Quelle: ST vom 04.09.2006
Die Brandbekämpfer von einst sind
PLETTENBERG Auch als Nesthäkchen der Vier-Täler-Stadt hat diese Gruppe allerhand
zu erzählen: Die jüngste Feuerwehr-Löschgruppe der Freiwilligen Feuerwehr kommt aus
Selscheid und feierte am Samstag ihr 75-jähriges Jubiläum. Wie es sich für solch einen
Festakt gehört, zählte auch die Sonne zu den Besuchern im "Bergdorf". Und das erfreute
die "Blauröcke" ganz besonders, konnten sie ihre Parade doch trockenen Fußes vollenden.
Vom Wanderparkplatz Grimminghaus aus zog der bunte Zug zum Feuerwehr-Gerätehaus. Dieser
Marsch scheint zu einer Jubiläums-Tradition zu werden: "Bereits zu unserem 50-jährigen
Bestehen sind wir diesen Weg gegangen", erklärte Löschgruppen-Führer Peter Kalthoff.
Mit gutem Grund: Denn an den Straßenrändern hatten sich viele Bürger, nicht nur aus
Selscheid, versammelt, um dem Tross angeführt vom Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr
Plettenberg und dem Tambourcorps Landemert zuzujubeln. Die Plettenberger Feuerwehr,
das heimische DRK, die Wehren aus Herscheid und Werdohl und natürlich auch die Stadt
hatten ihre Vertreter und Abordnungen nach Selscheid geschickt – es war ein prachtvoller
Festzug.
Um den vielen Gästen Unterschlupf zu bieten, hatten die Selscheider ihr Gerätehaus
umgerüstet und kurzerhand mit einem Vorzelt ausgestattet. Die 250 Sitzplätze reichten
jedoch bei weitem nicht aus und so tummelte sich mindestens die gleiche Anzahl von
Besuchern auf dem Vorplatz zwischen Bierbude und Würstchengrill. Derweil warf man im
Festzelt einen Blick zurück auf die Geschichte der Löschgruppe Selscheid.
Löschgruppen-Führer Peter Kalthoff erinnerte an die wichtigsten Eckdaten seiner Truppe
und dankte in erster Linie der Stadt Plettenberg dafür, dass die Ausrüstung der Selscheider
stets auf den aktuellsten Stand der Dinge gebracht wurde. Dieses Lob nahm Bürgermeister
Klaus Müller gerne entgegen und versicherte die Unterstützung auch für die Zukunft.
Schließlich habe sich die Aufgabe der Wehr über die Jahre hinweg grundlegend verändert:
Es gehe längst nicht mehr "nur" um die Brandbekämpfung: "Die Löschgruppen sind zu
individuellen Eingreiftruppen geworden", so Müller. Um diese Herausforderung meistern
zu können, sei ein hohes Maß an Engagement und Selbstaufopferung zu leisten. Gerade
in Zeiten, in denen die Klammern der Gemeinschaft immer mehr auseinandergehen, stelle
das Ehrenamt eine unentbehrliche Brücke dar. Deshalb dankte Müller den Selscheidern
für ihren steten Einsatzwillen, den sie in ihrer Freizeit zeigen.
"In den zurückliegenden 75 Jahren ist die Freiwillige Feuerwehr Selscheid einem ständigen
Wandel unterlegen", unterstrich auch Stadtbrandinspektor Rolf Dömmecke. Die Vielfältigkeit
der Aufgaben erfordere eine ständige Aus- und Weiterbildung. Zudem sei die Schlagkraft
einer Truppe abhängig von der Einsatzbereitschaft der Mannschaft und der Ausrüstung –
beides sei tadellos. "Die Selscheider haben erheblich zur ständigen Verbesserung des
Brandschutzes und der Hilfeleistung in der Stadt Plettenberg beigetragen", lobte Dömmecke.
Kreisbrandmeister Rainer Blumenrath dankte den Jubilaren vor allem für die Unterbringung
des Einsatzwagens II des Märkischen Kreises, der seit dem Jahr 2003 in Selscheid
stationiert ist: "Ich weiß ihn hier in guten Händen." Unter anderem waren die Selscheider
damit während der Fußball-Weltmeisterschaft in Köln vor Ort, was Blumenrath ausdrücklichst
lobte. Zudem überreichte er Peter Kalthoff die Ehrenurkunde des Landes Nordrhein-Westfalen
und einen Wappenteller des Märkischen Kreises.
Der stellvertretende Vorsitzende des
Feuerwehrverbandes Märkischer Kreis, Jürgen Tremblau, wollte die Euphorie zwar nicht
bremsen, brachte dennoch recht nüchterne Fakten auf den Tisch: "In vielen Landeskreisen
nimmt die Feuerwehr ab – deutschlandweit fehlen uns über 200 000 Feuerwehrleute." Daher
sei es wichtiger denn je, für dieses Ehrenamt zu werben, das unter äußeren Einflüssen,
z. B. den verschärften Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt, leiden. Daher sei der Dienst
der Selscheider in den letzten 75 Jahren nicht hoch genug anzurechnen. Er vergaß jedoch
nicht, genau wie seine Vorredner, den Frauen der Feuerwehrmänner zu danken, die in
vielen Stunden und Nächten auf ihre Gatten verzichten mussten.
Nach diesem offiziellen Teil wurde dann musiziert: Zunächst einmal unterhielten erneut
der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Plettenberg und das Tambourcorps Landemert die
Zuhörer mit einem Platzkonzert. Und später am Abend legte dann der Böddinghauser DJ Peter
Hamann Musik auf – Oldies versteht sich. Passend zum Jubiläum versprach er: "Ich spiele
heute die besten Hits der letzten 75 Jahre" – entsprechend ausgelassen wurde in Selscheid
bis in die Nacht hinein gefeiert. dg
Quelle: WR Plettenberg vom 01.09.2006
13. September 1931 -
Selscheid. Der Werdegang der Freiwilligen Feuerwehr Plettenberg, Löschgruppe Selscheid, von seiner Gründung am 13. September 1931 bis heute, lässt sich wegen der wenig vorhandenen Unterlagen leider nicht mehr lückenlos darstellen. Dennoch ist es Löschgruppenführer Peter Kalthoff gelungen, die insgesamt 75 Jahre Selscheider Feuerwehrgeschichte in einer Chronik festzuhalten.
Vergangenes ans Tageslicht zu holen und lebendig werden zu lassen, war Peter Kalthoffs Ziel. Aus der Kenntnis der eigenen Geschichte wird es für die Freiwilligen von heute eher möglich sein, die Leistungen der Feuerwehrkameraden von einst und heute besser zu verstehen, ihre Leistungen zu würdigen, damit in späteren Jahren einmal nicht das festgestellt werden muss, was sich in einem Spruch ausdrückt: "Wütet die Flamme in deinem Haus, rufst du nach Gott und der Feuerwehr aus!
Ist aber gelöscht das Flammenmeer, vergisst du erst Gott und schimpfst auf die Feuerwehr!"
Und das sind die Selscheider Bürger, die die Feuerwehrtradition im Ohler Gebirge begründet haben:
August vom Wege, Fritz Mittendorf, Albert Herzog, Fritz Klüppelberg, Otto Baberg, Wilhelm Kalthoff, Erich Windfuhr, Fritz Becker, Paul vom Wege, Josef Völlmecke, Josef Bärenfeld, Willi Vollmer, Otto Schmidt, Gustav Mittendorf, Otto Holthaus, Karl Herzog und Fritz Windfuhr.
In der Chronik heißt es u.a.: Konnte man bei den Städten seit Inkrafttreten der preußischen Feuerordnung unter Wilhelm I. von einem halbwegs geordneten Brandschutz sprechen, so war in der zu Plettenberg gehörenden Landgemeinde, insbesondere im "Ohler Gebirge", die Situation völlig anders. Hier fehlten die Voraussetzungen für einen organisierten und wirksamen Feuerschutz, wie z.B. genügend Hilfskräfte, ausreichend Wasserversorgung und technisches Gerät. Die Bewohner entlegener Siedlungen und Einzelgehöfte waren bei Feuergefahr vorwiegend auf sich selbst gestellt. Und Hilfe von benachbarten Höfen oder seitens der Talbewohner kam meistens zu spät. So kennt auch Selscheid "seine Brände"!
Am 25. Januar 1826 brannte Vollmers Haus bis auf die Grundmauern nieder, und am 22. Juli 1836 wurde Hügels Haus ein Raub der Flammen. Dass diese verheerenden Brände auch in unserer Zeit, trotz verbesserter und schnellerer Löschhilfe, noch auftreten können, beweisen die Großbrände von Hof Kalthoff in Selscheid 1977 sowie von Hof Frommann in Plettenberg-Holthausen 1980. In Grimminghausen brannten am 7. September 1949 gleich zwei Gehöfte.
Auch im Krieg voll funktionsfähig
Einen "großen Tag" erlebte die Selscheider Feuerwehr im März 1966. Erstmalig in ihrer Geschichte erhielt die Löschgruppe ein eigenes Feuerwehrfahrzeug. Damit erhöhte sich die Schlagkraft dieser Wehr. In jenen Jahren begann für die Selscheider Feuerwehrmänner auch die systematische Schulung auf unterschiedlichsten Ebenen und an modernen Einsatzgeräten.
Höhepunkt des Jahres 1975 war der Bau eines neuen Feuerwehrgerätehauses, welches im feierlichen Rahmen am 16. August 1975 übergeben werden konnte. Zugleich wurden die Ausrüstung ergänzt und die Ausbildung der Kameraden fortgesetzt.
Da sich die Feuerwehr aber im Laufe der Jahre auch technisch immer weiter entwickelte und das alte Gerätehaus zu klein wurde, musste 1995 angebaut werden, um zwei Großfahrzeuge unterbringen zu können. Dieser Anbau wurde im Oktober 1996 in einer kleinen Feierstunde in Dienst gestellt.
Am 8. September 1978 bekam die Selscheider Feuerwehr ein neues Löschfahrzeug. Paul Heinz Decker, der damalige Leiter der Wehr, konnte bei der Übergabe dieses modernen Gerätes seinerzeit zufrieden feststellen, dass nunmehr "mit zwei Fahrzeugen die Selscheider Feuerwehr voll ausgerüstet ist und in Zukunft keine Einsätze, wie bisher, mit dem Privatwagen gefahren werden müssen".
1997 wurde das Fahrzeug ersetzt durch ein Löschgruppenfahrzeug LF 8/6 mit einem Löschwassertank von 600 Litern Fassungsvermögen, einer im Heck fest eingebauten Feuerlösch-Kreiselpumpe, einer seitlich eingeschobenen Tragkraftspritze und der dazugehörigen feuerwehrtechnischen Ausrüstung. 2003 schaffte der Märkische Kreis einen Einsatzleitwagen (ELW 2) an, der bis heute in der Löschgruppe Selscheid untergebracht und von eigens geschulten Selscheider und Ohler Wehrleuten besetzt wird.
Durch diese Anschaffung war für den bis dahin in Selscheid stationierten und als Mannschaftstransportwagen dienenden ELW 1 keine Unterstellmöglichkeit mehr vorhanden, so dass dieser in Ohle untergebracht wurde. Daraufhin wurde ein kleinerer Mannschaftstransportwagen (Renault Kangoo) erworben, wofür im Jubiläumsjahr 2006 eine Fertiggarage gebaut werden soll.
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