Quelle: AA (Allgemeiner Anzeiger), Halver, von Freitag, 25.03.1994

Elfriede Skeyde wünscht Beteiligung aus Halver an Plettenberger Rußlandhilfe
"Plettenberger Suppenküche" per
Zufall in Petersburg besichtigt

Halver (iwo) - Nach St. Petersburg müssen wohl Halveraner fahren, um von der "Plettenberger Suppenküche" zu hören. Dafür sind die Eindrücke aber dann derart nachhaltig, daß daraus eine Eigeninitiative zur Unterstützung der humanitären Hilfe aus der nicht ganz so weit entfernten Kommune Plettenberg erwächst: Elfriede und Lothar Skeyde hatten im Oktober vergangenen Jahres zusammen mit dem Ehepaar Selka eine Reise nach St. Petersburg unternommen und dort als Touristen eigentlich mehr zufällig von der Existenz des Programms "Rußlandhilfe Plettenberg" erfahren. Und jetzt will das Ehepaar Skeyde nun eine Hilfsaktion auf örtlicher Ebene starten und organisierte für Donnerstag, 7. April, 15 Uhr, einen Informationsnachmittag in der Altentagesstätte.

Dazu eingeladen sind Vertreterinnen der Kindergärten und der einzelnen Frauengruppen wie Internationaler Frauengesprächskreis, die evangelischen Frauenhilfen Schwenke, Gloerfeld, Halver und Buschhausen, die kfd, Landfrauen, der Arbeitskreis für die Diakinie etc.. Horst Hassel, Geschäftsführer der "Rußlandhilfe Plettenberg", will über die Aktionen und die Situation in Rußland berichten. "Sinn dieses Unterfangens ist, daß der Bericht in die einzelnen Arbeitskreise weitergetragen wird und im Großen für die Plettenberger Aktion gesammelt wird", erklärt die Initiatorin.

Die "Plettenberger Suppenküche", wie die Hilfsbedürftigen die Einrichtung in St. Petersburg selbst nennen, "ist ein Aushängeschild für humanitäre Hilfe aus Deutschland", erzählt Elfriede Skeyde. Besonders alte Menschen und Kindern in Heimen und Krankenhäusern werde geholfen. "Alte Menschen werden in Rußland noch schlechter versorgt als Heimkinder, da sie keinen politischen Wert mehr haben", ist der Eindruck der Halveranerin. Weitgehend abgeschrieben seien auch behinderte Kinder, die oft schon als Neugeborene von ihren Eltern in Heime gebracht würden.

Über die Plettenberger hat die Halveranerin auch von einem Kinderheim in Luga (Bezirk Leningrad) erfahren, in dem fast ausschließlich mehrfach behinderte Kinder im Alter von wenigen Tagen bis zu vier Jahren leben. In diesem Heim gebe es nicht einen einzigen Rollstuhl für z. B. spastisch gelähmte Kinder. Das bedeute, daß diese Kinder nie ihr Bett verlassen können.

"Aber auch in den Kliniken fehlt es an allem: chirurgische Geräte, Desinfektionsmittel, Krücken, Sauerstoff, Überwachungsgeräte für die Intensivstation, Infusionsgeräte etc. sind Mangelware. Medikamente fehlen überhaupt." Neben diesen Einrichtungen werden von der Plettenberger Rußlandhilfe aber auch ärmere Stadtteile angefahren, wo z. B. vier bis fünf Personen auf 18 Quadratmetern wohnen und Gemeinschaftsküchen (ein Waschbecken und vier Gasherde) von etwa 18 Familien benutzt werden.

Der nächste Transport aus Plettenberg ist für den 26. Juni vorgesehen. Dann soll das Altenheim in Smolnij, im Osten von Petersburg, mit Hilfsgütern versorgt werden. "Da wir ein Kloster aus der Zarenzeit in unmittelbarer Nähe besichtigten, wurde uns dieses Heim gezeigt: Ein langgestrecktes Gebäude am Ufer der Newa beherbergt 1.700 alte Menschen, die dort in einfachsten Verhältnissen leben", berichtete Elfriede Skeyde. Und weil das Elend dieser Menschen die Halveraner nicht unberührt ließ, möchten sie gerne, daß auch aus Halver Kleidung, Schuhe, haltbare Lebensmittel, Medikamente (Stärkungsmittel, Vitaminpräparate, Antibiotika etc.) den Weg nach Smolnij finden. "Geldspenden werden natürlich auch angenommen, denn der Tramsport kostet einiges."