Ereignisse des Jahres 1894
(Quelle: Süderländer Wochenblatt)

1. Januar: Der in der Silvesternacht eintretende Schneefall, der der verschnupften Witterung des Jahresende hoffentlich ein Ende setzt, hielt die Straßen ziemlich leer. Auch scheint die gewohnheitsmäßige Knallerei allmählich nachzulassen.
Im Turnverein Jahn wie im Handwerkerverein wurde zur Feier des Tages ein Kränzchen veranstaltet, nachdem vorher unter brennendem Tannenbaum Verlosungen stattgefunden hatten.
Der Kaiser-Wilhelm-Stiftung für invalide Krieger stiftete Commercienrath Selve 10.000 Mark zur Verteilung im Kreis (Altena). Aus dieser Schenkung wurden in der Stadt 216 Mark unter 12 Personen und im Amt 553 Mark unter 18 Personen am 1. Weihnachtstag verteilt.

Das Süderländer Tageblatt erscheint dreimal wöchentlich und meldet am Donnerstag, 4. Januar unter der Rubrik "Standesamtliche Mittheilungen": Im Jahre 1893 wurden angemeldet
a) Stadt: 145 Geburten, 37 Eheschließungen und 81 Sterbefälle
b) Amt: 166 Geburten, 39 Eheschließungen, 108 Todesfälle

In der evang. Kirchengemeinde wurden im Jahre 1893 233 Kinder getauft. Getraut wurden 64 Paare und gestorben sind 146 Personen. Konfirmiert wurden 72 Knaben und 76 Mädchen. Die Zahl der Kommunicanten betrug 2.304.

Am 7. Januar jährte sich zum 50. Mal die Einführung des Turnunterrichts in den preußischen Schulen.

September
13. Die von Herscheid des Morgens um 9 Uhr hier eintreffende Post erlitt heute dadurch eine Verspätung, dass in der Nähe der Dreyerschen Fabrik die Hinterachse des Wagens brach, infolgedessen zur Weiterbeförderung der Postsachen ein Reservewagen vom hiesigen Postamt requiriert werden musste. Die Bediensteten des hiesigen Amtes vermochten indes nicht mehr, die Verspätung aufzuholen.
20. Ein gräßlicher Unglücksfall ereignete sich gestern mittag auf dem Grafwege gegenüber dem Voßlohschen Hause. Eine gewaltige 330 Zentner schwere Locomobile, geliefert von Magdeburg Buckau für die neue Brockhaussche Werksanlage in Kückelheim, war auf eigens konstruiertem Wagen, von acht Pferden gezogen, gegen ein Uhr den Berg hinauf befördert und bewegte sich eben talwärts, als an der angelegten Hemmkette - ein Hemmschuh soll, wie sonst üblich, diesmal von der Fabrik nicht mitgelifert worden sein - der Haken sich streckte, worauf das schwere Fuhrwerk ins Rollen geriet, worin es das Hemmziehen von von cirka 30 bis 40 Mann nicht aufhalten konnte.
In üble Lage gerieten nun die Fuhrleute, welchen es oblag, ihre Pferde zu sichern, als auch möglichst den Wagen von der Talseite nach der Bergwand hinüberzuleiten. Alle Bemühungen waren leider vergeblich. Die Locomobile drängte zu Tal, schlug vornüber, im Fallen mit der Kolbenstange den Fuhrmann Fernholz ins Kreuz treffend, so dass dessen sofortiger Tod eintrat.
Über vierstündiger, angestrengter Arbeit mit schweren Winden bedurfte es, um die Leiche des Verunglückten, dem auch das rechte Bein zweimal gebrochen war, aus der schrecklichen Lage unter dem Kessel hervorzugraben.
Bei dem Sturz wurden die beiden Deichselgespanne mit auf das Ackerfeld gerissen. Der verunglückte Fernholz, ein allgemein beliebter, fleißiger und solider Mann, hinterlässt eine Witwe und zwei unmündige Kinder. Er führte das Gespann unmittelbar vor dem Wagen und war bemüht, die Katastrophe abzulenken.
Ein telegrafisch beorderter Monteur wird die im Ackerfeld festliegende Locomobile auseinandernehmen, um den Kloßss so zerlegt an Ort und Stelle schaffen zu können.


Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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