Quelle: Jahres-Bericht der Handelskammer des Kreises Altena für 1853 und 1854, S. 14-17
. . . plan- und systemloses Herumsuchen
. . . Zur spezifischen Übersicht der einzelnen Industriezweige übergehend
ist es der BERGBAU über den wir zunächst Einiges zu berichten haben.
Schon in früheren Jahren hat man in unserer gebirgigen Kreisgegend an
verschiedenen Stellen, auf Anlass zufälliger Entdeckungen erzhaltiger
Steinmassen versucht, Erze zu Tage zu fördern. Die Arbeiten wurden mit
geringen Kräften betrieben und früher oder später wieder aufgegeben,
nachdem die Arbeiten bis zu einigen Fuß senkrechten Gruben zu Tage, oder
in seltenen Fällen bis zu Stellen von 10 bis 15 Lachtern horizontalbau
unter Tage gekommen waren. Bei diesen Arbeiten zeigten sich Spuren von
Blei, Eisen und Kupfer, weniger von Galmei; auch soll nach einer, vor
mehreren Jahren auf Veranlassung des Professors Nöggerath in Bonn
angestellten Forschung im Ebbegebirge, Gemeinde Herscheid, ein solches
Lager von Basalt angetroffen worden sein, dass nach dem Urtheil
Sachverständiger das ganze Königreich Preußen damit versorgt werden
könnte.
Der Mangel aller dieser Unternehmungen lag wohl hauptsächlich in dem
plan- und systemlosen Umhersuchen fast nur an der Oberfläche ohne Aufwand
von erheblichen Mitteln und ohne Heranziehen technisch und wissenschaftlich
gebildeter Bergleute. Dagegen werden im Allgemeinen die ersten
Bedingungen eines Gelingens sein: Vereinigung aller Mittel und Kräfte,
Heranziehen tüchtiger Bergleute und mit deren Hülfe arbeiten in die
Tiefe auf beträchtlichere Dimensionen.
Es muss schon bei dem Laien die Vermuthung entstehen, dass die Metalle
vermöge ihres spezifischen Gewichtes und als Elemente, keine obere
Schichten von einiger Mächtigkeit in einem durchaus zerissenen
Gebirgslande wie hier, in der Gebirgsformation haben erzeugen können
und daß ein Ergebniß nur vom Tiefbau, wo möglich unter die Basis der
Gebirgszüge, natürlich von den Thälern aus zu erwarten ist. Hierzu
sind aber erhebliche Geldmittel und wissenschaftliche Kräfte erforderlich,
welche sich nur im Wege einer größeren Association und mit Verzicht
auf augenblicklichen Gewinn erlangen lassen.
In wiefern die in den obern Schichten der Berge sich zeigenden Erzspuren
einen Schluss auf die Hoffnung einer lohnenden Ausbeute in der Tiefe
rechtfertigen, darüber würde eine interessante Erfahrung gemacht werden
können, wenn das bestehende Projekt der Lenne-Eisenbahn mit seinen
vielen, dass Innere der Berge dem Auge des Mineralogen blos legenden
Tunnels, zur Ausführung käme.
In den letzteren Jahren, namentlich im vorigen, sind die, besonders
durch die Jahre 1848 und 1849 vollends zum Erliegen gekommenen Anbrüche
wieder aufgenommen worden, und so weit es sich jetzt übersehen läßt,
bietet der Bergbau im hiesigen Kreise lohnende Aussichten.
Der erste in Dortmund, unter der Leitung des Geschworenen Bergmann in
Plettenberg sich gebildete Gesellschaft, schürft im gesamten Ebbegebirge
und zählt diese so wie die übrigen in und um Plettenberg aufgenommenen
Werke und Anbrücke gegenwärtig
Ein Gutachten des dazu commitirten Bergamtes in Eisleben soll angeben: dass
allein auf die vorstehend angegebenen Gruben, mehrere Kupfer-, Blei-, Blende-
und Galmey-Hüttenwerke, und mehrere Hochöfen auf Eisen vollständige Speisung
fänden; und wenn Frieden bleibt, und die Aussicht auf Erbauung der Lenne-Eisenbahn
sich erhält, dann soll bis künftiges Frühjahr mit deren Erbauung begonnen
werden.
Eine zweite Dortmunder Gewerkschaft unter Leitung des Herrn Lieutnant v.
Dipold daselbst, scheint minder glücklich in Auffindung von guten Anbrüchen
zu sein. Etwa 12 Muthungen und Schürfe, wird noch das Ganze ausmachen,
was sie erschürft hat.
Eine dritte Gewerkschaft hat sich in Lüdenscheid gebildet, welche an mehreren
Stellen der Gemeinde mit gutem Erfolg geschürft, Ausbeute zwar noch nicht
gefunden, jedoch letztere in nahe Aussicht stellt.
Eine vierte Gesellschaft hat sich in Plettenberg unter Leitung des
Marcus Lion und Doctor Sahlmann daselbst gebildet, und die Aufwältigung des
im 15. Jahrhundert sehr berühmt gewesenen Kupferbergwerks 'Wildemann', bei
Landemert, zur Aufgabe gestellt. - Sie hat ihren Zweck erreicht, so viele
Erze gewonnen, dass es ihr möglich wurde, eine Hütte zu erbauen, und in
diesem Jahre ca. 8000 Pfund sehr gutes Rothkupfer geschmolzen. Wenn es sich
dabei aber um Reingewinn handelt, dann dürfte es sich ergeben, dass noch
bedeutende Zubußen erforderlich waren.
Ferner haben andere auch in der Nähe von Plettenberg zwei alte Bäue
wieder aufgeschlossen, und gewinnen daraus Glassurerze; wovon der Erstere
in Ausbeute, Letzterer aber in Zubuße steht, weil es dieser an Mitteln zum
gehörigen Betriebe fehlt.
Endlich besteht im Liesterthal, Bürgermeisterei Meinerzhagen, eine
Zeche auf Schwarzkupfer, die sehr ergiebig zu werden verspricht, wenn es
der Gewerkschaft gelingt, die Wasser zu wältigen. Das Erz liegt unter der
Stollensohle, und muss eine künstliche Wasserwältigung erfolgen, wozu aber
die Lage günstig ist, indem der vorbeifließende Liesterbach die tieferliegenden
Wasser zutage fördern kann. Die Vorbereitungen werden dazu gemacht, ob aber
die Kräfte bei allen Interessenten dazu ausreichen, wir bezweifelt. Das
gewonnene Rohmaterial an Erzen ist an die Kupferhütte zu Olpe verkauft worden.
Von den Bergbauunternehmern wird es als ein Hinderniß zur Förderung des
Bergbaus bezeichnet, dass ein Bergamt oder wenigstens ein Bergbeamter in der
Nähe der Werke nicht existire und angeführt: Das erste Bergamt in der Mark
sei im sechszehnten Jahrhundert in Plettenberg eingerichtet gewesen und
wird behauptet, dass dessen Entfernung die mehrsten Bergwerke zum Liegen
gebracht habe, da die Reisekosten der Beamten, mangelhafte Aufsicht und
Zurechtweisung, dies veranlaßt haben mögen. Man glaubt nicht zu hoch zu
greifen, wenn man jetzt 1/4 der Gesammtkosten bis zur Belehnung auf
Bergamtskosten rechnet.
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