Quelle: "Höhlen des Sauerlandes", 1966, Walter Sönnecken, S. 72

Die Schönebecker Höhle

Nach einem alten Zeitungsbericht heißt es: Kalkstein wurde schon früh gegraben. Das Kalkgebirge zog sich von Herscheiderbaum über Verse, Schönebecke, Marlin, Grimminghausen bis nach Ohle hin. 1823 wurde Kalk in der Schwarzen Ahe, in Schönebecke, Verse, Alfrin, Marlin, Wellin und Sirrin gebrochen. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ging die Kalkbrennerei in der hiesigen Gegend ein, da sich die Steine als minderwertig erwiesen.

In einem dieser heute verlassenen Kalksteinbrüche bei Schönebecke wurde durch Sprengarbeiten 1870 eine Höhle erschlossen. Sie liegt etwa 100 Meter oberhalb der Schönebecker Schule in 35 Meter Höhe über dem Talniveau. Der Eingang fiel später zu, wurde aber im November 1927 auf der Suche nach Wasser wieder freigelegt.
Es überrascht immer wieder, dass in dem an Kalkstein so armen Gebiet um Lüdenscheid Höhlen gefunden werden, die zudem den Verhältnissen nach unerwartet räumlich groß sind. Gerade diese Höhlen, die ehemals keine Aus- oder Eingänge hatten, sind anschauliche Schulbeispiele für die erwähnte Auffaltung der Gebirge, wobei tief im Innern der Gebirge sich die Gesteine gegeneinander verschoben und gewaltige Risse und Klüfte bildeten. Solche Höhlen nennt man Spaltenhöhlen im Gegensatz zu den hauptsächlich durch Wasser erweiterten Flußhöhlen.

Ausser der Gessardthöhle sind alle anderen Höhlen um Lüdenscheid für die Vorgeschichtsforschung bisher ohne Bedeutung geblieben. Das heißt, irgendwelche Funde aus der Vor- oder Frühzeit wurden darin nicht gemacht oder sind nicht bekannt geworden. So kommt auch der Schönebecker Höhle keine geschichtliche Bedeutung zu, wie das immer berichtet wird. Die im Volke verbreitete Ansicht, dass sich im 30-jährigen Kriege die Bewohner der umliegenden Gehöfte dorthin geflüchtet hätten, was bei einigen anderen Höhlen nachweisbar ist, wird durch das Entdeckungsjahr (1870) widerlegt und ist mithin unbegründet.

Die Höhle ist besonders im vorderen Teil sehr geräumig. Einige Kriechgänge führen vom Hauptgang abzweigend tief ins Gestein. Ein anderer Gang kommt nach vielen Windungen wieder auf den Hauptgang zurück. Dieser Gang steht an seiner tiefsten Stelle unter Wasser. Während des Krieges diente die Höhle, wie auch so manche andere, als Luftschutzraum. Die Eingänge sind daher jetzt zumeist leicht zugänglich.
Das Betreten der Höhle ist im Hauptgang ungefährlich. Von einem Besuch der kleinen Kammer am Ende des ersten Kriechganges muss indessen abgeraten werden. Schafft der Eindringling aus irgendeinem Grunde die Durchquerung des langen Ganges nicht, ist ihm die Umkehr in dem engen Gang versagt. Will man aber rückwärts kriechend den Gang verlassen, stauen sich die Kleider und der Körper hängt fest. Daher ist Vorsicht bei engen Kriechgängen geboten. Schon mancher musste unkluger Unternehmungen wegen, die mit Mut nichts zu tun haben, sein Leben lassen.


Quelle: Natura 2000-Nr. DE-4712-302


Kartenausschnitt (Topografische Karten Landesvermessung NRW) aus "DE-4712-302 Schönebecker Höhle" Stand: März 2009

Die Höhle liegt in zentraleren Teilen des Naturraums Bergisches Land / Sauerland. Die Schönebecker (oder auch Herscheider Höhle), eine Mittelhöhle (118 m) wurde in einer Kalklinse des oberen Mitteldevons (Givet, Honseler Schichten) ausgebildet. Sie ist wasserführend in Form von Tropf- und Sickerwasser. Episodisch bilden sich Höhlengewässer aus. An die Schönebecker Höhle grenzt ein relativ artenreicher Laubwald. In der Umgebung liegen Bachtäler mit Grünland und Kuppen mit ausgedehnten Laub- und Nadelwäldern.

Die Schönebecker Höhle ist Lebensraum spezialisierter höhlenbewohnender Arten, nachgewiesen sind in neuerer Zeit der in Westfalen seltene troglobionte Strudelwurm Rectocephala schneideri sowie der Höhlenkrebs Niphargus fontanus. Die Schönebecker Höhle ist zudem seit langem als Fledermauswinterquartier bekannt. Aktuell wurden 7 Arten nachgewiesen. Besonders hervorzuheben ist das regelmäßige Vorkommen von Teichfledermaus und Großem Mausohr.


Herscheid. 7. August 1869. Durch das wohlverdiente Interesse, welches die weltberühmte Grüner Dechenhöhle (1868 entdeckt) auf sich gezogen, wurde hier die Erinnerung an ein gleichartiges Naturwunder in unserer Gemeinde aufgefrischt. Es ist dies eine in den Kalksteingebirgen des Ahetales, dicht bei der Ortschaft Schönebecke liegende Naturhöhle.

Nur von wenigen älteren Leuten gekannt, soll dieselbe früher durch Kalksteinbrechen entdeckt und zur Zeit der Freiheitskriege, wie Fama sagt, von Flüchtigen als Zufluchtsort benutzt worden sein. Seit längeren Jahren war jedoch der Eingang durch Bergrutschungen verschüttet und verschollen. Vor wenigen Tagen nun wurde durch einige Naturfreunde Hand ans Werk gelegt, um die Höhle aufzusuchen und zugänglich zu machen, welches bis jetzt so weit geschehen ist, dass mit genauer Noth die ersten Entdeckungsversuche gemacht werden konnten.

Der bis jetzt entdeckte Theil des Höhle ist ca. 300 Fuß lang (1 Fuß = rd. 30 cm), in der Sohle 6 bis 12 Fuß breit und das Gewölbe erreicht eine Höhe bis 20 Fuß. Ihre Tropfsteinbildungen halten zwar nicht den Vergleich aus mit der Reichhaltigkeit und prachtvollen Formationen derjenigen, die wir in der Grüner Höhle bewundern und womit letztere bis zur Verschwendung reich ausgestattet ist; doch bietet Erstere des Interessanten und Merkwürdigen genug, um einen Besuch reichlich zu lohnen und nähere Durchforschung zu verdienen.

Der jetzige Eingang ist noch äußerst schwierig zu passieren, es wird aber rüstig daran gearbeitet, denselben bequem zu machen und die innere Passage, soweit dies ohne Verletzung der Natur-Merkwürdigkeiten möglich ist, zu ebnen.


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