Quelle: ST vom 17.09.2008

"Bei Fliegeralarm auf schnellstem
Weg in die Stollen geflüchtet"

Besichtigung der Grube "Neu Glück" weckte bei einigen Besuchern Erinnerungen an die Kindheit. Luftschutzstollen im zweiten Weltkrieg


Die neue Plettenberger Geschichtstafel erläutert die Historie der Grube "Neu Glück" Foto: M. Filger

PLETTENBERG Mit Führungen und der Einweihung einer neuen Doppeltafel für den Plettenberger Geschichtspfad stellte sich am Sonntag das künftige Besucherbergwerk "Grube Neu Glück" allen Interessierten vor (wir berichteten bereits).

Die Grube "Neu Glück" wurde am 15. April 1755 für Helmut Schantz von der Bergbehörde zur Erschließung und Nutzung des Bleierzes freigegeben. Innerhalb von drei Monaten erschloss man rund 36 Meter Stollen. Das Bleierzband erstreckt sich vom Heiligenstuhl über den Saley und das Elsetal ins Bommecketal, dann weiter in Richtung Holthausen und Bremcke. Die großen Vorkommnisse an Bleierz motivierten den Grubeneigentümer jedoch zu unerlaubten Grabungen, die nicht mehr der vorgegebenen westlichen Richtung entsprachen, und so wurde Helmut Schantz 1759 das Schürfrecht entzogen. Der Bergbaubetrieb wurde eingestellt.

Im Verlauf des zweiten Weltkrieges wurde der Grube "Neu Glück" dann eine neue Aufgabe zuteil. Russische Zwangsarbeiter der Firma Voss & Schröder vergrößerten per Hand die Stollen und schufen 1944 einen zweiten Stolleneingang. "Neu Glück" konnte von da an als Luftschutzbunker genutzt werden. "Wenn Fliegeralarm war, hat uns unsere Mutter an die Hand genommen und wir sind auf dem schnellsten Weg in die Stollen geflüchtet", erinnert sich Renate Hammer-Schmidt, die zusammen mit ihrem älteren Bruder Karl-Heinz Uder die Grube seit ihrer Kindheit am Sonntag zum ersten Mal wiedersah.

Auch Karl-Heinz Rauterkus erkennt die Stollen wieder. "So hab ich sie in Erinnerung. Wir mussten oft herkommen. Bis dahinten hielten sich Menschen auf", erzählt er und zeigt in einen engen schmalen Stollen, in den man nur tief gebückt hineingelangt.

Über die Helme freuten sich am Sonntagnachmittag einige Grubenbesucher, denn fast jeder dritte stieß sich in den niedrigen Gängen und an den feuchten Wänden leicht den Kopf. "Erze entstehen immer auf Granit. Dafür muss es sehr feucht sein", erläutert Henning Hobein den Besuchern die matschigen Pfützen und führt sie weiter kompetent in den nächsten Stollen hinein. Grubenführer sind Henning Hobein und sein Kollege Horst Hassel, Mitglieder des Heimatkreises, aus purem Interesse geworden. "Das Thema ist äußerst spannend und wir haben in einer Schulung bei dem Kasseler Geologen Dr. Rainer Werthmann viel über die Steinformationen und Erdschichten gelernt", erzählt Henning Hobein, der am Sonntag vor seiner ersten Führung richtig aufgeregt war. "Der eigentliche Experte auf diesem Gebiet, Martin Zimmer, ist leider krank geworden und jetzt darf ich mich daran versuchen", lacht Henning Hobein, der am Ende seiner Führung jede Menge Applaus erhielt.

In Zukunft soll die Grube "Neu Glück" sogar noch erweitert werden, damit auch die Betonplomben, mit denen im Jahr 2006 die Grubengänge zum Hestenbergtunnel hin verschlossen worden waren, zugänglich werden. Eine weitere Attraktion in den Tiefen des Erdreichs wird ein Schacht sein, durch den man auf die Else blicken kann. Mit Licht und Glasplatten gesichert soll "Neu Glück" dann eine großartige neue Sehenswürdigkeit in Plettenberg werden und Einblicke in die Geschichte des Bergbaues geben.

Damit dieses Vorhaben gelingt, wird in Kürze die Heilige Barbara, Schutzpatronin der Bergleute, ihren Platz in einer natürlichen und leicht vergrößerten Steinnische einnehmen. mf


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