Kampwerk unter neuer Führung
WR PLETTENBERG vom 21.11.2000

Plettenberg. Führungswechsel beim Kampwerk. Günther Stracke wird Geschäftsführer und übernimmt die Anteilsmehrheit. Wie bei vielen mittelständischen Unternehmen stand auch beim Kampwerk in Plettenberg die Situation an, dass altersbedingt ein Nachfolger für den geschäftsführenden Gesellschafter Dr. Ing. Kaspar Vieregge (62) gesucht werden musste. Da aus der Familie Vieregge kein Mitglied der nächsten Generation für diese Aufgabe zur Verfügung stand, "musste eine andere Lösung gefunden werden. Das ist nunmehr gelungen", heißt es in einer Pressemitteilung.

Günther Stracke, studierter Betriebswirt und gebürtig aus Neuenrade-Küntrop, wird zum Jahresbeginn 2001 die Geschäftsführung der alteingesessenen Plettenberger Gesenkschmiede übernehmen. Gleichzeitig, so das Unternehmen, sei vereinbart, dass Stracke die überwiegende Anteilsmehrheit am Unternehmen erwerben wird. Stracke (38) war langjähriger Geschäftsführer der Firma Platestahl Umformtechnik GmbH und hatte maßgeblichen Anteil an der erfolgreichen Sanierung dieses Unternehmens. Die Platestahl-Produkte, gewalzte Ringe, geschmiedete Scheiben und Blankstahl, gehören ebenso wie Gesenkschmiedeteile zum Herstellverfahren der Massivumformung, so dass Stracke beim Kampwerk geschäftlich kein Neuland betritt.

Dessen ungeachtet legt der neue Geschäftsführer größten Wert darauf, dass Dr. Vieregge die Abwicklung des Übergangs begleitet und ihm und dem Kampwerk als Gesellschafter weiterhin mit seiner langjährigen Erfahrung verbunden bleibt. Dr. Vieregge wird sich trotz der absehbar nachlassenden beruflichen Belastung schrittweise auch aus seinen verschiedenen Ehrenämtern zurückziehen, um Platz zu machen für Jüngere und, um mehr Zeit zu gewinnen für seine Hobbys. Trotzdem, so die Pressemitteilung, werde sein besonderes Interesse weiterhin dem Kampwerk gelten, dem er seit 1969 gedient hat.


100 Jahre Firma Kampwerk

Mit Gitternieten und Beschlagteilen wurde die Produktion aufgenommen

Aus kleinsten Anfängen entstand auf dem Kamp in Holthausen ein moderner mittelständischer Betrieb.

Plettenberg. Auf ihr 100jähriges Bestehen blickt die Firma Kampwerk Vieregge u. Pickard GmbH & Co. in Holthausen zurück. Anläßlich eines Empfangs zu diesem Jubiläum gab der geschäftsführende Gesellschafter Dr.-Ing. Kaspar Vieregge den zahlreich erschienen Gästen einen Rückblick auf die Entwicklung des Unternehmens. Als der Landwirt Heinrich Vieregge vor 100 Jahren den Plan faßte, eine Gesenkschmiede zu gründen, gab es in Plettenberg bereits einige Unternehmen dieser Art. Auf einem Teil seines Hofgeländes im Elsetal errichtete er ein Gebäude, in dem er mit Hilfe der Wasserkraft die ersten sechs Riemenfallhämmer antreiben konnte.

Die beiden Weltkriege hat das Unternehmen unbeschadet überstanden, nicht jedoch zwei Naturereignisse, die deutliche Spuren hinterlassen haben. Nach dem Wirbelsturm am 17. Juni 1931 hatten die Gebäude keine Dächer mehr. Und auf den Tag genau 55 Jahre später, am 17. Juni 1986, hatten die Wassermassen eines heftigen Unwetters über Holthausen das Bürogebäude in ein Hallenbad verwandelt.
"Die frühe Zusammenarbeit mit der Automobilindustrie seit den 30er Jahren hat das Kampwerk an den damit verbundene Herausforderungen stetig wachsen lassen", betonte Vieregge. Besonders der Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg sei - inzwischen unter der Leitung von Dr.-Ing. Heinz Friedrich Vieregge - zu einer soliden Weiterentwicklung genutzt worden.
Die Kampwerke-Produkte erwarben bei allen namhaften Abnehmern den Ruf hoher Qualität und Zuverlässigkeit. So konnte das Kampwerk vor Jahren als einer der ersten Zulieferer von der Firma Audi eine besondere Qualitätsauszeichnung im Empfang nehmen, damals überreicht von Ferdinand Piech persönlich. Kaspar Vieregge: "Der Erwerb der heutzutage geforderten Zertifikate nach EN ISO 9001 und VDA 6.1 war für das Kampwerk schon sehr früh eine Selbstverständlichkeit."
Die vielen Erfolge der Vergangenheit bis in die Gegenwart hinein, das wiederholte Anpassen an veränderte Markterfordernisse, das erfolgreiche Einführen immer wieder neuer Werkstoffe und Herstellungsverfahren sowie die ständige Weiterentwicklung der Produktpalette seien nur möglich gewesen, weil es beim Kampwerk über Generationen hinweg immer tüchtige Mitarbeiter gegeben habe, die sich in gemeinsamer Anstrengung voll dem Erfolg des Unternehmens verschrieben haben, betonte Dr. Kaspar Vieregge. Manche Holthauser Familien sind inzwischen schon in der dritten Generation auf dem Kamp vertreten.

Dr. Vieregge: "Mit Gitternieten und Beschlagteilen wurde die Produktion aufgenommen. Zwölf Mitarbeiter bildeten die Mannschaft der ersten Stunde." Das Geschäft entwickelte sich gut. Schon bald traten der Sohn Heinrich Vieregge und der Schwiegersohn Paul Pickardt jun. das Unternehmen ein. Mehrere Patente von Milchkannenbügeln und Mähfingern zeugten vom innovativen Fortschritt. Die technische Entwicklung spiegelte sich beim Antrieb in den Schritten Wasserkraft - Dampfmaschine - Elektrizität und bei der Erwärmung in den Energieträgern Koks - Gas - Strom wider. Ein Telefon gab es von Anbeginn an, bis zur Internet-Präsentation hat es dann allerdings noch 100 Jahre gedauert, so Kaspar Vieregge.


Dr. K. Vieregge

Unternehmen geht mit Zuversicht in die nächsten Jahre

Nach wie vor liegt der Absatzschwerpunkt heute immer noch beim Fahrzeugbau. Aber als Reaktion auf den immer härter werdenden Wettbewerb auf diesem Gebiet - Stichworte: Globalisierung, Produktivitätsdruck, Innovationszwang - suche das Kampwerk ständig nach zusätzlichen Marktnischen, wo es seine besonderen Fähigkeiten in Erfolge umsetzen können. Vieregge nannte hier den Flugzeugbau und die Medizintechnik, die besonders bei den eingesetzten Werkstoffen wie Titan und Kobalt spezielle Anforderungen stellen. "Auch wenn die Zukunftsaussichten, insbesondere für mittelständische Unternehmen der Zulieferindustrie, angesichts der


   Blick in die Produktion.    (Bild: Werksfoto)

veränderten Marktverhältnisse und auch der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland nicht gerade euphorisch beurteilt werden", so Dr. Vieregge, "sehen das Kampwerk und seine Mitarbeiter den kommenden Jahren dennoch mit Zuversicht entgegen."
Das Engagement und die gebündelten Erfahrungen der über 100 Mitarbeiter, gepaart mit der Fähigkeit, konstruktiv und flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren, bilden eine solide Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Firma Kampwerk zu Beginn des zweiten Jahrhunderts ihres Bestehens.

Quelle: WR vom 07.11.1998


Quelle: Amtsregistratur Plettenberg, Sonderakten betr. die Anlage einer Fabrik für Kleineisentheile mit Fallhammerbetrieb des Land- und Gastwirths Heinrich Vieregge zu Holthausen, Fach 44, neu: 59-4


Genehmigungsurkunde vom 20. Juli 1898. "Zum Original ist ein Stempel von 20 M verwandt".

Genehmigungsurkunde

Der Landwirth Heinrich Vieregge zu Holthausen hat die polizeiliche Genehmigung nachgesucht, auf dem Grundstück Flur 10 No. 412/160 der Steuergemeinde Holthausen eine Fabrik für Kleineisentheile mit Fallhammerbetrieb errichten zu dürfen.
Nach Erfüllung der durch §§ 17 und folgende der Reichs-Gewerbeordnung vorgeschriebenen Förmlichkeiten wird die beantragte Genehmigung, vorbehaltlich aller etwa entgegenstehender Privatrechte, unter folgenden Bedingungen hierdurch ertheilt:

1. Die Ausführung muss genau nach Anleitung der vorgelegten, mit dem Siegel des Kreisausschusses beglaubigten und von dem Kreisbaubeamten geprüften Zeichnungen und Beschreibungen geschehen.
2. Zur Verhütung des Eindringens von Kohlenoxydgasen aus dem Schmiedefeuern in den Arbeitsraum müssen die Schornsteine die First des Daches um mindestens 1 m überragen.
3. Für die Arbeiter ist Gelegenheit zum Waschen und Aufbewahren der während der Arbeit abgelegten Kleider an staubfreien Orten zu schaffen. . .
Der Kreisausschuss
gez. Heydweiller
Königlicher Landrath


Planskizze zum Bauantrag aus Mai 1898.


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