Engelbertens Weinwirtschaft am Untertor

von Albrecht von Schwartzen

Wer kannte damals nicht die kleine Weinschänke hart an der Unterpforte (später Hotel Schwarzenberg), in der Engelbert seinen Gästen aus nah und fern, Tuch- und Stahlwarenreisenden, Reidemeistern, Ratsverwandten und Genossen der Tuchmacherzunft und der Schmiedegilde, Wein kredenzte.

Engelbert von den Höven, seines Zeichens regierender Bürgermeister der Stadt Plettenberg (1681), verstand sich neben seiner Tätigkeit als Stadtoberhaupt und Tuchmachermeister ausgezeichnet auf's Bewirten seiner Kundschaft. Hohe Gäste des Magistrats waren bei ihm zu Gast. Mit den Offizieren und Exekutanten fremder Kriegsvölker verhandelten die Stadtväter meist bei Engelbert, der stets einen guten Tropfen führte. Um 1680 war sein Haus das einzige in der Stadt, das Wein führte. Ein anderes Weinhaus, das innerhalb der Stadtmauer stand, war im 30jährigen Krieg verwüstet worden.

Engelbert von den Höven zählte zu den bestbegüterten Bürgern der Stadt. Sein ältester Sohn Johan Henrich Theodor studierte Jura und wurde dann Richter in Plettenberg. Der zweite Sohn mit Namen Arnold Caspar erbte nach Engelberts Tode im Jahre 1721 den größten Teil der elterlichen Grundstücke mit der Weinwirtschaft. Der jüngste Sohn Conrad Engelbert wurde Konsul (1. Bürgermeister) in Plettenberg.

Arnold Caspar führte das Weinhaus weiter wie vordem sein Vater. Dabei betätigte er sich in der Hauptsache als Kaufmann und betrieb Spekulationen, die mehr oder weniger nachteiligen Ausgang für ihn hatten. Zahlreiche Akten über Prozesse, die damals von dem Magistrat geführt wurden, geben Kunde vom Auf und Ab in seinem geschäftsleben. Zwar blieb sein Haus, da es außerhalb der Stadtmauer stand, vom großen Stadtbrand 1725 verschont, es war jedoch sehr verfallen und hatte beim Stadtbrand auch Schaden erlitten.

Unmittelbar nach seinem im Jahre 1758 erfolgten Tode verkauften es die Erben an die Witwe Johan Hermann Kruse. Diese ließ das ganze Haus sieben Jahre später für 813 Taler und 29 Stüber völlig renovieren.

Im Jahre 1783 war der Sohn, Gastwirt Herman Bernhard Kruse, der Besitzer des Hauses. 1822 erhielt es im Erbgang Hermann Bernhard Tusch. Fünf Jahre später erwarb der Kaufmann Karl Worth aus Iserlohn das Gasthaus zusammen mit anderen Grundstücken für 1000 brabantische Kronen. Im Herbst des Jahres 1827 wurde dessen Sohn, der Postexpediteur Arnold Worth, als Besitzer verzeichnet und 1836 des letzteren Witwe Elise geb. Bettermann zur Hälfte.

Die nachfolgenden Besitzer des Gasthauses waren 1843 Gastwirt Carl Weiß, 1871 Witwe Carl Leopold Weiß 1878 Gastwirt Adolph Weiß, 1886 Gastwirt Heinrich Claus und Emma geb. Seißenschmidt verw. Weiß. Im Jahre 1890 kam der Gasthof unter den Hammer. Der Wirt Heinrich Bettermann erhielt den Zuschlag. 1903 wurde der Wirt Otto Bettermann Besitzer. Am 1. Juni 1913 wurde das Hotel Schwarzenberg von der Wwe. Otto Bettermann für 90.000 Mark an den Zimmermeister Josef Heseler verkauft.

Heseler
Das Haus Heseler - "Hotel Schwarzenberg" - wurde in den 30er Jahren zum sogenannten "Braunen Haus", weil hier die Nationalsozialisten ihre Versammlungen abhielten.

Unter der letzteren Leitung wurde das Haus in ein Hotel umgewandelt und erhielt den namen "Hotel zum Schwarzenberg". Im Jahre 1940 wechselte das Haus zwei Mal seinen Besitzer - im Frühjahr Gastwirt Otto Wolff und im Herbst Gastwirt Walter Kleb. 1942 kam es in den Besitz der Stadt Plettenberg, die es an den Gastwirt Ewald Alex verpachtete. Im Herbst 1949 wurde das Haus an den Kaufmann Rudolf Hartmann für 15.000 DM verkauft, der das für baufällig erklärte Haus im Herbst 1953 bis auf die Grundmauern abtragen und einen modernen zweistöckigen Geschäftsbau errichten ließ.

Im Zuge der Stadtsanierung wurde das Haus Hartmann Ende der 70er abgerissen. Die freie Fläche wurde zur Neugestaltung der Einmündung der Bahnhofstraße in die Offenbornstraße - heute Am Untertor - verwendet.


Quelle: Süderländer Tageblatt vom 06.11.1953
Abschied vom "Hotel Schwarzenberg"
Beginn der Abbrucharbeiten - Geschichte eines alten Plettenberger Hauses

Plettenberg. Wo sich jetzt noch in der Wilhelmstraße das graue, brüchige und unscheinbare Bauwerk des "Hotels zum Schwarzenberg" erhebt, wird im kommenden Jahr ein neues Geschäfts- und Wohnhaus emporwachsen. Die Abbrucharbeiten an diesem Gebäude, das zu den ältesten Bauwerken Plettenbergs gehört, werden in den nächsten Tagen beginnen.

Wieder sinkt ein Stück Alt-Plettenberg dahin, ein Stück, das sich über Jahrhunderte - wenn auch in oftmals veränderter Form - in unsere zeit herübergerettet hat. Vor mehr als 200 Jahren lag das Haus, das damals einem Arnold von den Hoeven gehörte, vor den Mauern der Stadt und überstand so auch den großen Brand anno 1725. Es wechselte im Laufe der Zeit des öfteren seinen Besitzer. So war im Jahre 1740 eine Familie Kruse im Besitz der Gebäulichkeit, die 1827 in die Hände einer Familie Weiß überging. Nachdem sich einige Jahrzehnte eine Familie Claus dieses stattlichen Hauses erfreut hatte, wurde es um die Jahrhundertwende einer neuen Bestimmung zugeführt. Ein Wirtschaftsbetrieb unter dem Gastwirt Josef Heseler wurde eingerichtet und in Verbindung mit dem Hauptgebäude ein neuer Saalanbau erstellt.

Die festliche Einweihung des neuen Saales im "Hotel zum Schwarzenberg" - diesen Namen trug das Haus damals bereits - gestaltete sich am 3. Oktober 1903, also vor fast genau 50 Jahren, zu einem Lokalereignis, wie wir in alten Nummern des damaligen "Süderländer Wochenblatt" nachlesen können. Mit Spannung hatte damals die Bevölkerung die Fertigstellung des Etablissements (wie man es seinerzeit zu bezeichnen pflegte) verfolgt. Die für die damaligen Begriffe vorbildliche Einrichtung des Saales, der Bühne und der Garderoben fand Beifall, verschiedene Neuheiten, z. B. die moderne Hotelküche, wurden bewundert, und der "Aufbewahrungsraum für Autos" (den Begriff "Garage" kannten unsere glücklichen Vorfahren in jener erheblich weniger temporeichen Zeit noch nicht) mag wohl als besonders sensationelle und damals vielleicht auch einmalige Neuerung gegolten haben.

Nun, all der Glanz der Jahrhundertwende ist dahin. Ein unscheinbares, graues Bauwerk, das schon lange nicht mehr in das Stadtbild passte, wird in den nächsten Tagen den Abbruchgeräten zum Opfer fallen. Vor drei Jahren hatte es der Kaufmann Hartmann erworben und will nun an der gleichen Stelle ein großes modernes Wohn- und Geschäfthaus mit 14 Wohnräumen ausführen. Die Arbeiten sollen, wie bereits verlautet, so schnell vorangetrieben werden, dass es noch möglich wird, vor Einbruch des Winters das Kellergeschoss hochzuziehen.

In diesem Zusammenhang ist von Interesse, dass in der Wilhelmstraße eine Baufluchtlinienänderung geplant ist. Das an der Stelle des bisherigen "Hotel zum Schwarzenberg" neu entstehende Gebäude wird etwas vorverlegt und dadurch in die gleiche Linie mit dem nebenstehenden Haus Schuster gebracht. Diese Maßnahme ist aus städtebaulichen Gründen zu begrüßen, da hierdurch dem Beschauer der wenig schöne Anblick eines Stückes kahler Seitenwand - die eventuell doch nur mit Reklame geziert würde - erspart bleibt.


Quelle: Westfalenpost Plettenberg vom 04.11.1953
Alter Bau Opfer des Fortschritts
Stadtbrand in Plettenberg überdauert / Bald neues Geschäftshaus

Plettenberg. In diesen Tagen wird mit dem Abbruch des Hotels Schwarzenberg an der Wilhelmstraße begonnen. Damit verschwindet eines der ältesten Bauwerke in der Stadtmitte, das noch aus der Zeit vor dem Stadtbrand im Jahre 1725 erhalten blieb und in der Stadtchronik als "Weinwirtshaus" bezeichnet wurde.

Es lag vor den Toren der Stadt und wurde aus diesem Grunde wohl auch beim Stadtbrand nicht zerstört. Der erste Besitzer war Arnold von den Höven. Im Jahre 1740 ging das Haus in den Besitz der Familie Kruse über, die es nach einigen Generationen im Jahre 1827 an die Familie Weiss verkaufte.

Von 1886 bis 1890 war es im Besitz der Familie Claus, von 1890 bis 1913 befand sich im Haus die Gastwirtschaft Bettermann. Um die Jahrhundertwende wurde das Haus gründlich erneuert und erhielt später den Namen "Hotel Schwarzenberg".

Von 1913 bis 1940 wurde es von der Familie Heseler bewirtschaftet, dann zwei Jahre von der Familie Kleeb, bis es 1942 in den Besitz der Stadt überging und an Gastwirt Alex verpachtet wurde. Vor drei Jahren wurde das Haus von der Stadt für 15.000 Mark an Kaufmann Hartmann verkauft, der es jetzt abbrechen und an der gleichen Stelle, an der das alte Haus stand, ein neues Geschäfts- und Wohnhaus errichten läßt.


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