den Oberpräsidenten bestimmt: "Die Gemeinden Plettenberg-Stadt, Plettenberg-Land und Ohle im Kreis Altena werden zu einer Gemeinde, Stadt Plettenberg, zusammengeschlossen."
Geschichte dieses Beschlusses: Der Ursprüng von Plettenberg liegt im 9./10. Jahrhundert. 1144 erste Erwähnung "Pletenbreth", vorher unter "Heslipho" bekannt. Um 1000 Entstehung der Kirchengemeinde Ohle, das von ca. 1301 an, als die Burg Schwarzenberg gebaut wurde, vom bisherigen Verwaltungsgebiet Hunenburg in das Amt Schwarzenberg integriert wurde.
1350 kommt Plettenberg durch Verkauf in den Besitz der Grafen von der Mark. Plettenberg verließ damit das Amt Schwarzenberg und wurde als Stadt (Stadtrechte 1397 durch Graf Dietrich) eigenständig (Befestigung mit Mauern, Türmen, Gräben). Plettenberg lag zentral, umgeben vom restamt Schwarzenberg, der späteren Landgemeinde mit ca. 100 qkm Ausdehnung.
Das Kirchspiel Ohle (mit Bauerschaften, Gehöften im Ohler Gebirge) wurde 1353 dem neu gegründeten Amt Neuenrade zugeschlagen. Die Dreiteilung des Plettenberger Stadtgebietes war vollzogen. Die weitere Entwicklung der einzelnen Gemeinden sollte ab jetzt über 5 Jahrhunderte getrennt verlaufen. Quellen zur Geschichte des Amtes Plettenberg:
1486 Schatzbuch der Grafschaft Mark. Es berichtet von 120 Bauernfamilien (21 kölnischen, 58 freimärkischen, 41 Hofesleuten). Die Verwaltung erfolgte von der Burg Schwarzenberg aus, daher auch Amt Schwarzenberg.
von 1809 bis 1866 stand das Amt unter gemeinsamer Verwaltung mit der Stadt und durch eine gemeinsame Bürgermeisterei, von Vereinigung war aber keine Rede. In den Landgemeinden gab es eigene Gemeindevorsteher und Amtmänner. Eine Veränderung der Situation ergab sich durch die französische Fremdherrschaft unter Napoleon. Am 28. Juli 1809 wurde Freiherr Karl Christoph Adolf Johann zu Plettenberg zum Maire (Bürgermeister) bestimmt. Dabei war der Raum Plettenberg gar nicht auf eine kommunale Neugliederung vorbereitet. Stadt und Amt waren in ihrer wirtschaftlichen Struktur, ihrer verwaltungstechnischen und gemeindepolitischen Einstellung zu verschieden. Demzufolge kam es 1866 wegen persönlicher Interessen und Machenschaften zur Verwaltungstrennung. Die strukturellen Gegensätze zwischen Stadt und Amt: Stadt = Die Bevölkerung lebte auf engem Raum, führte ein städtisches Leben. Amt = Der Charakter war geprägt von ländlich gebliebenen Eigenarten. Bäuerliche Interessen domonierten in diesem nur locker besiedelten Bereich. Diese Kriterien erforderten eine eigene, den Besonderheiten angepaßte Verwaltung.

Ohles Abschied von Neuenrade und die Eingliederung ins Amt Plettenberg geschah 1890 freiwillig. Bedingung war die Wahrung der Selbständigkeit mit eigenem Bürgermeister, Rat und Etat. Lediglich die Beziehungen zum anderen Pol, dem Amt, sollten vertieft werden. Die Stadt Plettenberg entfaltete inzwischen ein Eigenleben. Ihre Zentralität strahlte natürlich ins Amt aus. Alt Mittelpunkt des Flußachsenkreuzes (Else/Oester, Grüne) und als Verkehrsknotenpunkt war sie von großer Bedeutung und von allen Amtseingesessenen schnell zu erreichen. Hinzu kam die kulturelle Entwicklung (Bau der Realschule/Gymnasium, Schützenhalle), die allerdings ohne Unterstützung des Amtes nicht möglich gewesen wäre. Inzwischen wurden die Siedlungsflächen langsam eng, nicht zuletzt bedingt durch die steigende Zahl der Wirtschaftsbetriebe. mehr Raum war notwendig. Die Notlage nach dem I. Weltkrieg trieb die Neuordnung voran...

Auszüge aus der Schulchronik (von Lehrer Dieter Dringenberg, S. 1-192)
I. 1. Geschichte des Schulortes
S. 1 Haus Albert Werthmann, wahrscheinlich ältestes Haus, einst im Besitz eines gewissen Höggel. Er hatte den größten Grundbesitz.
1920 wohnten in Selscheid folgende Familien: Mittendorf gen. Vollmer, Holthaus gen. Äikes, Baberg gen. Ollen Ebbes (Ebberg, früherer Besitzer), Hügel gen. Nien Ebbes (Neuen Ebberg, durch Erbteilung aus dem Ollen Ebbes entstanden), Herzog gen. Häöih (Höh bei Grimminghausen, weil dort früher gewohnt), Windfuhr am Schlechten Weg (ca. 200 m südöstlich von Selscheid).
S. 2 Wirtschaft des Ortes in Händen von Albert Werthmann; wochentags selten besucht, von älteren Leuten gar nicht. Sonntags kommen ältere Besucher aus der Umgebung zum Skatspielen, hat aber nachgelassen, weil "die Jugend, halbwüchsige Jungen und auch Mädchen, durch lauten Lärm und anstößiges Benehmen ruhigeren Leuten den Aufenthalt verleidet." Bewohner Selscheids reden sich mit "Du" an, das bedeutet aber nicht besondere 'Herzlichkeit des Verkehrs'.
Den größten Grundbesitz hat gegenwärtig der Landwirt Mittendorf: einschließlich Wald rd. 300 Morgen zusammenhängender Grund, deshalb auch eine eigene Jagd. Landwirtschaft betreiben außerdem noch Baberg und Hügel. Die übrigen Einwohner sind im Hauptberuf Fabrikarbeiter in Kleinhammer/Werdohl. Sie besitzen - außer Herzog, der nur gepachtet hat - alle etwas Grund und Boden, halten sich 1 bis 2 Kühe und lassen sich ihre Äcker von den Landwirten gegen Bezahlung mit dem Pferd bearbeiten.

Die Häuser in Selscheid waren bis vor 30 Jahren (um 1890) sämtlich mit Stroh gedeckt. 1920 waren es nur noch die Häuser von Holthaus, Werthmann und Hügel. Die Eigentümer bedauern, dass sie in der Inflationszeit keine Ziegel gedeckt hatten. Strohdächer erforderten viele Reparaturen, die der Decker aus Herscheid (der alte Lohmann von Oberholte) ausführt.
S. 3 - Bei fast allen Bauernhäusern befand sich ein Backes (Backhaus). In ihm wohnten früher fast überall Mieter. Gegenwärtig (1920) sind keine Mieter mehr vorhanden. Der Grund dafür: "Man würde sich auch mit Händen und Füßen dagegen sträuben, da man sich nicht gern in die Fenster sehen lässt und am liebsten ganz abgeschlossen für sich ist. Ich schließe daraus, dass die Landwirte auf diese Einnahme heute nicht mehr angewiesen sind, es ihnen also besser geht als früher."

Wiesen und Felder bringen dank besserer Düngung mehr Erträge. Trotzdem preist man 'die gute alte Zeit'. Alle Besitzer haben heute Pferde, früher fast nur Ochsen. "Viel Verkehr pflegen die Selscheider nicht untereinander."
1924 Streit zwischen Baberg und Mittendorf wegen Wegegeschichte mit Rechtsstreit. Chronist: "Für eine Person, die in geselligen Verhältnissen groß geworden ist, ist das Leben in Selscheid nicht besonders angenehm. Die herrliche Umgebung vermag allerdings über manches hinweg zu helfen."

S. 4 - Der Ackerbau ist wegen des steinigen Bodens wenig ergiebig. Die Viehzucht bringt mehr ein. Die Milch wird verbuttert, entrahmte Milch zur Viehaufzucht verwendet. Die Alltagskost der Menschen ist einfach. Auf eine besondere Zubereitung wird wenig Wert gelegt.
1920 - Selscheid erhält elektrisches Licht. Die Landwirte kaufen sich Elektromotoren zum Antrieb der Dreschmaschinen, Kreissägen und Mühlen. - Hinter Werthmanns Haus liegt der alte Brandteich, der schon lange Jahre leer ist. Gegen Brand und Blitzschlag ist man völlig schutzlos.
1922 - Inflationszeit. Landwirt Baberg lässt seinen Schoppen zu einem Wohnhaus umbauen, das im Sommer 1923 von Bankdirektor "Lagarie" aus Barmen bewohnt wird.
1927 - Es gibt Pläne für einen Straßenbau von Selscheid nach Ohle. Der Baubeschluss wird laut Zeitungsbericht am 02.06.1927 gefasst. Im Juli 1927 wird in der Jeutmecke eine große Baracke aufgestellt als Unterkunft für rund 100 Wegebau-Arbeiter. Die einzelnen Teile der Baracke werden mit dem Auto bis zum Kanal in Elhausen gebracht, von hier aus geht es weiter über den 'Schlechten Weg' am Bach entlang bis zur Jeutmecke. Beginn der Arbeiten ist dann im August 1927 in dem Buchenwald westlich vom Brauck.
Ende April 1927 - Landwirt Fritz Hügel vom "Nien Ebbes Hof" (neuen Ebberg-Hof) in Selscheid stirbt. Damit endet die Geschichte des Namens Hügel in Selscheid (früher Höggel/Hügel), jetzt Werthmann'sches Haus. Aus diesem Haus stammte auch der letzte katholische Geistliche von Ohle (1555, vor der Reformation).

S. 6 - Am 01.10.1927 sind die Erdarbeiten für die Straße Selscheid - Ohle abgeschlossen, am 01.06.1928 ist die Baustraße bis Selscheid fertiggestellt., im Oktober 1928 ist die Fahrbahn fertig, die Straße ist nunmehr mit schweren Lasten befahrbar. Der Beweis: ein schwerer Lastwagen mit der Drei-Zimmer-Einrichtung für den Lehrer kam glatt den Berg hinauf. - Seit Fertigstellung der Straße kommt zunehmend Kfz-Verkehr nach Selscheid, was anfänglich ein großes Staunen bei der Selscheider Bergbevölkerung auslöst. Die Straße wird zunehmend genutzt: Ärzte, Kranke, Lieferanten und 'bequeme Leute' freuen sich über die Möglichkeit, mit dem Kfz bequem nach Selscheid zu kommen. Darunter sind auch solche, die diese Straße als 'Bergprüfungsstrecke' nutzen und 'mit ihrem Geknatter die sonst stille Gegend erfüllen. Selscheid - Dornröschen - erwacht!

Als angenehm empfinden es die Leute, dass uns die 'Monarchen' (Erdarbeiter) verlassen haben. Sie waren uns etwas zu lebhaft. Das Schwingen von Beilen und Knüppeln, Gewehrgeknatter und lärmendes Johlen, der Anblick von bis zur Bewußtlosigkeit betrunkenen, viehisch und oft in schamloser Weise entblößt am Wege liegende Gestalten, all' die Unruhe, sie liegt hinter uns wie ein böser Traum. Gott sei Dank!
Geplant war die Weiterführung der Straße bis Grimminghausen/Solmecke nach Kleinhammer - der bisherige Waldweg dortin war in einem schlimmen Zustand - doch Geldmangel verhinderte die Weiterführung des Straßenbaues. Waldwege waren früher reine Interessentenwege, sie wurden von den Grimminghauser Bauern unterhalten. Besondere Verdienste um den Ausbau zu einem befahrbaren Weg (früher war dort nur ein Weg, der durch das Wasser der Solmecke und sumpfigen Boden führte) hat sich der alte August Kirchhoff in seinen jüngeren Jahren erworben.

1930 - Im Sommer wird eine Wasserleitung zur Schule verlegt. - Der Brandteich neben dem Werthmannschen Haus wird von der Feuerwehr für Übungen genutzt.
1931 - Im Sommer Aufstellung der Selscheider Feuerwehr. - Die Ohler Feuerwehr erhielt eine Motorspritze, so dass die Handspritze an die Selscheider abgegeben werden konnte. Damit gibt es in Selscheid erstmalig einen selbständigen Löschzug (20 Mann).
1932 - Renovierung der Schule während der Herbstferien (neuer Innenanstrich, außen wird das Holzwerk erneuert, der Abort außen gestrichen) durch zwei Erwerbslose, die zwei Tage in der Woche Pflichtarbeit für die Gemeinde leisteten. "Wenn die Arbeit auch nicht ganz sachgemäß ausgeführt wurde, so hat die Schule doch ein freundlicheres Aussehen erhalten."
1932 - Zwischen Grimminghausen und Voßloh wird ein Brandteich (Feuerlöschteich) angelegt. - Im Sommer baute Landwirt Baberg ein neues Wohnhaus mit Stallgebäude. "Vorzügliche Steine -Grauwacke - wurden aus dem 'Penninghahn' (?) gebrochen." Das alte Wohnhaus wurde wegen des schlechten Daches abgebrochen.
S. 7 - 1933 - Am 30. Januar wird der Führer der nationalsozialistischen Bewegung zum Reichskanzler ernannt. "Wenn auch die Not in unserem deutschen Volke (rund 6 Millionen Erwerbslose) in unserer engeren Heimat weniger spürbar ist, so griff sie doch auch hier in einzelne Haushalte. Doch jetzt geht es aufwärts!"
1933 - März, Wahlergebnis im Ohler Gebirge: 80 Prozent Nationalsozialisten, der Rest deutschnational. - Am 1. Mai beteiligen sich die Selscheider und die Schule an den Mai-Feiern in Ohle. - November 1933: Die Bevölkerung unseres Schulbezirkes bekennt sich restlos (100 Prozent) zum Nationalsozialismus.
1934 - Juni: Der Wiederaufbau bringt auch den Steinbruch in der Solmecke wieder in Betrieb. Erleichterung für die Abfuhr durch Straßenneubau von Kleinhammer durch das Tal der Solmecke. - Die Verbindungswege zwischen den einzelnen Gehöften lassen sehr viel zu wünschen übrig, sind bei regnerischem Wetter fast unbegehbar.
September 1934: Der Schulbezirk Selscheid wird der Ortsgruppe Ohle der NSDAP als selbständiger Block angeschlossen. Die Zahl VIII, eingeteilt in zwei Blockbezirke (Selscheid und Grimminghausen).
1935 - April: Keine Arbeitslosigkeit mehr.
1936 - März: Planungen für einen Schulneubau durch die Regierungskommission, gleichzeitig Planung einer Wasserleitung, da in trockenen Sommern die vorhandenen Brunnen nicht ausreichen.
1936 - Juli: Das Grundstück für den Schulneubau - gegenüber dem Babergschen Haus - wird erworben.
1936 - August: Die geplante Wasserleitung wird vermessen. Das Wasser soll unterhalb des großen Teiches an der Solmecke aufgefangen und über den Hasenberg geleitet werden. Ein Hochbehälter soll oberhalb von Selscheid am Hasenberg errichtet werden.
1936 - Juni bis September: Der Weg Selscheid - Grimminghausen wird ausgebaut und mit einer festen decke versehen.
1936 - Oktober: Baubeginn für die Wasserleitung in der geplanten Weise. Infolge anhaltender Regenfälle gestalten sich die Arbeiten sehr schwierig. - Beginn der Ausschachtungsarbeiten für die Schule. Die gestalten sich schwierig, weil viel Fels ansteht.
S. 10 - 24.11.1936: Richtfest für den Schulneubau.
1937 - 15. Juli: Einweihung der neuen Schule.
1938 - Karl Baberg beginnt neben dem Babergschen Haus mit Ausschachtungsarbeiten für ein Wohngebäude. Material- und Arbeiterknappheit wegen des Baus des Westwalls. Der Bau wird auch 1939 nicht fertig.
1939: Die Gutsverwaltung von Grimminghausen läßt am Wege zur Sechtenbecke ein neues Waldarbeiterwohnhaus entstehen. Der Ausbruch des Krieges im August verzögert die Fertigstellung.
S. 11 - Die Schulgemeinde wurde 1919 gebildet und umfasst folgende Ortschaften bzw. Gehöfte: Selscheid, Erkelze, Winterhof, Sechtenbecke, Höh, Wiehard, Hechtenberg, Voßloh, Grimminghausen, Hohagen und Breite(n)feld. Bis 1919 besuchten die Kinder die zweiklassige Schule in Ohle. Von den Orten bzw. Gehöften der Schulgemeinde gehören Grimminghausen, Voßloh, Hechtenberg, Höh, Wiehard, Hohagen und Sechtenbecke zur gräflichen Herrschaft Grimminghausen im Besitz des Grafen Busche Kessel Ysenburg, verwaltet von der Rentei-Verwaltung Neuenhof bei Lüdenscheid.
Schloss Grimminghausen ist in gutem baulichen Zustand, wird bewohnt von Förster Kuhlmann. Reste des Wassergrabens sind noch gut erkennbar. - Die beiden Pachthöfe in Grimminghausen, Schmidt und Kalthof, wurden früher von der Herrschaft verwaltet. Die jetzigen Wohnhäuser der Pächter waren zu jener Zeit Scheune und Viehhaus. Gegenwärtig ist die Familie Kalthoff seit 100 Jahren als Pächter in Grimminghausen ansässig.
Dicht bei Grimminghausen liegt ein Land, das den Namen "Hopfengarten" führt - wahrscheinlich wurde auf den naheliegenden Höfen einst Bier gebraut. Auch Kalk wurde hier gebrannt. Das Holz der Hochstämme wurde in Kohlegruben verkohlt.
S. 12 - Die Namen der übrigen Pachthöfe stammen fast alle von ehemaligen Bewohnern, z. B. Hechtenberg, Sechtenbecke, Voßloh. Die gegenwärtigen Pächter heißen:

Grimminghausen = Schmidt, Kalthoff
Voßloh = Schmidt und Bangert
Hechtenberg = Werthmann
Hohagen = Lengelsen
Höh = Volmer
Wiehardt = Hurst
Sechtenbecke = bis 1922 Schmidt, derzeit vom Wege.

Alle Pächterhäuser sind in keinem guten Zustand. Die Bewohner führen ein eintöniges Leben. Elektrische Beleuchtung haben diese Häuser nicht, man geht also früh ins Bett, im Winter teilweise schon um 20 Uhr. Die übrigen Höfe der Schulgemeinde in Erkelze, Winterhof, Selscheid und Breitefeld gehören nicht zur Herrschaft Grimminghausen.
In Erkelze (früher Erkelsen) wohnen augenblicklich die Landwirte Becker (früher Maiweg) und Schmidt. Außerdem wohnt im Hause des Landwirts Schmidt der Lehrer Büscher und in einem Backhaus der Fabrikarbeiter Klüppelberg. Auf dem Winterhof wohnt der Landwirt Hesmer und auf dem Breitenfeld der Landwirt Schulte und der Fabrikarbeiter Kohlhage.

S. 13 - 1929: August vom Wege zieht nach Selscheid, bisher Gut Sechtenbecke. Er pachtet das Hügel'sche Gut. In der Sechtenbecke wohnt nun Karl Neuhaus, bisher Kleinhammer.
1930: Förster Kuhlmann von Grimminghausen tritt in Ruhestand, Nachfolger wird Förster Alex Klärbaum (Grafen Busche-Kessel).
1932: Von Hohen[hagen] verzieht die Waldarbeiterfamilie Lengelsen. Nachfolger wird die Familie Völlmecke aus Züschen/Winterberg.
1933: Im Februar verlässt Fam. Schmidt den Hof Voßloh und zieht nach Plettenberg. Neuer Pächter wird der Invalide Focke de Wall aus Kleinhammer. - Auf der Wiehardt wechseln die Pächter. Neuer Pächter wid Bauer Kohlhage aus Werdohl-Kleinhammer.
1934: Die Sechtenbecke wird niedergerissen und neu aufgebaut.
1935: Der Grimminghauser Bezirk erhält elektrisches Licht.
1936: Weg durch Solmecke von Kleinhammer zum Steinbruch wird ausgebaut.
1939: Pächter August Kohlhage von der Wiehardt verzieht nach Mühlenschmidthausen. Neuer Pächter ist A. Löcken von Fröndenberg.
1939/1940: Forstverwaltung Grimminghausen errichtet neue Waldarbeiterwohnung am Wege von Grimminghausen nach der Sechtenbecke. Waldarbeiter Völlmecke zieht von Hohenhagen in das neue Haus. Auf dem Hohenhagen wird eine weitere Familie untergebracht: Familie Brockmann von der Verse.


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