Ein Jahr Heimatgeschichte - Chronik des Jahres 1951
(Quelle: Süderländer Tageblatt vom 31.12.1951)
Querschnitt durch den Heimatteil des S.T. 1951 / Zusammengestellt von Dr. Herbert Hundt

Der Januar
wurde auch in unserer Heimat in der überlieferten Weise begonnen - in der Stadt mit Raketen und Böllerschießen, auf dem Lande wie z. B. in Pasel und in Affeln mit dem traditionellen Neujahrssingen. — Mit Beginn des neuen Jahres trat ein
neuer Gemeindedirektor in Herscheid
sein Amt an, nämlich der aus Plettenberg stammende und zuletzt beim Amt Borgeln-Schwefe tätig gewesene Amtsoberinspektor Karl Wagner, der am 6. Januar in einer gemeinsamen Sitzung von Gemeindevertretung und Gemeindeverwaltung durch den stellv. Landrat Kirchhoff in sein neues Amt eingeführt wurde; seine endgültige Wahl durch die Gemeindevertretung erfolgte nach ein halbjähriger Tätigkeit am 29. Juni. — Bereits in den ersten Tagen des neuen Jahres begann sich eine gefährliche Viehseuche auszubreiten, die im Laufe des Jahres unseren Bauern noch viel Sorge bereiten sollte. Die
Maul- und Klauenseuche
trat am 3. Januar erstmalig in Plettenberg (Schlacht- und Viehhof) und am 6. Januar auch in der Gemeinde Herscheid ("In den Erlen") auf. — Am 10. Januar veröffentlichte das S.T. erstmalig einen Vorschlag des Landesgeschäftsführers des Jugendherbergswerks, Müller-Hoyer, zur
Verbindung von Jugendherberge und Ehrenmal.
Der Verfasser machte den Vorschlag, das baufällige Ehrenmal auf dem Hirtenböhl abzubrechen, den dadurch gewonnenen freien Platz auf der Bergkuppe zum Bau der geplanten Großjugendherberge zu verwenden und bei dem Bauplan eine Ehrenhalle für die Gefallenen der Stadt Plettenberg von vornherein vorzusehen: "Die Wirkung einer solchen Ehrenhalle in einer stark besuchten Jugendherberge Plettenbergs ist ungemein größer und tiefer als eines erneuerten toten Steinmales nur für die Ortsbevölkerung". Dieser Vorschlag fand rasch allgemeine Zustimmung. — Für die
Liebesgaben für die Sowjetzone,
die die evgl. Frauenhilfe Plettenberg anläßlich des Weihnachtsfestes mit vielen lebensnotwendigen Dingen, darunter allein insges. 2 Ztr. Fett verschickt hatte, traf Mitte des Monats ein rührendes Dankschreiben der Patengemeinde Sömmerda (Thür.) ein. — Am 12. Januar fand ein Gastspiel der Hohensteiner Puppenbühne in der Aula und am folgenden Tage in Ohle statt und löste in beiden Fällen viel Freude und Anerkennung aus.
Der Neustart der Plettenberger Segelfliegerei
wurde im S.T. am 13. Januar angekündigt. Einige Wochen später (17.2.) fand dann die endgültige Wiedergründung der Segelfliegergruppe Plettenberg als Ortsgruppe des Deutschen Aero-Clubs mit dem heimischen Segelflugpionier Heinrich Greis als Leiter statt. — Am 26. Januar wurde
die erste Sauna in Plettenberg
an der Lennebrücke eröffnet und bürgerte sich sehr schnell ein. — Am 29. Januar fand ein Posaunenkonzert des Westdeutschen Jungmännerbundes in der Hauptkirche statt.
Der neue Schützenverein Herscheid
hielt am 27. Januar seine erste Jahreshauptversammlung ab, bei der bereits ein Mitgliederbestand von über 400 festgestellt und der Vorstand mit Dr. Alfred Herfel als Vorsitzendem (Stellvertreter Otto Herzog) gewählt wurde. — Eine Veröffentlichung im S.T. vom 30. Januar unter der Überschrift
"Warum hat Plettenberg keine Zollstelle?"
führte bereits am 24. Februar zur Einrichtung einer eigenen Zollabfertigung in Plettenberg-Bahnhof.

Februar
In einer Sitzung des erweiterten Vorstands der Plettenberger Schützengesellschaft am 7. Februar konnte der Vorsitzende die
endgültige Freigabe der Schützenhalle
und das Ende der bisherigen Treuhänderschaft über das Vereinsvermögen bekanntgeben, nachdem der zuständige Prüfungsausschuss in Celle rückwirkend ab 15.12.1950 das Vereinsvermögen der Schützengesellschaft wieder freigegeben hatte.
Die Seuche der Metalldiebstähle
begann in diesem Monat auch in Plettenberg überhand zu nehmen; so wurden in der Nacht zum 10. im Messingwerk nicht weniger als 800 kg Messingbänder gestohlen und ein weitaus größerer Diebstahl in der Nacht zum 21. ausgeführt. In den meisten Fällen konnten die Täter ermittelt und ihrer Bestrafung zugeführt werden. — Eine erfreuliche
Belebung des heimischen Arbeitsmarktes
ließ im Februar die Arbeitslosigkeit im Plettenberger Gebiet um ein Drittel zurückgehen, so daß gegen Ende des Monats im Raum Plettenberg- Herscheid-Ohle nur noch 106 Arbeitslose gezählt wurden. — Die von der Bundespost durchgeführte Rundfunk-Werbeaktion, die sich insbesondere an die bisherigen Schwarzhörer wandte, erbrachte nicht weniger als
768 neue Hörer in Plettenberg!
— In der Jahreshauptversammlung des Turnvereins "Jahn", der mit rund 400 Mitgliedern der größte Turnverein unserer engeren Heimat ist, wurde der bisherige Vorsitzende Fritz Geck zum Ehrenvorsitzenden und der Turnbruder Armin Mylaeus zum neuen Vereinsvorsitzenden gewählt.

MÄRZ
Anfang März gab es eine Kontroverse über die Aufrechterhaltung oder Einstellung der
Omnibusstrecke Plettenberg - Affeln
Die Kleinbahnabteilung wollte die Strecke im Hinblick auf die starke Materialbeanspruchung bei der bergigen Fahrt einstellen, was zu lebhaften Protesten und Leserzuschriften im S.T. führte. Nachdem am 5. 3. die Strecke tatsächlich eingestellt worden war, wurde sie bereits am 6. 3. auf Grund einer Verhandlung beim Verkehrsdezernenten der Regierung in Arnsberg wieder neu eröffnet. — Zu Ostern machten
88 Neuanmeldungen für das Gymnasium
die Einrichtung einer zweiten Sexta erforderlich, wobei sich Lehrerschaft und Elternvertretung gemeinsam für Englisch (statt Latein) als erste (Fremd-)Sprache in dieser zusätzlichen Klasse entschieden. — Mitte des Monats wurde auch die
Ferngasleitung Plettenberg - Herscheid fertig
und damit ein lang gehegter Wunsch der Herscheider Idustrie erfüllt. — Am 6. 3. mußte infolge der Erhöhung der Mehlpreise auch in Plettenberg eine Brotpreiserhöhung seitens der Bäckerinnung durchgeführt werden. — Gegenüber der laut werdenden
Kritik an der Kohlenversorgung
stellte das Plettenberger Kohlenkontor fest, daß für die Schwierigkeiten in der Brennstoffzuteilung di9e mangelnde Voraussicht der höheren Stellen verantwortlich gemacht werden müsse; immerhin aber habe das Kohlenkontor in fünf Wintermonaten 62.000 Zentner Kohlen heranschaffen und verteilen können. — Die Westfälische Operette Lippstadt führte in der Winterspielzeit in Plettenberg
eine größere Zahl von Theatergastspielen
durch und trug dadurch ebenso wie das Veranstaltungsprogramm der Volkshochschule zur Belebung des örtlichen Kulturlebens bei. — Die Reifeprüfung bestanden am 17. März alle 11 Abiturienten des hiesigen Gymnasiums. — Am Karfreitag wurde
die "Matthäus-Passion" in der Hauptkirche
in einer vielbeachteten Feierstunde des Bachchores unter Hinzuziehung namhafter Solisten aufgeführt. — Am Abend des ersten Ostertages flammten trotz Schnee und Wintersturm traditionsgemäß die Osterfeuer auf den Bergen unserer Heimat auf. — Als am 29. März der bekannte Großzirkus Barlay in Plettenberg anrollte, kam es zu einem für unsere Straßenverhältnisse kennzeichnenden Verkehrszwischenfall.
Der Zirkus fuhr sich auf der Lennebrücke fest,
als ein großer Zirkuswagen hier einem Lastwagen und zu allem Unglück auch noch der Kleinbahn begegnete, wodurch etwa eine halbe Stunde lang der ganze Verkehr zwischen Plettenberg und Eiringhausen blockiert war.

APRIL
Dank der Bemühungen der Polizei wurde eine 10-köpfige Einbrecherbande ausgehoben, die unter Führung von Polen von Mai bis November 1950
große Raubzüge von Plettenberg aus
unternommen hatte und in einem mehrtägigen Prozeß in Hagen zu teilweise empfindlichen Gefängnis- und Geldstrafen verurteilt wurde. — Am 10. April fand in Ohle eine Ortsbesichtigung durch Vertreter von Innenministerium, Regierung, Kreisverwaltung usw. statt, um sich an Ort und Stelle über das sogenannte
"Ohler Ausgemeindungs-Begehren"
zu informieren. Es kam bei dieser Gelegenheit ein Kompromiß zustande, auf Grund dessen der Ausgemeindungsantrag zurückgezogen wurde. — Ein erfreuliches Ereignis für die ganze Dorfgemeinschaft wurde am 14. April
die Einweihung der Hüinghauser Halle,
die von dem Dorf Hüinghausen mit eigenen Kräften und Mitteln errichtet worden ist und einen neuen Mittelpunkt des Gemeinschaftslebens im Elsetal darstellt. — Auf Einladung des Jugendherbergswerkes fand am 22. April eine öffentliche
Aussprache über das Hirtenböhl-Projekt
im Amtshaussaal statt, bei dem der Plan, in Verbindung mit dem Ehrenmal eine Jugendherberge mit Landschulheim (150 Betten) auf dem Hirtenböhl zu errichten, allgemein zugestimmt wurde. — Der neu gegründete Schützenverein Herscheid griff den
Plan einer Herscheider Gemeinschaftshalle
auf und beschloß am 24. April, die Vorarbeiten für die Errichtung in Angriff zu nehmen. — Die Arbeitslosigkeit erfuhr in diesem Monat einen weiteren Rückgang und sank im Plettenberger Bezirk auf 93 ab. — Der 24. April brachte als schreckliches, bis heute ungeklärtes Verbrechen den
Doppelmord auf dem Sonneborn.
Die 35-jährige Frau Johanna Marl wurde hier zusammen mit ihrem 8-jährigen Sohn Gerhard in einem Wochenendhaus ermordet aufgefunden. Die Angehörigen sowie die Polizei setzten für die Ermittlung des Täters Belohnungen in einer Gesamthöhe von 3.000 DM aus.

Der MAI
begann am Ersten mit der bereits traditionellen Maikundgebung der Gewerkschaften in der Schützenhalle, bei der der Wittener DGB-Vorsitzende F. Röhrling das Hauptreferat hielt. Ein
Werbesprich-Wettbewerb des S. T.,
an dem sich fast alle namhaften Geschäfte mit schönen Preisen beteiligten, erbrachte die Rekordzahl von 7.183 eingesandten Werbesprüchen. — Die Kleinbahn stellte als neue Verkehrsmittel je einen Büssing-Tram-Bus und einen Daimler-Benz-Reiseomnibus neu in Dienst. — Der Ausgang der Fußball-Saison sah
TuS Eiringhausen im Aufstieg;
am 14. schlug die TuS-Elf auf dem Jahnplatz in Lüdenscheid den Gegner aus Hemer 1:0 und erkämpfte sich damit die Bezirksmeisterschaft nebst der Anwartschaft auf die Landesliga, wofür ihr in Eiringhausen ein enthusiastischer Empfang bereitet wurde. — Bei einem
Pfarrerwechsel in Affeln
trat an die Stelle von Pfarrer Böhner bzw. seinem Stellvertreter Vikar Krandelt der bisher in Altena tätig gewesene Vikar Plattfaut, dessen offizielle Einführung am 17. Juni erfolgte. — Gelegentlich einer Besichtigung der Nordhelle durch Vertreter des NWDR, des SGV, der Regierung in Arnsberg sowie der Kreisverwaltung Altena am 22. Mai wurden Einzelheiten über einen
UKW-Sender auf der Nordhelle
besprochen, womit auch die Wiederherstellung des kriegszerstörten Robert-Kolb-Turmes in greifbare Nähe rückt. — Unser hochverdienter Plettenberger Heimatforscher P. D. Frommann, Rektor u. R. in Hagen-Boelerheide, konnte am 29. Mai in seltener Frische und nimmermüder Schaffenskraft seinen 82. Geburtstag begehen. — Anläßlich des 50-jährigen Jubelfestes des MVG Cäcilia Plettenberg (26./27. Mai) fand in der Schützenhalle ein
Freundschaftssingen mit über 500 Sängern
statt. — Am 29. Mai brachen fast zur gleichen Zeit Brände in Hülschotten und Hebberg aus; im ersteren Fall brannte eine 30 m lange Scheune des Bauern Vogt, wobei durch Eingreifen der Wehren von Hülschotten, Landemert und Heggen größeres Unheil verhindert werden konnte, während im zweiten Fall ein Dachstuhlbrand auf dem Hofe des Bauern Reuter in Hebberg entstand, der durch die Lichtringhauser Wehr erfolgreich bekämpft wurde.

JUNI
Am 3. gastierte der durch seine Gastspielreisen in der ganzen Welt bekannt gewordene
Schwarzmeer-Kosaken-Chor in Plettenberg
und veranstaltete in der Hauptkirche ein eindrucksvolles Kirchenkonzert. — Am 10. Juni fand auf dem Kahley-Sportplatz vor 3.000 Zuschauern ein mit Spannung erwartetes Fußballspiel Eiringhausen - Arnsberg statt, wobei
TuS Eiringhausen in die Landesliga
durch einen 3:1-Sieg aufrückte. — Als ältester Plettenberger wurde am 12. Juni August Arndts in Leinschede 93 Jahre alt. — In diesen Monat fiel auch der
Beginn des Kartoffelkäfer-Krieges,
der im Plettenberger Bezirk mit fünf Spritzen aufgenommen wurde. Die feuchte Witterung unterstützte die Abwehrmaßnahmen. — In Zurückweisung einer Zeitungsstimme, dass wegen der erforderlichen umfangreichen Vorarbeiten im laufenden Jahr mit dem Jugendherbergsbau wohl nicht mehr begonnen werde, kündigte das Jugendherbergswerk am 15. Juni den baldigen Baubeginn auf dem Hirtenböhl an.
Das traditionelle Plettenberger Schützenfest
fand vom 16.-18. Juni statt, wobei die Königswürde ebenso wie im Vorjahre mit Kleinkaliber-Gewehren ausgeschossen wurde. Schützenkönig wurde Fabrikant Willi Cordes, der sich Frau Adele Fastenrath zur Königin erkor. — In der Stadtvertretersitzung vom 25. Juni wurde der
4 Mill.-Haushalt der Stadt
verabschiedet und gleichzeitig die Abmachungen der Stadtverwaltung mit den Vertretern des Stadtteils Ohle bestätigt, wonach die Stadt je 100.000 DM für die Lenne-Eindeichung und für die Wasserversorgung in Ohle zur Verfügung stellt. — Am 27. Juni sprach auf einer öffentlichen Kundgebung in Plettenberg der Landesvorsitzende der FDP und Fraktionsvorsitzende im Landtag, Dr. Middelhauve, über deutsche Gegenwartsfragen. — Am 28. Juni wählte sich der Kreistag in Altena eine
neue Verwaltungsspitze des Kreises
in der Person des bisherigen Regierungsoberamtmannes und nunmehrigen Oberkreisdirektors Feuring. — Lebhafte Anteilnahme rief am 30. Juni das plötzliche Hinscheiden des kaum zwei Wochen amtierenden Schützenkönigs Willi Cordes, eines aufrechten und volkstümlichen Mannes hervor. — Viel Anerkennung fand
ein großes Konzert des MGV Plettenberg
am 30. Juni in der Schützenhalle; es war gleichzeitig eine Generalprobe für ein großes Wettsingen in Welschenennest am 8. Juli, bei dem die Plettenberger Sänger nicht weniger als 6 erste Preise davontrugen.

JULI
War der Juni vor allem durch die große Zahl dörflicher Schützenfeste in der Umgebung gekennzeichnet, so war der Juli der bevorzugte Monat der Betriebsausflüge. — Am 6. Juli starb in Eiringhausen der Bezirksvorsteher Bernh. Lamey, der 1919 bis 1933 und erneut 1945 dem Stadtparlament angehört hatte und wegen seines ausgleichenden, vermittelnden Wesens allgemein geschätzt war. — Der vom S. T. mehrfach gemachten Anregung, die Presse zu Ausschußsitzungen hinzu . . .


Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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