Westfälische Rundschau, Ausgabe Plettenberg, vom 09.02.2001

Erste Windturbinenanlage stand 1914

Plettenberg. Bereits im Jahre 1914 gab es die erste Windturbinenanlage in Plettenberg. Gerd-Wilhelm Klaas, Leiter der Stadtwerke-GmbH, hat die Geschichte der Anlage zu Papier gebracht.

In den letzten Jahren werden regenerative Energien wie "Windkraft" wieder gefördert. Welcher Plettenberger weiß noch, dass bereits vor 87 Jahren im Amt Plettenberg eine Windkraftanlage gebaut und damit Elektrizität erzeugt wurde?


Die erste Windkraftanlage in Plettenberg erzeugte ab 1914 auf der Bauckmecke Strom. Der heute dort stehende Stahlgittermast zählte schon zur Stromversorgung durch das Kommunale Elektrizitätswerk Mark.

Der fortschrittliche Landwirt Wiesermann aus Landemert bei Plettenberg, beauftragte die Vereinigten Windturbinenwerke GmbH aus Dresden-Reick, am 22. April 1914 damit, eine Windturbinenanlage zum Maschinenantrieb mittels 4,5 Meter Herkules auf einem 14 Meter hohen Holzturm zu erstellen. Tatsächlich wohnte der Landwirt Wiesermann jedoch nicht in Landemert, sondern in der "Bauckmecke".

An Elektrizität war 1914 in Landemert wie auch in der "Bauckmecke" nicht zu denken. Dagegen wurden bereits 1898 die ersten elektrischen Straßenlampen in der Plettenberger Innenstadt betrieben.

Aurelia Höhne geb. Schulte, die Klaas in der "Bauckmecke" anrief (Januar 2001), bestätigte, dass mit der Windkraftanlage Strom erzeugt worden sei. Der 14 Meter hohe Turm der Windturbinenanlage bestand aus einer Holzkonstruktion. Am oberen Ende war eine begehbare Plattform. Der konisch gebaute viereckige Turm hatte unten die Maße 2,60 Meter mal 2,60 Meter. Auf der Höhe der Plattform betrug das Maß nur noch 0,4 Meter. Vier kreuzende Holzbalken stabilisierten jede Seite. Die begehbare Plattform war 2 Meter mal 2 Meter groß. Sie war über eine Leiter zu erreichen. Das Fundament war 1,20 Meter in die Erde eingelassen. Drei Meter lange Holzbalken wurden eingelassen. Die Fundamentbalken waren mittels acht Maschinenschrauben mit der übrigen Turmkonstruktion befestigt worden.

Das Windrad war mit 18 Flügeln ausgestattet. Es hatte einen Durchmesser von etwa 4,5 Meter. Dieses Windrad war mit einer 3 Zentimeter starken Welle, welche durch Lager gesichert wurde, verbunden. In 1,80 Meter Höhe war eine Umlenkrolle mit Zahnrädern, welche die senkrechte und die waagerechte Welle verband. Die waagerechte Welle ging bis in das Haus und speiste einen Generator. Beide Wellen waren mit jeweils fünf Lagern gesichert. Immer dann, wenn genügend Wind vorhanden war, hatte der Bauernhof Strom. Es ist nicht bekannt, ob Akkumulatoren vorhanden waren, um bei Windflaute darauf zurückgreifen zu können.



Im Jahre 1927 wurde Landemert elektrifiziert
1927 wurde Landemert elektrifiziert. 1928 wurde der Bauernhof "Bauckmecke" und Hülschotten mit oberirdischen Freileitungen an das öffentliche Netz angeschlossen.

Da das Holz im Fundament eingelassen war, wurde es im Laufe der Zeit (nach 14 Jahren) morsch. Die Bauckmecke wurde jetzt mit Strom von der Kommunalen Elektrizitäts Gesellschaft Elektromark AG versorgt. Die Windkraftanlage wurde demontiert.

Auch wenn der Wind nicht blies, oder die Batterien gerade nicht aufgeladen waren, stand ab sofort zu jeder Zeit Strom zur Verfügung. Die "Bauckmecke" war nicht das letzte Haus, das im Amt Plettenberg mit Strom versorgt wurde. Selbst 1945 waren noch nicht alle Häuser an die Stromversorgung angeschlossen. Hof Kahlberg bekam 1948 und der Bärenberg Strom aus dem Netz.


1956: Briefträger Jupp Becker, Emma und Helmi Schulte von der Bauckmecke

Das Landwirtschafts-Lexikon aus dem Jahre 1888 berichtet über diese Anlage auf Seite 991 folgendes:

"Motor zur Nutzbarmachung der Kraft der bewegten Luft.
Die Windturbinen unterscheiden sich von den Windrädern mit Flügeln dadurch, daß sie eine vertikale Drehachse besitzen, während der Flügelumfang eine Trommel um diese Achse bildet. Damit das Rad überhaupt zur Drehung komme, muss stets die Einrichtung getroffen sein, dass der Wind nur auf die eine Hälfte der der Windrichtung entgegenstehenden Fläche einen Druck ausüben kann. Es wird dies durch mehr oder minder vollkommene Anordnung erreicht, in neuerer Zeit zumeist durch einen Apparat, ähnlich dem Leitschaufelapparat einer Radialturbine, welche durch eine Windfahne in großen Abmessungen derartig eingestellt wird, dass der Wind die Radschaufeln in der vorteilhaftesten Richtung trifft. Es muss bezweifelt werden, dass diese Konstruktion für größere Leistungen, d. h. für mehr als zwei Pferdekräfte jemals vorteilhafte Verwendung finden werde, da die Trommel eine ganz außerordentliche Abmessung erhalten muss, um die Druckfläche für diese Leistung zu liefern".


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