Die geringe Ackerkrume ist im Laufe der Zeit durch Verwitterung der
Grauwacke und des Schiefers unter dem Einfluss des Wassers und der
Temperaturunterschiede und unter der Einwirkung der Pflanzen- und
Tierwelt entstanden. Diese Steine haben einen lehmigen Boden geliefert,
der reich an Kieselsäure, aber vielfach arm an Kalk ist. Die Bewirtschaftung
des Bodens ist wegen der schrägen Lage des Geländes meist sehr mühsam,
und häufig genug führen Gewitter- und Sturzregen den fruchtbaren Boden
in wenigen Minuten von den steilen Ufern ins Tal zum Schaden der fleißigen
Bürger.
![]() Plettenberg, Blick von Grünenberg
Die Luft ist vielfach rauh, und der Temperaturwechsel geht meist rasch vor sich.
So werden im Frühjahr sehr häufig das erste Grün der Gartengewächse und der
Blütenschmuck der frühtreibenden Obstbäume durch kalte Nachfröste vernichtet.
Dazu ist im Tale die Luft vielfach wegen der vielen industriellen Anlagen mit
Kohlenstaub vermischt. Aber der frische Bergwind weht den Rauch der Schlote
leicht von den die malerisch im Tale gelegene Stadt umgebenden Höhen hinweg
und lässt die Brust des Wanderer da oben frei und leicht atmen, so dass im
Hestenberg und Saley, 487 m, auf dem Schwarzenberg, Heiligen Stuhl, 584 m, und
der Hohen Molmert, 574 m, nicht nur dann, wenn des Lenzes belebender Hauch
atmet in Flur und Feld, sondern auch in der Fülle des Sommers, der Farbenpracht
des Herbstes und der Stille des Winters, der Fußtritt und das frohe Lied ungezählter
Wandersleute erschallen, die dem Gedränge benachbarter industrieller Großstädte
entflohen, um hier, die Sorgen des Alltags vergessend, in Gottes herrlicher
Natur nur Mensch zu sein.
Was die Menge der jährlichen Niederschläge anbetrifft, so liegt die Stadt nicht
weit von dem niederschlagreichsten Gebiet der Provinz Westfalen, nämlich dem
Ebbegebirge, wo die mittlere jährliche Niederschlagshöhe mehr als 1200 mm beträgt.
Nach den Aufzeichnungen der hiesigen Regenstation betrug z. B. die Niederschlagsmenge
für 1922 1.277,4 mm. Regenfiel an 174 und Schnee an 24 Tagen.
So ist das Klima unserer heimischen Gegend wohl ziemlich rauh, aber es ist
gesund. Wir wissen es, dass süßer als bei uns im Sauerlande wohl reift die
Frucht im Süden, dass mächtiger noch als bei uns zu fühlenden Menschen die
Natur im Norden spricht, wo die Wogen des Meeres eine gewaltige Sprache
reden, dass ebener sich streckt der Osten, und dass mehr Anmut und Lebensfreude
wohnt bei unseren Nachbarn im Westen. Aber in unseren heimischen Bergen
schlägt das deutsche Herz, und bei einem echten Markaner, da lebt auch heute
noch wie in den Tagen unserer Altvorderen eins: der deutsche Geist, und
dieses Herz und dieser Geist, sie durchdringen euch ganz, ihr Lande der
Heimat!
Du schenkst deinen Bewohnern keine großen Reichtümer an Kohlen und Erzen,
und schwer muss der Landmann sich um die karge Ernte mühen. Wie viel
köstlicher als der falsche Prunk der Großstädte sind aber doch die Herrlichkeiten
deiner wunderbaren Natur, die du auch den geringsten deiner fleißigen Arbeiter
in deinen rauschenden Wäldern, in himmelstrebenden Bergen und hüpfenden
Bächen täglich schauen lässt! Freilich, die Industrie, die dank der ganz
ungewöhnlichen Geschicklichkeit eines großen Teils der Bewohner zu gewerblicher
Arbeit sich immer mehr verbreitet hat, hat veranlasst, dass die Wohnungen
der Menschen in neuerer Zeit immer mehr zusammenrücken mussten.
Aber auch heute noch sprichts zu uns wie zu unseren Vorfahren aus Baum und
Strauch und Quell und Bach in besonderen Lauten, und die alten und neuen
Gebäude der Stadt und die rauchenden Schlote unserer Fabriken, in denen es
jahraus, jahrein zischt und qualmt und hämmert und pocht, reden eine lebendige
Sprache von dem Werdegang der Menschen, in denen jener deutsche Geist und
jenes treue deutsche Herz kämpften und schließlich siegend die Größe und
Blüte der Vaterstadt auf volkswirtschaftlichem und besonders industriellem
Gebiete herbeiführen.
So darf der Plettenberger im Hinblick auf die noch ungebändigte Natur, deren Kraft
in den Werken seiner Arme und in nie ermattender Unternehmungslust lebt, mit Stolz
rühmen:
![]() Plettenberg, Blick von der schönen Aussicht
PLETTENBERG IM WANDEL DER ZEITEN
Wenn wir nun zusammenhängend über die Geschichte unserer Stadt berichten und in
kurzen Zügen darzustellen suchen, was wir im Laufe der Zeit aus "tiefen Grüften
als längstverschollenes altes Lied" hervorheben konnten oder was uns selbst in
der Erinnerung haften blieb an Selbsterlebtem aus früheren Zeiten oder Mitteilungen
noch lebender oder heimgegangener Freunde, so wollen wir zunächst gerne an dieser
Stelle betonen, dass unsere gute Stadt Plettenberg es wert ist, dass ihre Geschichte
immer mehr erforscht wird, dass sie reich genug ist, andauernde Arbeit zu lohnen,
schön genug, Liebe und treueste Anhänglichkeit zu verdienen, ja, sie eine Gegend
ist, worin ein tüchtiges Geschlecht große und glückliche Geschicke vollendet hat
und immer noch vollführt. Darum:
![]()
. . . Im Jahre 1864 wird das Schloss Schwarzenberg, dessen genaue Beschreibung
wir uns leider an dieser Stelle versagen müssen, vom Blitze zerstört und steht
seit dieser Zeit als Ruine auf sagenumkränzter Höhe; das Ziel der Touristen,
die nun in nie ermüdendem Strome, besonders an Frühlings- und Sommertagen, auf
den Wanderstrecken 5 und 18 des Sauerländischen Gebirgsvereins nach oben ziehen,
um da im Gasthause des freundlichen Försters Vetter zu rasten und sich in
traulicher Stille von den ehrwürdigen Ruinen, die in jüngster Zeit durch
Wiederherstellungsarbeiten vor dem völligen Untergange errettet worden sind
durch die hochherzige Unterstützung einer dem ausgestorbenen gräflichen Geschlecht
verwandten auswärtigen Familie, eine ernste Predigt halten zu lassen nach der Weise
Salomos: alles ist eitel!
Und wenn diese alten und jungen Wandersleute und Freunde der heimatlichen Natur
und Geschichte in den tiefen sagenhaften Burgbrunnen einen Stein geworfen haben,
dann eilen sie nordwärts 400 Schritte etwa weiter zum Jungfernsprung und namentlich
zum "Graf Engelbertsstuhle", der, von der Natur an senkrechter Felswand angebracht,
ein Lieblingsplatz des Grafen von der Mark war, und von dem man tief unten die Lenne
in vielfacher Windung, die Eisenbahn und die großen Anlagen "Siesel" des kommunalen
Elektrizitätswerk "Mark", die Chemische Fabrik, das Dorf Pasel in der Ferne und
vor allem die große S-Form der Chaussee in entzückender Schöne erblickt.
Bis in das 14. Jahrhundert hinein gehörte das Dorf Plettenberg den Rittern von
Plettenberg. Zu dieser Familie zählen eine Reihe ganz vorzüglicher Männer. So
wohnten z. B. ums Jahr 1451 drei Glieder der Familie von Plettenberg in den
russischen Ostseeprovinzen: Cordt in Reval, Godert in Oberphalen und Gotthard
in Segewald. Der größte und herrlichste Sohn des Geschlechtes aber, der freilich
nicht hier, sondern in Neilen bei Soest geboren wurde, ist Walter von Plettenberg,
einst "oberster Gebietiger" des Schwertbrüderordens in Livland und Kolonisator
des Ostens, der 1502 in einer gewaltigen Feldschlacht bei Pleskau mit 15.000
Ordensrittern und Bauern 90.000 Russen vernichtete. Im Schlosse Nordkirchen im
Münsterlande werden noch heute Stab und Sporen des vielgerühmten tapferen
Heermeisters gezeigt, der im Alter von 90 Jahren 1535 starb und in der Johanniskirche
im fernen Wenden, wo sein Grabmal noch heute zu sehen ist, zur ewigen Ruhe
gebettet wurde. |
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