Chronik der Stadt Plettenberg

zusammengestellt aus dem städtischen Archiv und nach von Steinens westfälischer Geschichte von Julius Hölterhoff, 1844 (über 400 Folio-Seiten)

1. Geschichte von der ältesten Zeit bis 1843
Fortsetzung: II. Kulturgeschichte

  A. Nahrung Handel Gewerbe (S. 120 - 149)

1. Ackerbau (Seite 120-124)
2. Viehzucht (Seite 125-128)
3. Handel und Gewerbe (Seite 128-133)
4. Tuchmacher (Seite 133-142)
5. Fabrikenbetriebe (Seite 142-146)
6. Papiermühlen (Seite 147-148)
7. Rohgerber (Seite 148)
8. Nahrungstreibende (Seite 148-149)

1. Ackerbau 2. Viehzucht (Seite 120-128)
Wir haben die Lage der Stadt geschildert, als vorteilhaft zu einer Ansiedlung, wegen des Reichthums welcher von der Fruchtbarkeit des Grund und Bodens und von den Waldungen zu erwarten stand. Diese vorteilhafte Lage haben nun auch die ausser den Grenzen des städtischen Territorii liegenden Ortschaften des Amts Plettenberg welche ausserdem nur auf die Natur Erzeugnisse angewiesen sind. Bei diesen könnte von einem eigentlichen Betriebe des Ackerbaus nach geregelten Erfahrungen die Rede sein. Bei der Stadt lässt sich in dieser Beziehung wenig berichten.

Gewiss war die städtische Feldmark in der Jugend des Ortes ein reiches Gebiet zur Erzielung der Lebensbedürfnisse. Hierauf mag sich aber auch damals nur die Bebauung veschränkt haben, da wenigstens die nächste Umgebung wohl keine Gelegenheit darbot, die Erzeugnisse des Bodens zu verwerthen. Wie die Waldungen benutzt wurden, haben wir früher bereits erwähnt.

Wenn nun auch in der ersten Zeit die Feldmark Ueberfluss an Erzeugnissen liefern mochte, so würde derselbe gewiss doch bald, bei vermehrter Bevölkerung und einer größeren Vertheilung der Grundfläche überwoge, so dass die Nothwendigkeit eines Ankaufs der Lebensbedürfnisse ausserhalb der städtischen Territorii hervortrat.

Hierauf zielt wohl schon das Privilegium eines freien Wochenmarktes "von Sonntag Mittag bis dienstag Mittag", welches der Graf Engelbert im Briefe von 1397 ertheilt. Ein solcher Wochenmarkt ist noch 1588 gehalten worden, und wurde 1796 erneuert; sie scheinen aber sämmtlich wegen mangelnder Concurrenz, was namentlich von dem letzteren feststeht, eingegangen zu sein.

Hierdurch wurde der Bürger gezwungen entweder als Pächtiger oder als Eigenthümer den Boden zu bebauen um diejenigen Früchte sich zu verschaffen, welche nicht wie die Körner, einen allgemeinen Handels Artikel ausmachen.
Grund und Boden blieb daher nicht Object des Ackerbaus, sondern ein Accessit für die jedesmaligen oeconomischen Umstände der Person und wurde wandelbar. Und da die ganze Grundfläche in ihrer Zerstückelung nach dem jedesmaligen Bedürfnisse oder Interesse der Besitzer benutzt wurde, so stellte sich ein regelmäßiger, in sich selbst fortbildender Betrieb des Ackerbaues nicht heraus; gewann vielmehr das Ansehen einer Art Treibhaus Arbeit. Diese Benutzung des Grund und Bodens wurde und blieb bis auf heute durch die Frei Hude des Hornviehs sehr begünstigt, da diese viel Viehfutter entbehrlich machte und die Besamung des Bodens in ausgedehntem Maasse für die Lebensmittel vermöglichte.

Eine solche Wandelbarkeit des Grundbesitzes ist noch jetzt vorhanden, nicht allein durch Entäusserung (Veräußerung), sondern auch durch Verpachtung. Kirchen-, Schul-, Pastorat- und Grundstücke von Minderjährigen stehen der Concurrenz der Pächter frei. Aber nicht allein solche, sondern es werden auch von vielen Bürgern Grundstücke, weil sie diese aus augenblicklichen Umständen nicht selbst benutzen, und von den wohlhabenden Familien statt eigenen Betriebs des Ackerbaus, verpachtet und dadurch eine Einnahme erzielt, welche den landesüblichen Zins des Kapital Werths des Grundstücks gemeinlich übersteigt.

Nichts desto weniger wird auf den Feld- und Gartenbau aus den angeführten Gründen viel Aufmerksamkeit und Fleiss verwendet, zwar wenig auf Luxus Gegenstände gesehen, aber zur Erzielung der gewöhnlichen Lebensmittel weder Zeit noch Mühe gespart, wie die Urbarmachung der Waldöden bis an den Kamm der Gebirge erweist.


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