Das Borris-Haus    (später Seissenschmidt und Solms am Kirchplatz)


Borris-Haus am Kirchplatz (Zeichng.: A. v. Schwartzen)

Text-Quelle: Der Märker

Die meisten der rund um den alten Kirchhof gelegenen Häuser waren in der vorreformatorischen Zeit Kirchenspieker, die von Mitgliedern der Plettenberger Bruderschaft bewohnt waren und zu den Benefizien Novae Capallae, Maria Virginis, St. Nicolai und St. Stephani gehörten.
Von dem großen Borris-Haus am Kirchplatz, an dessen Stelle heute zwei Häuser stehen, nämlich das Solm'sche und das den Erben Seißenschmidt zugehörige, ist eine solche direkte Abhängigkeit in alter Zeit nicht nachweisbar. Wohl lastete, wie auf den meisten Bürgerhäusern in der Stadt, auf diesem Hause eine geringe Abgabe von 3 Stübern jährlich, wie ein noch vorhandenes Heberegister des luth. Kirchmeisters ausweist.
Seinen Namen hatte das Haus von einer in alter Zeit hier seßhaft gewesenen Familie Borris oder auch Burris, die irgendwie mit einem Zweig des vom Esselen-Hof in Böddinghausen stammenden Geschlechts Esselen versippt war und in den ältesten noch vorhandenen Akten nur in. Verbindung mit diesem Namen verzeichnet ist.
Die um die alte Kirche stehenden Häuser stellen, was aus der Siedlungsgeschichte der Stadt eindeutig hervorgeht, den ältesten Siedlungsteil überhaupt dar. Die alte Borris-Hausstelle - unmittelbar am Kirchhof gelegen - hat daher ein Alter von wenigstens einem Jahrtausend.
Wieweit zurück sie nach der Familie Borris benannt war, läßt sich kaum noch feststellen. Auch lassen sich genealogische Zusammenhänge Esselen-Borris nicht mehr nachweisen.

Der erstgenannte Besitzer des Hauses war ein Esselen genannt Borris um 1620. Dann besaß es Hinrich Esseln gt. Burris, ein Tuchmachermeister. Von ihm erbte es der Sohn Caspar, ebenfalls ein Tuchmacher, später Zunftmeister und zeitweilig Akzise- und Weggeldpächter. Von diesem kaufte etwa 1720 die Witwe des Tuchmachermeisters Christoph Betzler, Maria geb. Malthan, zunächst den vierten Teil des Borris-Hauses (im heutigen Seißenschmidt'schen Teil) und einige Jahre später von dem inzwischen alt gewordenen Caspar Essellen gt. Borris den übrigen Hausteil, so daß sie bereits kurz vor dem Stadtbrand im Jahre 1725 Besitzerin des ganzen Borris-Hauses war. Caspar blieb noch als Mieter einige Jahre im vorderen Teil des Hauses bis zu seinem Tode wohnen.
Im April 1725 brannte das große Haus bis auf die Grundmauern nieder. Sein Wert wurde im damaligen Feuerkataster mit 80 Talern angegeben. Bereits im folgenden Jahr war das Haus im wesentlichen wieder aufgebaut. Bei einer dann folgenden Erbauseinandersetzung zwischen der Witwe Betzler und ihren erwachsenen Söhnen, die zu einer Entzweiung führte, wurde das Haus endgültig geteilt. Den hinteren Teil (in Richtung des Rathauses) behielt die Witwe mit ihrem Sohn Christoph, den vorderen Teil erhielt der Sohn Johan Herman Betzler.


Das Borris-Haus wurde 1903 zum "Haus Solms"

Das Borris-Haus - Solms/Karl-Hermann Klassen im Jahre 1999     (Foto: Hassel)

1758 war Besitzer des hinteren Hausteiles der Tuchmachermeister Jacob Betzler. Später waren seine Töchter Elisabeth und Gertrud Mitbesitzer. Durch Heirat der Tochter Elisabeth kam Arnold Schmellenkamp in den Besitz des Hauses, das allerdings 1828 unter den Hammer und für 500 Taler an den Gerichtstaxator Fischer kam.
Dieser hatte jedoch den Kaufschilling nicht gezahlt, weshalb 1830 erneut eine Versteigerung angesetzt wurde, wobei Frau J. D. Sauerländer, geb. Quitmann, für 300 Taler den Zuschlag erhielt. Durch Kauf wurde Heinrich Seißenschmidt 1832 nachfolgender Besitzer. Heute ist die Erbengemeinschaft Seißenschmidt Eigentümerin (1999: Kalthof).
Als Eigentümer des vorderen Hauses ist bis 1791 Johan Hermann Betzler genannt, der im Jahre 1782 für 263 Taler eine Generalreparatur seines Hauses vornehmen ließ. Anfang des vorigen Jahrhunderts bis zum Jahre 1832 besaß es die Familie Bauckhage.

In der dann notwendig gewordenen Subhastation erwarb es die Ehefrau Scheffen, verwitwete Bauckhage zurück und hinterließ es ihren beiden Töchtern aus erster und zweiter Ehe. Über die Tochter aus l. Ehe kam dann 1857 das Haus an den Schuhmacher Carl Grüber und 1865 an den Friedrich Blomberg. 1873 erwarb der Küfer Heinrich Knepper das Haus.
Im Jahre 1889 entstand in beiden Häusern ein großer Brand. Bis auf das erste Stockwerk brannten beide vollkommen aus. Im oberen Teil standen nur noch die Außenmauern. Beim Wiederaufbau wurden die Seitenwände höher gezogen, das dritte Stockwerk für Wohnzwecke ausgebaut und die Giebelwände, die im Oberen Teil aus Fachwerk bestanden, bis zum Dach mit Ziegelsteinen hochgemauert. Das Dach erhielt eine wesentlich flachere Form.
1893 erwarb der Winkelier Christoph Heinrich Meister, das Kneppers-Haus. 1900 sind als Besitzer dessen Witwe, Karoline geb. Solms, und ihre 3 Kinder genannt und ein Jahr später der 2. Ehemann, Schuhmachermeister Johann Schmidt. Seit 1903 ist das Haus im Besitz der Familie Solms (1999: Karl-Hermann Klassen).
In alten Zeiten, als noch die Borris das Haus bewohnten, und auch noch eine geraume Zeit später, gehörte zu bei- den Häusern eine große Anzahl Liegenschaften, die aber dann bei den vorgekommenen Subhastationen abgesplissen wurden. Bei solchen Gelegenheiten gingen auch die Ende des 18. Jahrhunderts den beiden Häusern bei der Aufteilung der Plettenbergischen Marken als Bürger-, Marken- und Fixierungslose zugelegten Bergdistrikte verloren.


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