Das Rollen-Haus "vorm Rondell"
Quelle: Süderländer Tageblatt vom 21.07.1950
Aus dem Plettenberger Häuserbuch
Das "Rollenhaus" am alten Bollwerk
Von Stadtchronist von Albrecht von Schwartzen
Die Familie Rolle, nach der das Haus an der Wilhelmstraße seinen Namen hat,
war bereits gegen Ende des 30-jährigen Krieges in Plettenberg seßhaft. Der
erste in den noch vorhandenen alten Akten genannte Angehörige dieser Familie,
namens Diederich, bewohnte mit seiner Frau Lene das sogenannte "Rollenhaus
vorm Rondell". Mit Rondell war in noch viel früherer Zeit diejenige Stelle
bezeichnet, an der die älteste Stadtmauer, vom Obertor kommend, in einem
Viertelbogen um das Rollenhaus zum Tor am "Scheckenhaus" verlief.
Von den Kindern des Diederich Rolle erbte Caspar Rolle das Rollenhaus mit
einigen Pertinenzstücken, während seine Geschwister mit den übrigen Liegenschaften
beerbt wurden. 1654 machte Caspar sein Meisterstück vor dem Zunftmeister und
den Scheffen der Tuchmacherzunft, und seit dieser Zeit klapperte im Rollenhaus
der Webstuhl unentwegt - bis zum Untergang des Hauses beim großen Stadtbrand
im Jahre 1725.
Durch Heirat der Tochter Caspars, namens Elisabeth, kam das Haus um 1680 an den
Tuchmachermeister Johannes Hoeggel. Es hieß seit dieser Zeit vielfach das
"Hoeggelhaus". Hoeggel starb schon in jungen Jahren. Elisabeth heiratete
bald danach den Tuchmachermeister Henrich Klumpe.
In der großen Feuersbrunst im Jahre 1725 brannte das Haus bis auf die Grundmauern
nieder. Doch kaum hatten sich die Plettenberger Bürger von dem Schrecken
erholt, als sich schon manche Familien regten, ihre Hausstellen vom Schutt
zu säubern und die noch vorhandenen Grundmauern auf ihre weitere Brauchbarkeit
zu prüfen. So auch Henrich Klumpe, der von früh bis spät am Abend mit seiner
Familie schaffte und sich bald anschickte, mit dem Wiederaufbau zu beginnen.
Um dieselbe Zeit kam ein zünftiger Zimmergeselle, Clemens Geck, auf seiner
Wanderschaft nach Plettenberg und trat in der Mühle vor dem Obertor seine
Arbeit an. Der neue Müller lernte bald danach eine Tochter aus der Familie
Höggel kennen, befreundete sich mit ihr und half in seiner freien Zeit mit
viel Tatkraft bei der Wiederaufrichtung des Höggelhauses. Noch im gleichen
Jahr leistete er vor dem Magistrat der Stadt Plettenberg den Bürgereid und
heiratete die Tochter aus dem Höggelhaus.
Die nach dem Tode seiner Frau eingetretene Uneinigkeit innerhalb der Caspar
Rolleschen Erbengemeinschaft veranlaßte Klumpe, das Haus zu verlassen, um zu
seinen Verwandten nach Enger zu ziehen. Weil Clemens Geck zum Hausneubau
viel Geld zugesteuert hatte, erhielt er durch gerichtlichen Kaufvertrag das
Haus mit mehreren zugehörigen Grundstücken, u. a. auch die hinter dem Haus
liegenden Parzellen auf dem ehemaligen Rondell. Die hohen Schulden, in die
sein Stiefschwiegervater Klumpe durch den Brand und den Hausneubau geraten
war, hatten für Clemens Geck manche unangenehme Auseinandersetzung mit den
Gläubigern und den übrigen Erben zur Folge. Selbst mit dem Magistrat, der
ihm nach der geplanten Erweiterung der Stadt über die Stadtmauer hinaus
seine Parzellen hinterm Haus streitig machen wollte, kam er in Konflikt. Von
mehreren Zeugen wurde unter Eid ausgesagt, daß sie "in vorigen Jahren jederzeit
in curia und sonst gehöret haben, daß S. Caspar Rollen Vorfahren 7 Rhtlr. der
Stadt auf den Orth das Rundeel genant gethan hatten, auch Caspar Rolle an
den orthe eine Thuer in die Mauer brechen laßen undt dabey daß gartgen jederzeit
gebraucht hatten." Clemens Geck blieb Besitzer. Nach einiger Zeit entschloß
er sich, das Tuchmacherhandwerk zu erlernen und brachte es bald zu einer
besonderen Fertigkeit im Tuchscheren.
Nach ihm war sein Sohn Gerhard Besitzer des Hauses. Im Kataster des Jahres
1758 ist Gerhards Neffe Bernhard Elhaus genannt. Im Jahre 1772 besaßen die
Witwe Bernhard Elhaus und Arnold Elhaus das Haus. Der nachfolgende Besitzer,
namens Peter Geck, ebenfalls ein Nachkomme des Clemens Geck, teilte das
Haus. Den vorderen, nach der Hauptstraße gelegenen Teil, behielt er weiterhin
für sich, während er das Hinterhaus an seinen Verwandten Caspar Diedrich
Elhaus abtrat. Das Vorderhaus erhielt im Jahre 1834 aus seinem Nachlaß sein
Enkel Peter Heinrich Hammerschmidt. Nach dessen Tod brachte seine Witwe
durch Wiederheirat das Haus an Gerhard Friedrich Gregory. Nachfolgende Besitzer
des Vorderhauses wurden 1837 A. Leeser, 1846 Kaufmann A. Romberg aus Iserlohn
und 1852 Familie Sternberg.
Das Hinterhaus verkaufte C. D. Elhaus 1817 an seinen Verwandten, Papiermacher
Peter Wilhelm Geck. Nach ihm wurden Besitzer des hinteren Hausteiles: 1834
Schuhmacher Pet. Diedr. Heinr. Geck, 1853 Pet. Diedr. Herm. Geck, 1868
Schuhmachermeister Heinr. Friedr. Geck, 1907 Schuhmacher Wilhelm Geck. Dieser
verkaufte das Hinterhaus im Jahre 1921 an die Familie Sternberg, die das
Vorderhaus bereits seit 1852 besaß und nun beide Teile wieder in eine Hand
brachte. Seit 1923 ist die Familie Möhle Besitzerin des alten Rollen- bzw.
Hoeggelhauses.
Clemens Geck, der 1725 von Lüdenscheid nach Plettenberg kam und hier eine
Familie gründete, wurde der Stammvater der großen Plettenberger Familie Geck,
und sein Haus, an dessen Wiedererrichtung er selbst Hand angelegt hatte und
aus dem acht Generationen seiner Familie hervorgingen, wurde das Stammhaus
der Plettenberger Gecks. |