Quelle: Süderländer Tageblatt vom 20.06.1960 im Archiv HH

Im Trubel des Plettenberger Schützenfestes
Rege Anteilnahme der Bevölkerung - Werner Winkemann wurde König - Heute Biergericht und Königsessen - Herzliche Grußworte für Ernst Eckes, den Schützenfestgast aus den Vereinigten Staaten

Plettenberg. Besser konnte das Wetter nicht sein, als am Samstagmittag die Plettenberger Schützengesellschaft 1836 sich anschickte, ihre volkstümlichen Festtage einzuleiten. Plettenberg hatte selbstverständlich auch in diesem Jahre ein festliches Kleid angelegt, und viele Fahnen und Ehrenpforten grüßten die Schützen bei ihren Umzügen.


Werner Winkemann, der sich Hiltrud Fröhlich zur Königin erwählte, wird hier als neuer König des Jahres 1960 dem Schützenvolk präsentiert. Die Aufnahme entstand am Untertor. Rechts das längst abgerissene Haus Hartmann, dann die Schwarzenbergstraße und das inzwischen auch längst gefallene Haus Korbwaren Sprenger.

Ehe aber Frohsinn und Vergnügen Platz griffen, gedachten die Plettenberger Schützen auch in diesem Jahr ihrer gefallenen Kameraden, und, wie angekündigt, hatte man zum ersten Mal einen Geistlichen gebeten, die Gedenkrede zu halten. Dechant Bultmann sprach vor dem neuen Ehrenmal davon, dass es ein schöner Brauch sei, dass die Schützen zu Beginn ihres Festes der Männer gedenken wollten, die der unheilvolle Krieg dahingerafft habe.

"Es trägt im Tode ein jeder des Bruders Angesicht", habe der Dichter Heinrich Lersch einmal geschrieben. Niemals werde man jene furchtbaren Jahre des Krieges vergessen können, noch vergessen dürfen. Und wenn man sich jetzt zu diesem Gedenken zusammengefunden habe, so auch deshalb, um "des Bruders Angesicht" in das rechte Licht dieses Gedenkens zu rücken. Brudertat sei ihr Opfer gewesen, Bruderpflicht aber sei nun die Aufgabe der Überlebenden. Der Sinn ihres Todes liege im Raum des Glaubens an den ewigen Gott. Gott habe ihren Tod als Sühneopfer für all die Habgierigen angenommen, die diese Menschen in den Tod getrieben haben.

Es müsse schlimm um eine Zeit stehen, in der der Herrgott 30 Millionen Kreuze in die Erde pflanzen müsse, damit sie endlich begreife, was allein sie noch retten könne. Es sei nicht damit getan, fuhr der Geistliche fort, dass man die Namen der Gefallenen auf Steintafeln schreibe, sondern man solle sie vor allem tief in die Herzen eingraben, denn das Lied vom guten Kameraden müsse mehr sein, als nur ein wehmütiges Gedenken, es müsse letzthin für uns alle zu einem Gebet werden und uns an unsere Aufgabe der Bruderpflicht erinnern.

Auf dem Kohlbuschberg
Nachdem die Weise vom "guten Kameraden" verklungen war, kündeten die Böllerschüsse den Beginn des Wettkampfes um die Königswürde an. Die Schützen marschierten zum Schießstand, wo bald ein heißer Kampf entbrannte und unter der sommerlichen Sonne auch mancher Schweißtropfen vergossen wurde.

Am Kohlbuschberg war das große Schießen gut vorbereitet worden; sowohl im Schützenheim wie auch auf dem Vorplatz war ein Ausschank, und bald saßen Majetäten, Offiziere und Schützen in fröhlicher Harmonie beieinander und konnten die Strapazen des Anmarsches mit einem kühlen Trunk quittieren. Um 15 Uhr hallten dann die ersten Schüsse am Schießstand.

Im Schützenheim und im Freien hatte die Stimmung inzwischen noch weiter an Fröhlichkeit zugenommen. Für musikalische Unterhaltung war bestens gesorgt, denn unter schattigen Bäumen musizierte die Kapelle eifrig, unterstützt vom Tambourkorps der Plettenberger Schützengesellschaft.


Der neue Schützenkönig
Kurz vor sieben ertönten wiederum Böllerschüsse von der Höhe, die ankündigten, dass der neue König seinen Meisterschuss getan habe, und zwar war es Fabrikant Werner Winkemann, der beim 412. Schuss nicht nur den linken Flügel, sondern gleich den ganzen Vogel "herunterholte", nachdem Klaus Tillmann beim 23. Schuss die Krone, Heribert Mund beim 37. den Reichsapfel, Hans Beyschlag beim 266. das Zepter und Günter Dienstühler beim 331. Schuss den rechten Flügel geschossen hatten.


Der neue Thron
Sehr schnell konnte dann auch der gesamte Hofstaat zusammengestellt werden: König Werner erwählte sich Frau Hiltrud Fröhlich zur Königin. Erster Adjutant wurde Lothar Fröhlich mit Frau Winkemann, 2. Adjutant Horst Römer mit Inge Knips, 1. Hofmarschall Heinz Knips mit Margret Römer, 2. Hofmarschall Kurt Peter mit Margret Marl, 3. Hofmarschall Paul Marl mit Elisabeth Peters, 4. Hofmarschall Waldemar Grauer mit Ursel Hermens, 5. Hofmarschall Ulrich Hermens und Anneliese Grauer und 6. Hofmarschall Dr. Palatzki mit Frau Dienstühler.


Es gab Orden und Ehrenzeichen
Der 2. Vorsitzende Günter Dienstühler hieß dann abends in der Schützenhalle die Kameraden und Gäste willkommen. Es sei ihm eine Ehre und Freude, einen neuen König zu proklamieren. In großer Zahl seien die alten Majestäten und Ehrenmitglieder herbeigeeilt, um wieder das Schützenfest in ihrer Vaterstadt mitzufeiern. Er begrüßte auch das Lüdenscheider Musikkorps unter Leitung von Kapellmeister Peters, das für die verhinderte Kapelle der Feuerwehren eingesprungen war, ebenso das Tambourkorps unter Leitung des Tambourmajors Rudolf Denker, das dann im Laufe des Abends eine Solodarbietung in den Saal schmetterte, dass fast die Fensterscheiben zu klirren anfingen...


Eine große Anzahl von Ehrungen hatte der 2. Vorsitzende vorzunehmen. So wurden für 25-jährige Mitgliedschaft ausgezeichnet: Werner Allhoff, Karl Bald, Walter Berges, Willi Brücher, Hermann Ebberg, Ernst Florath, G. Frank, Reinhold Gembruch, Robert-A. Heßmer, Paul Hollweg, Heinrich Holthaus, Ernst Keitmann, Ernst Köster, Walter Kortmann, Walter Menschel, Paul Lübke, Tonio Muntinga, Alfred Philipp, August Römer, Willi Voß, Walter Schulte, Erich Schauerte, Max Vogel und Eugen Hellwig.

Die vom scheidenden König gestiftete Königsmedaille wurde an 21 Schützen verliehen, die mindestens 45 Ringe geschossen hatten. Das Verdienstkreuz II. Klasse erhielten die langjährigen Fahnenoffiziere Wilhelm Lohmann und Emil Wilmink, Schießmeister Werner Thomee den Vereinspokal, Oberschießmeister Heinrich Solms eine Verdienstmedaille.

Goldenes Schützenjubiläum
Als besonderes Ereignis bei den vielen Ehrungen darf jedoch die Tatsache erwähnt werden, dass Rechtsanwalt Dr. Schneider für eine 50-jährige Mitgliedschaft der Schützenehrenhut und dazu der Ehrenbrief der Schützengesellschaft überreicht werden konnte. "Dankerfüllt und treu" war das Motto der Worte, die Dr. Schneider dann selbst ins Mikrofon sprach und in deren Verlauf er auch die Gedanken der Anwesenden zu denen lenkte, die das Schicksal von jenseits des Eisernen Vorhanges nach Plettenberg geführt habe und die durch ihre Zugehörigkeit zur Plettenberger Schützengesellschaft bewiesen, dass sie hier wirklich so etwas wie eine neue Heimat gefunden haben.

Ein echtes Volksfest
Und während draußen vor der Halle die Karussells sich drehten, der Festplatz in ein einziges Lichtermeer getaucht war, die Glücksbuden lockten - angesichts der Hitze das Speiseeis am Tage sicher mehr gefragt war als die Bockwürste, während sch das Bild zu später Abendstunde veränderte - spielte drinnen die Musik zum fröhlichen Tanz auf...


Quelle: ST-Jahresrückblick vom 31.12.1960 im Archiv HH

Beim Schützenfest der Plettenberger Schützengesellschaft (18.-20. Juni) wurde Werner Winkemann Schützenkönig, der sich Hiltrud Fröhlich zur Königin wählte. Ein besonderer Willkommensgruß galt dem 83jährigen USA-Plettenberger Ernst Eckes, der aus Amerika herübergekommen war, um noch einmal das Plettenberger Schützenfest miterleben zu können.