Ankündigung für den geplanten 1. Hilfstransportes nach Leningrad im Januar 1991
Im "Rundschreiben für alle Fahrtteilnehmer" vom 17.12.1990 schrieben die Organisatoren Walter Dasberg und Gerhard
Padberg:
Informationen zum Hilfsgütertransport
1. Abfahrt ist am 02.01.1991 um 5.00 Uhr. Von wo gestartet wird, kann zur Zeit noch nicht gesagt werden,
da noch nicht bekannt ist, wo wir die Fahrzeuge über den Jahreswechsel abstellen.
2. Rückkehr am 10.01.1991 zwischen 20 und 22 Uhr je nach Wetterlage. Nach der Ankunft in Plettenberg
können wir gemeinsam in ein Lokal zum Abendessen gehen und dann die Fahrt beenden. Zu diesem Essen
sollten die Ehepartner dann eingeladen werden. Dies ist ein Vorschlag von uns, den wir zur Diskussion stellen.
Das Abendessen müßten wir allerding selbst bezahlen. Bei unserer nächsten Zusammenkunft können wir
darüber sprechen.
3. Pässe sind alle vorhanden. Visa werden in dieser Woche in Bonn benatragt und besorgt.
4. Internationale Führerscheine werden ebenfalls in dieser Woche beschafft.
5. Vom DRK wird für jeden Fahrtteilnehmer ein Parka in der entsprechenden Größe gestellt (leihweise).
Die Größen sind bereits durchgegeben.
6. Zur Zeit wird versucht, von der Bundeswehr für jeden Mitfahrer einen Schlafsack zu bekommen.
Wenn Oberstleutnant Buchner sein Einverständnis gibt, haben wir am Dienstag schon die Schlafsäcke.
7. Zur Zeit wird noch versucht, weitere CB-Funkgeräte zu bekommen. Laut Aussage von Klaus Freiburg
stehen uns drei Geräte zur Verfügung. Dies würde ausreichen, aber wir wollen versuchen, möglichst alle
Fahrzeuge mit Funk auszurüsten. Seid bitte so nett und hört Euch im Bekanntenkreis einmal entsprechend um.
8. Getränke für die Hin- bzw. Rückfahrt sind bei PLAZA bestellt.
9. Wir nehmen für jedes Fahrzeug 4 Kanister mit Kraftstoff mit. Diese Reserve benötigen wir für die
Rückfahrt von Leningrad nach Helsinki.
10. Übernachtungen in Helsinki sind dort bei der Polizei angemeldet. Wir schlafen im Gästehaus der
IPA (International Police Assoziation).
11. Übernachtung in Leningrad ist telefonisch vorbesprochen. Es sind dazu aber noch weitere Informationen
und Gespräche nötig, weil wir ja so günstig wie möglich übernachten wollen. Unsere Lieferanschrift in Leningrad
ist der Fonds für Barmherzigkeit und Gesundheit, Newsky Prospekt 104. Kontaktpersonen bekommen wir über die
sowjetisch-deutsche Freundschaftsgesellschaft, Fontanka 21, Leningrad. Mit dem Generalsekretär stehen wir in
telefonischem Kontakt.
12. Von unseren Gesprächspartnern ist uns ein Schreiben des obersten Stadtsowjet von Leningrad in
Aussicht gestellt worden, damit uns die Zollformalitäten beim Grenzübertritt erleichtert werden.
13. Bei der Botschaft der UDSSR in Bonn ist über Telefax beantragt worden, daß man uns ab Grenzübertritt
eine Begleitung stellt. Ob dies genehmigt wird, bleibt abzuwarten.
14. Die Lebensmittel sind bestellt. Ab Dienstag, 18.12.1990, 17 Uhr, beginnt im Sängerheim des MCB,
Albert-Schweitzer-Straße (liegt hinter der neuen Dreifachturnhalle) das Packen der Pakete. Anwesenheit - so oft
wie möglich und so wenig wie nötig - durch die Fahrteilnehmer sollte selbstverständlich sein. Es ist ja nicht nur
der Transport der Ware wichtig, sondern die Vorbereitungen dazu müssen getroffen werden.
15. Das Verladen des Hilfsgutes in die Fahrzeuge erfolgt am Samstag, dem 29.12.1990 ab 9 Uhr am
Sängerheim Böddinghausen.
16. Am Freitag, 21.12.1990, 18 Uhr, treffen sich alle Fahrtteilnehmer im Burghaus (Auf der Burg) zu einer
Besprechung. Hier wird dann auch die Aufteilung - wer welches Fahrzeug fährt - vorgenommen. Sollte jemand
nicht können, bitte eben kurz mitteilen. Aber das versteht sich ja von selbst.
Im Fährhafen Travemünde lernten die Plettenberger Rußlandhilfe-Fahrer eine Gruppe aus Schmallenberg kennen,
die ebenfalls einen Hilfstransport über Helsinki und Leningrad nach Wolchow (ca. 200 km hinter Leningrad) vor
sich hatte. Nach der Überfahrt mit der "Finnjet", der Fähre, die den Hilfstransport mit 50 Prozent Rabatt nach Helsinki
transportierte, faxte der Hilfstransportfahrer und Journalist Horst Hassel von der Rezeption des "Ramada Presidenti Hotel"
in Helsinki folgenden Bericht an das Süderländer Tageblatt:
Finnische Polizei: Überfälle auf Hilfstransporte
Helsinki, 04.01.1991. Leichter Schneefall und Temperaturen um den Gefrierpunkt begrüßten die
zehnköpfige Plettenberger Gruppe mit acht Fahrzeugen, als sie gestern morgen um 8.10 Uhr von der
Finnjet-Fähre im Hafen von Helsinki von Bord ging. Die Zollformalitäten waren schnell erledigt, dafür
hatten die Kollegen der IPA, der International Police Association, gesorgt. Unter Polizeigeleit wurden
die Plettenberger in zwei finnischen Polizeifahrzeugen und im Plettenberger DRK-Fahrzeug in die
Innenstadt von Helsinki gebracht, wo man in zwei Zimmern der IPA-Zentrale übernachtete. Heute morgen
brach die Gruppe mit über 10 t Hilfsgütern an Bord in Richtung Leningrad auf.
Die Überfahrt von Travemünde nach Helsinki bei ruhiger See führte zur Begegnung mit anderen Hilfstransporten,
die ebenfalls Hilfsgüter in die UDSSR bringen. So lernten die Plettenberger eine Gruppe aus Schmallenberg (Peter Michels)
sowie aus Melsungen (Hans Guderjahn) kennen, die mit drei Fahrzeugen und Hilfsgütern zu privaten Aktionen aufgebrochen sind.
Die ersten Nachrichten, die finnische Polizeikollegen für die Organisatoren der Aktion "Rußlandhilfe Plettenberg",
Walter Dasberg und Gerhard Padberg hatten, klangen nicht sehr positiv. Da war von Überfällen auf
Hilfsgütertransporte die Rede und von schwierigen Straßenverhältnissen in der Sowjetunion.
Im Hafen von Helsinki wurden die Plettenberger von Leo Saarela, dem Generalsekretär der IPA Finnland, begrüßt.
Die finnische Polizei ist sehr um die Plettenberger bemüht. Man sorgte für eine zügige Abwicklung beim Zoll und
versucht, den Polizeikollegen Walter Dasberg, Gerd Padberg, Gerd Mergenthaler, Jürgen Henke sowie den
Mitfahrern Peter Mollier, Klaus Freiburg, Franz Scharwächter und Andreas Deres sowie den ST-Chronisten den
kurzen Aufenthalt in Helsinki so angenehm wie möglich zu gestalten.
Aus Sicherheitsgründen haben die Fahrer des Melsunger Hilfstransportes (Hans Guderjahn) sich entschlossen, sich dem Plettenberger
Konvoi auf der Rückfahrt von Leningrad nach Helsinki anzuschließen. Heute morgen (Samstag, 05.01.1991) um 5 Uhr
ist der Plettenberger Hilfskonvoi in Richtung russische Grenze aufgebrochen. Die Straßen sind verschneit und glatt.
Man rechnet damit, heute Nachmittag in Leningrad einzutreffen.
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Quelle: ST vom 10.01.1991
Rußland-Fahrt: Haushohe
Brecher und Windstärke 10
Hilfskonvoi wird heute zurückerwartet
Helsinki/Travemünde. (HH/gt) Haushohe Brecher schlugen über dem Bug der Finnjet-Fähre zusammen, mit
der die zehnköpfige Plettenberger Hilfstransportmannschaft gestern von Helsinki nach Travemünde unterwegs war.
"Windstärke 10" meldete Kapitän Olli Saikke. Die Seeverhältnisse waren so schlecht, daß der Bericht des mitfahrenden
ST-Chronisten nur unvollständig in Plettenberg ankam.
Lebendige Eindrücke vom Leben einer sowjetischen Familie gewann der Chronist, der einer Einladung von Pawel
Shichirew, dem Vorstand der evangelisch-lutherischen Gemeinde von Leningrad, am russischen Heiligabend, dem
6. Januar, gefolgt war.
Seit Dezember können die Leningrader Bürger nur noch auf Lebensmittelmarken einkaufen - vorausgesetzt, die Waren
sind tatsächlich vorhanden. Keiner der Teilnehmer der Hilfsaktion ist alt genug, um ähnliche Erfahrungen der
Rationierung von Lebensmitteln und der Unterversorgung selbst gemacht zu haben.
Heute nachmittag werden die Rußland-Fahrer in Plettenberg zurückerwartet.
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