JANUAR
14. Eine abermalige hocherfreuliche Überraschung wurde dem hiesigen Turnverein Jahn zuteil,
indem gestern bei dem Vorstande die Nachricht eintraf, dass Frau Witwe Karl Seissenschmidt in
Wiesbaden, die Schwiegermutter des Spenders der Turnhalle, Herrn Amtmann a. D. Vorwerck, in
hochherziger Weise das an der Bahnhofstraße hierselbst zwischen der Villa Schulte (der früheren
Seißenschmidtschen Besitzung) und der Larquettschen Besitzung gelegene Grundstück zum Bauplatz
der Turnhalle gestiftet habe. Nunmehr werden die Jahner in absehbarer Zeit in einem eigenen Heim
turnen können.
21. Am Samstagabend kam es [in Herscheid] zwischen zwei am Bahnbau beschäftigten Arbeitern
in ihrem Logis im Bruch zu einer kleinen Streiterei. Als nun einer der Beteiligten das Haus verließ,
um in einer Wirtschaft einen Einkauf zu machen, folgte ihm der andere und nach kurzer Zeit hörte
man von der Straße aus Hilferufe ertönen, wo der Arbeiter O. dann mit erheblichen Verletzungen am
Kopfe, die ihm durch Schläge mit einem stumpfen Gegenstand beigebracht waren, aufgefunden wurde.
Der als Täter in Betracht kommende Logiskollege D. wurde noch am Samstagabend vom Polizeiserganten
Hirschfeld in Polizeigewahrsam gebracht. Nach seiner Vernehmung am gestrigen Vormittag wurde er
dem Gerichtsgefängnis in Plettenberg zugeführt.
FEBRUAR
8. Gestern fand hier die Beerdigung des tödlich verunglückten
Fuhrmanns Schürmann, der aus der Hechmecke stammt, statt. Der
Landwehrverein "Elsetal-Holthausen" war der von Werdohl kommenden
Leiche in corpore bis zur Bahnhofstraße entgegenmarschiert und
gab dann dem heimgegangenen Kameraden das letzte Geleit zum
Kirchhof. Wie zu dem betrübenden Unfall noch gemeldet wird, hat
die auf Antrag der Fuhrwerksberufsgenossenschaft stattgehabte
Sektion der Leiche zweifelsfrei ergeben, dass kein natürlicher
Tod an Herzschlag, wie vermutet wurde, sondern Tod durch den Unfall
vorliegt.
11. Ein zahlreiches Publikum hatte sich eingefunden, um den
Leistungen des Fußballklubs Bärenstein und des hiesigen Fußballklubs
Hohenzollern beizuwohnen. Das Spiel war eines der interessantesten
und schwierigsten, das bisher stattgefunden hat. Nur war es den
Hohenzollern nicht möglich, ihre erste Mannschaft ganz aufzustellen,
weil mehrere Spieler derselben verhindert waren, die durch Spieler
der zweiten respektive der dritten Mannschaft ersetzt wurden. Während
der ersten Halbzeit blieb das Spiel unentschieden, es zeigte ein
Resultat von 1:1. Zugunsten Bärensteins endete der Kampf mit 5:2
Toren. Als Schiedsrichter war Herr Willi Pieper aus Kleinhammer
zugegen. Das Revanchespiel wird in aller Kürze stattfinden und
hoffentlich werden die Hohenzollern einen weiteren Fortschritt
zu verzeichnen haben.
18. Eine große Tierquälerei war gestern Mittag auf der Kaiserstraße
an einem Jagdhunde vorgenommen worden, dem man eine leere Konservenbüchse
mit einem langen Bindfaden an den Schwanz gebunden hatte, so dass das
geängstigte Tier, durch das hinter ihm entstandene Geklapper der Büchse
scheu geworden, wie rasend die Straße entlang lief und sich wohl
schließlich zu Tode gehetzt hätte, wenn nicht durch einen Zufall der
Bindfaden gerissen wäre. Der Vorfall hatte den lebhaften Unwillen der
Passanten erregt.
MÄRZ
26. Heute Nachmittag, kurz nach 14 Uhr, landete oberhalb Bremcke
im Gebirge ein Luftballon des Essener Luftschiffervereins. Die aus drei
Offizieren bestehende Besatzung war bei dem infolge Gasmangels unfreiwillig
erfolgten Abstieg mit einigen leichten Hautabschürfungen davongekommen.
Nach der Demontage des Ballons wurde derselbe von hilfsbereiten Händen
nach Plettenberg-Bahnhof verladen. Der Ballon war um 11.15 Uhr in Essen
zusammen mit weiteren sieben Ballons des Luftschiffervereins zu einer
Zielfahrt, die als Endpunkt Warburg hatte, aufgestiegen. Einige weitere
Ballons waren im Laufe des Nachmittages über der Gegend noch sichtbar. -
Das an Karfreitag in Altenhundem zwischen dem hiesigen Fußballklub
"Hohenzollern" und dem Klub "Altenhundem" ausgefochtene Fußballwettspiel
(Revanchespiel) blieb unentschieden. Es zeigte ein Resultat von 2:2 Toren.
Am 1. Ostertag hatte ebenfalls zwischen der zweiten Mannschaft des
Fußballklubs "Hohenzollern" hierselbst und der zweiten Mannschaft des
Fußballklubs "Bärenstein" zu Bärenstein ein Wettspiel stattgefunden, welches
mit einem Siege von 8:1 zugunsten der letzteren abschloss.
SEPTEMBER
6. Zum diesmaligen Sedanfeste war für die sämtlichen
Schulen der Gemeinde ein gemeinsames Kriegsspiel vorgesehen. Der Plan
war folgender: Die rote Armee umfasst die Schüler von Schwarze Ahe,
Rärin, Schönebecke und zum Teil Herscheid. Sie hält die Höhen in der
Linie Rahlenberg, Grünewald, Bulmecke unter der Führung der Lehrer
Kahmann und Lettow besetzt. Die blaue Armee unter Führung der Lehrer
Brünger und Hohmann hat die Aufgabe, von Elsen und Friedlin aus den
Durchbruch nach Schönebecke zu erzwingen. Zur blauen Armee gehören die
Schulen Else, Weiße Ahe, Höh und ein Teil von Herscheid. Es war eine
Freude, zu sehen, mit welchem Eifer und Interesse die kleinen 'Krieger'
die Sache verfolgten. Von verschiedenen Seiten versucht, gelang der
Durchbruch teilweise. Feuernde Artillerie war durch weiße Schilde markiert,
die rote Armee trug als Erkennungszeichen weiße Armbinden.
14. Ein bedauerlicher Unfall hat Herrn Mechaniker Fastenrath von
hier betroffen. Als derselbe am Freitag auf einem Gelände zwischen
Grevenbrück und Bamenohl mit der von ihm konstruierten und dorthin
geschafften Flugmaschine einen gut gelungenen Aufstieg bis zu 7 Meter
Höhe unternommen hatte und wieder zur Erde wollte, stürzte der Apparat
infolge zu steiler Richtung plötzlich ab und wurde bei dem Aufprall
auf dem Boden zertrümmert. Der Flieger kam mit einigen Verletzungen an
Kopf und Knie, die hoffentlich bald wieder geheilt sein werden, davon.
OKTOBER
28. Heute am Spätnachmittage gegen 18 Uhr brach auf dem Boden
des Wohnhauses des Fabrikanten und Landwirts Wilh. Vieregge in
Leinschede Feuer aus. Die Nachbarn bemerkten, dass starke Rauchwolken
aus dem Dach empordrangen, und im Nu stand der ganze Dachstuhl in
Flammen. An den vielen aufgespeicherten Futtervorräten fand das
verheerende Element reiche Nahrung und griff mit großer Schnelligkeit
um sich. Rasch war die Eiringhauser Freiwillige Feuerwehr zur Stelle
und es gelang, Möbel und Vieh in Sicherheit zu bringen. Zur Hilfeleistung
waren auch die Freiwillige Feuerwehr von Plettenberg und die Brandwehr
von Pasel requiriert worden, welche mit Spritzen und Rettungsgeräten
alsbald auf der Brandstätte eintrafen, und nun wurde mit vereinten
Kräften dem Feuer zu Leibe gegangen. Die Plettenberger Wehr rückte
gegen 22.00 Uhr wieder ab, während die anderen beiden Wehren noch
zurückblieben und die Aufräumungsarbeiten fortsetzten. Der Dachstuhl
ist völlig niedergebrannt, der starke Lehmboden verhinderte jedoch,
dass das Feuer in die Stockwerke durchdringen konnte.
31. Der im vorigen Jahre in die Wege geleitete Bau der
Lennebrücke [in Böddinghausen] scheint wieder auf den toten Punkt
gekommen zu sein, denn man hört augenblicklich nichts davon. Und
wie nötig der Bau derselben ist, kann sich niemand vorstellen, wer
nicht die traurigen Wegeverhältnisse kennt, welche zu dem jetzt
aufblühenden Dörfchen Böddinghausen führen. Von der kleinen
Gemeinde, welche fast durchgängig aus Fabrikarbeitern besteht,
kann nicht verlangt werden, die Verhältnisse auf ihre eigenen
Kosten zu ändern, denn dazu sind dieselben bei der jetzigen
teuren Zeit nicht in der Lage. Um dann auf die zur Schule gehenden
zirka 60 bis 90 Kinder zu kommen, wäre zu erwähnen, dass dieselben
augenblicklich einen halbstündigen Weg zurücklegen müssen, wenn
sie zur Schule gelangen wollen. Dieser [Schulweg] wäre durch den Bau
der Brücke auf 5 Minuten abgekürzt und könnten darin die Kinder
des Mittags nach Hause kommen, um ein warmes Mittagsmahl einzunehmen,
welches bis jetzt nicht möglich ist, da die Kinder Angst haben,
dieses Schlammbad zu durchwaten.
NOVEMBER
10. Heute Nachmittag hatten sich im Lokale des Herrn Adolf
Siepmann [Hotel Zur Bahn] in Eiringhausen eine stattliche Anzahl
Herren zu der einberufenen Protestversammlung eingefunden, um
Maßnahmen gegen die Milchpreiserhöhungen zu treffen. Kritisiert
wurde vor allem die schroffe Weise der Ankündigung der Erhöhung
durch die Lieferanten. Gerade die Art und Weise, wie man es versucht,
das kaufende Publikum zu belasten, ohne auch nur einen Grund hierfür
anzuführen, wurde am heftigsten beklagt und hervorgehoben, dass
das Futter für das Vieh in diesem Jahre mehr als reichlich den
Landwirten zugeflossen sei. Es wurde von sämtlichen Anwesenden
beschlossen, für keinen Liter Milch mehr als 20 Pfennig in diesem
Winter zu bezahlen. Sämtlichen Lieferanten, die mehr verlangen,
soll die Lieferung gekündigt werden.
12. Am gestrigen Abend reichte ein beim Bahnbau beschäftigter
Arbeiter in der Wirtschaft Knapp ["Zur hohen Molmert", Holthausen, Paul Knapp] zur Begleichung seiner
Zeche der Tochter des Hauses ein Goldstück. Während diese nun ins
Wohnzimmer ging, um das Geld zu wechseln, eignete sich der Fremde
die Wirtschaftskasse an, wartete aber so lange, bis ihm auch der
zurückerstattete Betrag ausgehändigt war. Dann verschwand er
schleunigst. Da man nach kurzer Zeit das Fehlen der Wirtschaftskasse
bemerkte, setzte man sich sofort telephonisch mit dem Gendarmeriewachtmeister
Guth in Eiringhausen in Verbindung, dem es gelang, den Dieb am Bahnhof
Plettenberg festzunehmen, als dieser gerade im Begriff war, den Zug
um 8.14 Uhr nach Hagen zu benutzen.
DEZEMBER
11. Gestern Abend explodierte in einer Fabrik plötzlich ein
frisch mit Kohlen gefüllter Mutterofen, so dass eine Anzahl
Fensterscheiben zersprangen. Es ist anzunehmen, dass die Kohlen
noch Sprengstoff enthielten. Glücklicherweise ist niemand dabei
zu Schaden gekommen.
22. Der geräumige Saal des Herrn H. Vieregge war auch in
diesem Jahr von einer großen Besucheranzahl gefüllt, der man es
durchweg anmerken konnte, dass sie den mannigfachen Darbietungen
mit Interesse folgte und sich durch sie gern auf die Höhe festlicher
Stimmung führen ließ. Wenn schon die alten lieben Klänge der
Weihnachtslieder für sich allein zu Herzen gehen, so taten sie
es hier erst recht, wenn sie mit dem mächtigen Schall der Posaunen
zu den Hörern drangen, sei es, dass dieselben den gemeinsamen
Gesang begleiteten, sei es, dass sie selbständig Kompositionen
mit Weihnachtsmotiven vortrugen.
28. Diesmal gab es weiße Weihnachten, leider jedoch nur in
der Christnacht und am 1. Feiertag, während in der Nacht zum 2.
Festtage anhaltende Regenschauer die ganze Winterherrlichkeit
wieder in Matsch verwandelten, der wenig weihnachtlich anmutete.
Um 6 Uhr morgens nahm die Feier im überfüllten Gotteshause, der
evangelischen Hauptkirche, ihren Anfang. Die zu Seiten des Altars
prangenden großen Christbäume verbreiteten mit ihrem milden
Kerzenglanz eine weihevolle Stimmung, die noch durch den lieblichen
Gesang des Kinderchores unter Herrn Lehrer Prinz bewährter Leitung
erhöht wurde. In ihrer weihnachtlich prächtig geschmückten Kirche
hatte sich gleichzeitig auch die katholische Gemeinde zu der von
Herrn Pfarrer Hermesmeyer feierlich geleiteten Christmette in so
großer Zahl versammelt, dass kein Platz mehr frei war. Hier trug
ein gemischter Chor von den Schülern der oberen Klassen der
katholischen Volksschule unter dem Szepter des Herrn Hauptlehrers
Willeke zur Verschönerung der Feier in erhebender Weise bei.