Januar 1927
Am 4. Januar hielt die Plettenberger Schützengesellschaft eine Mitgliederversammlung ab, die sich mit
dem Plane des Schützenhallen-Neubaues beschäftigte. Der vorliegende Plan der Architekten Brüninghaus und
Helmuth wurde genehmigt und der Bau beschlossen. - Der Arbeitsnachweisbezirk Plettenberg trat mit einem
Stand von 786 Hauptunterstützungsempfängern einschl. 57 Notstandsarbeitern mit insgesamt 1.139 Zuschlagsempfängern
ins neue Jahr ein. Diese Zahl stimmte beinahe mit dem Anfang Januar 1926 überein. - Am 4. Januar wurde die
Gründung eines Reit- und Fahrvereins für den Kreis Altena beschlossen, dem der bisherige hiesige Verein als Reitabteilung
angehört. Vorsitzender wurde Herr Achenbach-Ohle. - Zum 11. Januar hatte der Volksbildungsverein den
Humoristen Walter Springmann zu einem Vortrag "Deutscher Humor in Poesie und Prosa" verpflichtet.
Am 13. Januar verunglückte in einem hiesigen Betrieb der 17jährige Arbeiter H. Fingerhut durch elektrischen Strom
tödlich. - Der Landw. Ortsverein hielt wie alljährlich einen Vortragsturnus ab. - Studiendirektor Heine (Altena) sprach
in einem Vortrag der Reichszentrale für Heimatdienst über Fragen der deutschen Wirtschaft und am 22. über die deutsche
Außenpolitik.
In der Gemeindevertretersitzung am 17. Januar wurde der Zuschlag für die Kanalisation in Eiringhausen
erteilt. - Am 31. Januar schied Gerichtsassessor Dr. Steinmeister aus einem 7monatigen Dienst vom hiesigen
Amtsgericht. Sein Nachfolger wurde Assessor Holtzwart bis 31. März, worauf die Stelle nicht mehr besetzt wurde. - Der
Gardeverein feierte einen gemütlichen Familienabend. - In der Stadtverordnetensitzung wurde die Anlegung
von Bürgersteigen an der Kaiserstraße, der Ausbau der Lehmkuhler Straße als Notstandsarbeiten und die Erweiterung
des Spritzenhauses beschlossen.
Februar 1927
An der hiesigen höheren Mädchenschule trat insofern eine Änderung ein, als diese jetzt eine abschließende Bildung
vermitteln wird und Studiendirektor Dr. Kreft mit der kommiss. Leitung betraut wurde. - Am 4. und 5. bzw. 8. Februar
starben drei bekannte Mitbürger: Ludwig Seißenschmidt, Wilhelm Annemann und Wilhelm Schade. - Am 6. Februar
fand die Abnahmeprüfung der freiw. Sanitätskolonne statt. Der Bezirk Unterlenne des S. G. V. hielt in Werdohl
seine Hauptversammlung ab und verband damit ein äußerst gut verlaufenes Bezirksfest. Der Turnverein Jahn führte
zu seinem Unterhaltungsabend das lustige Grimmesche Stück "Uemmer up de olle Hacke" auf. - Im Oestertal wurde ein
Schützenverein gegründet. - Der Geflügelzuchtverein veranstaltete eine Geflügelausstellung. - Am 13.
Februar wurde in Hagen "Lohengrin" als Fremdenvorstellung gegeben. Es fanden im Jahr noch weitere Fremdenvorstellungen
statt. - In der Sitzung der Gemeindevertretung wurde der Antrag der Gemeinde Ohle auf Umgemeindung der neuen Siedlung
Papenkuhle nach Ohle abgelehnt. - Mitte Februar begingen die hiesigen Schulen aus Anlaß des 100jährigen Todestages
Pestalozzis Gedenkfeiern. - Am 20. Februar hielt der Turnverein Jahn in seiner Turnhalle eine praktische
Jugendturnstunde öffentlich ab. - Die Straßenbeleuchtung wurde durch mitten über die Straße angebrachte Lampen
verbessert. - Am 26. Februar starb unser ältester Mitbürger Friedrich Wüllner nach Vollendung des 92. Lebensjahres.
- Am 26. Februar sprach im Volksbildungsverein der Astrologe Frank Glahn (Frankfurt) über "Können wir Zukünftiges
voraussagen?" - Der S. G. V. beging einen Heimat- und Unterhaltungsabend.
März 1927
In der Stadtverordnetensitzung vom 3. März wurde die Aufstockung des Spritzenhauses, die Versetzung des
alten Kriegerdenkmals im Wieden beschlossen und der Bauplatz für die neue Schützenhalle gewählt. - Am 6. März
hielt General von Francois vor dem Landwehr- und Gardeverein einen Vortrag über die "Schlacht bei Tannenberg",
am 7. März veranstaltete der Jungdeutsche Orden einen Lönsabend. - Die Konzertgesellschaft gab
im März zwei Konzerte.
Am 13. März wurde der Volkstrauertag in üblicher Weise begangen. Abends war eine Weihestunde des
Lutherchores. - Am 18. März sprach im Volksbildungsverein Prof. Küntzel (Frankfurt) über die Locarnopolitik. - Zu
Frühlingsanfang tat der Bürgermeister den ersten Spatenstich zur neuen Schützenhalle. - In der Stadtverordnetensitzung
am 24. März wurde nach einer Etatrede des Bürgermeisters der Haushaltsplan 1927, der in Einnahmen und
Ausgaben mit 887.000 Mark abchließt, verabschiedet. - Zur 100jährigen Wiederkehr des Todes L. v. Beethovens fanden
Schulfeiern und ein Schoenmakerkonzert statt. - Am 26. März fand die Entlassungsprüfung der Gewerbl. Fortbildungsschule
und eine Zeichenausstellung statt. - Am 30. März wurde die neue Motorspritze eingeführt und am 9. April in
Betrieb gesetzt.
April 1927
Am 1. April feierte Konrektor Gerloff das 25jährige Lehrerjubiläum. An der Realschule bestanden 28 Schüler die
Abschlußprüfung, 15 wurden vom Mündlichen befreit - Am 10. April fand auf dem Wieden eine Sonderpfostenschau
des Vereins für Deutsche Schäferhunde statt. Am 24. April wurde ein Kavallerieverein für
Plettenberg und Umgegend gegründet.
Mai 1927
In der Jahreshauptversammlung der Schützengesellschaft wurde u. a. der Beitag auf 6 Mark festgesetzt und die Daten für
die Grundsteinlegung und Einweihung der neuen Schützenhalle nebst Schützenfest festgelegt. Die Grundsteinlegung wurde
am 7. Mai mit nachfolgendem Kommers gefeiert. - In der Stadtverordnetensitzung vom 5. Mai wurden die
Baufluchtlinien in der Kaiserstraße für den Rathausplatz und die Änderungen für die Baufluchtlinien in der
Wilhelmstraße für den Marktplatz und an deren Ostseite festgelegt sowie die Anlage von Bürgersteigen für die
Grünestraße beschlossen. - Am 8. Mai hielt das Tambourkorps Gloria einen Tambourkorpswettstreit ab.
Am 7. Mai feierte Altbürgermeister Köhler sein 25jähriges Ortsjubiläum. - Die Eisheiligen brachten Frost
und sogar Schnee ins Sauerland und richteten an den Beeren- und Obstblüten zum Teil schweren Schaden an. Die ersten
Maitage waren warm und sonnig, so daß die Natur schon weit fortgeschritten war. - Am 15. Mai war eine
Polizeihundevorführung auf dem Edenbornplatz. - Am Himmelfahrtstage machte der Turnverein Jahn seine
Götz-Wanderung nach Attendorn, am Sonntag darauf der Gardeverein einen Familienausflug nach Sonneborn.
- Die Landgemeinde Plettenberg plant den Bau eines großen Geschäfts- und Wohnhauses am Bahnhof. Auf ein
Preisausschreiben ist ein Zuschlag erteilt worden, doch zögerte sich der Beginn des Baues wegen der Versteifung auf dem
Kreditmarkte über den Jahresschluß hinaus. - Am 28. und 29. Mai feierte der Landwehrverein Elsetal sein
51. Stiftungsfest. Hiermit war der 30. Kreiskriegerverbandstag verbunden.
Juni 1927
Am Dienstag nach Pfingsten gab hier die Kapelle des Gardevereins Köln ein gut besuchtes Konzert. Am 11. und 12. Juni
war mit dem 59. Stiftungsfest des Plettenberger Turnvereins in dessen neuhergerichteten Turnhalle das 11. Bezirkswetturnen
verbunden, das bei schönem Wetter unter starker Beteiligung verlief. - In Altena war das Gebirgsfest des SGV mit
Burgbeleuchtung und Feststpielaufführung: "Die Rose von Altena". - Am 18. bis 20. Juni feierte der Schützenverein
Plettenberg-Grünetal sein 3. Stiftungsfest mit Fahnenweihe, die Bürgermeister Dr. Schneider vollzog. Schützenkönig wurde
Wilhelm Cramer, Schützenkönigin Frau Fritz Schweitzer. - Am 19. Juni war auf der Nordhelle eine Sonnenwendfeier des
Kreisreitervereins mit Standartenweihe. - In der Stadtverordnetensitzung vom 23. Juni wurde für den
ausscheidenden Fabrikanten Adolf Pühl Rektor Weimann als Stadtverordneter eingeführt und Fabrikant Hans Rempel zum
Beigeordneten gewählt. - Am 29. Juni morgens war eine gut sichtbare Sonnenfinsternis. - Im Juni schritt der Bau
der Schützenhalle rüstig vorwärts. Am 9. Juni konnte der Rohbau gerichtet werden.
Juli 1927
Am 3. Juli war in der Oestertalsperre ein Schwimmfest. - Am 17. Juli unternahm der SGV eine große Wanderung
ins Rothaargebirge. - Am 17. Juli wurde in Ohle eine Kyffhäuserjugendgruppe beim Landwehrverein gegründet. - In der
Amtsversammlung und der Gemeindevertretersitzung wurden die Haushaltspläne auf 153.143,02 bzw. 406.665 Mk.
festgestellte. Als Zuschläge wurden erhoben 130 Prozent zur Grundvermögenssteuer, 325 Prozent zur Gewerbesteuer und
650 Prozent nach der Lohnsumme. - Ende Juli fanden die Reichsjugendwettkämpfe und die Sportfeste der Schulen statt. - In der
Stadtverordnetensitzung vom 28. Juli wurde Fabrikant Rempel in sein Amt als Beigeordneter eingeführt. - Zur Deckung
des Fehlbetrages im Etat 1927 wurden als Zuschläge zu der Grundvermögenssteuer 250 Prozent, zur Gewerbesteuer vom
Kapital 2000 und vom Ertrag 600 Prozent beschlossen. - Am 29. Juli wurde feierlichst die neue Schützenhalle
unter äußerst zahlreicher Beteiligung der Bevölkerung eingeweiht. Die Weiherede hielt Bürgermeister Dr. Schneider.
Ansprachen hielten noch Bürodirektor Walter Hermens, Oberregierungsrat Graubner, Stadtv. V. Kurth und Pfarrer Müller.
Gesangliche und turnerische Vorführungen verschönten die Feier. Fabrikant Fritz Heßmer aus Jersey City wurde zum Ehrenmitglied
der Schützengesellschaft ernannt. Das Schützenfest folgte am 30., 31. Juli und 1. August bei günstigstem Sommerwetter. Schützenkönig
wurde Bürgermeister Dr. Schneider, der sich Frl. Lilly Myläus zur Königin erkor. Es herrschte große Festfreude und rechte
Schützenstimmung. Die neue große Halle konnte die Teilnehmer fast nicht fassen. Am Sonntag gab der Westd. Kammerchor ein
Kammerkonzert.
August 1927
Am 6. August wurde hier ein Artillerieverein gegründet. - Am 7. August fand die Verlosung zum Besten
der neuen Schützenhalle statt. - In Herscheid feierte der Wehrverein sein 60jähriges Bestehen. - Der Schützenverein Plettenberg-Grünetal
weihte seine neue Schießhalle. - In Böddinghausen und Landemert wurden neue Schützenvereine gegründet. Eiringhausen
hatte sein Schützenfest vom 13. bis 15. August. - Am 14. August feierte Pfarrer Freiburg sein silbernes Priesterjubiläum. - Am
14. August war das Kreisfrauenhilfsfest in der Schützenhalle. - Der MGV Plettenberg unternahm eine 4tägige Nordseefahrt,
nachdem er zuvor in der Schützenhalle ein Konzert unter Mitwirkung der Sopranistin Frl. Niemann und des Harfenkünstlers Claas
gegeben hatte. - Die heurige Plettenberger Kirmes ist verregnet, verlief aber doch in gewohnter Fröhlichkeit. - Das Ohler Landwehrfest
besuchte Generalmajor Rabe v. Pappenheim. - Am 28. August feierte der Landwehrverein Plettenberg unter starker
Beteiligung sein 67. Stiftungsfest.
September 1927
Am 2. September bestand der hiesige Schlachthof 25 Jahre. - Am 4. September feierte der Turnverein
Jahn seine 40-Jahr-Feier in festlicher Weise durch großen Kommers in der Schützenhalle mit Fahnenweihe durch Rektor Bröcker.
Die Kunstturnvereinigung führte bewundernswerte Übungen vor. Der Filmvortrag über die Seeschlacht am Skagerrack fand reges
Interesse. - Am 13. September ereignete sich eine Liebestragödie, dem die 20jährige Emilie Grote aus Eiringhausen
zum Opfer fiel. Ob diese von dem Kaufmann Rich. Zeppenfeld erschossen worden ist, konnte nicht aufgeklärt werden, vielmehr
muß man annehmen, daß Gr. Selbstmord begangen hat. - Am 18. September feierte der Gardeverein sein 2.
Stiftungsfest. - Am 21. September besuchte der Weihbischof auf seiner Firmungsreise die katholische Gemeinde. - Der
Volksbildungsverein eröffnete am 23. September seine Arbeit mit dem Vortrag des San.-Rat Fulda (Frankfurt) über
Suggestion und Hymnose mit Experimenten. - Am 25. September war in Altena eine großartige Abschiedsfeier für Landrat
Dr. Thomee, der am 1. Oktober aus fast 27jähriger segensreicher Tätigkeit schied. Fackelzug, Burgbeleuchtung, Festakt auf
dem Burghof und Nachfeier waren die einzelnen Veranstaltungen. - Am 1. Oktober schied auch Amtmann Steinhaus
(Herscheid) aus einer 25jährigen Tätigkeit. - Bei einem Gerätewettkampf mit dem Turnverein Oesterau unterlag der Turnverein Jahn.
Oktober 1927
Als Nachfolger des Polizeisekretärs Schmidt wurde Polizeimeister Lange (Krossen) gewählt. - Am 1. und 2. Oktober feierte
der Kavallerieverein sein 1. Stiftungsfest, verbunden mit Standartenweihe, Feldgottesdienst und Hindenburgfeier. Die
Weihe nach General v. Papenheim vor. Durch Mitwirkung des Reitervereins und Beteiligung zahlreicher militärischer Vereine war
das Fest besonders glanzvoll und der Festzug äußerst imposant. Den Kommers verschönten Vorführungen der Turn- und
Gesangvereine. - Am 9. Oktober feierte die Sportvereinigung ihr Stiftungsfest, veranstaltete die Theatervereinigung
einen Bühnenwettstreit und nahm der S.G.V. an der Heldengedächtsnisfeier auf dem Kohlberge teil. - Der vom Sportverein Werdohl
bei Küntrop veranstaltete Flugtag war für die zahlreichen Zuschauer ein empörender Reinfall. - Am 10. Oktober
abends brach in der Rollabteilung der Fabrik der Firma C. Meuser Feuer aus, das von der Feuerwehr schnell gelöscht werden
konnte. - Am 23. Oktober führte die Feuerwehr ihre Schlußübung mit einem Sturmangriff auf die Fabriken von A. Hiby und
Allhoff und Müller vor. - Im Naturheilverein sprach P. Schirrmeister über "Influenza und Rheuma, ihre Verhütung und naturgemäße
Heilweise", im Volksbildungsverein Prof. Wempe über "das Antlitz des Menschen" mit Demonstrationen. - Am 30. Oktober
war zum Gedächtnis des 10jährigen Todestages Walter Flexens ein Vortrag des Jugendpfarrers Noa (Siegen).
November 1927
Am 10. November sprach in der voll besezten Schützenhalle der Hochmeister des Jungdeutschen Ordens Arthur Mahraun
über den Volksstaat der Zukunft und entwickelte die Grundgedanken des am 18. Dezember bekanntzugebenden Manifestes.
21 benachbarte Bruderschaften waren zugegen. - Der M.G.V. Cäcilia gab am 13. November ein Konzert. - Am Totensonntag
führte der Johannischor Eiringhausen ein Oratorium auf. - Ende November waren Konzerte des M.G.V. und des Städt.
Orchesters, der Gardekapelle Köln, des Trompeterkorps des 5. Art.-Reg. Minden, ein Schubertabend und ein Schoenmakerkonzert.
- In der Stadtverordnetensitzung vom 24. November wurden die Verpflichtungen des Denkmalbauvereins übernommen,
Straßenregulierungen und Lichtanlagen beschlossen. - Vom 27. November bis 4. Dezember hielt Pfr. Hagen (Berlin) hier
Evangelisationsvorträge. - Im Oestertal wurde der Kirchbauverein neu gebildet. - In Holthausen wurde der neue
Feuerwehrsteigerturm mit Ehrenmal eingeweiht unter Beisein von Amtmann Abel und kommiss. Landrat Graubner.
Dezember 1927
In Eiringhausen wurde eine Ortsgruppe des Bundes der Kinderreichen gegründet. - Am 8. Dezember war eine totale
Mondfinsternis gut zu sehen. - Ein willkommenes Weihnachtsgeschenk erhielt das Dorf Landemert, indem es als letztes Dorf
in unserer Gegend elektrisches Licht bekam. - Nachdem die üblichen Weihnachtsfeiern der Vereine und Schulen einen
Vorgeschmack von dem schönen Weihnachtsfest gegeben hatten, kam dieses heran. Leider war die Natur nicht weihnachtlich,
wie es eine Woche vorher war. Die gefürchtete Überschwemmung infolge der schnellen Schneeschmelze trat zum Jahreschluß
nicht ein. Das alte Jahr 1927 nahm bei trockenem Frost ohne Schnee Abschied.
Nun ist wieder ein Jahr in den Schoß der Ewigkeit versunken. Unser Gemeinwesen und unsere Wirtschaft hat sich von den
Schicksalsschlägen der Vorjahre erholen können. Die Kleineisenindustrie ist wieder voll beschäftigt und dank der rührigen
Tätigkeit unseres Stadtoberhauptes Bürgermeister Dr. Schneider, der das Stadtschiff sicher durch alle Klippen in ruhige
Bahnen steuert, geht es mit unserem Gemeinwesen wieder aufwärts, verschönert sich das Stadtbild durch Neuanlage und
Erbreiterung der Straßen, wird die Wohnungsnot durch Bauten gemildert und sind die städtischen Finanzen in Ordnung
gebracht. Auch gewinnt unsere Stadt wieder moralisch an Kredit. Die Zahl der Erwerbslosen war gegenüber dem Vorjahr
beträchtlich gesunken. - Die Zahl der Geburten betrug 114, die der Heiraten 57, die der Todesfälle 83.
Möge uns das neue Jahr 1928 weiter den Weg nach oben führen und Stadt und Bürgerschaft vor Rückschlägen und
Unglück bewahren.
Mai
30. Rege Bautätigkeit in unserer Stadt. Der Neubau des Kriegsinvaliden W. Wache am
Dingeringhauser Weg ist fast fertig, das Haus des Lehrers Anton Becker ist bereits gerichtet.
Flott im Gange sind die Arbeiten an den Neubauten von Fabrikarbeiter Rud. Sirringhaus
(Amtshausstraße), Lehrer Fritz Weber (Königstraße), Maurer E. Meister (Dingeringhauser Weg).
Erste Arbeiten haben bei den Bauten des Tierarztes Dr. Paas (Amtshausstraße), Sparkassendirektor
Wollenweber (Steinmetzstraße), Prokuristen Fr. Siepmann (Kaiserstraße), Fuhrunternehmer H.
Paul (Stiftstraße = Seißenschmidtstraße) begonnen. In Eiringhausen werden für das Geschäftshaus
des Kaufmanns H. Meisterjahn die Grundmauern gelegt. - Vom Schützenhallenbau. Die elektrischen
Installationsarbeiten im Schützenhallenneubau sind der Firma Elektro-Brehmer für 593 Mark
übertragen worden. Der Bau schreitet weiter rüstig vorwärts, so daß schon mit dem Richten
begonnen werden kann. Die Küche ist bereits eingedeckt.
31. Anzeige: Habe ein Herren-Friseurgeschäft eröffnet und empfehle mich in Ondulieren,
Bubikopfschneiden und in sämtlichen Puppenreparaturen. Hans Steickmann, Umlaufstraße 11.
Juni
1. Verpachtung Hotel "Zur Krone". Ab 1. Juli 1927 ist das Hotel "Zur Krone"
(bisheriger Besitzer und Inhaber August Rüsing) an den Gastwirt Hermann Lienke, z. Zt. Altena,
vermietet worden. - Plettenberger Schützengesellschaft. In der letzten Vorstandssitzung
wurde der Posten des Hallenwartes Herrn Heinrich Geck, Marler Weg 6, von vier Bewerbern,
die zur engeren Wahl standen, durch das Los übertragen. Verschiedene Vereine haben sich
bereits für die Feier ihrer Feste in der Halle gemeldet. So findet z. B. am 14. August das
Kreisfest der Ev. Frauenhilfe, am 28. August das Landwehrfest dortselbst statt. Die Firma
Kohlhage & Heseler hat mit dem Richten begonnen. Gestern fand eine Vorstandssitzung statt,
die sich mit den Finanzfragen beschäftigte und an welcher das Offizierskorps teilnahm.
Der Scheibenstand ist polizeilich abgenommen, so daß nunmehr die Übungsschießen beginnen
können. - Der Ehrenbürger Herr Fritz Heßmer aus Jersey-City ist vorgestern hier
eingetroffen.
8. Herscheid. Die Herscheider Mühle, Gastwirtschaft, Müllerei und Bäckerei,
wird einem Umbau unterzogen. Mit dieser Besitzung ist ein gut Stück heimischer
Familiengeschichte verknüpft. 1824 zog Hermann Diedrich Alberts, der bis dahin das Gut
und die Mühle zu Haus Habbel verwaltet hatte, als Pächter nach der Herscheider Mühle. Nach
dessen Tod übernahm sein Sohn Karl Friedrich Alberts die Verwaltung. Als dieser 1898 starb,
führte seine Gattin Emma geb. Herzhof zu Wenninghausen den Hof für ihren Sohn Hermann
Diedrich weiter, der ihn 1909 selbständig übernahm. Am 9. Juli 1918 wurde das Gebäude vom
Brande heimgesucht, der es größtenteils einäscherte. Im Oktober 1918 erwarb Hermann Diedrich
Alberts, der jetzige Besitzer, die Herscheider Mühle käuflich als Eigentum und baute sie
wieder auf.
11. Alte Urkunden. Daß unsere Stadt auch schon vor 250 Jahren ein Ort war, wo man den
Wert einer guten Schulbildung zu schätzen wußte, geht aus einem kürzlich aufgefundenen
Schülerverzeichnis des altberühmten Soester Archigymnasiums aus dem Jahre 1683 hervor. Da
finden sich nämlich Namen von Angehörigen von Familien hiesiger Stadt, die ihr einst Geistliche,
Lehrer und Bürgermeister stellten: von Casparus Hammerschmidt (Plettenbergensis), Hermannus
Eberhardus Brockhuß (Plettenbergensis) und Fritzgius Theodorus Thomee (Plettenbergensis).
Das Jahresende