Quelle: WR (Westfälische Rundschau) Plettenberg vom 07.12.2001

"Schniederhof" - Brauerei und Begegnungsstätte in Ohle


Diese Postkarte zeigt den "Schniederhof", später Gasthof Biermann, und einen Blick in den "Ohler Saal". (WR-Repro)

Von Martin Zimmer

Ohle. "Schniederhof" - nur wenige Ohler Poalbürger werden mit diesem Begriff etwas anfangen können. Und auch sie dürften sich schwer tun, genau das Gebiet des vielleicht mehr als 1000 Jahre alten "Schniederhofs" mitten in Ohle zu benennen.

"Schniederhof" - das ist das Grundstück um die Ohler Kirche, dort, wo heute der "Ohler Saal", Sporthalle, Gasthof Zur Post, SGV-Heim und Feuerwehrgerätehaus stehen. Wahrscheinlich gehörte zum alten Schniederhof auch der heutige Sportplatz und das Areal des Biergartens von Theo und Evelyn, den freundlichen Wirtsleuten der "Post".

Belege über den ehemaligen Ohler Mittelpunkt gibt es kaum. Peter Dietrich Frommann, der in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine detaillierte Abhandlung über die Plettenberger und Ohler Vergangenheit vorlegte, schreibt, dass im Jahre 1501 die Gebrüder von Rüspe den Schniederhof an die Kirche in Ohle verkauften. Die Herren von Rüspe residierten damals im Schloss Brüninghausen an der Straße nach Werdohl; ihre Vorfahren waren die Ritter von Ohle, die die Burg Ohle und vermutlich auch den Schniederhof erbaut haben.

Weitere Hinweise auf den Gebäudekomplex um die Ohler Kirche finden sich in der "Historisch-geographischen Beschreibung der Gemeinde Ohle", die Wilhelm Rötelmann im Jahre 1842 beim Verlag P.A. Santz, Altena, herausbrachte. Doch auch er geht nur an zwei Stellen auf den Schniederhof ein, ohne Angaben über seine Herkunft und Entstehung zu machen.

Im Abschnitt "Erzeugnisse und Nahrungszweige" schreibt der vor mehr als 150 Jahren in Ohle tätige Lehrer: "Vormals wurde auch viel Bier gebraut, namentlich in Werdes Hause, in Schneider und Hof Hause, so wie auch in Brüninghausen." Etwas konkreter wird Rötelmann später, wenn er berichtet: "1768 brach in der Brauerei in Schneiders Haus Feuer aus, wodurch außer diesem noch Küsters, Mertens und Hof Hause zur Hälfte eingeäschert wurden."

Der Schniederhof wurde wieder aufgebaut. Und Ewald Baberg, der "gute Geist der Dorfgemeinschaft Ohle", zeigte sich bei der Einweihung des neuen "Ohler Saals" vor mehr als 40 Jahren überzeugt, dass damals auch der schöne Fachwerkgiebel gezimmert wurde. Die Jahreszahl 1768, als der Schniederhof ein Raub der Flammen wurde, sind in die neue "Niendüer" eingemeißelt, die nach einem Umbau von Bauer Pieper in Hilfringhausen gekauft wurde und heute als Deelentür in dessen Bruchsteinhaus fungiert. Die Bewohner des Schniederhofs, so weit sie bekannt sind, hat P.D. Frommann ermittelt: Hans Kramer, Johann Tusch, Anna Gertrud Becker und Dietrich Wilhelm Biermann - alle waren unter dem Beinamen "Schnieder" bekannt.

Das hätte sich der "Füsilier", wie Fritz Biermann einst in Ohle genannt wurde, nicht träumen lassen, dass ausgerechnet er bei den Ausschachtungsarbeiten für den "Ohler Saal" auf dem Gelände des ehemaligen Schniederhofs auf die Mauern der alten Burg Ohle stoßen würde! Das war vor mehr als 126 Jahren. Bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts existierte sogar noch ein Keller der alten Ritterburg; er wurde jedoch abgebrochen, ein Teil der Fundamente fand Eingang in die Bausteine für den neuen Ohler Gemeindesaal.

Zur Geschichte dieses Festsaals gibt es ausführliche Hinweise. In ihnen nimmt die Beschreibung der "Libberigge" breiten Raum ein. Die "Libberigge", eine schmale Galerie, die früher genau dort, wo heute die Bühne steht, ihren Platz hatte, war bei Festlichkeiten Sitzplatz der größeren Schulkinder und abends, wenn die Tanzfläche frei gegeben wurde, der Musiker. Die "Libberigge" bewahrte ihren Standort jedoch nur etwa 15 Jahre. Dann musste sie der neuen Bühne, die auf Anregung des Männerchores und seines Dirigenten Carl Hüser errichtet wurde, weichen und fand ihren neuen Standort an der fensterlosen Seitenwand. Alte Ohler erinnern sich eventuell nach an die tolle Bühne mit ihren drei Kulissen: ein schöner Laubwald, der vor allem den Sängern als Hintergrund diente; die "gute Stube", schon eher Salon zu nennen; und schließlich die einfache Bauernküche, in der, so berichtete einst Ewald Baberg, auch ein Regal mit den "Liggedüppen", den Milchtöpfen, stand.

Im Jahre 1923 baute der Schwiegersohn von Fritz Biermann, Adolf Neuhaus, die Gaststube erheblich um; das Vereinszimmer wurde vergrößert, kurze Zeit später auch der Saal erweitert. In den Jahren seiner bisherigen Existenz hat der Saal auf dem Schniederhof viele Vereinsaktivitäten erlebt: Das waren die Jahresfeste des Ohler Landwehrvereins, der später in der Kyffhäuserkameradschaft aufging. Da waren die jährlichen Novemberkonzerte des 1882 gegründeten Männergesangvereins. Da war auch seit 1904 der Turnverein, dessen Mitglieder Wettkämpfe absolvierten und an jedem zweiten Weihnachtstag ihr Winterfest veranstalteten. In jenem Saal gründeten sich auch die Ohler Feuerwehr und der Schützenverein (1919), der jedoch nach 1945 in der Versenkung verschwand, inzwischen aber in der "Ohler Kompanie" einen Nachfolger gefunden hat.

Schniederhof, Gasthof Zur Post - zwei Namen für ein Ohler Gebäude, das auf eine interessante Geschichte zurückblicken kann, das damals für die Ohler und auswärtige Gäste nicht nur zu einer "Gast-Stätte", sondern glücklicherweise zu einer Begegnungsstätte wurde, die auch in der Gegenwart als solche geschätzt wird.


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