Ereignisse des Jahres 1890
Quelle: Jubiläumschronik zum 25-jährigen Bestehen des Süderländer Wochenblatt, Nr. 9, 25. Jahrgang, vom Donnerstag, dem 21. Januar 1904

Am Schluß unseres Festartikels aus Anlaß des 25-jährigen Bestehens des "Süderländer Wochenblatt" in Nr. 1 dieses Jahrgangs überwiesen wir unserem Blatte, seiner Bestimmung entsprechend, die Rolle des Chronisten und fordern nun die freundlichen Leser auf, seinen Mitteilungen ein Weilchen Gehör zu schenken.Unsere Wissenschaft reicht, wie wir schon darlegten, zurück bis zum Jahre
-- 1890 --
Da enthält gleich die Nr. 10 dieses Jahrgangs ein launiges "Eingesandt" (Leserbrief) über die Misere der damals noch manches zu wünschen übrig lassenden Wege. Seines gelungenen Inhalts wegen werden wir den Artikel in einer späteren Nummer einmal wieder der Vergessenheit entreißen. Sodann wird, wenn wir die Seiten weiter umschlagen, mitgeteilt, daß Plettenberg im Jahre 1889 3.600 Einwohner zählte, ferner, am 17. Februar 1890, die Ernennung des heute noch hier in ungeschwächter Kraft amtierenden Herrn Dr. Brunabend zum Sanitätsrat.

Im März trat unsere Freiwillige Feuerwehr dem neugegründeten Feuerwehrverband des Kreises Altena bei, im Juni war der Erweiterungsbau des Amtsgerichts seiner Verwirklichung entgegengerückt. In demselben Monat segnete in Eiringhausen ein Wohltäter, Herr P. Ch. Lindemann im hohen, biblischen Alter von 80 Jahren das Zeitliche, nachdem er kurz vor seinem Tode noch zur Erbauung des Krankenhauses die Summe von 350 Mk. gespendet hatte.

Am 1. Juli 1890 wurde das schmucke Postgebäude in der Wilhelmstraße dem Verkehr übergeben. Das bisher bei Bitzhenner gewesene Postwartezimmer (hier warteten die Fahrgäste der Postkutsche) wurde infolgedessen ins benachbarte Hotel Küsterer verlegt. Auch ein Unglücksfall sollte nicht fehlen: am Abend des 1. August verunglückte der Arbeiter Honigmann aus Pasel beim Heueinfahren tödlich.

Am 2. September feierte die evangelische und katholische Schule gemeinsam nach einem feierlichen Umzug durch die Stadt das Sedanfest auf dem Wieden und in der Schützenhalle, wobei Herr Rektor Klein die Festrede hielt. Am 12. September 1890 wurde auf der Amtsversammlung in Neuenrade (Ohle gehörte bis dahin zum Amt Neuenrade) die Zusammenlegung der Gemeinde Ohle mit dem Amtsbezirk Plettenberg gutgeheißen. Um diese Zeit zerstörte ein Großfeuer in Verse bei Herscheid die August Schultesche Fabrik, die 1878 schon einmal von solchem Unglück heimgesucht worden war. Ende September fand im Hotel Böley am Maiplatz die Bildung des "Sauerländischen Touristenclubs" (Vorläufer des SGV) statt, der mit anfänglich 52 Mitgliedern in demselben Jahr noch auf 72 Mitglieder kam. Den Vorsitz führte damals Herr Amtmann Vorwerck, als Schriftführer fungierte der hier nicht mehr ansässige Herr Rechtsanwalt Hesse. Etwa um denselben Termin wurde Herr Mittelschullehrer Weimann in sein Amt eingeführt anstelle des nach der Kohlenstadt Bochum versetzten Herrn Lehrers Braun.

In Holthausen beging Herr Lehrer Müller, noch heute rüstig im Amte, Anfang Oktober unter vielen Ehrungen sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Ein Fackelzug fand statt, die Holthauser Kapelle half die Freuden des Tages verschönen. Herr Landwehrvereinshauptmann Werkmneister Schulte richtete eine Ansprache an den Jubilar, desgl. bei dem Festessen zu Ehren des Tages Herr Pfarrer Klein (Plettenberg). Mitte Oktober wurde der Arbeiter Wittkopp bei einer Schlägerei in Landemert tödlich verletzt. - Am 16. Oktober fand in Eiringhausen das Abschiedsessen des nach Barmen versetzten Bahnmeisters Küchler, der nach 10-jähriger Anwesenheit von dort schied, bei Ostermann statt. Der 2. desselben Monats brachte in Plettenberg die Moltkefeier im Hotel "Zum Schwarzenberg" aus Anlaß des 90. Geburtstages des Feldmarschalls. Das Kaiserhoch brachte dabei Herr Bürgermeister Posthausen aus, die Festrede hielt Herr Pfarrer Ebbinghaus, weitere Reden hielten die Herren Pfarrer Klein, Amtmann Vorwerck und Gerichtsrat Hiddemann. An das berühmte greise Geburtstagskind ging ein Telegramm ab, in dem auf seinen Vornamen Hell-mut in sinniger Weise Bezug genommen wurde. Die Moltkefeier wurde auch in Ohle vom dortigen Landwehr- und Gesangverein begangen. Den Kaisertoast sprach dabei Herr Fabrikant Kölsche, worauf Herr Pfarrer Hawerkamp die Moltkerede hielt. Ende Oktober übernahm Se. Maj. der Kaiser beim siebten Sohne des Landwirts Herrn Vieregge in Leinschede die Patenstelle.

Am 2. November konnte der Vereinsbote des Lesevereins der Clubgesellschaft zu Plettenberg, Herr Heinr. Schröder, sein 25-jähriges Jubiläum als solcher begehen, bei welcher Gelegenheit er durch ein Ehrengeschenk ausgezeichnet wurde.

Im Dezember erfuhr die Lennebrücke durch Hochwasser eine arge Beschädigung. Die Reparaturarbeiten fanden unter Aufsicht des Herrn Baurats Hammacher statt. Um diese Zeit konnten auch die Vorarbeiten an der Bleierzgrube der Bremcker Flur wieder aufgenommen werden. Am 2. Dezember brannte das Haus des Landwirts Hülter in Baddinghagen, schon zum zweiten Mal in demselben Jahr, nieder, wobei 2 Kühe in den Flammen umkamen. - Wir schließen das Jahr mit der Mitteilung über die im letzten Monat desselben erfolgte Volkszählung in Plettenberg, das danach zu dieser Zeit 3.682 Einwohner aufwies.


Quelle: StA Plettenberg, Reg. B/45, S. 157 ff, "Zeitungsberichte für die Monate Juli, August, September 1890"

Landescultur: Die (sehr) nasse Witterung der Monate Juli und August hat den Feld- und Gartenfrüchten sehr geschadet. Die Gartenkartoffeln sind über die Hälfte faul, dagegen liefert die Ernte der Feldkartoffeln (immerhin noch bessere) nicht so schlechte Erträge, wie befürchtet wurde. Die Roggenernte ist als Mittelernte zu bezeichnen; die Haferernte ist gut, ebenso die Grünernterate.

Viehseuchen: sind nicht vorgekommen.

Öffentliche Bauten: Der Erweiterungsbau des neuen evangelischen Schulhauses ist fertiggestellt. Die Subsellien (Schulbänke) sind in Arbeit und werden die neuen Schulräume Anfang October in Benutzung genommen werden können.
Die Aufsicht über die Bahnhofstraße wird mit Genehmigung der Provinzialverwaltung mit dem 1. Mai d. J. durch den Straßenaufseher Schulze ausgeübt. Die eine Hälfte der Bahnhofstraße ist in diesem Jahre mit einer starken Steindecke versehen und diese mittels der Dampfwalze eingebaut worden. Im nächsten Jahre soll mit der anderen Hälfte in ähnlicher Weise verfahren werden.

Die öffentliche Stimmung ist gut.

Industrie: Wie allerorts, so macht sich auch hier eine Flaute in der Eisenindustrie bemerkbar, jedoch sind wesentliche Arbeiterentlassungen, Arbeitseinschränkungen oder Lohnermäßigungen noch nicht eingetreten.

Der Gesundheitszustand unter den Menschen hat im Allgemeinen befriedigt. Während der Berichtsperiode erkrankten laut Krankentagebuch hier 75 Kinder an den Masern. Die Krankheit nahm einen gutartigen Verlauf.

Diebstähle und Brände sind nicht vorgekommen.

Am 6. August d. J. kam über dem Ebbegebirge ein Wolkenbruch nieder, infolgedessen die Gebirgsbäche Oester und Grüne kurze Zeit derart anschwollen, dass sie stellenweise über die Ufer traten. Es wurde die massive Fahrbrücke des Fabrikanten Kühne, die hölzerne Fahrbrücke des Fabrikanten Allhoff und mehrere hölzerne Fußbrücken weggeschwemmt, andere Brücken stark beschädigt. Dieselben sind bereits wieder hergestellt. An dem Hammerwerke der Gebr. Geck wurde ein angebauter Kohlenschuppen weggerissen. Auch an den Böschungsmauern der Communenberge hat das Hochwasser hier und da Schaden angerichtet.


Quelle: StA Plettenberg, Reg. B/45, S. 159/160, "Zeitungsberichte für die Monate October, November u. December 1890"

Euer Hochwohlgeboren berichte ich gehorsamt Folgendes:
Bezüglich der Landescultur ist Wesentliches nicht zu berichten. Der anfallende starke Frost der letzten Wochen hat der Wintersaat nicht geschadet, da solche durch eine leichte Schneedecke geschützt war. Der Ertrag der Kartoffelernte wird den Bedarf hier nicht decken, weshalb fremde Kartoffeln eingeführt werden müssen.

Der Gesundheitszustand der Haustiere ist gut. Viehseuchen sind nicht vorgekommen. Der Erweiterungsbau des evangelischen Schulhauses ist fertiggestellt und abgenommen, die Klassenzimmer mit den erforderlichen Subsellien ausgerichtet worden. Dieselben haben noch nicht in Gebrauch genommen werden können, da es immer noch an einer Lehrkraft mangelt.

Die Reparaturarbeiten der durch die Hochflut vom 24. v. M. beschädigten Strompfeiler der Lennefahrbrücke sind zu Ende geführt worden und ist die Brücke, welche mehrere Wochen hindurch für Fahrverkehr gesperrt werden musste, am 10. d. M. wieder freigegeben worden, mit der Beschränkung jedoch, dass das höchste Ladungsgewicht der die Brücke passierenden Fuhrwerke bis auf Weiteres nur 2500 Kilogram betragen darf.
Die massive Oesterbrücke, welche ebenfalls durch die Hochflut gelitten hat, ist ausgebessert worden. Diese Instandsetzungsarbeiten werden der Stadtgemeinde ungefähr ..... M. kosten
Die öffentliche Stimmung ist gut.
Die Alters- und Invaliditätsversicherung der Arbeiter findet hier in beteiligten Kreisen noch wenig Anhänger. Dies wird sich aber bessern, sobald erst einmal die Segnungen des Gesetzes fühlbar werden.
Der Gesundheitszustand unter den Menschen befriedigt.
Diebstähle sind nicht vorgekommen.
Am 7. vorigen Monats, 7 1/4 Uhr, brach im Hause der Witwe Böley in der Grünestraße ein Feuer aus, welches das Dach einäscherte. Die Nachbarhäuser blieben unversehrt. Das Gebäude war bei der Provinz. Feuer-Societätsversicherung versichert.

Anmerkung StA Plettenberg:
Ab Seite 161 folgen weitere Berichte für die Zeit von Januar 1891 bis einschließlich 1895 (S. 161 bis 197, Aktenschluss).
Vorausgegangen sind ähnliche Berichte ab Januar 1862, dazu statistische Angaben über Lebensmittelpreise/Fruchtarten 1866/68.


Lexikon für die Stadt Plettenberg, erstellt durch Horst Hassel,
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