Quelle: Süderländer Tageblatt vom 04.07.1933

Luftfahrtkundgebung der
"Fliegergruppe Plettenberg eV"

Plettenberg, 4. Juli. Die Werbung für die deutsche Luftfahrt begann am Sonnabend mit einem Konzert des Städt. Orchesters. Zahlreich waren die Zuschauer erschienen, um an der Kundgebung teilzunehmen. Auf einem mit Tannengrün geschmückten Gestell war die stolze "Erfa" aufgebaut. Trotz mancher Beschädigungen, die sie im Laufe des Flugdienstes erlitten hat, war sie in gutem Zustand. Während des Konzertes fand das Kleinballon-Wettfliegen statt. Etwa 50 Ballons wurden abgelassen, um in deutschen Landen Kunde davon zu geben, dass auch in Plettenberg der Gedanke des Flugsportes beheimatet ist. Bei eintretender Dunkelheit wurde die ausgestellte Maschine durch Scheinwerfer beleuchtet. Als die Besucher des Heldendramas "Schlageter" den Platz verließen, wurde das Flugzeug abmontiert.

Am Sonntagmorgen versammelten sich die Flieger, um mit der eigentlichen Sammelaktion zu beginnen. Gegen 1/4 9 Uhr fuhren Lastwagen mit dem Flugzeug nach Neuenrade, um auch dort die Maschine zur Schau zu stellen. Auch hier wurde die saubere Arbeit unserer Flieger anerkannt und bewundert. Von dort ging es am Nachmittag nach Werdohl, wo gerade Schützenfest gefeiert wurde. Immer wieder war die Maschine von zahlreichen Zuschauern umstellt, die den stolzen Vogel bewunderten. Am Spätnachmittag wurde im Hotel "Zur Post" im Kreise einiger Werdohler die Gründung einer Fliegergruppe beschlossen und der vorläufige Ausschuss gwählt.

Die Sensation des Tages war das angekündigte Flugzeug von Köln. Die Wetterlage schien am Morgen jeden Propagandaflug unmöglich zu machen, denn unsere Berge lagen alle in dunklen Wolkenfetzen. Daraus erklärt sich auch die kleine Verspätung. Aus einer anderen Richtung als erwartet, traf die Maschine dann doch ein und wurde von vielen Zuschauern freudig begrüßt. Schneidig waren die Flüge und ebenso sicher waren die Abwürfe der Flugblätter durch unsere Pilotin Frl. Fastenrath. Am Dingeringhauser Weg und in den Elsewiesen warf sie Wimpel ab, die Grüße an Eltern und Geschwister enthielten. Nach einem kurzen Abflug erschien die Maschine wieder über der Stadt, um durch verwegene Flüge die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen.

Da mehr Wert auf Propagandaflug gelegt wurde, trat das Ballon-Rammen mehr in den Hintergrund. Wohl nie ist ein Flugzeug in solcher Tiefe und mit solchem Schneid über die heimatlichen Felder dahin gebraust wie am vergangenen Sonntag. Wenn in unserer Jugend der Wunsch geweckt worden ist, einmal gleiches im Luftsport zu leisten, dann hat der Tag seinen Zweck erfüllt. Wohlbehalten ist die Maschine wieder in Köln angekommen.

Von der Fliegergruppe wird uns geschrieben:
Die Werbung für die deutsche Luftfahrt ist beendet. Ohne Eigennutz haben wir unsere Pflicht getan für ein Werk, das Eigentum des gesamten deutschen Volkes ist. Den jungen Damen vom Bund deutscher Mädchen danken wir herzlichst, dass sie auch diesmal wieder zur Stelle waren, um ein deutsches Werk fördern zu helfen. Allen Spendern entbieten wir von Herzen unsern Fliegerdank, dass sie trotz der vielen Sammlungen der letzten Zeit ein Opfer gebracht haben für eine nationale Bewegung, die einmal über die Zukunft des deutschen Volkes entscheiden wird.

Die beispiellosen Erfolge legen Zeugnis ab von dem Geist der Plettenberger Flieger. Wir hatten nie das Glück, dass man uns von bemittelter Seite neue Maschinen schenkte oder gar das Geld dazu (die Nachbargruppe Lüdenscheid erhielt drei Maschinen geschenkt). Auch die Verwaltung war bisher nicht in der Lage, uns zu unterstützen. Hoffentlich wird das in nächster Zeit besser. Es ist tatsächlich so, dass andere Gruppen über genügend Mittel verfügen, während es ihnen an geeigneten Flugschülern fehlt. Bei uns ist es gerade umgekehrt. Wir haben eine stattliche Zahl von Flugschülern, die erfüllt sind mit echtem deutschen Fliegergeist. Mit und in diesem Geist wollen wir auch im neuen Jahr weiter arbeiten zur Ehre der Stadt Plettenberg und zum Wohle des deutschen Vaterlandes. "Glück ab!"

Fliegergruppe Plettenberg


Quelle: Süderländer Tageblatt vom ??.05.1933

Jahresbericht der Fliegergruppe Plettenberg

In diesem Monat beendet unsere hiesige Fliegergruppe das erste Jahr ihrer Tätigkeit. Schwer war der Entwicklungskampf; aber dank der finanziellen Unterstützung weitester Kreise kam die Gruppe über die ersten Schwierigkeiten hinweg. Hoffnungslos schien vor einem Jahr die Zeit, als man hier zur Bildung einer Fliegergruppe aufrief. Doch ihr Schwarzseher, die ihr uns damals warntet und glaubtet, es wäre ein zwecklosesund spielerisches Unternehmen, das bald wieder vergessen sei, heute müsst ihr erkennen, dass der Erfolg gegensätzlich entschieden hat.

Als am 26. Mai v. J. im Zeichensaal der ev. Volksschule die Gründung einer Flugsportgruppe beraten werden sollte, war der Besuch zahlreicher als angenehm war. Nach einigen kurzen Vorträgen über Art und Bedeutung des Segelfluges sowie Beantwortungen technischer Fragen trugen sich 59 Anwesende als Mitglieder ein. Während man bei sonstigen Neugründungen die Erfahrung macht, dass die Begeisterung gleich einem Strohfeuer bald erloschen ist, musste man hier erkennen, wie sehr unsere Jugend nach ideeller Betätigung verlangt.
Die gewaltige Ausbreitung des Flugsports zeigt, wie sehr der sittliche Wert dieses Gedankens erkannt ist. Die von Herrn Fastenrath zur Verfügung gestellte Werkstatt wurde in wenigen Tagen aufgeräumt und für den Flugzeugbau eingerichtet. Am 7. Juni brachten 2 große und 3 kleine Kraftwagen die werdenden Flieger nach Lüdenscheid, um dort eine Fliegerwerkstatt und mehrere fertige Maschinen zu besichtigen. Herr Fastenrath, als technischer Leiter, hielt die Schulmaschine mit dem Namen "Zögling" für unser ungünstiges Fluggelände für ungeeignet und schlug den Bau einer "Grunau"-Maschine vor.

In einer Vorstandssitzung am 23. Juni wurde beschlossen, wegen der überfüllten Arbeitsgruppen gleich zwei Maschinen zu bauen. Jedes aktive Mitglied war verpflichtet, wöchentlich an zwei Abenden zu arbeiten. In mühevoller Arbeit haben die jungen Piloten ein Teilchen nach dem andern gebaut, und die Freude an der Arbeit stieg mit der Entstehung der Maschine. Schon jetzt zeigte es sich, dass keine andere Beschäftigung so vielseitig auf die Charakterbildung des einzelnen und auf die Erziehung zur Gemeinschaft einwirkt, wie der Segelflug. Manch ungeübte Hand hat unter der Leitung des Herrn Fastenrath praktische Arbeit vollbracht. Mit eisernem Willen wurde das Ziel verfolgt, in 3 Monaten beide Maschinen zu vollenden. Eine außerordentliche Versammlung am 5. Juli erledigte die Ergänzungswahl des Vorstandes.

Zur Vorbereitung des praktischen Flugunterrichts fuhr die gesamte Fliegergruppe, nachdem sie Mitglied des Deutschen Luftfahrt-Verbandes geworden war, am 25. September nach Milstenau zum Flugtag. Mit neuer Begeisterung kehrte sie zurück, um die letzten Arbeiten an den beiden Maschinen zu beenden. Stolz, aber mit klopfendem Herzen standen die jungen Flugfreunde am 1. Oktober in der Werkstatt, als der Bauprüfer des D. L. V., Herr Dipl.-Ing. Osenberg aus Düsseldorf, die Maschinen abnahm. Das gute Urteil über die Konstruktion der Maschinen löste bei allen eine angenehme Erleichterung aus und war eine kleine Belohnung für die Wochen mühevoller Arbeit.

Vom 8.- 11. Oktober wurden die Maschinen in der Schützenhalle zur Schau gestellt. Die Ausstellung, die noch allen Besuchern in Erinnerung sein wird, wird ein besonderer Markstein in der Geschichte der hiesigen Fliegergruppe bleiben.
Bei schönstem Wetter sollten am 23. Oktober die Maschinen ihre Flugfähigkeit beweisen. Nachdem obengenannter Bauprüfer die Maschinen ausgewogen hatte, bestieg Herr Fluglehrer Hurtig aus Kassel den Vogel. Dieser Augenblick, den die jungen Flieger so lange herbeigesehnt hatten und der dem technischen Leiter die vollste Verantwortung aufdrückte, wird allen Teilnehmern unvergessen sein. Geräuschlos und ruhig glitt die stolze "Erfa" zu Tal. Ein anderer Fluglehrer, Herr Schminke, führte ebenfalls noch einige Flüge vor. Unsere Pilotin, Fräulein I. Fastenrath, die schon auf der Fliegerschule Dörnberg die A- und B-Prüfung abgelegt hatte, machte an diesem Tag einige kleinere Flüge mit der Schulmaschine. Das Ergebnis des Tages war für alle Flieger sehr zufriedenstellend. Am nächsten Tage versuchte Herr Hurtig bei mäßigem Winde zwei gelungene Starts von der Bracht.

Große Schwierigkeit bereitete die Versicherung der aktiven Flieger. Als auch dies erledigt war, begann am 29. Oktober unter der Leitung von Frl. Fastenrath in den Elsewiesen die Schulung. Später wurde sie von den Herren Brinkmann und Greis, die in Hirzenhain ihre A- und B-Prüfung gemacht hatten, unterstützt. Die guten Erfolge dieser Vorschulung zeigten sich, als gleich nach Übernahme der Schulung durch Herrn Hurtig am 1. September einige A-Prüfungen gemacht wurden. Bei jedem Flugtag - leider war das Wetter nicht sehr günstig - wurden neue A-Prüfungen abgelegt.br>

Inzwischen war am 1. November mit dem Bau einer 2. Schulmaschine begonnen worden. Mehrere Mitglieder fuhren am 16. Januar nach Attendorn, um dort die Weltfliegerin Marga v. Etzdorf zu hören. In einem öffentlichen Vortrag bei Rüsing belehrte Herr Hurtig die Flugfreunde und ihre Angehörigen über verschiedene Arten des Segelfluges und die Luftströmungen.

Durch emsige und erfolgreiche Arbeiten hatte sich die hiesige Fliegergruppe neben den großen Gruppen des Rheinlandes innerhalb der Gruppe West des Deutschen Luftfahrt-Verbandes eine hervorragende Stellung erworben. Von ganz Südwestfalen hatte sie den einzigen Vertreter im Segelflugausschuss sitzen. Die Ernennung eines eigenen Bauprüfers stand kurz bevor. Mit Beginn der Nationalen Revolution begann auch die Neuorganisation der einzelnen Luftfahrt-Verbände. Keinen besseren als den Luftfahrtminister H. Göring hätte man an die Spitze des gesamten deutschen Flugwesens stellen können. Unter seiner sicheren Führung, die er im Kriege genügend bewiesen hat, arbeitet auch die hiesige Gruppe im neuen Luftsportverband weiter zum Wohle des deutschen Vaterlandes.

Da während der Erntezeit in der engeren Heimat keine Flugmöglichkeiten sind, musste die Gruppe einen entfernteren Flugplatz aussuchen. So wurde an den großen Festen Ostern und Pfingsten der Flugplatz Schüren bei Meschede aufgesucht. In diesem idealen Gelände konnten unsere Flieger manche Lorbeeren für Plettenberg ernten. Bei allen Veranstaltungen dort waren sie gern gesehene Gäste. Leider ging am 1. Pfingsttag durch Unglücksfall eine Maschine zu Bruch, so dass die bekannte Gruppe Plettenberg für die weitere Veranstaltung ausfiel.

Mit den Arbeiten für die augenblickliche Werbewoche geht die Gruppe ins zweite Jahr. In 12 Vorstandssitzungen und 8 Versammlungen wurden die Geschäfte der Gruppe erledigt. Als Ergebnis aus dem praktischen Flugdienst verfügt die Gruppe heute über 35 A- und 3 B-Flieger. Die Gesamtzahl der Starts betrug 1.020. Damit dürfte wohl der Rekord sämtlicher Nachbargruppen geschlagen sein. Zwei Unfälle musste die Gruppe leider verzeichnen.

Mit frischen Kräften und neuem Mut geht die Gruppe ins neue Jahr, denn sie ist sich der schweren Aufgaben, die ihrer noch harren, bewusst. Der Luftsport muss Gemeingut des deutschen Volkes werden, und wenn wir treu dem Führer folgen, der alles daran setzt, das deutsche Volk vor den Gefahren, die ihm aus der Luft drohen, zu schützen, dann wird dieses Ziel erreicht.

Darum, ihr deutschen Männer und Frauen, denkt am kommenden Sonntag, wenn die Flieger um ein Scherflein bitten, nicht an das, was ihr alles schon geopfert habt, denkt an euren Schutz. "Glück ab!"


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