Die Wilhelmshöhle in Heggen (Quellensammlung © Horst Hassel)

Der Eingang der Höhle ist heute, 2006, weiträumig durch einen Metallgitterzaun abgesperrt,
weil sich jederzeit lose Gesteinsbrocken über dem Höhleneingang lösen können.
Quelle: "Unterirdische Zauberreiche des Sauerlandes", Heinrich Streich, 1967, S. 51-53
Wilhelm-Höhle
Wanderkarte: Topographische Karte 1:50000, Blatt Olpe L 4912, Karte
des Sauerländischen Gebirgsvereins e. V., Blatt 7, Attendorn
Verlässt man in Heggen die Landstraße Attendorn-Finnentrop und wandert
die Wiesenstraße hinauf, welche der Gasolin-Tankstelle an der Landstraße
gegenüber abzweigt und biegt von der Wiesenstraße nach 60 Metern die
Straße "Am Hörsten" links ein, so sieht man die Felswand, in welcher
die Höhle liegt, vor sich. Höhle liegt an der linken Seite der Wand,
Vor der Höhle schöner Pappel-Bestand. Eingang: Breite 2 Meter, Höhe
3,50 Meter.
Mit wechselndem Einfallen zieht sich die Höhle bergauf und bergab in
das Felsmassiv "Am Hörsten" hinein, eine weitere Abzweigung verläuft
östlich in den Gebirgsstock Finnelöh. Höhle wird stellenweise im
linken, tieferen Teil von einem Bach durchflossen. Die Befahrung zeigt
alle Grade der Schwierigkeit und sollte nur erfahrenen Höhlenforschern
überlassen bleiben.

|
|

|
Die Höhle wurde 1874 entdeckt, als die Heggener Bauern Kalksteinbrüche
anlegten, um die in Finnentrop entstandenen Siegerländer Hüttenwerke
mit Kalkstein zu beliefern.
Es ist interessant, was eine alte Zeitschrift über die Höhle, die
vielleicht die schönste im ganzen Sauerland war, zu berichten hatte:
"Das Sauerland ist im Jahre 1874 um eine äußerst interessante naturhistorische
Merkwürdigkeit bereichert worden. Es war am 26.02.1874, als die Steinbrecher
im Bruche der Gebr. Gante (genannt Heller) zu Heggen durch einen starken
Bohrschuss von 8 bis 10 Pfund Sprengpulver einen gewaltigen Kalksteinblock
lossprengten. Dieser Stein hatte zum nicht geringen Erstaunen der Arbeiter
die Tür zu einer imposanten Höhle gebildet. Alle Arbeiter kamen zusammen,
um den Fund zu untersuchen. Der Werkführer, derartige Tropfsteinhöhlen
kennend, ging zuerst mit einer Lampe hinein. Er stieß sofort auf die
mannigfaltigsten herrlichsten Tropfsteinbildungen. Hinter dem Eingang
gähnte eine dunkle schwarze Tiefe. Man ließ sich vorsichtig auf Leitern
hinab, mit einer Bergmannslampe und einem Sack Haferstreu bewaffnet, die
man beim Gehen auf den Boden der Höhle streute, um den Eingang wiederfinden
zu können.

|
|

|
Der Weg war anfangs sehr schwierig, der Boden durch jahrtausendelanges
Tropfen sehr schlüpfrig. Außerdem hatten sich ganze Berge von abgefallenen
Tropsteinbildungen aufgehäuft und dazwischen durch eine Unmenge vermoderter
Tierreste der Urwelt sich eine Art weichen, lehmigen Stoffes (Guano)
angesammelt."
Nachdem das Königliche Bergamt in Siegen den naturhistorischen Fund
besichtigt hatte, und darüber an das Oberbergbauamt in Bonn berichtet hatte,
wies letzteres 300 Taler für die weitere Aufschließung an. Oberbergbaurat
Hund, ein anerkannter Fachmann, äußerte sich nach Untersuchung der Höhle
folgendermaßen:
"Die Heggener Höhle, die wir heute Wilhelms-Höhle getauft haben, übetrifft
an primitiver Schönheit bei weitem die Dechenhöhle. Die Tropfsteinbildung
in derselben übertrifft an Großartigkeit alles, was ich bisher gesehen habe.
Der Hauptgang der Höhle hat eine Länge von 135 Metern. Die bisher aufgedeckte
Höhle hat 6 große Hallen in einer Höhe von 30 bis 40 Fuß. Die eine davon
hat man KOnzerthalle, eine andere Neptunhalle genannt, eine dritte, die ein
madonnenähnliches Bild schmückt, nannte man Kapelle. Die Breite der Hallen
beträgt 2 bis 10 Meter. Genaue Messungen haben festgestellt, dass noch eine
Seitenhöhle von 170 Meter Länge vorhanden ist. In der Höhle wurden eine Menge
fossiler Überreste vorsintflutlicher Dickhäuter gefunden."

|
|

|
Nach diesen beiden Berichten also war die Wilhelmshöhle ein Zauberreich
tief im Berg. Heute ist von all den herrlichen Gebilden der Natur nicht
mehr all zu viele zu sehen, denn leider später, nach dem Ersten Weltkriege,
von den Besatzungsmächten ungeheuere Tropfsteinmengen von ihrer Stätte
entfernt und waggonweise verschickt, so dass Heggen und die übrige Welt
diese Schönheiten nicht mehr bewundern kann.
Auf der rückwärtigen Bergseite liegt weiter im heute verlassenen Steinbruch
in der Schrägwand auf der oberen Sohle die Frankenhöhle, 12 Meter lang,
benannt nach den Franken Geyer und Preu, die gemeinsam mit dem Verfasser
im Sommer 1966 eine Vermessung der hochgelegenen Höhle vornahmen. Mit
der Wilhelmshöhle hat diese keine Verbindung.
Auf der gleichen Sohle finden wir noch versteckt im äußersten Winkel
der Steinwand das "Teufelsloch", das einen bizarren und zerrissenen
Eindruck macht und nur mit größter Vorsicht zu betreten ist. Wahrscheinlich
hat diese schöne aber gefährliche Höhle abwärtsführende Verbindung mit der
Wilhelmshöhle.
Nur wenige ältere Bewohner des hübschen Ortes können sich noch an die
Wilhelms-Höhle erinnern. Den meisten Einwohnern ist sie nicht bekannt,
oder sie kennen sie nur als die Höhle am Hörsten. Höhle steht nicht
unter Naturschutz. Besitzer: Dr. Sangermann, Heggen, bei welchem auch
die Erlaubnis für eine Befahrung einzuholen ist. Telefon Grevenbück 7334.

Im II. Weltkrieg wurden in den Hauptgängen der Wilhelmshöhle treppenartige
Stufen ausgebaut. Sie diente in dieser Zeit als Luftschutzraum für die
dortigen Einwohner. In der Folgezeit verkam diese einstmals sehr schöne Höhle
durch Tropfsteinplünderung, Raubgräberei und Vandalismus zu einer "wilden
Mülldeponie". Das ist das allgemeine Los aller offenen, also nicht gesicherten
Höhlen. Der Eigentümer bekümmerte sich um nichts, ließ den Eingang für jeden
offen und bezeichnete die Vermüllung im Eingangsbereich als Abschreckung für
"Höhlentouristen". Der negative Erfolg dieser Fahrlässigkeit ist jetzt
bleibend erkennbar.
Chronologischer Abriss zur Wilhelmshöhle
März 1874 Entdeckung der Höhle bei Steinbrucharbeiten
1896 Hinweis auf die bereits weitestgehende Zerstörung
des ursprünglich sehr reichhaltigen Sinterschmucks (lt. Sauerl.
Gebirgsbote Nr. 1, S. 16-17)
1910 Erste Handskizze des bis dahin bekannten Gangsverlaufs
durch Dr. Benno Wolf (lt. Westdeutsche Höhlen I, Nr. 2, S. 3)
1944 Heggener Bürger nehmen in der Höhle Veränderungen vor.
Flächenplanierung und Wegebauarbeiten, um sie wegen ihrer ortsnahen
Lage während des Krieges als Luftschutzraum nutzen zu können (Heimatzeitung
für Soldaten, Nr. 4)
Nach dem Krieg steht die Höhle Jahrzehnte offen und wird zu
einer wilden Mülldeponie
September 1986 Entdeckung eines neue Höhlenteils (ca. 40 Meter),
danach Vermessung und sofortige Verfüllung des Zugangs, um erneute
Plünderungen des Sinterschmucks zu verhindern (HARA u. a.)
Oktober 1992 Exhumierung eines Mordopfers, das zwei Jahre unentdeckt
in den Sedimenten des Hauptganges der Höhle vergraben lag, durch die Kripo Köln
(WR v. 10.10.1992 u. a.)
April 1993 Erste provisorische Sicherung dees Eingangs mit einem
Gitter und einer Umzäunung der Bruchsteinwand durch die Gemeinde Finnentrop.
Beides wurde wenig später durch Vandalismus zerstört.
1995 Umfassende Plandarstellung und eine Beschreibung der Höhle
werden erstmals veröffentlicht (HARA im VdHK-JB für 1991/92, S. 83-91)
August 1997 Geophysikalische Messungen (Radiomagnetotellurik) auf
der Hochfläche über der Höhle, um evtl. Fortsetzungen zu orten (Universität
Köln und HARA)
Mai 1999 Die heutige (2010) Sicherung der Höhle (wie beschrieben) wird
eingebaut (SGL + HARA)
Sommer 1999 Geophysikalische Messungen (Georadar) u. a. zur Klärung
möglicher, bisher unbekannter Fortsetzungen. (Dipl.-Arbeit der Uni Köln)
Juli 2001 Inkrafttreten der amtlichen Unterschutzstellung der Höhle
laut Bodendenkmalschutzgesetz NRW auf Antrag des Amtes für Bodendenkmalpflege.

Quelle: Landschaftsplan Nr. 3 - Attendorn - Helden - Heggen
2.1.1 NSG „Auf dem Hahne“
Erläuterung:
Zwischen der Wohnsiedlung von Heggen und dem südlich gelegenen Gewerbegebiet
ist ein Hügelrücken erhalten geblieben, geprägt durch den devonischen Massenkalk.
Am Fuße einer ca. 8 m hohen Felswald liegt die Wilhelmshöhle, eine Naturhöhle, deren
Eingang durch einen Zaun versperrt ist. Die magere, artenreiche Schafweide des
Hügelrückens weist ein auffallendes, von zahlreichen ehemaligen Ameisenhaufen geprägtes
Kleinrelief auf. Das Schutzgebiet grenzt an einen ehemaligen Steinbruch, dessen
15 bis 18 m hohe Felswände zum Gewerbegebiet hin abfallen.
Trotz seiner bescheidenen Ausdehnung besitzt das Schutzgebiet einen vielfältigen
Biotopkomplex: Es ist wichtiger Refugial- und Vernetzungsbiotop für Pflanzen- und
Tierarten carbonatischer Standorte und ihre Vergesellschaftungen im Bereich der
Doppelmulde von Attendorn-Elspe. Die Höhle ist darüber hinaus ein herausragender
geogener Sonderstandort und und ein geowissenschaftlich wertvolles Objekt.
Schutzzweck und Schutzziel:
(1) Die Unterschutzstellung erfolgt
1. zur Erhaltung, Herstellung und Wiederherstellung
- überregional bedeutsamer Lebensräume und Lebensstätten seltener und gefährdeter
sowie landschaftsraumtypischer Tier- und Pflanzenarten innerhalb
eines der größten Kalkmagerrasen in der Attendorn-Elsper Kalksenke, z. T.
natürlicher Kalkfelsen und einzelner bodenständiger Gehölze und Gehölzgruppen,
- von Biotopen und Vorkommen der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten, die in
den Anhängen I und II der FFH-Richtlinie aufgeführt sind. Soweit Biotope oder
Arten bedroht sind und ihre Erhaltung von besonderer Bedeutung ist, sind sie
als prioritär eingestuft.
Hierbei handelt es sich um folgende Biotope gemäß Anhang I der FFHRichtlinie:
- Lückige Kalk-Pionierrasen (6110, prioritärer Lebensraum),
- Trespen-Schwingel-Kalktrockenrasen (6210),
- Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation (8210),
- Nicht touristisch erschlossene Höhlen (8310).
2. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen, landeskundlichen und erdgeschichtlichen
Gründen,
3. wegen der Seltenheit, besonderen Eigenart und der hervorragenden Schönheit des
Gebietes.
Weitere Quellen:
Dohle, Hubert: Die Heggener Höhlen.
In: Heggen im Wandel der Zeiten / hrsg. vom Schützenverein Heggen 1867 e.V. Zsgest. von Paul Hesener. Heggen 1997, S. 28-32 : Ill.

Das "Teufelsloch" könnte eine Verbindung
|
|

zur Wilhelmshöhle haben.
|

Weiterer Höhleneingang am Fuße des Kletterfelsens
Katasterbezeichnung: Wilhelmshöhle Kat.-Nr. 4813/003
Gesamtlänge: 335 Meter
Synonyme Bezeichnungen:
"Heggener Höhle" (Thienemann 1916, Wolf 1934-37,
Griepenburg 1941, Mieles 1967, Lengersdorf 1961)
"Heggen cave" (Geyh & Henning, 1986)
Höhle "im Hörsten" (Heggener Bevölkerung)
Eingangslage: Es existieren zwei ca. 12 Meter auseinanderliegende
Eingänge. Die obere, nordwestliche Öffnung, wurde durch Sprengarbeiten
(1874) freigelegt. Sie befindet sich etwa 6 Meter hoch in der seiger
stehenden Steinbruchwand. Breite: 0,90 Meter, Höhe 1,40 Meter. Dieser
Eingang ist zugemauert und mit einer Fledermaus-Einflugöffnung versehen
worden. Der untere Eingang wurde später angeschossen, um einen leichteren
Zugang zur Höhle zwecks Erschließung zu haben. Dieser söhlig verlaufende
Eingang weist eine Breite von ca. 1,60 Meter und eine Höhe von etwa 4,00
Meter auf und liegt in 270 Meter über NN. Im Eingangsbereich wurde der
Höhlengang durch eine Mauer verschlossen, in der jetzt eine Stahltür
(ca. 50 mal 50 Zentimeter) einbetoniert ist. Beide Eingänge zeigen nach
NW und sind gut sichtbar.
|