Leserbrief aus dem ST und der WR vom 14.02.2001
(ST): "AquaMagis" - zu Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt
oder Apotheker"
(WR): "Werbefuzzi denkt für uns, der Marktstratege lenkt für uns"
Es ist nix mehr, wie es einmal war. Wir alle haben beim Fernsehschauen den
gleichen Ärger: Bevor Alida im Big-Brother-Container die Hüllen fallen lässt und uns zeigt,
wie man unter der Dusche sinnvoll ein Stück Kernseife einsetzt, werden wir erst einmal
gehirnmäßig gründlich mit Werbung zugepflastert. Hat ein sibirischer Polarelch drei, vier oder
fünf Höcker? Günther Jauch erlöst uns von dieser quälenden Frage nur dann, wenn wir uns
vorher noch die Birne mit endlosen Werbespots volldröhnen lassen.
In den guten alten Zeiten waren es der Herr Pastor, Bürgermeister und
Dorffriseur, die uns sagten, was gut und böse, schön und hässlich ist. Da die Menschen nicht
auf sie hören wollten, hat uns der liebe Gott mit Werbefuzzis und Marketingstrategen bestraft.
Jetzt haben wir den Salat! Diese Experten bestimmen unser ganzes Leben - sie haben uns alle
fest im (Würge-)Griff. Sie bestimmen, ob wir den Scheitel rechts oder links tragen, was wir
essen oder trinken sollen, welche Körperteile wir piercen oder in welchen Farbtopf wir unsere
Haarpracht tauchen sollen.
Sie sagen uns auch, wie wir unser Stadtbad nennen sollen. Werbefuzzi denkt
für uns, der Marktstratege lenkt für uns.
Dabei fing alle so schön an . . . Vor Jahren wurde ein Wettbewerb ins Leben
gerufen, an dem alle interessierten Bürgerinnen und Bürger teilnehmen konnten. Es sollten
Vorschläge gemacht werden, welchen Namen das Freizeitbad erhalten soll. Viele zermarterten
sich das Gehirn, rund 300 Vorschläge wurden eingereicht. Aber alles für die Katz', denn die
Werbefuzzis und Marktstrategen sind der Meinung, nur ihr Vorschlag sei die allein selig
machende Lösung.
Es dürfte allen klar sein, dass man nicht über jedes Detail alle Bürger zum
Abstimmen aufrufen kann. Zum Beispiel, ob die Toiletten des Freizeitbades von innen oder von
außen verschließbar sein sollen. Aber wenn wir schon in demokratischer Form über den Bau des
40-Millionen-Projekts abstimmen durften, hätte man uns nicht auch die Namensgebung überlassen
sollen?
Nein, die 'Fachkompetenz' der Werbefuzzis und Marketingstrategen zählt bei
unseren Badplanern mehr als der Bürgerwille.
AquaMagis Plettenberg soll das Prachtwerk heißen. Klingt sehr schön, aber nur
in den Ohren der Apotheker und Ärzte vielleicht, die das große Latinum haben!
Ich persönlich denke da eher an eine neue Schnapssorte aus dem hohen Norden, an
einen Magenbitter gegen Dünnpfiff oder eine Tinktur gegen Fußpilz: Es fehlt nur noch der Zusatz:
Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Möglichweise können wir uns an diesen akademisch klingenden Namen schneller gewöhnen, wenn wir
einige Lateinkurse belegt haben. Zurzeit bin ich leider nicht in der Lage, einen Zusammenhang
zwischen Plettenberg, Freizeitbad Plettenberg und AquaMagis zu erkennen. Wo liegt der tiefe
Sinn? Wo sind die Zusammenhänge und Bezugspunkte?
Dabei hätte sich die Werbeagentur F1 die Arbeit leicht machen können. Warum
hat sie uns nicht 'M1' vorgeschlagen? Das ergibt einen Sinn: Das Wasser ist in der Mitte des
Beckens einen Meter tief. Oder '2a+3b=c'. Auch logisch: Mit diesem Namen, auch Formel zugleich, kann
jeder Badbenutzer etwas anfangen. Er kann errechnen, welchen Anlauf er nehmen muss, damit er
beim Sprung vom 10-m-Brett nicht neben dem Wasserbecken landet.
Herrjemine! Es gibt doch so viele Möglichkeiten, einem Bad einen attraktiven
Namen zu verpassen. Es muss ja auch nicht unbedingt ein Kürzel sein; ein bisschen mehr,
vielleicht wie die Schwarzfußindiander zu sprechen pflegen, klingt auch ganz gut. Wie wär's
mit 'Der Ort, wo Onkel Willy seine Käsemauken ins Wasser taucht'? Das ist Musik für die Ohren.
Ein Name, den sich jeder merken kann. Aber AquaMagis Plettenberg?
Eigentlich wissen die Werbefuzzis ja selber, dass dieser Name nichts taugt
(Grund: pseudoakademisches und wissenschaftlich anmutendes Vokabular, steif, abgehoben, kein
Bezug zum Standort, von Spaß und Lebensfreude keine Spur), daher werden jetzt schon mehrere
100 000 Mark eingeplant, um Besucher anzulocken.
Man sollte nicht vergessen: Alle im Zusammenhang mit dem Freizeitbad
entstehenden Kosten werden auf die zukünftigen Besucher verteilt. Da die allerbeste Werbung
immer noch ein gutes Angebot ist (attraktives Bad, niedrige Eintrittspreise), wäre es allemal
fairer, besser und billiger gewesen, die ca. 300 Bürgervorschläge zur Wahl zu stellen, die
'mehrere 100 000 Mark' für attraktive Eintrittspreise zu verwenden.
Und wenn unser Leben ohne Werbefuzzis und Marketingstrategen nicht mehr
gemanagt werden kann, sollte man einem fähigen Mitarbeiter/in in der Stadtverwaltung eine
Zusatzausbildung in diese Richtung finanzieren, damit wir nicht immer in Sachen 'Werbung &
Marketing' auf auswärtige Unterstützung angewiesen sind.
Warum Unsummen dafür ausgeben, dass uns ein Experte sagt, dass unsere Stadt
'hässlich' ist, und unsere Straßen überall mit Hundeköttel übersät sind?
Spätestens seitdem unser Kanzler durch Fahnungsfotos verunglimpft wurde,
wissen wir doch alle: Es ist nicht immer das Gelbe vom Ei, was uns die Werbung für viel Kohle andrehen will."
Ferenc Csapó
Ernst-Moritz-Arndt-Straße 42
58840 Plettenberg
Leserbrief aus dem ST und der WR vom 13.02.2001
(ST): Willkommen im "AquaPLEsier"
(WR): Name Aqua: "Alles andere, als originell"
"Nun ist er raus! Wie berichtet wurde, soll das geplante Plettenberger
Freizeitbad den Namen 'AquaMagis Plettenberg' erhalten. Bedenken gab es ja bereits in der
Düsseldorfer Werbeagentur. Und auch viele Plettenberger Mitbürger werden da ihre Bedenken haben.
Der erste Bestandteil des Namens ist ja nun wirklich alles andere als
originell, da zahlreiche Freizeitbäder im In- und Ausland das lateinische Wort 'Aqua' in ihrem
Namen verwenden.
Keine Originalität, doch der Wiedererkennungswert und die Merkfähigkeit von
'Aqua' sind unbestritten.
Aber warum 'AquaMagis'? Das kann doch nicht der Weisheit letzter Schluss sein.
'Aqua' könnte ja bleiben, aber 'Magis' müsste durch einen Begriff ersetzt werden, der
verständlicher und ehrlicher ist.
Ich habe seinerzeit einen Namen vorgeschlagen, der vier Kriterien erfüllt,
die man von einem solchen Namen erwartet: 1. bereits vom Klang her eine Assoziation mit
Plettenberg; 2. vom Inhalt her ein Hinweis auf die Zweckbestimmung der Anlage; 3. Originalität
durch eine kleine Veränderung der Orthographie und des Druckbildes; 4. und schließlich eine
besondere Suggestivkraft, die vom Namen eines Freizeitbades ausgehen sollte. Aus dem
französischen 'plaisir' ist eingedeutscht 'Pläsier' geworden und hat wie im Französischen die
Bedeutungen 'Vergnügen, Spaß, Freude, Lust, Unterhaltung. . .' Abgewandelt in 'PLEsier'
erfüllt dieser Namensvorschlag die oben genannten Kriterien und würde den Begriff 'Magis'
mehr als ersetzen.
'PLEsier' als 'AquaPLEsier Plettenberg' wäre eine echte Alternative zum
vorgesehenen Namen 'AquaMagis Plettenberg', weil verständlich, ehrlich und nicht überspannt."
Dr. Carl Peter Fröhling
Böddinghauser Weg 51
58840 Plettenberg
Artikel aus der Westfälischen Rundschau vom 10.02.2001
AquaMagis: "Magische" Wortschöpfung verzaubert die einen -
verärgert die anderen
Plettenberg. (psr) Markt der Meinungen: Der Name für das geplante
Freizeitbad "AquaMagis Plettenberg" spaltet die Lager. Bei einer Umfrage auf dem Wieden hielten
die einen den Titel für billig - die anderen für blendend.
Nennenswerte Probleme hat jedoch keiner. Rund 40 Millionen soll es kosten -
das geplante Freizeitbad im Böddinghauser Feld. In den letzten Wochen kostete es die
Werbefachmänner und Projekt-Planer vor allem Nerven. Rund 300 Bürger-Vorschläge flatterten
ihnen auf den Tisch - doch der endgültige Name des Bades wuchs schließlich auf ihrem eigenen
Mist. Wenig überraschend für viele, wie zum Beispiel für ein Rentner-Ehepaar aus Plettenberg:
"Das ist eben so, die hohen Herren tun ja doch, was sie wollen." Der neue Name kann beide
nicht recht überzeugen: "Ist uns zu hoch", so das Urteil.
Auch eine 65-jährige Seniorin aus Ohle kann nur mit dem Kopf schütteln: "Von
wegen magische Assoziationen - ich finde den Begriff einfach bescheuert, wozu haben wir denn
die vielen Vorschläge gemacht?"
Renate Duschel (58) aus Sundhelle dagegen ist zufrieden: "Warum nicht
AquaMagis? Das Kind braucht doch einen Namen." Das sieht auch Enkel Andre´ so und freut sich
schon jetzt auf das Toben im nassen Element. Eher zurückhaltend zeigt sich eine zweifache
Mutter aus Plettenberg. Für sie sei der Name doch nur Schall und Rauch: "Auf das Ambiente
kommt es an", ist für sie klar. Wichtig sei nicht der Name, sondern Angebot und Eintrittspreis.
Stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis würde sie mit ihren Kindern statt in Werdohl zukünftig
lieber in ihrer Heimatstadt baden gehen. Gar nicht überflüssig findet Fritz Zimmermann die
langen Überlegungen zur Namensfindung. Ein gutes Produkt brauche einen treffenden Namen:
"AquaMagis - das trifft ins Schwarze, geht gut ins Ohr", so der 66-jährige Rentner aus
Herscheid. Zustimmendes Nicken auch von Barbara Zdrojewski (40). Sie hält die Wortneuschöpfung
für ein gutes Aushängeschild auch über die Stadtgrenzen hinaus.
Leserbrief aus der WR vom 10.02.2001 und dem ST vom 09.02.2001
(WR): "AquaMagis": Wahrlich polarisierender Name
(ST): "AquaMagis" zergeht auf der Zunge wie Rübenkraut
"Mein Federhalter ging vor Hochachtung hinten hoch,
als ich diesen klangvollen Namen zu Papier brachte, und ich dachte unwillkürlich an den schon
überholten Ausspruch unserer Altvorderen: "Die Zeiten sind veränderlich, der Leutnant hütet
jetzt die Kühe."
Wohl war, ein polarisierender Name, der auf der Zunge zergeht wie Rübenkraut,
doch ist er so volksnah, dass die Besucher ihn auf Dauer liebevoll aussprechen und ins Herz
schließen? "AquaMagis". Wohl kaum, denn beim Aussprechen rutscht mir schon die Zunge aus dem Hals.
"Heut geh'n wir ins Maxim", sang einst Johannes Heesters und jeder wusste, wo
es lang ging. Aber das hier machte selbst Udo Lindenberg einige Mühe und er hätte wohl das Lied
von "Anke-Maria" gesungen.
Als ich heute morgen die kommende Überschrift für das neue Volks- und
Freizeitbad las, dachte ich sofort an ein medizinisches Wasserzentrum und dachte erneut, schon
wieder etwas neues aufregendes in unserem kleinen Städtchen?
Hoffentlich gibt es genügend lateinische Schwimmer unter den Besuchern, die
dem restlichen Volk, das einer solchen Sprache nicht mächtig ist, den Sinn erklärt. Wo ohnehin
so viel Bildungslücken vorhanden sind.
Da wird zurzeit öffentlich von regierender Stelle gefordert, Fremdwörter aus
dem deutschen Sprachgebrauch zu verbannen, da haben wir schon wieder ein Problem damit - und
ausgerechnet in Plettenberg. Italien und Frankreich geben uns sprachlich ein positives Beispiel.
Doch ich möchte zu gerne wissen, wieviel Penunze dieser tolle Name gekostet hat.
Übrigens, "Penunze" ist nicht lateinisch, sondern kommt aus dem Volk."
Wolfgang Lückel
Danziger Straße 16
58840 Plettenberg
Artikel aus dem Süderländer Tageblatt vom 09.02.2001
Die Konkurrenz schläft nicht: Olpe investiert 15 Millionen in Freizeitbad
PLETTENBERG (gt) Noch ist nicht einmal der erste Spatenstich getan,
lediglich der Name steht schon fest. Dennoch ruft das neue Plettenberger Freizeitbad "AquaMagis"
bereits die Konkurrenz auf den Plan.
Im Lüdenscheider Saunadorf können die Gäste jetzt völlig kostenlos im Internet
surfen, das Finto in Finnentrop lockt in den Ferien mit ausgeweiteten Öffnungszeiten. Und auch
in Gummersbach entsteht ein Freizeitbad - Mitte Januar fand der erste Spatenstich für das
24-Millionen-Mark-Projekt statt.
Noch einen Schritt weiter geht man in Olpe. Das vorhandene Freizeitbad,
beliebtes Ausflugsziel für Plettenberger Schülergruppen, soll für rund 15 Millionen Mark
erweitert werden. Noch in diesem Jahr soll Baubeginn für die Anlage sein, die mit ihrer
Ausstattung dem Plettenberger "AquaMagis" deutlich Konkurrenz machen wird.
"Land auf, Land ab entstehen derzeit neue Freizeitbäder, wie auch in
Plettenberg. Dem zunehmenden Wettbewerb wollen wir begegnen, indem wir unser Bad jetzt auf ganz
neue Füße stellen", betonte Wilfried Holtkamp, Geschäftsführer des Bäderbetriebs in Olpe.
Zusammen mit der Firma "kplan" aus der Nähe von München hat Olpe einen
Wettbewerb ins Leben gerufen, an dem sich 50 Architekturbüros beteiligt haben. Drei der
eingereichten Pläne wurden ausgewählt und am Mittwoch dem Olper Rat vorgestellt. Alle drei Studien
sehen die Aufgabe des angrenzenden Freibades vor. Holtkamp: "Das Freibad ist wie in anderen
Gemeinden auch nicht wirtschaftlich zu betreiben. Wir werden es voraussichtlich nach der
bevorstehenden Saison schließen."
Das vorhandene Freizeitbad (Holtkamp: "Wir haben bereits ein hervorragendes
Bad.") soll zu einem neuzeitlichen Bad werden, das für alle etwas bietet. Eine großzügige
Erweiterung der Saunalandschaft auf rund 1 000 bis 1 500 Quadratmeter mit Erdsauna und
großzügigem Außenbereich, neue noch größere Rutschen, Außenbecken, in denen man auch im Winter
schwimmen kann, Strömungsanlagen und, so Holtkamp, ein "ansprechend großes Solebecken mit
Außenbereich" sind eingeplant.
Als Namen für das neue Olper Freizeitbad stehen derzeit "Scandimare",
"Naturbad Biggestrand" und "Lagunenbad Olpe" im Raum.
Geschäftsführer Wilfried Holtkamp geht davon aus, dass in den nächsten acht
Wochen die Entscheidung über den Auftrag für das neue Bad fällt.
Für das Plettenberger "AquaMagis" könnte es damit "eng" werden. Denn das
hiesige Konzept sieht einen gewaltigen Einzugsbereich vor, aus dem die Badegäste künftig nach
Plettenberg strömen sollen. Doch die Plettenberger Attraktionen wie Riesenrutsche,
Strömungsbecken, Saunalandschaft und das - in Plettenberg recht klein geratene - Solebecken
bietet künftig auch Olpe an. Wobei das Olper Bad bereits jetzt auf eine große Stammkundschaft
zählen kann und verkehrsgünstig an den Autobahnen A 4 und A 45 liegt, während sich das recht
abgelegene Plettenberger "AquaMagis" erst noch durchsetzen muss.
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