Quelle: Westfälische Rundschau Plettenberg vom 24. 06.1952
Trotz wolkenverhangenen Himmels:
Plettenberg. Wenn der Wettergott, wenigstens an den beiden ersten Tagen, auch nicht
seinen vollen jahreszeitlichen Pflichten nachkam, verlief das diesjährige 117. Schützenfest der
Plettenberger Schützenvereins dennoch in ungemindertem, traditionellen Glanz. Nicht wenig
mochte zu dieser Tatsache die neuerrichtete Schützenhalle, die den äußeren schmucken Rahmen
des Festes bildete, beigetragen haben. Es war eine doppelte Freude, als der Vorsitzende
Paul Wirth am Samstagabend zugleich mit der Proklamation des neuen Königspaares die
festliche Einweihung der neuen Schützenhalle vornehmen konnte. Als eine Pflegestätte deutscher
Art und deutschen Wesens, so rief Paul Wirth in seiner Ansprache aus, solle die Halle der
Vaterstadt und ihrer Bürgerschaft dienen, zugleich aber auch Zeugnis ablegen von deren Opfersinn
und Einigkeit, ohne die das Werk niemals in so kurzem Zeitraum habe entstehen können. |
![]() König '52: Willi Wurm |
Knapp zwei Stunden vor dem Festkommers, kurz nach 18 Uhr, war am Kohlbusch der Königsschuß
gefallen. Nachdem Heinrich Kirchhoff beim 146. Schuß die Krone des Schützenvogels heruntergeholt
hatte, erzielte der Hammerschmied Willi Wurm, Hestenbergstr., den Königstreffer. Wurm gehört seit
30 Jahren der Schießkommission des Vereins an und ist als guter Schütze bekannt. Der neue
Schützenkönig wurde vom Volk laut umjubelt und gefeiert. Zu seiner Königin erwählte sich Willi
Wurm Frau Ilse Ohm, Ziegelstraße.
Nach dem abendlichen großen Zapfenstreich in der Schützenhalle, bei der das Werkorchester
des Ohler Eisenwerks unter Leitung von Kapellmeister Höverkamp und das Tambourkorps der
Schützengesellschaft unter Leitung von Tambourmajor Denker aufspielten, nahm der Vorsitzende
die Proklamation des Königspaares sowie die Ehrung verdienter Mitglieder vor. |
Ein besonderes
Grußwort galt dem nach 25 Jahren zum ersten Mal wieder in seiner Vaterstadt weilenden Ernst
Eckes aus den Vereinigten Staaten. Eckes wurde in Anerkennung seiner Verdienste um den
Aufbau der Halle unter begeistertem Beifall der Volksmenge zum Ehrenmitglied ernannt.
Quelle: Westfalenpost vom 24. 06.1952
"König des Volkes" wurde gekrönt
Plettenberg. Das unfreundliche Wetter mit zeitweisem Rieselregen, das den ganzen Sonntag
über herrschte, vermochte die Stimmung der Plettenberger Schützen nicht zu beeinträchtigen. Ein
stattlicher Festzug zog durch die von der Bürgerschaft umsäumten Straßen der Innenstadt, anschließend
begann das Festkonzert in der Schützenhalle, das von der Kapelle des Ohler Eisenwerkes unter
Leitung von Kapellmeister Höverkamp und dem Tambourkorps der Schützengesellschaft unter Leitung
von Tambourmajor Denker mit einem auserlesenen Program ausgeführt wurde.
Vorsitzender Paul Wirth konnte unter den Gästen auch Oberkreisdirektor Feuring begrüßen. Besonders
herzlich willkommen geheißen wurde der aus Amerika eigens zum Schützenfest gekommene alte
Plettenberger Ernst Eckes, der während der bittersten Jahre nach dem Zusammenbruch durch
Übersendung von schier unzähligen Care-Paketen manche Not in seinem Freundes- und Bekanntenkreis
in der alten Heimat zu lindern wußte. In Anerkennung seiner Treue und Verbundenheit mit seiner
Vaterstadt und der Schützengesellschaft wurde er unter dem Beifall der Festversammlung zum
Ehrenmitglied ernannt. Mit herzlichen Worten, zum Teil in Plattdeutsch, dankte Herr Eckes für die ihm
zuteil gewordene Ehrung.
Worte des Dankes widmete der Vorsitzende auch der Stadtverwaltung für die Gewährung des
Wiederaufbaukredites, wobei allerdings die betrübliche Feststellung getroffen werden mußte, daß die
Mehrheit der Stadtvertretung die Bewilligung eines Zuschusses grundsätzlich abgelehnt hat, obwohl
die Schützenhalle in der größten Stadt des Kreises (Altena) von der Schützengesellschaft nur
einmal im Jahr beansprucht werde, sonst aber ausschließlich für Veranstaltungen anderer Organisationen
und Vereine zur Verfügung stehe. Die Schützengesellschaft habe zum dritten Male seit ihrem
Bestehen durch die Schaffung einer Festhalle eine Aufgabe im Interesse aller Bürger gelöst.
Obwohl die Spendensammlung ein erfreuliches Ergebnis zu verzeichnen hatte, wird der Hoffnung
Ausdruck gegeben, daß nicht nur die Schützen, sondern alle Bürger durch ein wenn auch noch so
kleines Opfer zu dem großen Werk beitragen. Mit besonderer Freude habe die Schützengesellschaft
festgestellt, daß die Organisation der Heimatvertriebenen durch eine Sammlung in ihren Reihen einen
stattlichen Betrag für den Wiederaufbau der Schützenhalle überwiesen hätten.
Während des Festballes am Abend erreichte mit der Krönung des neuen Schützenkönigspaares und
Übergabe der Regierungsgewalt das Schützenfest seinen Höhepunkt. Bei der Verabschiedung des
alten Königspaares Fastenrath betonte der Vorsitzende, daß dieses Königspaar mit fester Hand die
Plettenberger Schützengesellschaft zum sichtbaren Erfolg geführt habe. Das Königspaar Fastenrath
habe durch den Wiederaufbau der Halle sich selbst und auch der Stadt ein Denkmal gesetzt und
damit auch der Schützengesellschaft wieder ein Fundament gegeben. Als Anerkennung und als
äußeres Zeichen des Dankes überreichte der Vorsitzende dem alten Königspaar die Silbersterne
der Plettenberger Schützengesellschaft.
Dann wandte sich der Vorsitzende dem neuen Königspaar zu und überreichte ihm die Zeichen der
Königswürde, die Königskette mit fast 200 Silbersternen, die in der über 100-jährigen Geschichte
der Schützengesellschaft von den vorausgegangenen Königen und Königinnen getragen wurden,
sowie Diadem und Kreuz der Königin. Zum ersten Male in der Nachkriegszeit, so führte er aus,
konnte der beste Schütze mit den gewohnten Feuerwaffen wieder ermittelt werden. Mit dem Wunsch
für eine erfolgreiche Regierungszeit in Frieden und Einigkeit wurde die Ergebenheit für die alten und
neuen Majestäten mit einem dreifachen Hoch zum Ausdruck gebracht. Der ehemalige Schützenkönig
Paul Thomee überreichte dann dem neuen König, den er als einen "König des Volkes" bezeichnete,
vier Orden, eine Auszeichnung, die auf einmal einem König bisher selten zuteil wurde.
Zwei Tanzkapellen der Musiker des Ohler Eisenwerkes spielten abwechselnd zum Tanz auf, dem die
alten und jungen Schützen bis nach Mitternacht eifrig huldigten. Mit Böllerschüssen, Weckruf des
Tambourkorps, Festzug und Frühkonzert und Biergericht wurde dann der dritte Tag des Schützenfestes
bei strahlendem Sonnenschein eingelietet.
1 Foto, WP-Aufnahme: Przewolka |