Plettenberger Jahresrückblick 1993

(Quelle: Süderländer Tageblatt vom 31.12.1993 - zusammengestellt von Guido Günther)

1993 war das Jahr der Konkurse in Plettenberg

Plettenberg. 1993 war in Plettenberg das Jahr der Konkurse und der dramatisch ansteigenden Arbeitslosenquote. Kaum ein Monat verging, ohne daß ein Betrieb aufgeben mußte. Kaum ein Monat verging, ohne daß das Arbeitsamt neu bedrückende Zahlen meldete.
Firmen, die schon zuvor auf schwachen Füßen standen, gab die allgemeine wirtschaftliche Talfahrt den Todesstoß. Andere, die zuvor als gesunder Betrieb dastanden und mit Vertrauen in die Zukunft investiert hatten, machte der Abwärtstrend ebenfalls erheblich zu schaffen. Wer dabei das Pech hatte, als Zulieferer der Automobilindustrie einem gnadenlosen Preisdiktat ausgeliefert zu sein, mußte doppelt leiden. Diese Koppelung führte manchen heimischen Betrieb ebenfalls ins Aus.
Anderen gelang es, sich mit Entlassungen und Kurzarbeit zumindest einigermaßen über Wasser zu halten. Dies in der Hoffnung, daß es im neuen Jahr wieder aufwärts geht - oder zumindest nicht noch weiter abwärts.
Betrug die Arbeitslosenquote im Januar noch 6 Prozent, so kletterte sie bis Anfang Dezember auf 8,8 Prozent. Daß Plettenberg damit weiterhin die niedrigste Arbeitslosenquote im gesamten Märkischen Kreis hat, ist für die Betroffenen nur ein schwacher Trost.
Sie müssen sich damit vertraut machen, daß selbst eine wirtschaftliche Erholung im neuen Jahr die Arbeitslosenquote kaum senken wird. Denn viele Firmen versuchen, ihre kompetenten Kräfte weiterhin zu halten - obwohl sie kaum beschäftigt werden können. Ein Wachstum sichert ihnen zunächst den Arbeitsplatz - erst wenn es wieder deutlich bergauf geht, werden neue Kräfte eingestellt.
Keine guten Aussichten also für 1994. Aber auch kein Grund zur Hoffnungslosigkeit, sondern eine Herausforderung zu neuen Ideen, Strategien und Taten.                                          Guido Günther

JANUAR
 1. Eiskalt aber auf keinen Fall unfreundlich beginnt das Jahr 1993. Der Jahreswechsel ist so ruhig wie lange nicht mehr. Auf der zugefrorenen Oestertalsperre drehen erste Eisläufer ihre Runden. Währenddessen drohen die Oesterschwäne einzufrieren - Tierfreunde versuchen, ein Loch im Eis freizu- halten.
 2. Die Müllabfuhr wird zum neuen Jahr teurer. Die Abfallgebühr steigt von 93,24 Mark auf 123,04 Mark pro Einwohner - trotz der bevorstehenden Einführung der "Gelbdeckeltonne". Im Rat werden Überlegungen laut, die Müllabfuhr wieder in die Regie der Stadt zu geben.
 4. Das Freizeitbad-Projekt nimmt Konturen an. Die Kosten werden auf 13-15 Millionen Mark geschätzt. Zuschüsse sind nicht zu erwarten. Der Neubau würde das "Aus" für die vorhandenen Bäder bedeuten.
 6. Kinder erobern den neuen städtischen Kindergarten in Oesterau. In drei Gruppen, darunter eine Tagesstätten-Gruppe, sind insgesamt 70 Kinder untergebracht.
 7. Die Feuerwehrsirenen heulen künftig nur noch einmal im Monat. Der Grund: Die Feuerwehr setzt verstärkt auf Funkmeldeempfänger; der wöchentliche Probelauf der Sirenen ist nicht mehr erforderlich.
 8. Bischof Luthe stattet der Vier-Täler-Stadt seinen Antrittsbesuch ab. In der Laurentiuskirche feiert er mit zahlreichen Gläubigen aus dem Dekanat Altena das Pontifikalamt. Bischof Luthe zeigt sich sehr zugänglich und bürgernah. - Am Wall beginnen die Rodungsarbeiten auf dem Gelände der neuen Polizeistation. - Die Arbeitslosenquote beträgt 6 Prozent. 977 Männer und Frauen sind ohne Arbeit.
12. "Pro Westtangente" entscheidet sich der Arbeitskreis Verkehr der SPD-Landtagsfraktion bei seiner Sitzung in Plettenberg. Der Plettenberger Straßenwunsch trifft auf allgemeines Verständnis.
13. "Land unter" in Plettenberg! Das stärkste Lennehochwasser seit Jahren führt zu Sperrungen von Straßen und Wegen. Die Lenne führt 180 Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Die entstandenen Schäden halten sich in Grenzen.
15. Lehrer gegen Haß und Gewalt: In einer beispielhaften Aktion beziehen Plettenberger Pädagogen klar Stellung gegen die Fremdenfeindlichkeit. 154 Lehrerinnen und Lehrer haben einen Aufruf unterschrieben, der in der Heimatzeitung veröffentlicht wird.
16. Neue Schützenfest-Wege beschreitet der Schützenverein Grünetal. Erstmals soll das Vogelschießen eine Woche vor dem Schützenfest stattfinden, wird in der Hauptversammlung beschlossen.
18. Dr. Volkmar Reinke, Technischer Beigeordneter, bereitet sich auf seinen Abschied von Plettenberg vor. Noch vor Ablauf seiner Amtszeit will er die Vier-Täler-Stadt verlassen und am 1. April das Amt des Baudezernenten in Detmold übernehmen. - Ein Großfeuer zerstört den Fertigungsbereich für Dach- und Türzierleisten der Firma Schade. Seit 4.14 Uhr sind rund 110 Feuerwehrmänner im Einsatz. Das Feuer hatte sich sehr schnell und schlagartig ausgebreitet. Die Feuerwehr wird für ihren schnellen und effektiven Einsatz gelobt.
22. Eine Einbruchsserie ereignet sich auf dem Schrebergartengelände an der Sundhelle. Zahlreiche Lauben werden aufgebrochen. Der Sachschaden ist hoch, die Beute gering.
23. In Eigenleistung bereiten Plettenberger Feuerwehrmänner zwei neue Fahrzeuge auf den Einsatz vor. Unter fachkundigen Händen werden aus normalen roten Autos ein neuer Mannschaftstransportwagen für die Löschgruppe Holthausen und ein Einsatzleitwagen für die Löschgruppe Landemert.
27. Chaoten verwüsten über 40 Grabstätten auf dem Holthauser Friedhof. Mit Fußtritten werden Grablichter und Pflanzschalen zerstört, Bänke umgestürzt und Zäune ramponiert.
28. Entlassungen bei der Firma Kühne: 23 Mitarbeitern wird gekündigt - ein Drittel der Belegschaft. Grund ist der anhaltende Auftragsrückgang. Gemeinsam hoffen Geschäftsleitung und Betriebsrat, die schwierigen Monate zu überbrücken und die verbleibenden Arbeitsplätze zu sichern - vergebens.
30. Die Post stellt die neuen Postleitzahlen für Plettenberg vor. "Fünf statt vier ist ideal" (58840 statt 5970) - aber auch reichlich kompliziert.

FEBRUAR
 5. Eine neue Lennebrücke in Höhe der Lennefurt im Bereich Ohle Kolonie ist für die Bürger der Papenkuhle uninteressant. Bei einer Bürgerversammlung der SPD machen sie deutlich, daß sie auf die alte und marode Brücke in der Papenkuhle nicht verzichten wollen - sie soll auf jeden Fall erhalten und repariert werden.
 6. Die Arbeitslosenzahl steigt stärker als in der Rezession 1984. Die Arbeitslosenquote klettert auf 6,7 Prozentpunkte, 1.084 Bürger sind ohne Arbeit.
 9. Abreißen will die Sparkasse das Jugendzentrum und den VHS-Saal. Dort soll unter anderem ein neuer Sitzungssaal entstehen. Die Volkshochschule und das Jugendzentrum sollen in die Fabrik Knips am Lindengraben umziehen.
11. Auf 103 Bürger kommt in Plettenberg ein Verwaltungsmitarbeiter. Das hat der Bund der Steuerzahler errechnet. Bei einem Vergleich mit anderen Städten liegt Plettenberg damit im Mittelfeld.
17. Anziehend wirkt die Kleiderkammer der Caritas an der Lehmkuhler Straße: Sie besteht bereits seit zehn Jahren.
18. Abgestellt werden nach 124 Jahren die Schmiedehämmer der Gesenkschmiede Voss & Schröder. Akuter Auftragsmangel zwingt zu diesem Schritt, von dem 40 Arbeitnehmer betroffen sind.
23. Das Central-Theater ist neben der Firma Knips als möglicher Standort für das Jugendzentrum und die Volkshochschule im Gespräch. Der ehemalige Rüsingsche Saal, später Stadttheater und Kino, entpuppt sich als historisches Schmuckstück.
27. Schülerprotest gegen die Verlegung der Beruflichen Schulen nach Altena: In Briefen an den Oberkreisdirektor wehren sich die Schüler gegen die geplante "voreilige Schließung".

MÄRZ
 1. Zum ersten Mal findet die Jahreshauptversammlung der Pommerschen Landsmannschaft in der neu eingerichteten Ostdeutschen Heimatstube statt. Die Heimatstube findet allgemeine Anerkennung. - Der Krötenzaun an der B 236 am Naturschutzgebiet Humme kurz vor Pasel wird weiter ausgebaut. Die Naturschützer wollen entsprechende Krötensperren auch am Landemerter Weg errichten. - Ein neues Cembalo für die Kantorei der Christuskirche: Der junge Heidelberger Cembalobauer Matthias Griewisch liefert das Instrument persönlich in der Christuskirche ab. - Abschied wird in der Erlöserkirchen-Gemeinde gefeiert. Pastor Eckart Zinnke verläßt das Oestertal, um in Porta Westfalica eine neue Wirkungsstätte zu finden. In den vergangenen sechs Jahren hatte er dem Gemeindeleben neue Impulse gegeben.
 3. Bruchsteine fallen aus dem Kersmecke-Viadukt, das dringend sanierungsbedürftig ist. Und auch an der "Schwarzen Brücke" lösen sich Rostplatten. Die Bundesbahn kündigt Kontrolluntersuchungen an. - Die Stammesgründung feiert die Pfadfinderschaft St. Laurentius.
 4. Gelbdeckeltonnen werden an alle Haushalte verteilt. Die Bürger müssen jetzt ihren Müll spülen und sortieren - was anfangs zu erheblichen Problemen führt. - Rund 40 Prozent teurer werden die Kindergartenbeiträge. Prozentual am härtesten trifft es die untersten Einkommensgruppen.
 5. Die Arbeitslosenquote liegt unverändert bei 6,7 Prozent.
 6. Karin Rother ist die neue Vorsitzende des SPD-Ortsvereins. Michael Schöttler trat zuvor von seinem Amt zurück. Karin Rother ist seit vier Jahren in der SPD und seit drei Jahren Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF).
 9. Joachim Schade ist neuer Vorsitzender der Plettenberger FDP. Dietrich-August Flügge legte zuvor sein Amt nieder. Joachim Schade gehört seit 1984 der FDP an. Er war zuletzt zweiter Vorsitzender der Liberalen.
11. Im Auenwald Oesterhammer der SGV-Arbeitsgemeinschaft Umwelt- und Naturschutz entsteht mit Unterstützung der Stadt ein Biotop. Schon bald sollen dort zahlreiche Tier- und Planzenarten heimisch werden.

APRIL
 2.

MAI
 5.

JUNI

JULI

AUGUST

SEPTEMBER

OKTOBER

NOVEMBER

DEZEMBER
24. Die Polizei hat rechtzeitig zum Weihnachtsfest ihren Umzug von der Zeppelinstraße in den Neubau Am Wall 13 abgeschlossen. Erstmals absolvieren die Beamten ihren Weihnachtsdienst in dem großzügig angelegten landeseigenen Gebäude.
27. Die meisten Plettenberger können auf ein besinnliches Weihnachtsfest zurückblicken, während andere auch während der Weihnachtsfeiertage arbeiten mußten.


Quelle: Westfaelische Rundschau, Freitag/Samstag 31. Dezember/1. Januar
Zusammengestellt von Ai-Lan Na-Schlütter (die Tagesangaben beziehen sich auf das Erscheinungsdatum in der Rundschau)

Plettenberger Jahresrückblick 1993

Januar
1. Ruhig wie selten feiern die Bürger Plettenbergs in das neue Jahr hinein. Feuerwehr und Polizei registrieren kaum Einsätze.
5. In der letzten Ratssitzung wird Gotthard Keil, Leiter des Bauordnungsamtes, von Bürgermeister Otto Klehm für seine Arbeit gewürdigt. Keil wird in diesen Tagen pensioniert werden.
6. Die Oestertaler Kinder haben es jetzt gut. In einem nagelneuen Kindergarten können sie nach Herzenslust spielen. In Rekordzeit wurde der Neubau erichtet.
8. Ruhrbischof Dr. Hubert Luthe stattet Plettenberg in der St. Laurentius-Gemeinde seinen Antrittsbesuch ab. - Diplom-Ingenieur Raimund Meilwes lässt sich von Gotthard Keil auf seine zukünftigen Aufgaben als Leiter des Bauordnungsamtes vorbereiten. Ende Januar wird Keil seinen wohlverdienten Ruhestand antreten. - Der Ausbau der Landstraße durch die Lettmecke beginnt. - Beginn der Beschäftigungs-Talfahrt in Plettenberg: bereits 6 Prozent Arbeitslosenquote in der Vier-Täler-Stadt.
11. Die letzten Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Erneut begibt sich der Rußland- und Osteuropahilfeverein Plettenberg auf die Fahrt nach Rußland, um in St. Petersburg Hilfsgüter unter den Notleidenden zu verteilen.


Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
58849 Herscheid, Tel.: 02357/903090, E-Mail: webmaster@plbg.de