7. Hilfstransport der Russlandhilfe
Vom 24. Mai bis 3. Juni 1992

Rückblick zusammengestellt von Horst Hassel


Der von der Firma Butschkau bereitgestellte Lkw, beladen mit Desinfektions-, Reinigungs- und Augenpflegemitteln, an der Einfahrt zur Firma Contacor am Litejni Prospekt 25.

Per Fax von Bord der GTS Finnjet am 03.06.1992, 8.37 Uhr (für 16 FIM = 7 DM) ging folgender Bericht an die Redaktion des Süderländer Tageblatt:

1. Bericht über den 7. Hilfstransport der Rußlandhilfe Plettenberg nach St. Petersburg/Leningrad
St. Petersburg/Pl. (HH) Nach sieben Tagen Aufenthalt in St. Petersburg befindet sich die Mannschaft des 7. Hilfstransportes der Rußlandhilfe Plettenberg derzeit auf dem Heimweg. An Bord des Luxusliners "Finnjet" erinnert man sich bei strahlendem Sonnenschein und Kreuzfahrt-Atmosphäre an die Menschen in St. Petersburg, an die Not der Kinder und älteren Menschen, an bürokratische Hemmnisse beim Grenzübergang, an behinderte Kinder im weltweit einzigartigen Krankenhaus zur Beseitigung von köperlichen Mißbildungen, an ein typisch russisches Wochenende auf einer Datscha und an die große Dankbarkeit, mit der die ganz persönlichen Pakete aus Plettenberg in Empfang genommen wurden.

Die Alltagssituation in St. Petersburg hat sich, was das Angebot an Nahrungsmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs angeht zwar gebessert, doch wegen der enorm hohen Preise bleiben für die meisten Menschen selbst Nahrungsmittel unerschwinglich. Groß war daher die Freude über die Hilfspakete aus Plettenberg. Unerfreulich war der mehr als dreistündige Aufenthalt bei der Einreise sowie der insgesamt dreistündige Aufenthalt bei der Ausreise.

Nur mit viel Glück entging die Hilfstransportmannschaft bei einem Ausflug auf eine 60 km außerhalb von St. Petersburg liegenden Datscha einer Verhaftung. Nachdem man Zeuge eines tödlichen Verkehrsunfalls geworden war und diesen der Miliz gemeldet hatte, kam es zu Unstimmigkeiten, weil die Deutschen angeblich in einen für Ausländer gesperrten Bereich fahren wollten. Nach einigen Handgreiflichkeiten und der Klärung durch den Vorgesetzten, konnten die bereitgelegten Handschellen unbenutzt bleiben.

Ohne Probleme an den Fahrzeugen (ein 17 t-Lkw der Fa. Butschkau und ein VW-Bus der Stadtwerke Plettenberg) und unfallfrei wurde auch der 7. Hilfstransport nach St. Petersburg absolviert. Hilfsgüter im Wert von rd. 125.000 Mark wurden übergeben. Besonders groß war die Freude im Unternehmen"Contacor" über die Lieferung von 5 t Pflege-, Desinfektion- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. In allen Fällen ließen sich die Teilnehmer des Hilfstransportes die ordnungsgemäße Verwendung und Verteilung der Hilfsgüter zeigen und machten Stichproben. Herzliche Grüße des Dankes wurden der Rußlandhilfe Plettenberg an alle die Menschen mit auf den Weg gegeben, die zur Hilfe beigetragen haben. (ausführlicher Bericht folgt)


Empfänger der Hilfsgüter waren: Kinderkrankenhaus Nr. 12, Ogorodnikowa Prospekt 21, 198103 St. Petersburg
Kinderkrankenhaus Nr. 19, Ligowski Prospekt 8, 193039 St. Petersburg
Kinderheim Nr. 9, Bucharestkaja 63, 194378 St. Petersburg
Staatl. Unternehmen "Contacor", Liteini Prospekt 25, 191028 St. Petersburg

Inhalt der Lieferung: 5 t Pflege-, Reinigungs- und Desinfektionsmittel; 20 Kubikmeter Kleidung und Schuhe; 1 t Lebensmittel, 2 Kubikmeter Kinderspielzeug.

Fahrzeuge des Transportes: 1 Mercedes Lkw der Fa. Butschkau (MK - HP 121), Fahrer: Horst Hassel; ein VW-Bus der Stadtwerke, Fahrerin: Margret Dornbusch.



Margret Dornbusch (Meerbusch) und Dolmetscherin Vera Wolokitina


Der entscheidende Moment bei jedem Hilfstransport: der Zöllner stempelt die Empfangspapiere ab!


Quelle: ST (Süderländer Tageblatt) im Juni 1992

Halbstaatliches Unternehmen für Kontaktlinsen steht
in Petersburg im Wettbewerb mit den Augenoptikern

Ende des Sozialismus? Wettbewerb zwischen Kontaktlinsen-Herstellern und Optikern

St. Petersburg (HH). "Geht es denn dort weiter? Ist eine positive Entwicklung zu erkennen?" Solche und ähnliche Fragen hören die Teilnehmer der Hilfstransporte nach St. Petersburg sehr oft. Zum 7. Mal war die Rußlandhilfe Plettenberg Ende Mai/Anfang Juni (wir berichteten bereits mehrfach) in der ehemaligen russischen Hauptstadt am Ufa der Newa zu Gast. Über eineinhalb Jahre hinweg konnte man die Entwicklung verfolgen - Fortschritte sind erkennbar, gehen aber nicht immer in die für westliche Betrachter "richtige Richtung".

Zu den Hilfsgütern an Bord des 17-t-Lkw, den die Firma Härterei Butschkau zur Verfügung gestellt hatte, gehörten diesmal u. a. ca. 6 Tonnen Reinigungs-, Pflege- und Desinfektionsmittel für Kontaktlinsen im Gesamtwert von über 100.000 Mark. Diese Medikamente waren von einem Berliner Unternehmen gespendet worden. Nach Plettenberg vermittelt hatten Mitarbeiter des Innenministeriums in Düsseldorf, die selber Monate vorher schon Kontaktlinsen für über 200.000 Mark nach St. Petersburg gebracht hatten, die Spende.

Zur Firma "Contacor" am Litejni Prospekt 25 sollten die Medikamente gebracht werden. Die Transportmannschaft machte sich erst einmal sachkundig und prüfte, ob es sich um ein seriöses Unternehmen handelte. Im Gespräch mit der Direktorin Helen A. Voievodina (25, Lyteiny Avenue, Leningrad, 191028, USSR, Tel.: 273-26-47 u. 272-93-59) ergaben sich interessante Aspekte: "Contacor" ist ein halbstaatliches Unternehmen. Es ist das einzige Unternehmen, das in St. Petersburg Kontaktlinsen herstellt - und die sind, wie westliche Fachleute bestätigten, von guter Qualität.

Linsen preiswerter als Brillen
Halbstaatlich heißt in diesem Fall, das Unternehmen muß selbst sehen, dass es sich trägt, also Verluste vermeiden, um der Auflösung zu entgehen. Staatliche Unterstützung gibt es nicht mehr. Bisher gelingt eine Geschäftsführung "Plus minus Null". Man steht in Konkurrenz zu den (noch stattlichen) Optikern, die in dem Kontaktlinsen-Hersteller eine harte Konkurrenz sehen. Schließlich sind Kontaktlinsen dort für weit weniger Rubel (umgerechnet 35-40 Mark) zu bekommen als Brillen kosten (ab 100 Mark). Ein veralteter Maschinenpark erschwert das Überleben.

Das Unternehmen und dessen Leitung machen einen guten Eindruck. Man versicherte der Rußlandhilfe Plettenberg, daß sämtliche Medikamente kostenlos an bedürftige Bürger weitergegeben werden. Dies soll demnächst durch die Weitergabe der Adressen der Beschenkten dokumentiert werden.

Als der Lkw mit den Medikamenten dann in die schmale Hofeinfahrt setzt, kommen ein halbes Dutzend fleißiger Helfer, die Paket für Paket der 6-Tonnen-Ladung vom Lkw und in den Innenhof tragen. Schweißgebadet stehen sie nach eineinhalbstündigem Abladen im Hof. Ihre Augen strahlen voller Dankbarkeit über so viel HIlfe. Die Einladung zu einem Essen reduzieren die Rußlandhelfer auf ein kurzes Gespräch bei einer Tasse Tee. Es sind noch reichlich Hilfsgüter an Bord, die an diesem Tage auch noch überreicht werden sollen . . .


ABRECHNUNG des Hilfstransportes vom 24. Mai bis 3. Juni 1992
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Europcar, Lkw geliehen zur Abholung der 5 t Medikamente in Düsseldorf am 30.04.1992
Tankrechnung für die Fahrt per Pkw nach/von Hagen (Europcar)
Tankrechnung für Leih-Lkw
Tankrechnung für Fahrt zum Konsulat 22.04.1992, Visa-Abholung
Tankrechnung für Fahrt mit Lkw und VW-Bus zum Laden in Meerbusch
Fährkosten Lkw + Fahrer 24.05.1992
Fährkosten VW-Bus + Fahrer 24.05.1992
getankt in Finnland (311,30 FIM)
getankt in Rußland (ohne Beleg)
getankt in Buddikate 03.06.1992
aufgetankt in Plettenberg (Lkw)
und dto. VW-Bus
Leih-Lkw der Fa. Butschkau
Gesamtkosten:
   623,18 DM

     28,00 DM
     40,00 DM
     58,00 DM
     98,00 DM

1.900,00 DM
   795,00 DM
   110,00 DM
     21,75 DM
   160,05 DM
   145,00 DM
     46,00 DM
2.300,00 DM
6.324,98 DM