Fortsetzung (S. VIII)
Andere gewerbliche Beschäftigungen
Schon vor dem Brande Plettenbergs wurden auf dem Brocke oberhalb der
Stadt Ziegelsteine gebacken und in Feldbränden gebrannt. Am
30. März 1727 erhielt der Camerarius Baumeister den Auftrag, einen
Ziegelofen mit dazugehörendem "Trockengehäuse" auf dem Brocke
einzurichten. Kaum war die Anlage vollendet, da warf sie 1728 ein heftiger
Sturm um, und die Ziegelhütte musste neu aufgebaut werden. Man
verband damit eine Pfannenbäckerei. - Vor der Eiringhauser Brücke war
auch eine Topfbäckerei in Betrieb.
Weil die hiesigen Bauern noch bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts
Flachs, zum Teil sogar Hanf anbauten, deren Fasern dann von Frauen,
Töchtern und Mägden verarbeitet werden mussten, so bedurfte man
einer Reihe aus Holz verfertigter Gerätschaften, die heutzutage nicht
mehr in Gebrauch sind, vor allem der Spinnräder, Flachsbrechen,
Webstühle und Haspel. Deshalb machten manche Bürger Plettenbergs
und viele Männer der volkreichen Dörfer Eiringhausen und Landemert
solche, namentlich Spinnräder. 1800 wurden allein in der Stadt 1500
Spinnräder fertiggestellt. Leineweber gab es fast in jeder Ortschaft,
am meisten aber in Landemert.
Anscheinend ist durch den regen Verkehr unserer Vorfahren mit dem
Siegerlande auch die Lederfabrikation nach Plettenberg gekommen.
1723 besaß Joh. Pet. Hanebeck eine Lohmühle an der Waschbecke
unterhalb der Stadt, die 1784 der Witwe Geisweidt gehörte und 1793
Bernhard Hanebeck und den Erben Geisweidt. 1781 erbaute der Weißgerber
Konrad Hanebeck auf dem Domänengrundstück "auf dem Bohme" an der
Oester ebenfalls eine Lohmühle, und 1785 erhielt auch Joh. Friedr. Wirth
die Genehmigung zur Erbauung einer Lohmühle bei Plettenberg. Er stammte
aus Hilchenbach, wo die Gerberei eifrig betrieben wurde, und war vermögend.
Die Plettenberger Gerbereien kauften 1788 für 3.570 Tlr. Material ein und
gerbten 2.220 Felle, die als fertiges Leder einen Gesamtwert von 4.970 Tlr.
hatten.
Seit 1753 wurde in Plettenberg auch die Papier und Pappenfabrikation
getrieben, und zwar zuerst von Konrad Eyringhaus an der Grüne. Die dortige
Papiermühle war Eigentum des Freiherrn von Plettenberg, der an der Mündung
des Blemke-Baches noch eine zweite einrichten ließ. Diese beiden Papiermühlen
lieferten 1788 für 3.000 Tlr. Pappe und Papier, und zwar größtenteils ins
Ausland.
In Herscheid betrieb vor 1710 Wennemar Kersting das Tabakspinnen.
Die Blätter dazu bekam er von Johann zu Hellersen. Diese Beschäftigung
scheint in den hiesigen Verhältnissen nicht lohnend gewesen zu sein, denn
er wurde Johann so viel schuldig, dass er ihm sein Haus überlassen musste.
Wie man sieht: es fehlte unsern damaligen Vorfahren nicht an Fleiß und
Unternehmenslust.
Vom Gerichtswesen
Solche erhielten im märkischen Sauerlande nur Hagen, Lüdenscheid, Altena.
Während die Gemeinde Herscheid von dieser Zeit an einen Teil des Landgerichtsbezirks
Lüdenscheid bildete, wurde Ohle, das bis dahin zum Gericht in Neuenrade gehört
hatte, dem Landgericht Altena zugeteilt. An der Spitze der neuen Landrichter
standen ein Landrichter und zwei Assessoren als Richterkollegium, dem ein
Gerichtsschreiber und zwei Gerichtsdiener beigegeben waren. Berufungsinstanz
war die aus zwei Senaten bestehende Landesregierung zu Kleve.
Eine eigenartige Stellung nahm das Plettenberger Gericht ein. Seine Bedeutung
als Hochgericht hatte es schon 1704 verloren. Der damalige Richter von den
Hoeven wollte das Lüdenscheider Gericht nicht als Berufungsinstanz anerkennen.
Die von ihm in dieser Hinsicht gewählte Beweisführung war nicht glücklich
und hatte zur Folge, dass die Regierung zu Kleve am 29. Oktober 1704 die
Anweisung erteilte, dass von Plettenberg nach Lüdenscheid appelliert werden
solle (2 Geh. St.-A. Appellation vom Hochgericht Plettenberg
1703/04).
Seinen Nachfolger Dr. A. M. Essellen drückten andere Sorgen. An die Stelle
der früher den Richtern geleisteten Hand- und Spanndienste waren Geldabgaben
im Gesamtbetrage von 45 Rtlr. getreten. Nur 90 Landwirte kamen ihren Verpflichtungen
nach, während 50 weder Dienste leisten noch Geld bezahlen wollten. Obwohl
schon 1718 die Leistung der Dienste verfügt worden war, musste der Richter
1731 erneut die Regierung um Beistand gegen die Widerspenstigen bitten.
Günstiger gestellt waren die Richter zu Lüdenscheid, Kierspe usw.; ihnen
pflegten die Brautleute ihres Bezirks freiwillig vor der Hochzeit ein
Geldgeschenk (gewöhnlich 1 Rtlr.) zu verehren (3 Staatsarchiv
Düsseldorf, Kleve-Mark, Domänen Nr. 165).
Bei der Neueinteilung der Gerichtsbezirke im Jahre 1763 erhielt das Gericht
zu Plettenberg eine Ausnahmestellung, indem es in seiner bisherigen Form
bestehen blieb. 1769 beabsichtigte die Regierung, den Gerichtsbezirk
Plettenberg einem der Landgerichte Lüdenscheid oder Altena anzugliedern.
Dagegen setzten sich aber der Magistrat der Stadt und die Vorsteher des
Amtes zur Wehr. Der mit der genauen Untersuchung der Verhältnisse beauftragte
Landrichter Pütter zu Hagen entschied, Plettenberg müsse sein Gericht behalten.
Es sei zu weit von Lüdenscheid und Altena entfernt und dazu vom Kölnischen
umschlossen, weshalb es nicht selten zu Grenzstreitigkeiten komme.
Zu der Zeit, als der zu Hösinghausen in der Gemeinde Valbert ansässige
Lüdenscheider Rechtsanwalt Karl Wever auch zugleich Richter in Plettenberg
war, und Hermann Richard Pollmann, seit 1758 auch Plettenberger Bürgermeister,
die Gerichtsschreiberstelle verwaltete, muss es am Gericht unordentlich
zugegangen sein. Der Richter führte wohl Protokolle, und der Gerichtsschreiber
hielt in des Richters Abwesenheit Gerichtstage, obwohl er nicht Rechtswissenschaft
studiert hatte. Trotz der zwei Wächter entwichen Diebe aus dem Gefängnis. (S. 124)
Man bezichtigte beide Beamte der Bestechlichkeit und wies Pollmann mehrere
Fälle von Rekrutenbefreiung nach.
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