WR vom 10.07.2000

"Kirchbau ein Wagnis aus Zuversicht"

Stadtmitte. Das Herzstück einer Pfarrgemeinde ist die Kirche. In der katholischen Pfarrgemeinde St. Laurentius in Plettenberg schlägt das Herz seit 25 Jahren an der Lehmkuhler Straße. Genau am 13. Juli 1975 weihte der damalige Ruhrbischof Dr. Franz Hengsbach vor über 1000 Gläubigen das neue Gotteshaus ein. Für die WR ein Anlass zum Rückblick.

Im Frühjahr 1967 überlegte die Gemeinde unter Leitung von Dechant Paul Solbach mit dem Bischöflichen Generalvikariat Essen ihren Wunsch, die alte 1873 errichtete und 1934 modernisierte und erweiterte Pfarrkirche an der Wilhelmstraße innen und außen zu erneuern und den Altarraum neu zu gestalten. Generalvikar und Diözesanbaumeister kamen zur Ortsbesichtigung. Ihre Erkenntnis teilten sie dem Kirchenvorstand von St. Laurentius im November 1967 schriftlich mit.

Sinngemäß hieß es in dem Schreiben: Wenn der Gemeinde auch in späteren Jahren ausreichend Kirchenraum zur Verfügung stehen solle, käme nur ein Kirchenneubau in Betracht, "weil Ihre jetzige Kirche leider nicht erweitert werden kann". Eine Perspektive zeigten die Experten auch gleich auf: "Zum Glück besitzen Sie an der Lehmkuhler Straße Grundstücke, die unserer Meinung nach für den Standort einer neuen Pfarrkirche geeignet wären."

Dieser Brief stellte den Kirchenvorstand vor eine schwere Entscheidung. Die Frage, ob Reparatur oder Neubau, wurde gewissenhaft beraten. Beim Bischofsbesuch im Oktober 1968 in Plettenberg stand das Problem ganz oben auf der Tagesordnung. Doch Bischof Hengsbach ermutigte die Entscheidungsträger vor Ort, das Bauvorhaben an der Lehmkuhler Straße zu beginnen.

"Jeder Kirchbau ist ein Wagnis aus Zuversicht", schrieb Dechant Solbach in seinen Ausführungen zur Baugeschichte. Und so fiel im Dezember 1968 im Kirchvorstand die Entscheidung pro Neubau, nachdem zuvor auch die Gemeinde im Pfarrgemeinderat und in einer Pfarrversammlung zugestimmt hatte. Damit stand fest: Auf dem alten Friedhof an der Lehmkuhler Straße sollte ein Pfarrgemeindezentrum mit Kirche, Pfarr- und Jugendheim, einer Bücherei und vier Dienstwohnungen errichtet werden, so das Raumprogramm als Zielplanung.

Untrennbar bleibt das ehrgeizige Projekt mit dem Namen des stellvertretenden Kirchenvorstands Hans Florath verbunden. Als Bauexperte von Beruf erwarb sich Florath beim Bau der Laurentiuskirche in Planungs- und Bauphase besondere Verdienste. Im September 1971 stimmten Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat den im Kölner Architekturbüro Rosiny & Partner erarbeiteten Plänen endgültig zu. Im August 1972 erteilte die Stadt die Baugenehmigung; im November folgte auch die kirchliche Bauerlaubnis vom Bistum Essen.

Am 19. März 1973 begann die Plettenberger Firma C. Loos mit dem Aushub der Baugrube auf dem alten Friedhof, auf dem bis zum Jahre 1907 die Gemeindemitglieder beerdigt wurden. Nur wenige Gebeine der Verstorbenen kamen bei den Ausschachtungsarbeiten zum Vorschein. Sie sind in der neuen Kirche rechts neben dem Altar in einer Gruft beigesetzt. Im Herbst 1973 waren die Grundmauern betoniert. So legte Weihbischof Julius Angerhausen am 21. Oktober den Grundstein für das Gotteshaus. Nach raschem Fortschritt fanden die Arbeiten am Rohbau am 18. Juni 1974 mit dem Richtfest einen frohen Ausklang.

Noch beschäftigten Architekten, Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat Probleme, die einer Lösung harrten: Innenausbau und künstlerische Gestaltung. Der Bildhauer Klaus Balke aus Köln wurde mit den Entwürfen für Altar, Ambo und Tabernakel beauftragt. Der Glasmaler Joachim Klos aus Nettetal übernahm die Gestaltung der Fenster. Über dies wurde die Ausstattung der alten Kirche so weit wie möglich - vom Grundstein bis zu den Reliquien aus dem Hochaltar - mit in die neue Kirche genommen. Die modifizierte Orgel, die Kreuzweg-Stationen, das in Holz geschnitzte Marienbild, der alte Tabernakel in der Taufkapelle und die Weihwasserbecken fanden ihren Platz, nicht zu vergessen die alten Glocken im neuen Glockenturm.

Der Kirchenpatron, der Heilige Laurentius, grüßt in seinem Bild die Gemeindemitglieder schon im Vorraum der Kirche. Und aus der alten Altarverkleidung sind die zwölf Apostelkreuze gefertigt. Die vorgesehene Bauzeit von nur zwei Jahren wurde nicht eingehalten. Der festgesetzte Kirchweihtermin am 13. Juli 1975 brachte die Verantwortlichen sogar noch "in dramatische Zeitnot", wie sich Dechant Solbach erinnert. Erfreulicher Weise blieben dafür die Baukosten in Höhe von rund 3,2 Millionen Mark für das gesamte Projekt im veranschlagten Rahmen.

Sieben Jahre später, im April 1982, fand der Wetterhahn, der seit 1935 auf der alten Kirche gestanden hatte und neu vergoldet worden war, seinen Platz auf dem Turm der neuen Laurentiuskirche. Durch eine Spende wurde im März 1983 auf der Westseite der Kirche die Errichtung des Kreuzes ermöglicht, in dessen Schnittpunkt die von Goldschmied Helge Kühnapfel (Langenberg) geschaffene Arche und die Taube dargestellt sind als Symbol des Glaubens, der Hoffnung und des Friedens.

Im Juli 1984 wurde die Sakramentskapelle vollendet durch ein Gitterwerk, das der Bildhauer Paul Nagel (Wesseling) entworfen und in der Kunstschmiede Sebastian Hoppen (Leubsdorf bei Linz am Rhein) gefertigt worden war.

"Kirchenbau ist unter allen Bauaufgaben ein besonderes Wagnis, weil er über die Zweckerfüllung hinaus zeichenhaft ist für die Wirklichkeit Gottes in der Welt." Mit diesen Worten erklärten die Architekten Nikolaus Rosiny und Hermann B. Pogany zur Kirchweih die Gratwanderung bei ihrer Arbeit. Das Gemeindezentrum St. Laurentius ist an einer entscheidenden Wende im Gemeindeverständnis und damit im Kirchenbau unserer Zeit errichtet worden - eine Wende, die sich Anfang der 70er Jahre anbahnte.

"Ihr wesentliches Merkmal ist die Erkenntnis, dass die Kirche in einer Zeit zunehmender Rationalität wie keine andere Institution Anwalt und damit auch Bauherrin für den ganzheitlichen Menschen ist. Kirchliches Bauen sollte deshalb Dienst am Menschen im weitesten und umfassendsten Sinn sein", skizzierten die Architekten ihre Ansprüche.

Nicht erst heute, 25 Jahre später, kann ihnen bescheinigt werden, dass sie diesem Anspruch mit der Laurentiuskirche und ihren Nebenräumen gerecht geworden sind. Über das liturgisch Funktionale hinaus haben sie auch die emotionalen, zeichen- und symbolschaffenden Bedürfnisse des Menschen aufgenommen und widergespiegelt. Das neue, moderne "domus ecclesiae" als Gesamtkomplex, mit dem sich die Gemeinde schnell identifiziert hat, bot und bietet noch heute optimale Voraussetzungen für ein gedeihliches Gemeindeleben in all seinen Facetten.



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