DIE STADT

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Monographien entwicklungsfähiger Städte
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PLETTENBERG
IN WESTFALEN

bearbeitet von Rektor Ernst Weimann

8. Jahrgang Heft Nr. 49
Verlag: Hans Burckhard, Berlin W 15
1927


Zum Geleit!

Liebe zur Heimat und Liebe zur Natur sind die Wurzeln der Liebe zum Vaterlande. Dieser Gedanke hat mir, dem derzeitigen Leiter der Stadt Plettenberg, die Initiative zu dem vorliegenden Werk gegeben. Dem eifrigen Sachbearbeiter, Herrn Rektor Weimann, spreche ich an dieser Stelle meinen besonderen Dank aus.

Unsere alte Stadt spricht in diesem Werke von großen und schönen, aber auch von schweren vergangenen Tagen, unser landschaftlich herrlich gelegenes Städtchen zeigt sich in seinem Schmuck. Und dazu tönen uns aus dem vorliegenden Werke die dumpfen Schläge der Hämmer und das Getöse der Maschinen unserer industriellen Arbeitsstätten entgegen. Wir sehen die klugen, eifrigen Unternehmer in Industrie, Handel und Gewerbe und die fleißigen, geschickten Arbeiter.

Hinter uns liegt die Wirtschaftskrise der Jahre 1925 und 1926. Dichte, rauhe Nebel lagen in unseren engen, tiefen Tälern, jedoch heute, am Tag des Frühlingsanfangs, schauen wir von den Höhen unserer heimatlichen Berge bei herrlichem Sonnenschein und sommerlicher Wärme auf unsere Stadt. Unten im Tale dröhnen die Hämmer, und die Stätten der Arbeit scheinen sich mit dem beginnenden Frühling neu beleben zu wollen. Daß dem so sein möge, ist unser aller Wunsch und unser aller Hoffnung.

Plettenberg, den 21. März 1927

Dr. Schneider
Bürgermeister


INHALTS-VERZEICHNIS


Gedicht: "Die Stadt" von Wolfgang Iren von Carlowitz
Zum Geleit
Plettenberg, dir Lob und Preis
Die natürlichen Verhältnisse Plettenbergs
Plettenberg im Wandel der Zeiten
Alte Sitten und Gebräuche in Plettenberg
Plettenbergs industrielle Entwicklung
Inseraten-Anhang

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PLETTENBERG, DIR LOB UND PREIS!

Von des Hestenberges Kuppen
Schauen wir hinab ins Land:
Grüne Wiesen, Häusergruppen
Und der Flüsse silbern Band!
Uns zu Häupten, uns zu Füßen
Schwingt der Wind des Baumes Reis.
Laß im Liede dich begrüßen,
Plettenberg, Dir Lob und Preis!

Doch bei aller Schönheit Segen
Fühlt die Brust sich öd uns arm,
Schlügen hier uns nicht entgegen
Deutsche Herzen treu und warm!
Streben nach dem ewig Schönen
Paart sich hier mit ems'gen Fleiß,
Segen Euch, Westfalens Söhnen!
Plettenberg, Dir Lob und Preis!



Wenn die Rosen auch vergangen,
Und der Herbst den Wald verheert:
Mägdelein mit ros'gen Wangen,
Die sind mehr als Blumen wert.
Grüßen uns mit trautem Worte,
Bieten freundlich Trank und Speis'.
Heil und Segen diesem Orte,
Plettenberg, Dir Lob und Preis.

Wie sich binden, drei der Flüsse
Hier zu innigem Verein,
Also, geb's der Himmel,
Müsse dreifach hier der Segen sein.
Glück und Freude und der Frieden
Walte über diesem Kreis!
Also sei von Gott beschieden,
Plettenberg, Dir Lob und Preis!

E. Rittershaus

Es ist am 6. Oktober 1872 in der guten, alten Stadt Plettenberg, die damals etwa 2000 Einwohner zählte. Der Herbst hat seinen Einzug in die Täler der Heimat gehalten. Angenehm ist der heutige Oktobertag, an dem die Sonne herrscht am wolkenlosen, dunkelblauen Himmel, und ihre belebenden Strahlen die feuchte Kühle der heimatlichen Landschaft umwandeln zur milderen, leicht geatmeten Luft und die alternde Erde noch einmal wie mit Jugendglanz übergießen.
Die Äcker und Gärten "an der Bracht", "am Kirchlöh", "in der Schiebecke", "an der Ratschelle", "am Hirtenböhl", "am Eschenohl", "in der Grüne", "am Brauke", "an der Bülte" usw. haben dem fleißigen Ackerbürger wieder ihre Früchte gegeben, die sie geboren hatten, und er mäht noch jetzt des Hafers übrig gebliebenen Halme, der Wiesen letztes Gras; er bricht und sammelt des Apfel- und Birnbaums späte Früchte.
Auf den Weiden ist ein sattes Gelb an die Stelle des saftigen Grüns getreten, und in den Gärten starren überall dürre, ausgeleerte Schoten und Kapseln auf ebenso dürren Stengeln empor. Vor allem aber erscheint das Ansehen des Hestenberges und Saleys, zwischen denen das liebe Städtchen friedlich gebettet liegt, verändert. Das Grün der Bäume hat sich mit allen Schattierungen von Gelb und Rot und Braun vermischt, und am Boden liegt, des Wanderers und Spaziergängers Fuß umrauschend, der Bäume Blätterschmuck.

In ruhigen Bahnen vollzieht sich im allgemeinen das Leben und Treiben der friedlichen Bewohner der heimatlichen Täler. Die Stadt liegt ja nicht an den großen Handels- und Verkehrslinien, und erst Ende der vierziger Jahre sind ihre Verbindungsstraßen mit den größeren Nachbarstädten Iserlohn und Altena ausgebessert und vergrößert worden, wie auch der Bau der Ruhr-Siegbahn, dessen Züge seit 1861 an ihrem Vorort Eiringhausen und leider nicht an ihr selbst vorbeisausen, nicht ohne Einfluß auf ihre Entwicklung geblieben ist, die immer mehr industriellen Charakter anzunehmen scheint.

Plettenberg vom Hestenberg aus

Von Frankreichs blutgetränkten Feldern, auf denen auch drei Söhne der Heimat ihr Leben lassen mußten, sind nach dem ruhmreichen deutsch-französischen Kriege vor wenigen Monden die siegreichen Kämpfer, deren Heldentaten "von der Treppe" am Marktplatz unter Glockengeläute so oft der freudig bewegten Menge durch den ehrwürdigen Pfarrer Schirmer verkündet wurden, heimgekehrt. Glück und Wohlstand wird bei der Bevölkerung bald bemerkbar, und ein reger Wetteifer der Arbeitskräfte im Rahmen von Gesetz und Ordnung tut sich in den nun beginnenden "flotten Jahren" kund.

Besonders freudig bewegt aber sind Männer und Frauen und Kinder am heutigen 6. Oktober, an dem es gilt, im nahen Hestenberg, der immer mehr mit seinen schattigen Wegen zum Spazierengehen zur "Lunge der Stadt" zu werden scheint, eine Halle auf luftiger Höhe einzuweihen. Von Barmen ist der Dichter Emil Rittershaus, der bekannte Sänger des Westfalenliedes, auf Einladung seiner Plettenberger Freunde nach hier gekommen, zum festlichen Akte. Man reitet hinauf zur Höhe, wo "Mägdelein mit ros'gen Wangen" freundlich Trank und Speise darbieten. Und dann schaut der Dichter, froh gestimmt von Berges Höhe hinab aufs friedliche Städtchen, das malerisch eingetaucht zwischen Gärten und Bäumen im weiten Talkessel der drei sich schlängelnden Bäche Else, Öster und Grüne im unvergleichlicher Schöne daliegt, und sein Herz jauchzt auf: "Hier ist gut sein, hier will ich rasten, hier bin ich daheim!" Und sein Dichterherz strömt bald im Liede über: "Plettenberg, Dir Lob und Preis!"

Aufstieg zum Bahnhof

Jahrzehntelang ist das Plettenberger Lied, das nach der Melodie von: "Strömt herbei, ihr Vökerscharen", gesungen werden sollte und denselben Gedankengang hat wie das bekanntere Westfalenlied, vergessen gewesen,bis wir es zu Beginn des Weltkrieges auch an die Spitze unseres "Führers" stellten.

In jüngster Zeit aber ist es von verschiedenen Komponisten für mehrstimmigen Chor sowohl wie auch für eine Singstimme mit Klavierbegleitung wohlgelungen vertont worden, und so dürfte es in Zukunft immer mehr berufen sein, Plettenberg Ruhm: die Schönheit seiner Landschaft, die Gastfreundschaft und Treue und den Fleiß seiner Bürger zu verkünden in der Nähe und in der Ferne und so an seinem Teile edle Heimatliebe und Frohsinn zu wecken. Ja: "Plettenberg, Dir Lob und Preis!"

(die gesamte Chronik kann auf Anfrage in Kopie gegen Kostenerstattung zur Verfügung gestellt werden)


Fortsetzung Seite 2


Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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