Die Behauptung von Frommann, daß die Germanen in der vor- und frühgeschichtlichen Zeit in Dörfern zusammenzuwohnen pflegten (Frommannn, P. D.: Geschichte der Gemeinde Plettenberg, Ohle und Herscheid, 1927, S.1), ist falsch. Die Germanen - wie das u. a. auch A. K. Hömberg beweist - kannten in dieser Zeit weder Agrarkommunismus noch gemeinsame Feldbestellung durch dörfliche Genossenschaften. Jeder konnte soviel Land roden und damit für sich in Besitz nehmen, wie er für dienlich hielt. Erst durch die Rodung hat das Land einen Wert bekommen. 12)Volksvermehrung bewirkte, daß die aus Einzelhöfen und kleinen Hofgruppen bestehenden Kleinsiedlungen der Frühzeit im 13. u. 14. Jahrhundert - wenn die ökologischen Bedingungen dies zuließen - zu Dörfern heranwuchsen. Auch im Raum Plettenberg hatten die vorhandenen Bodenverhältnisse den größten Einfluß auf die Art der frühen Besiedlung. So gestatteten die engen Tälchen und manche Höhen nur eine Besiedlung in Form von Einzelhöfen. Dagegen boten die weiten Talmulden im Laufe der Zeit die Voraussetzungen zur Bildung größerer Siedlungsgebiete. Durch diese topographische Beschaffenheit entstand im Raum Plettenberg im Verhältnis zu der eingenommenen Fläche eine große Zahl von größeren und kleineren Ortschaften wie sonst nirgends im märkischen Sauerland. Die Besiedlung unseres Raumes ist vermutlich durch mehrere Völkerschaften durchgeführt worden. Die Namensgebung der Ortschaften beweist sächsische Einflüsse: Endungen auf -inghausen, und -sen stammen vermutlich aus dem 7. - 8. Jahrhundert. Wir stoßen auch auf typisch fränkische Ortsnamen mit den charakteristischen Endungen auf -heim z. B. Kückelheim. Nach Frommann soll die Gründung der Orte, deren Namen auf »ohl« enden, auf die Ampsivarier zurückgehen, die dieses Gebiet noch vor der Ankunft der Sachsen bewohnten. Dazu zählte er die Orte: Pasel, Siesel, Ohle und Teindeln. Für diese These fehlen jedoch bis heute stichhaltige Beweise. 13)Als die Wirren der Sachsenkriege abflauten, setzte die von den staatlichen und kirchlichen Stellen getragene große Rodeperiode ein. Sie beginnt im Süderbergland mit der Gründung von Ortschaften mit den Ortsnamen auf -hausen. Dem folgten Gründungen mit den Ortsnamen auf -scheid, -rod, -hagen- -bracht. Diese große Rodeperiode kommt im 12./13. Jahrhundert zum Stillstand. 14)Beweise für die Besiedelung unseres Raumes durch Angehörige verschiedener Stämme finden wir auch in der Sprache. Frommann schreibt in seinem Buch Geschichte der Gemeinden Plettenberg, Ohle und Herscheid: »In den Ortschaften Plettenberg, Ohle und Herscheid ist der Dialekt nicht überall genau derselbe... Die Sprache und die Art der Ansiedlung erwecken den Anschein, daß unsere Vorfahren nicht Glieder einer einzigen, sondern verschiedener Völkerschaften sind«. 15)
------------------------------------------------------------------ Forschung für die Siedlungsgebiete unserer Heimat, in: Der Märker, H.7/8 1954, S.144. 13) Frommann, P.D.: Beiträge.zur Geschichte Plettenbergs, Hagen 1953, S.6. 14) Dittmaier, H.: Ortsnamen und Siedlungsgeschichte des 15) Frommann, P.D.: Geschichte der Gemeinden Plettenberg Ohle...S.1.
Die Existenz der Wallburg verhalf Ohle dazu, schon früh im Buch der Geschichte einen Platz zu erobern. Wie wir schon erwähnt haben, wurde die Wallburg auf dem Sundern nach dem Sieg über die Sachsen zum Stützpunkt der fränkischen Eroberer. Die Franken selbst wurden allmählich seßhaft und widmeten sich zunehmend friedlicherer Beschäftigung. Sie legten nicht weit vom Eingang zur Burg Felder an. Später bauten sie auch Behausungen in der Nähe der benutzten Landfläche. Dies bestätigen archäologische Funde. Bei den Erschließungsarbeiten zum Bau der Siedlung "Auf der Burg" entdeckte man im Vorgelände der Hünenburg Brunnenbauten und Keramik der Badorfer Gruppe, die sog. Fludersbach-Ware, und der Pingsdorfer Töpferei bei Köln. (Sönnecken, Heimatchronik des Kreises Lüdenscheid, S.31; vgl.derselbe, Frühmittelalterliche Siedlungsspuren auf der Gringel-Terrasse bei Ohle entdeckt, in: Der Märker, H.12, 1964, S.277-278.) Der ehem. Landesmuseumsdirektor H.Beck aus Münster beschreibt die Funde wie folgt: "Das große gelbliche Stück mit seichter Riefung gehört zur Badorfer Gruppe. Für echtes Badorf hat es zu große und zu runde Quarze. Das kleine, weiche, kreidig-weiße Stück ist entweder echtes Badorf, wahrscheinlicher aber von einer anderen Töpferei der Zeit. Der abgeknetete Standring und die kleine Wandscherbe, schmutzig-weißlich und weich, ist einwandfrei Fludersbach-Ware. Mit diesem Material sind wir im 9.-10. Jh. Die helle, mit roten Kringeln bemalte echte Pingsdorfer Scherbe und das kleine hellbräunliche Stückchen passen dazu oder sind wenig jünger. Der kleine, weiche, schwarzgraue Rand mit den großen runden Quarzen und der innen abgestrichenen Facette ist sicher ebenfalls frühmittelalterlich. Ähnliche Ware kommt in Fludersbach vor. Die harte, außen graue, innen rötliche Scherbe ist mit kleinen Bachsandgeröllen gemasert und sicher einheimisch. Auch sie würde ich ohne Zögern in das Frühmittelalter setzen". (Zit. nach Sönnecken, Frühmittelalterliche Siedlungsspuren auf der Gringel-Terrasse..., o. c. S.277.) Die Burg nutzte man nur als Zufluchtsort bei Kriegsgefahr. Als die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen abflachte, siedelten sich die Burgbesatzer im Lennetal auf dem Ohle an. In Ohle selbst wurde ein weiterer Stützpunkt der Franken errichtet, und zwar eine Curtis - ein Königshof. Karl der Große ließ diese Königshöfe, die den vorbeimaschierenden Einheiten Unterkunft boten und sie mit Proviant versorgten, planmäßig zur militärischen Beherrschung des Landes anlegen. Es waren befestigte Gutshöfe mit einer Anzahl abhängiger Bauern, die den Königshof mit Naturalien versorgen und im Kriegsfall verteidigen mußten. Die Curtis in Ohle bestand aus einem Burghaus und einer daran angebauten Kapelle. Dazu gehörten auch sieben Scheunen und ein Speicher, die um den Kapellenhof herum gebaut wurden. Die Flurnamen "Wallstück" und "vorm Dore" beweisen, daß diese Anlage durch einen Wall mit eingebautem Tor nach Eiringhausen hin geschützt war. Nach Nordwesten hin schloß sich das Palatium an die Verpflegungsstätte Haribergum für die durchmarschierenden Krieger an. (Frommann, Beiträge zur Geschichte Plettenbergs..., S.7) Den Beweis, daß Ohle eine Gründung Fränkischer Krieger ist, liefert auch die Wahl des Heiligen Mauritius zum Schutzpatron der Ohler Kirche. Er erlitt als Anführer der Thebäischen Legion 286 in Westfrankenreich den Märtyrertod. Der heilige Martin, ein fränkischer Kriegsmann, war der Patron der Ohler Bruderschaft. Er starb im Jahre 400 in Tours. (Frommann, Beiträge zur Geschichte Plettenbergs..., S.8) Die kirchliche Anlage, die zum erstenmal im Liber Valoris der Diözese Köln um 1300 als "capella" erwähnt wird, gilt als typisch westfälische Hallenkirche zu Anfang des 13. Jahrhunderts. (Dösseler, E. Die adelige Grundherrschaft Brünninghausen im Kirchspiel Ohle und ihre Inhaber (v.Ole, v. Röspe. v. d. Horst, v. Wrede), in: Der Märker, H.1, 1961, S.2.) Als Pfarrkirche wird Ohle zuerst 1371 erwähnt.(Seibertz, U.B.I, S.601 "curtis in Eynole in parochia de Ole") Bei Grabungen an der Kirche in Ohle fand man u. a. Importkeramik, die aus der Zeit des 8.-10. Jahrhunderts stammt, ein weiterer Beweis für die fränkischen Anfänge dieser Ortschaft. (Sönnecken, Heimatchronik des Kreises Lüdenscheid, S.31.; derselbe, Frühmittelalterliche Siedlungsfunde an der Kirche in Ohle entdeckt, in: Der Märker, H.1,1964.) Burgvögte dieser Curtis waren vermutlich die Herren von Ole eines der ältesten Adelsgeschlechter in unserer Gegend. Zum erstenmal wird Wilhelm de Ole als Arnsbergischer Ministerial (Ministerialität des Grafen von Arnsberg - früher von Werl) im Jahre 1193 erwähnt.(Erhard, H.A.: Regesta Historiae Westfaliae, Codex dipl. Nr.577; vgl. Dösseler, Die adelige Grundherrschaft Brünninghausen..., o.c., in: Der Märker, H.1, 1961 S.3) In der Folgezeit treffen wir noch oft auf Angehörige des Geschlechts derer v. Ole. Es gab fast kein führendes Dynastengeschlecht und keine Territorialgewalt im Sauerland, in deren Diensten die v. Ole nicht eine hervorragende Rolle gespielt hätten. (Dösseler, E. Die adelige Grundherrschaft Brünninghausen..., Der Märker, H.1,1961, S.3.) Viele Mitglieder dieses Geschlechtes standen auch im Dienste der Kirche. Es ist bekannt, daß 1338 Theodor v. Ole in Livland als Magister und Licentiatus in Legibus tätig war. 1351 wirkte Heidericus de Ole als Vikar in Ole, 1384 war Diederich v. Ole "Canonicus in Collen". Im 14. Jahrhundert waren die von Ohle mehrmals Pastoren in Plettenberg: 1338 Gerhard, 1360 Theodoricus und 1391 Hermann von Ohle, der kurz vorher noch auf der 1389 gegr. Universität zu Köln studiert hatte. (Von den heimatlichen kirchlichen Verhältnissen zur Zeit des Mittelalters. In: Heimatblätter des mittleren Lennegebietes. Jg.4, 1927, Nr.3, S.7-8.) Es ist anzunehmen, daßdie Burgvögte in Ohle neben der Verwaltung der Curtis ebenso für Recht und Gerechtigkeit sorgen mußten. Spuren dieser richterlichen Befugnisse war ein Pranger mit den beiden Schandsteinen, die bis zur Zeit des 30jährigen Krieges vor dem Kirchhof in Ohle standen. Nach Frommann sollte das zur Rechtspflege gehörende Gefängnis, das »Eiserne Kellerchen« mit dem Stock für die Füße bis nach dem Verfall der Ohler Burg in Brüninghausen in Gebrauch gewesen sein. (Frommann, Beiträge zur Geschichte Plettenbergs..., S.8.) Wie groß das Dorf Ohle im Mittelalter war, entzieht sich unserer Kenntnis. Ende des 16. Jahrhunderts zählte man hier nur noch 15 bäuerliche Besitzungen. Nach dem Dreißigjährigen Krieg sollen in Ohle nur 5 Bauern übrig geblieben und "das Dorf so öde und menschenleer gewesen sein, daß die Hasen sich in den Kornkasten bei den Wohnhäusern ihr Lager suchten". (Rötelmann, Wilhelm: Historisch-geographische Beschreibung der Gemeinde Ohle, 1842.) Die meisten Bewohner von Ohle wurden nach der Gründung des Dorfes zu Bauern. Zu ihren Pflichten gehörte der Unterhalt des Burgvogtes und die Verpflegung durchmarschierender Heere. Sie mußten Lebensmittel liefern und Hand- und Spanndienste verrichten. Einige bestritten den Lebensunterhalt als Handwerker. Davon zeugen die Namen vieler ehem. Bewohner von Ohle: Möller, Wüllner (Tuchmacher), Schnieder, Schmied, Cramer u.a.
Das Kirchspiel Ohle Neben dem Haus Ohle befanden sich im Kirchspiel Ohle noch weitere Herrensitze - Brüninghausen und Grimminghausen. Brüninghausen wird zum erstenmal 1311 erwähnt. Die ersten bekannten Besitzer dieses Gutes waren die v. Ohle. Anfang des 15. Jahrhunderts kam das Haus Brüninghausen mit den Grundherrschaften Ohle und Balve als Erbschaft (durch die Heirat der Erbtochter) an die v. Rüspe. Auf die gleiche Weise gingen später die Besitzungen Brüninghausen zunächst an das Geschlecht v. d. Horst und später an die v. Wrede über. (Dösseler, E.: Die Adelige Grundherrschaft Brüninghausen ..., Der Märker H.1, 1961, o.c.; vgl. Fricke, E. Geschichte des Kreises Lüdenscheid bis 1815, in: Heimatchronik d. Kreises Lüdenscheid, Köln 1971, S.105-106.) Das Gut Grimminghausen erscheint zum ersten Mal im 15 Jahrhundert. Es wechselte häufiger den Eigentümer, bis es Anfang des 19. Jahrhunderts in den Besitz des Grafengeschlechts v.d. Busche-Ippenburg kam. (Fricke, E,: Geschichte des Kreises Lüdenscheid, in: Heimatchronik des Kreises Lüdenscheid..., S.106.) Zum Kirchspiel Ohle gehörten noch weitere Siedlungsgebiete, die auch schon seit dem Mittelalter bekannt sind: Teindeln, Elhausen, Erkelzen, Auf der Burg, Jeutmecke, Selscheid.
6. Anfänge der Ortschaft Plettenberg
Der Ursprung Plettenbergs liegt im Dunkel. Es ist jedoch anzunehmen, daß diese Ortschaft aufgrund günstiger ökologischer Bedingungen, schon früh entstanden ist. Die fruchtbaren Täler des Else-, Oester- und Grünebachs, die in den nordöstlichen Ausläufern des Ebbe-Gebirge liegen, luden bestimmt die Menschen ein, hier ihre Existenz aufzubauen. Die Tatsache, daß Plettenberg zu den 14 Stammpfarreien im Kölnischen Westfalen gehörte, (Hömberg, Albert K.: Kirchliche und weltliche Landesorganisation des südlichen Westfalen, Veröffentlichungen der Historischen Kommission Westfalens XXII. Geschichtliche Arbeiten zur westfälischen Landesforschung, Bd.10, Münster 1965, S.30-35.) deutet darauf hin, daß die Kirche um das Jahr 800 entstanden ist. Vielleicht war die Bestimmung Karls des Großen von 785, die besagte, daß für je 120 freie Familien, die eine Markengenossenschaft bildeten, eine Kirche erbaut werden sollte, der auslösende Punkt zur Errichtung dieser Kirche. (Frommann, Geschichte der Gemeinden Plettenberg, Ohle..., S.5.) Für die frühe Entstehung der Kirche spricht auch die Tatsache, daß sie im "Liber valoris" (Einkünfteverzeichnis) aus den Jahren um etwa 1310 der damaligen Erzdiözese aufgeführt ist. Der renommierte Kirchenhistoriker Dresbach meinte dazu: "Man kann ziemlich zuversichtlich annehmen, daß die Pfarrkirchen, die im »Liber valoris« aufgezählt sind, ihrem Ursprung nach fast alle aus der Zeit Karls des Großen stammen". (Dresbach, E.: Die Reformationsgeschichte der Grafschaft Mark, Gütersloh 1909, S.25; vgl. Wientzek, H.: Wetter - Stadt an der Ruhr. Eine Dokumentation in Schrift und Bild, 2. Aufl. Wetter 1982, S.22. Auch die Tatsache, daß die Kirche dem Hl. Lamberti geweiht war, weist auf ein hohes Alter der Kirchengemeinde hin.) Um die Kirche herum breitete sich allmählich die Ortschaft aus. Der ursprüngliche Name der Ortschaft Plettenberg lautete vermutlich »Heslipho«. Er wird in den beiden ältesten uns bekannten Urkunden erwähnt. Die älteste stammt aus dem Jahre 1072. (Abgedruckt in: Seibertz, Urkundenbuch I Nr.30). Aus ihr entnehmen wir, daß der Kölner Erzbischof Anno II. neben anderen Klöstern auch die Benediktiner-Abtei in der Grafschaft im oberen Lennetal gründete und ihr eine Anzahl von Kirchen im Sauerland unterstellte, u.a. Attendorn, Lüdenscheid, Valbert, Herscheid und die Pfarrkirche Heslipho Sancti Lamberti. Aus einer anderen Quelle aus der Zeit von 1101-1131 erfahren wir, daß der Kölner Erzbischof Friedrich I. alle dem Kloster Grafschaft von Anno II. gemachten Schenkungen bestätigte, wobei die o. e. Kirchenorte - auch Heslipho - ebenfalls angeführt sind. (Seibertz, Urkundenbuch I, Nr. ) Der Sinn der Kirchenschenkungen erklärt sich durch das frühmittelalterliche Eigenkirchenrecht. Die Grundherren konnten sowohl über die Einkünfte ihrer Kirchen verfügen, als auch deren Geistlichen anstellen. (Erlemeier, Hans: 150 Jahre Katholische Kirchengemeinde St.Laurentius Plettenberg. [Festschrift] S.16-17.) Auch spätere Quellen sprechen vom Abhängigkeitsverhältnis unserer Kirche vom Kloster Grafschaft, wonach dieses das Patronatsrecht innehatte und das Recht an der Besetzung der Plettenberger Pfarrstelle bis zur Reformation ausübte. (Schwartzen, Albert, v.. Die bauliche Entwicklung der Stadt Plettenberg bis zur Zusammenlegung mit dem alten Amt Plettenberg, in: Der Märker, H.10, 1952, S.227) Zinspflichtige der Abtei Deutz (gegr.1003) saßen ebenfalls in Plettenberg. Es läßt sich nachweisen, daß zumindest Teile der städtischen Bebauung auf dem Besitz dieses Klosters errichtet worden sind. (Erlemeier, H.: 150 Jahre Katholische Kirchengemeinde St...S.16-17; Stivermann, D.: Städtewesen in Südwestfalen. Die Städte des Märkischen Sauerlandes im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Stuttgart 1978 (Spätmittelalter und Frühe Neuzeit, Tübinger Beitr. zur Geschichtsforschung Bd.6), S.23.) Auch Werdener Besitz lag im Raum Plettenberg. In den "Traditiones Werdinenses" wird 1064 erwähnt, daß ein Hof Plettonbracht nach Werden zehntpflichtig war. (Kuemmel, A.:Geschichte des Kreises Altena einschließlich des Gebietes des jetzigen Stadtkreises Lüdenscheid, München (1911), S.61.) Den Namen Heslipho könnte die Ortschaft von einem Gewässer erhalten haben und zwar von dem heutigen Elsebach, dem größten der drei sich unmittelbar vor dem Ort vereinigenden Bäche. Eine urgermanische Bezeichnung für Bach lautete epe, epa apa ipe und ähnlich. Von Schwartzen behauptet, daß Heslipho als Ablativ zu Heslipa aufgefaßt werden und "am", "auf" oder "vom Heslibach" (Elsebach) bedeuten könnte, zumal die Orts- und Flurnamen mit der Endung pe in unserer Gegend häufig vorkommen, z.B. Elspe, Herdepe, Schleipe, Kierspe und, nur wenige Kilometer von Plettenberg entfernt, Hespe bei Balve. (Schwartzen Albrecht v.: Die bauliche Entwicklung der Stadt Plettenberg ..., S.227.) Es gibt jedoch noch eine andere Erklärung für die Herkunft dieses Namens und zwar als Ableitung vom Hestenbaum, einer altsächsischen Bezeichnung für die heutige Buche, zumal die Buche damals den Landschaftscharakter des Sauerlandes bestimmte. (Erlemeier H. 150 Jahre Katholische Kirche..., S.17.) Der Name Heslipho ist in späterer Zeit aus den Urkunden verschwunden. Bereits Mitte des 11. Jahrhunderts tauchte der Name Plettonbrath (Hof Plettonbrath) auf. Dieser Hof war 1064 der Abtei Werden gegenüber zehntpflichtig. Er lag in der Gabel zwischen Grüne und Oester auf dem heute noch so genannten Platberg und gilt als der eigentliche Stammsitz der Familie von Plettenberg. Die nach Werden abgeführten Summen betrugen jährlich 3 Solidi (Münze, entsprechend Schilling. 1 Solidus = 12 Denare. 12 Solidi = 1 Mark) und 4 Denare. Die Quellen bestätigen, wie wir das später sehen werden, das diese Familie die vermögendste und einflußreichste in unserer Gegend war. Der Grundstein für diesen Reichtum könnte - neben der Landwirtschaft - die Ausbeute der Erzgruben sein. Dafür fehlen jedoch jegliche Beweise. Mit der wachsenden Bedeutung der Familie Plettenberg, die ihren Stammsitz dicht an den Rand der Ortschaft verlegte, übernahm das Dorf deren Namen, zumal die meisten Güter in und um Plettenberg im Besitz derer von Plettenberg waren.
7. Entstehung der Burg Schwarzenberg Mit der Schlacht bei Worringen war der Kampf um den Einfluß in Westfalen noch nicht beendet. Die politischen Verhältnisse unterlagen weiterhin großen Schwankungen. Die Grafen versuchten durch die Erringung von Gerichts- und Verwaltungstiteln mit entsprechend großräumigen Einflußbereichen und dem Bau von Burgen, ihre Machtposition weiter auszubauen. Um die Wende des 13. und 14. Jahrhunderts befanden sich die Grafen erneut im Kriegszustand gegen den Kölner Erzbischof. Es ging hauptsächlich um den Reichsbesitz um Dortmund. Als die vier rheinischen Kurfürsten (darunter auch die von Köln) sich wegen der Rheinzölle auf einen Krieg gegen den Kaiser Albrecht I. einließen, nutzten die Markaner die Gunst der Stunde, um 1301 zwei Burgen zu errichten: die Veste Berg-Neustadt und die Burg Schwarzenberg. Darüber berichten sowohl Levold v. Northof als auch Gert v. Schuren. Bei G. v. Schuren lesen wir: "In dem Jair duysent CCCI Sent Servatius Dag begann de Rutger van Altena, Drost des Greven van der Marcke, tho tymmeren die nye Stadt in Suyderland und daer des negesten Dagen nae Sent Remigius Dag begande deselve Rutger tho tymmern dat Slott vab Swartenberg". In der ersten Phase des Bestehens war die Burg eher ein starker Bergfried. (Vgl. Frommann, Beitrage..., S.81) Der Amtmann des Grafen Rötger von Altena kaufte die Besitzung, auf der die Anlage gebaut wurde, von Hunold v. Plettenberg ab. (Kümmel, A: Geschichte des Kreises Altena einschließlich des Gebietes des jetzigen Stadtkreises Lüdenscheid, München (1911), S.61) Auch Graf Gottfried IV. von Arnsberg besaß Mitte des 14.Jahrhunderts auf dem Schwarzenberg ein Burghaus, das während einer hitzigen Fehde im Jahre 1352 von Grafen Engelbert III. zerstört wurde. ("Binnen dissen Oirloge ward den Greven von Arnsberg sin Huis, dat he up dem Slotte tom Swartenberch hadde, affgebracken" G. v. Schuren.....S., " = In dieser Fehde wurde dem Grafen von Arnsberg sein Haus, daß er auf dem Schlosse Schwarzenberg hatte, abgebrochen) Der ganze Berg fiel nun in die Hände des märkischen Grafen. Sein Droste Gerd von Plettenberg nutzte die Gelegenheit und schuf hier ein Jahr später - 1353 - eine mächtige Burganlage, die die Stellung des Grafen in unserem Raum wesentlich stärkte. (Kümmel, o.c., S.68) Dies war um so wichtiger, als im Jahre 1368 der kinderlose Graf Gottfried IV. von Arnsberg seine Grafschaft für 130.000 Goldgulden an das Erzstift Köln verkaufte. Die Grafschaft Arnsberg war seitdem mit dem Herzogtum Westfalen, das nach dem Sturz Heinrichs des Löwen dem Kölner Stuhl zugefallen war, vereinigt. (Banniza, Hugo: Die Grenzstreitigkeiten zwischen Kurköln und der Grafschaft Mark und ihre Auswirkungen bis zu Jetztzeit, in: Der Schlüssel, Jg.14, 1969, H.1, S.7.) Zur Verteidigung der Burg wurden Burgmannen berufen, die für ihre Dienste Burglehen in Form von Burgmannenhöfen erhielten. Es ist bekannt, daß einer von diesen Höfen auf der Wiebecke, ein nächster auf dem Baumhof an der Wiebecke und ein anderer auf dem Baumhof an der Lenne gegenüber dem Siesel stand. In den Archiven finden wir nur spärliche Informationen zu den Burgmannen selbst. Am 21. Januar 1346 übertrug Graf Adolf IV. dem Heidentriche von Plettenberg, genannt Plassedreck, den sog. Baumgarten als Burglehen. Der Graf sicherte sich und seinen Nachkommen aber ein Wiederkaufsrecht für 70 Mark in Königsturnosen zu je 4 Pfennigen. Dieses Geld sollte für diesen Fall für eine Rente von 7 Mark aus einem Eigengut bei oder im Dorfe Plettenberg angelegt werden. (Stadtarchiv Plettenberg (StAPl), Alter Bestand = AB. Nr.7.) 300 Jahre später stand dieses Haus nur noch als Ruine. 1348 bekam Godhard von Hangesleide ein Erbburglehen "op unsem Hus thom Swarthenbergh". Auch Engelbert von Plettenberg wohnte im selben Jahr auf dem Schwarzenberg. 1385 erhielt Gerhard v. Plettenberg (der des bekannten märkischen Drosten gleichen Namens) ein erbliches Burglehen. (Frommann, PD.: Die Burg Schwarzenberg, in: Heimatblätter des mittleren Lennegebietes, Nr.1, v. 4.10.1924.) Von Steinen nennt uns noch weitere Burgmannennamen: 1385 Johan v. Dudenscheid, 1526 Johan v. Bonsloe, der Anrechte (1512) an Brockhausen hatte. Es ist auch ein Burglehen der Familie Roist bekannt, zu dem das Gut Siesel gehörte. Der Name dieses Hauses wandelte sich in Laufe der Zeit in Roßhaus und schließlich in Roßstall um. (Ebenda). An der Spitze der Burgmannen stand der Burggraf. Folgende Namen sind bekannt: Gosen Smullink (1458) und Degenhardt von dem Berge 1489 und 1508. (Ebenda) Aus einer Urkunde aus dem Jahre 1423 erfahren wir, daß Herzog Adolf von Jülich-Berg (zu dieser Zeit befand sich das Schloß Schwarzenberg vorübergehend unter bergischer Hoheit) dem Amtmann Wilhelm von Nesselrode die Aufsicht über die Burg übertrug. Bei dieser Gelegenheit wurden folgende Bedingungen genannt: Wilhelm von Nesselrode soll hier 20 Brotesser halten, darunter 6 Wächter, einen Turmhüter, einen Pförtner, einen Koch und einen Kellner (Rentmeister). Für diese 10 Mann hat der Landesherr den Lohn bewilligt, und Wilh. soll die Kost für diese Brotesser täglich besorgen. Hierfür stellte ihm der Herzog für je ein Vierteljahr: an Roggen 20 Malter, an Malz 15 Malter, zur Festspeise 2 Faß Butter und 2 "wage" Käse dazu an Geld 10 Gulden (Silbermünze seit dem 15. Jh.) und die zum Schloß gehörige Fischerei zur Verfügung. Ferner soll der Herzog unverzüglich als besonderen Proviant zu Aufbewahrung im Turm für Notzeiten an Roggen 50 Malter, an Speck 50 Seiten, an Malz 50 Malter, 2 "wagen" Käse und 2 Faß Butter übersenden. Falls Wilhelm hierzu zulegen müßte, soll ihm der Landesherr den Zusatz ersetzen. (Staatsarchiv Düsseldorf (weiter: StAD), Bestand Jülich-Berg I, Nr. 423, f.16; vgl. Dösseler Emil: Süderländische Geschichtsquellen und Forschungen, Bd. I, o. O., 1954, S.15) In späterer Zeit werden keine Burggrafen mehr angegeben. Die Funktion des Burggrafen übernahm nämlich der Droste des Amtes Schwarzenberg. 1385 ließ Graf Engelbert III. die Burgkapelle errichten, der er aus 2 Gütern "tho Gevern" bei Neuenrade reichlich Einkünfte zufließen ließ. Die jährliche Abgabe setzte sich aus 651 Scheffel Hafer und 2,25 Pfund Wachs zusammen. Die beiden früher im Besitz der Grafen von Arnsberg befindlichen Bauernhöfe "op und under dem Brinke" zu Freilinghausen, mußten zusammen alljährlich 2 Malter Gerste, 4 Malter Roggen, 8 Malter Hafer, 2 Schweine und 8 Hühner liefern. Zu geringeren Abgaben waren auch noch verpflichtet:
- das Haßleys Gut zu Frehlinghausen: 2 Pflugdienste, 4 Hühner; Der letzte Vikar dieser Kapelle war wohl Diedrich Krumme, der bis 1561 amtierte. Nachher flossen die Einkünfte der Burgkapelle in den Besitz der Kirche zu Plettenberg; seit 1651 werden sie der Reformierten Kirche zugesprochen. (Ebenda.
8. Die Stadtgründung -------------------- Die Erbauung der Burg wurde durch weitere Aktivitäten der Grafen in unserer Gegend begleitet. Eine klare Abgrenzung der Hoheitsrechte durch Landesgrenzen gab es in den früheren Zeiten nicht. Sie wurde erst im 19. Jahrhundert eingeführt. Das alte Recht erlaubte eine Überlagerung verschiedenster Ansprüche und Gerechtsame verschiedener Landesherren im selben Raum. (Vgl. Dösseler, E.: Bergische Gerechtsame und Höfe im Kirchspiel Meinerzhagen im Spätmittelalter und zu Beginn der Neuzeit, in: Meinhardus, H.1866, S.6.) Plettenberg selbst befand sich zunächst im Streubesitz, wobei die Familie v. Plettenberg eine dominierende Stellung einnahm. Ursprünglich gehörte Plettenberg zum kölnischen Gogerichtsbezirk Attendorn, von dem sie sich jedoch im Laufe der Zeit herauslösen und verselbständigen konnte. (Stievermann, Städtewesen in Sädwestfalen. Die Städte des Märkischen Sauerlandes im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Stuttgart 1978 (Spätmittelalter und Frühe Neuzeit, Tübinger Beiträge zur Geschichtsforschung, Bd.6), S.21.) Dafür nahm der märkische Einfluß zunehmend an Bedeutung zu. Durch den Besitz zahlreicher Kirchenvogteien, z.B. über die großen Klöster Cappenberg, Essen und Werden, verstärkten die Grafen auch ihren Einfluß auch auf die Plettenberger Gegend. Als Ausdruck des gestiegenen Engagements in unserem Raum ließen die Märkischen Grafen Adolf IV. und sein Bruder Engelbert 1345 anstelle der damaligen Kirche eine neue fünftürmige Lamberti-Kirche nach französischen und rheinischen Vorbildern erbauen. (Frommann, P.D.: Die Burg Schwarzenberg, in: Heimatblätter des mittleren Lennegebietes, Nr. 1, v.4.10.1924.) Es folgte eine ganze Reihe von Neuerwerbungen der Grafen von der Mark in Plettenberg. Als Verkäufer traten zumeist Angehörige der Familie v. Plettenberg auf. (Steinen, Johann Diederich v.: Westphälische Geschichte. 5 Teile in 7 Bänden. Fotomechanischer Nachdruck der Ausgabe 1797-1801, Münster 1963-1965. Das VIII. Stück: Historie der Stadt und des Amtes Plettenberg, S.4-5.) Diese Erwerbungen erfolgten nicht ohne einen gewissen Druck der Grafen. Die Reibereien zwischen den beiden Parteien beendete Graf Engelbert III. von der Mark in einem Vertrag vom 6. Februar 1385 mit Gert von Plettenberg, der in der Kirche zu Loen (Iserlohn) abgeschlossen wurde. Aufgrund dieser Vereinbarung behielten die Grafen von der Mark: 1. das Gericht zu Plettenberg, 2. das Dorf zu Landenbracht, 3. die Fischerei bei Bruichhusen, 4. die Mühle zu Plettenberg zur Hälfte; die andere Hälfte stand Gerd zu. Sie wurde gemeinsam aufgebaut. Die Erträge der Mühle standen beiden Parteien zu gleichen Teilen zu. Die Mahlgenossen waren fortan wieder an diese Mühle gebunden. 5. Gerd von Plettenberg mußte an die Kinder des Bernd von Dungelen 150 kleine Goldgulden zahlen. 6. Gerd und seinen Erben wurden die Güter überlassen, die der Graf dem Bernd von Düngelen sowie Hermann von Pentliong abgekauft hatte: nämlich das Gut zu Pasel, den Zehnten zu Pasel, die Fischerei zu Pasel, den Zehnten zu Eringhusen, die Höfe zu Lenscheide, den Hof zu Witbecke (Wibbeke), den halben Zehnt zu Bewenberge, sowie das Burglehen zum Schwarzenberg. Letzteres wurde Gerd und seinen Nachfolgern zu Burgmannsrecht ausgegeben. Zeugen: Johan van Limberg, Hunold van Leytmede, Johan Weyte jr., Herman van Ole, Goddert van Hangeßleide, Heidenreich von Plettenberg".) (StAPl, AB. Nr.12) Diese Vereinbarung krönte eine Entwicklung, die die Grafen von der Mark in die Lage brachte, die Hoheitsrechte im Raum Plettenberg in Anspruch zu nehmen. Den Bestrebungen zum "dominus terrae" diente auch die Städtepolitik der Grafen. Neben wirtschaftlichen Aspekten spielten die Städte eine wichtige Rolle im Verteidigungssystem der Territorialstaaten. Deswegen wurden sie stets an einem strategisch günstigem Ort angelegt. (Assmann, Reiner, Die Städtepolitik der Grafen von der Mark insbesondere im Süderland, in: Der Reidemeister, Nr. 99, v. 11.6.1986, S.781-782.) Schon zwei Jahre nach dem Vergleich mit Gerd von Plettenberg verlieh Graf Engelbert III. von der Mark dem Dorf Plettenberg Privilegien, die diese Ortschaft erheblich aufwerteten und noch enger mit dem Besitztum der Grafen verknüpften. Am 14. April 1387 verkündete er dem Dorf Plettenberg (dem dorpe tho Plettenbracht) und seinen Bewohnern, keine Beeinträchtigung seiner Rechte und der seiner Nachfolger darin zu sehen, wenn jemand im Dorfe der Straße zu nahe baue oder in- und außerhalb des Dorfes Zäune zu nahe an der Straße errichte. Streitigkeiten, die aus der Behinderung der Viehtrift durch Anleger von Zäunen außerhalb des Dorfes entstünden, sollten die Bewohner ebenfalls unter sich richten. (StAPl, A.B. Nr. 13 Urk. 3) Am 1. Juni 1387 erlaubte der Graf den Bewohnern seines Dorfes Plettenbracht unter sich einen Holzrichter und einen Knecht zu wählen, der in der Holzmark um Plettenberg richten dürfte. Der Richter sollte sich an das Markenrecht der Stadt Iserlohn (Yserenlon) halten. (StAPl, AB. Nr.14, Urk.4) Sowohl der Große als auch der Kleine Plettenberger Zehnte - Merkmal der Lehnsabhängigkeit - gehörte jedoch weiterhin dem Stift St. Andreas zu Köln. 1362 wurde der Große Zehnte für 30 Solidi Attendorner Münze an Heydenricus de Plettenbergh verpachtet. (Zwei Urkunden über den Plettenberger Zehnten, in: Heimatblätter des mittleren Lennegebietes, Nr. 3, 1928, S.12.) Es ist bekannt, daß es 1383 zu Streitigkeiten zwischen Hunold von Plettenberg und dem St. Andreas-Stift in Köln um diesen Zehnten gekommen ist. Hunold v. Plettenberg wurde sogar als "Kirchenräuber" angeprangert. Zur Einigung kam es erst 1391. (Ebenda) Von dieser Lehnsabhängigkeit konnte sich Plettenberg erst Mitte des 16. Jhs. befreien. Eine neue politische Lage entstand unter dem Nachfolger des Grafen Engelbert III., dem Grafen Dietrich von der Mark. 1397 verbündete sich Graf Adolf von Berg mit Eberhard v. Limburg. Gemeinsam fielen sie in die Grafschaft Mark ein. Im Verlauf dieser Fehde besetzte Graf Eberhard v. Limburg die Burg Schwarzenberg. Dies gab vermutlich dem Grafen Dietrich v.d. Mark den letzten Anstoß, dem schon mit Privilegien bedachten Dorf Plettenberg die Stadtrechte zu verleihen und es zu befestigen, um in seinen südlichen Grenzen wieder ein militärisches Gleichgewicht herzustellen. Das Datum wird in Lateinisch angegeben: "Anno Domini millesimo trecentesimo nonagesimo septimo Dominica Quasi modo geniti qua cantabatur Letare Jerusalem (Gegeben im Jahre des Herrn eintausenddreihundertsiebenundneunzig am vierten Fastensonntag, an dem man singt Laetare Jerusalem). In der Abschrift dieses Dokuments steckt auf jeden Fall ein Fehler. Quasi modo geniti (infantes) benennt den 1. Sonntag nach Ostern - also den 29.04.1397, während Letare Jerusalem am 4. Fastensonntag, damals der 01. April 1397, gesungen wurde. Entsprechend dieser zwei verschiedenen Zeitangaben setzt C. P. Fröhling den Zeitpunkt der Stadtgründung auf den 1. April 1397. Nach Assmann geschah dies am Weißen Sonntag, dem 29. April 1397. (Fröhling, Carl Peter: Zur Überlieferung des Plettenberger Freiheitsbriefes von 1397, in: Der Märker, H.1, 1980, S. 3. Assmann, Reiner: Die Städtepolitik der Grafen von der Mark insbesondere im Süderland, in: Der Reidemeister, Nr.99, v. 11.6.1986, S. 782.) Gleich im ersten Satz nach der Einleitung wird Plettenberg als Stadt bezeichnet: In den folgenden 10 Abschnitten werden Plettenberg Freiheiten wie eigene Gerichtsbarkeit, freier Wochenmarkt, eigenständige Verwaltung u.a., die eine Stadt ausmachen, gewährt. Das Original des Freiheitsbriefes scheint nicht mehr zu existieren. J. D. von Steinen zitiert im Anhang seiner "Westphälischen Geschichte" einen Abdruck der beiden Freiheitsbriefe von 1387 und des großen Freiheitsbriefes von 1397. Er fügt hinzu, daß er Abschriften dieser Texte von dem damaligen Plettenberger Bürgermeister C. H. Homberg und dem Prediger J. P. Reininghauß zugestellt bekommen habe, die Originale aber habe er nicht gesehen. Eine Abschrift des bei von Steinen abgedruckten Freiheitsbriefes sowie acht weitere Plettenberger Privilegien aus den Jahren 1387-1689 konnte der Plettenberger Historiker C. P. Fröhling im Staatsarchiv Münster nachweisen. Sie wurden von dem Plettenberger Notar H. R. Pollmann erstellt. (StA.Münster, Kleve-Märkische Regierung, Landessachen Nr. 1436; vgl. Fröhling, C. P.: Zur Überlieferung..., S.1-3) Ältere Abschriften der Plettenberger Privilegien konnte Fröhling im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf ermitteln, darunter auch eine Abschrift des Freiheitsbriefes von 1397. Diese Abschriften wurden während der Regierungszeit von Johann II. - Herzog von Kleve und Graf von der Mark (1481 - 1521), in den Jahren 1506 - 1510 angefertigt. (HStA. Düsseldorf, Hss. A. Urkunden. Siehe Fröhling o. c., S.1.) Die Übertragung des Freiheitsbriefes von 1397 aus dem Niederdeutschen ins Hochdeutsche befindet sich in den beiden Auflagen des von A. v. Schwarzen herausgegebenen Plettenberger Heimatbuches. (A. v. Schwarzen: Plettenberg, Industriestadt im märkischen Sauerland, 1. Aufl. Altena 1962, 2. Aufl. Altena 1972, S. 9-10.) Plettenberg erhielt dieselben Rechte, wie die ein Jahr früher gegründete Stadt Breckerfeld. Mit der Gründung der Stadt Plettenberg wurde eine erfolgreiche Städtepolitik der Grafen von der Mark im Süderland abgeschlossen. Sie trug wesentlich zur Festigung der Position der Grafen innerhalb der Grafschaft und bei Außeinandersetzungen mit den anderen Feudalherren bei. (Assmann, Rainer: Die stadtrechtliche Verflechtungen des märkischen Sauerlandes (1268-1425, in: Westfälische Forschungen, Bd. 32, 1982, [Sonderdruck], S.75-86.) Die Verleihung der Stadtrechte und die Arbeiten an der Stadtbefestigung stießen jedoch auf starken Widerstand des Erzbischofs von Köln, der sich weigerte, die Hoheitsrechte des märkischen Grafen über Plettenberg anzuerkennen. Bei den 1397 in Werl geführten Verhandlungen zwang der Erzbischof den Grafen, das Versprechen abzugeben, "dat dorp to Plettenbracht" nicht weiter zu befestigen und die schon erbauten Wehranlagen dem Verfall preiszugeben, damit "dat Plettenbracht ein Dorp blive na als vur". (Zit nach Assmann. R.: Die Städtepolitik der Grafen..., in: Der Reidemeister, Nr. 9, v. 11.6.1986, S. 782) Ein Jahr darauf wurde Graf Dietrich vor den Mauern der Burg von Elberfeld mit einem Pfeil tödlich verletzt. Sein Nachfolger wurde sein jüngerer Bruder Gerhard. Graf Gerhard führte einen langwierigen Krieg gegen seinen ältesten Bruder, Herzog Adolf von Kleve. 1400 scheint Plettenberg unter der Herrschaft des Herzogs Adolf zu sein, der der Stadt die Privilegien bestätigte und auch die Befestigung Plettenbergs durchführte. Im selben Jahr befreite der Graf die Bürger der Stadt Plettenberg für 10 Jahre von jeglichen Schatzungen und allen Handdiensten. Die Stadt erhielt zusätzlich 2 Mark (Mark: Münzeinheit seit 1015, entsprach ursprünglich 234,067 Gramm Feinsilber) aus seiner Gulde zu Plettenberg als "pannengulde, vleschoyergulde, Brotgulde, Bargulde und Hokergulde". (StAPl. A.B. Nr.16. Kopie nach Hauptstaatsarchiv Düsseldorf HSA IV, Nc 1 f. 35 b. Siehe auch Assmann, R. Die Stadtrechtliche Verflechtungen..., S.75 ff.) 1413 gelang es Gerhard, den südlichen Teil der Grafschaft Mark mit der Burg Schwarzenberg zurückzuerobern. Auch die nachfolgenden Landesherren bestätigten die Stadtrechte, wie 1423 Herzog Adolf zu Kleve, 1456 Herzog Johann zu Cleve. 1484 schenkte Herzog Johann der Stadt sogar die Jagdrechte (aber nur für die sog. niedere Jagd) in den städtischen Marken. (Steinen v., o.c., S.9) Neben Plettenberg, dem Kirchspiel Ohle und der Burg Schwarzenberg befanden sich in unserem Raum weitere Siedlungsgebiete, die in dem später entstandenen Amt Plettenberg/Schwarzenberg zusammengefaßt worden sind. |