(Letzter) Geschäftsbericht 1995 der Rußlandhilfe Plettenberg 1990 eV
(vorgelegt vom Geschäftsführer Horst Hassel auf der Hauptversammlung am 23.04.1996)
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 1995 haben die Aktiven der Rußlandhilfe Plettenberg 1990 eV - als
Folge der Erschwernisse bei der Zollabfertigung des Hilfstransportes vom Januar 1995 - viel an
Motivation für ihr humanitäres Engagement verloren. Hinzu kam, dass die Kontakte zu den
Empfängern der Hilfsgüter immer spärlicher wurden, weil letztlich in St. Petersburg kaum noch
Zeit blieb, um auch die zwischenmenschlichen Kontakte mit Bewohnern von Alten- und
Kinderheimen, Pädagogen und Hauspersonal zu pflegen.
Ein weiteres Motivationshemmnis war das Verhalten unserer Ansprechpartner in St. Petersburg.
Hier wurden plötzlich Forderungen laut, die sich ganz konkret auf die gewünschte Qualität unserer
Hilfsgüter und auf bestimmte Konsumgüter bezog. Da wir angetreten waren, denen Hilfe zu bringen,
die nichts haben, und nicht denen, die etwas haben, aber gerne noch mehr hätten, war für die
Mitglieder des Vorstandes klar: für diese Art der Hilfe wollen wir uns nicht einsetzen.
Weiter engagiert und motiviert waren die Freunde der Rußlandhilfe Halver, deren Einsatz wir mit die
Durchführung der Transporte in 1994 und 1995 zu verdanken haben. Um sie zu unterstützen, wurde
ein letzter humanitärer Hilfstransport von mir organisiert, wobei die Hauptarbeit bei den Halveranern,
insbesondere bei der Familie Skeyde lag.
Am 7. Januar 1995 fanden der 18. und 19. Hilfstransport (der Transport wurde auf dem Papier aufgesplittet
in zwei Transporte wegen der Fahrzeuggrößen) statt. 12 Teilnehmer machten sich mit fünf Fahrzeugen
und über 50 t Hilfsgütern (diesmal nicht überwiegend medizinisches Gerät) auf den eiskalten Weg. Es
gab die üblichen Probleme an der Grenze, doch Dank der mitfahrenden Dolmetscherin hatten wir "nur"
drei Stunden Aufenthalt an der finnisch-russischen Grenze.
Als wir am Morgen nach unserer Ankunft, mittwochs, auf dem Weg zum (Stadt-)Zoll waren, streikte eine
Sattelzugmaschine (Wasser im Tank). Daraus, und aus den Verzögerungen bei der Zollabnahme (einen
ganzen Tag verloren), resultierte eine Zeitnot, die es uns nicht erlaubte, Alten- und Kinderheime zu
besichtigen. Mehr als "ausladen und Lkw reparieren" war nicht drin. Dank der Hilfe von Alexander (vom
Kulturpalast der Eisenbahner) konnten wir uns rechtzeitig auf die Rückfahrt machen, wobei es auch
diesmal wieder Probleme bei der Ausreise aus Rußland gab.
Angesichts von Frachtkosten für diesen Transport von über 19.000 Mark wurde wieder einmal die Frage
laut, ob bei diesen Kosten, den vielen Fahrzeugen und der kurzen Aufenthaltsdauer in St. Petersburg
nicht doch kleinere Transporte überschaubarer sind. Im Nachklang zu diesem Transport gab es noch
Ärger wegen nicht zugestellter bzw. nicht an die richtige Adresse gekommener HIlfsgüter für Straßenkinder
(hatten eine neue Adresse). Durch zahlreiche Rückfragen an Mischa Wassiliew und Alexander konnte
zumindest ein Teil der Hilfsgüter noch an die richtige Adresse umdirigiert werden.
Als die Rußlandhilfe Plettenberg 1990 eV nach ihrer Rückkehr vom Hilfstransport bekanntgab, dass sich
der Verein auflösen wird, weil "Hilfe aus unserer Sicht gesehen nicht mehr dringend notwendig
ist", führte das zu Mißverständnissen bei der Rußland- und Osteuropahilfe Plettenberg eV, weil man dort
nach wie vor helfen möchte und in unserem Hilfeverzicht schon fast so etwas wie "geschäftsschädigende
Äußerungen" sah. Das Mißverständnis klärte sich aber auf.
Der Versuch, eine Korrektur der Frachtkosten-Berechnung der Fa. Frachtkontor wegen unterschiedlich
berechneter Fahrzeuglängen zu erreichen, schlug fehl. Dadurch konnte der Betrag von rd. 330 Mark leider
nicht in die Kasse zurückfließen.
Sonstiges:
Zum Schluß sage ich Dank allen denen, die durch Sach- und Geldspenden seit 1990 die Hilfstransporte
und damit die Menschen in St. Petersburg unterstützt haben. Dank sage ich auch den vielen engagierten
Unternehmern, die ihre Fahrzeuge zur Verfügung gestellt haben, Dank denen, die 18 Hilfstransporte mit
über 50 Fahrzeugen und über mehr als 100.000 km unfallfrei abgewickelt, Kleidung sortiert und gepackt,
Hilfsgüter aus Lagern der Ex-DDR geholt und vieles andere mehr geleistet haben.
Dank sage ich insbesondere meinen beiden Mitstreiterinnen "Slava" Gloria Wittmann und Marlies Fleckner
sowie den Eheleuten Skeyde und in besonderer Weise den Familien Johanngieseker für ihr wirklich
außergewöhnliches Engagement. Sie alle werden mir und uns fehlen. Vermissen werden wir auch die
Begegnungen mit den Petersburgern im Kinderheim Nr. 3, in der Schule 72, in den vielen Krankenhäusern,
Altenheimen und Kindergärten.
Spassiba und Doswidanje! |