Bericht über den Hilfstransport der Rußlandhilfe Meerbusch vom 27. Oktober bis 8. November 1994 Mit zwei Lkw und einem Kleintransporter brachte die Rußlandhilfe Meerbusch Ende Oktober rund 6 t Hilfsgüter in die ehemalige russische Hauptstadt St.-Petersburg. Bei spiegelglatter See erfolgte die Anreise über die Ostsee mit der "Finnjet", der schnellsten Fähre der Welt. Von Helsinki aus ging es über Land bis zur russischen Grenze in Vaalimaa. Die Zollformalitäten konnten in "Nullkommanichts" abgewickelt werden. Über Vyborg ging es dann über die Europastraße 18 direkt nach St.-Petersburg. Erstmals konnte eine bislang für Ausländer gesperrte Straße durch militärisches Gebiet gefahren werden, was die Anreise um gut 50 km verkürzte. In St.-Petersburg hatten russische Freunde, insbesondere der Dolmetscher und Musiker Mischa Wassiliew, schon die Hotelzimmer im "Gastiniza Sowjetskaja" gebucht und die organisatorischen Vorbereitungen für die Verteilung der Hilfsgüter getroffen. Die Suppenküche im "Dworez Kultury", dem Kulturpalast im Frunsenski-Bezirk, war der erste Adressat der Rußlandhilfe. In der Suppenküche werden täglich rd. 90 bedürftige, ältere Bürger mit einer kostenlosen Mittagsmahlzeit versorgt. Lebensmittel für die Suppenküche und Kleidung für die älteren Leute sowie die Mitarbeiter der Küche wurden hier mit großer Freude und Dankbarkeit in Empfang genommen. Immer wieder bekreuzigten sich die hilfsbedürftigen Menschen und sagten tausendmal "Spassiba Bolschoi!" - Vielen Dank! Kinderkleidung, Spielzeug und Lebensmittel brachte man am nächsten Tag in einen Kindergarten im Bezirk "Graschdanka". Hier hatte man sich eine besondere Form der persönlichen Hilfe ausgedacht. Für alle Mitarbeiter des Kindergartens gab es eigens gepackte Tüten mit Lebensmitteln und etwas Süßigkeiten. Die rund 140 Kinder wurden ebenfalls mit notwendiger Kleidung und Spielzeug beschenkt. Ihre große Dankbarkeit offenbarten die Kinder dann in einem Vortrag russischer Folklore. Gleich anschließend führte der Weg in ein Gebiet von St.-Petersburg, das man als das "Niemandsland" oder als "vergessene Erde" bezeichnen könnte. Inmitten von großflächigen Industrieanlagen fand man eine heruntergekommene Gartensiedlung mit vielen zerfallenen Holzhäusern. Kaum vorstellbar, daß hier noch Menschen wohnen würden - doch es waren die Alten, die in dieser Einöde inmitten der 6-Millionen-Stadt ihr Dasein fristeten. In einer langgestreckten Ziegelsteinbaracke lag das Ziel: ein Altenheim. Die Zustände dort sind kaum zu schildern. Unerträglicher Gestank machte es den Teilnehmern des Hilfstransportes teilweise unmöglich, den Rundgang durch die mit 8 oder 10 älteren Menschen belegten Zimmer mitzumachen. Geradezu apathisch lagen die meisten Menschen in ihren Betten. In vielen Augen blitzte so etwas wie ein Funken Hoffnung auf, als die "Njemze" - die Deutschen - plötzlich mit Tüten voller nie gesehener Köstlichkeiten an den Betten erschienen und diese mit Wünschen für einen besseren Lebensherbst persönlich überreichten. Da raffte sich so mancher Bewohner auf und fand sogar deutsche Worte des Dankes. Neben Lebensmitteln und Kleidung ließ man auch einige Medikamente in diesem Altenheim. Wertvolle Medikamente wurden am darauffolgenden Tag dann in einer Uni-Klinik überreicht. Auch hier herrschten unglaubliche Zustände. Mangel, wohin man auch schaute. Zwar muß man bei der Beurteilung der Räumlichkeiten sowie der praktisch nicht existierenden Versorgung der Patienten mit Medikamenten ohnehin einige Abstriche machen und kann keine westlichen Maßstäbe anlegen, doch selbst nach russischen Maßstäben sind die Krankenhäuser in einem erbärmlichen Zustand. Der Lohn für die vielen Mühen bei der Sammlung der Hilfsgüter, den vielen Bittgängen um Spendengelder und der persönliche Einsatz beim Verladen, Transportieren und Verteilen waren die dankbaren Menschen, die leuchtenden Augen und unzähligen Dankgebete der Bedürftigen. |