Quelle: ST vom Montag, dem 4. September 1950
Unser Schützenfest auf dem Höhepunkt
Glanzvoller Verlauf unter Teilnahme der gesamten Bevölkerung - Ganz Plettenberg war beim gestrigen Festzug
auf den Beinen - Schütze Heinz Ochtendung als Überraschungssieger des Königs-Vogelschießens - Frau Else
Wurth wurde Königin - Überfüllte Halle bei Konzert und Ball - Eine originelle Biergerichtssitzung - Der Bürgermeister
wurde "gefesselt" vorgeführt . . . und die Schulkinder hatten Spaß
Plettenberg. Die elf langen Jahre der königlosen, der "schrecklichen" Zeit, haben in unserer Heimatstadt
die Volkstümlichkeit des Schützenfestes nicht verblassen lassen, sondern sie wenn möglich noch gesteigert.
Das bewies rein äußerlich schon das Meer von Grünschmuck, Girlanden und Fahnen, in das sich die Hauptstraßen
unserer Stadt verwandelt hatten, und das bewies nicht zuletzt die festfreudige Anteilnahme aller Bevölkerungsschichten.
Man darf ohne Übertreibung feststellen, daß das altüberlieferte Fest sich mit einem Schlage sofort wieder seine
alte Stellung im Bewußtsein der Öffentlichkeit zurückerobert hat.

Die Umzüge der Jugend, bewaffnet mit Birkenbüschen und angeführt vom Trommlerkorps Kückelheim, haben am
Donnerstag und Freitag bereits das große Ereignis angekündigt, wobei die Teilnahme der Plettenberger Jugend
wahre Rekordziffern erreichte und am Freitagabend auf etwa 800 Jungen und Mädel anstieg. Nach dem
Böllerschießen am Samstagnachmittag, im Anschluß an das Glockenläuten, nahm dann am Nachmittag das
Schützenfest mit einer Feierstunde am Denkmal auf dem Schützenplatz seinen Anfang. Zuvor fand hier die
Übergabe der von den Töchtern und Enkelinnen der Schützen gestifteten silbernen Fahnennägel für die neue
Vereinsfahne statt. Die kleinen Stifterinnen in weißen Kleidern und mit blau-gelben Schärpen wurden neben dem
Ehrenmal in zwei Gruppen fotografiert und damit der historische Stiftungsakt auch für spätere Zeiten auf der Platte
festgehalten.
Die Weihe der neuen Fahne
am Samstagnachmitag vor dem Ehrenmal auf dem Schützenplatz leitete dann das eigentliche Schützenfestprogramm
ein. Das älteste Ehrenmitglied der Gesellschaft, alte Majestät Otto Wirth, nahm, nachdem die Kapelle einleitend
"Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre" intoniert hatte, mit einer kurzen und gehaltvollen Ansprache die Weihe vor.
Vorher trug Frl. Schulte sehr eindrucksvoll einen Prolog "Die Fahne" vor. Dann betonte der Redner einleitend, daß
er den ehrenvollen Ruf zu würdigen wisse, der mit diesem Auftrag der Fahnenweihe an ihn gerichtet worden sei. Er
wies auf
das Mißgeschick der alten stolzen "Königinfahne"
hin, die nach dem Einmarsch der Amerikaner als "Beutestück" von dannen geführt worden sei und seitdem trotz
aller Nachforschungen und Bemühungen unauffindbar geblieben sei. Gerade diese alte Fahne, die als Zeichen
königlicher Huld 1843 von der preußischen Königin Elisabeth den Plettenberger Schützen verliehen worden war,
sei stets der

Die neue Majestät Heinz Ochtendung wird gekrönt. Rechts das Königspaar von 1939, Walter Schwarz und Hedwig Rauterkus.
besondere Stolz der Gesellschaft
gewesen und sie sei darum im weiteren Umkreis beneidet worden, weil kaum ein anderer Schützenverein ein
solches Zeichen königlicher Huld aufzuweisen gehabt habe. Als im vorigen Jahr aus Kreisen der alten Schützen
spontan der Ruf nach einem Wiederaufleben der alten Schützentradition gekommen sei, da sei man sich auch sogleich
der Notwendigkeit bewußt geworden, eine neue Fahne für unsere Schützengesellschaft zu beschaffen. Es sei ein
schöner Gedanke gewesen, die
neue Schützenfahne als Stiftung der künftigen Schützenköniginnen,
nämlich der Töchter u. Enkelinnen der Schützenbrüder zu schaffen. Diese Anregung habe ein freudiges und nachhaltiges
Echo gefunden. Allen, die dem Ruf gefolgt sind, dankte der Redner noch einmal herzlich im Namen der
Schützengesellschaft. - Nachdem nun die bis dahin verhüllt gewesene
neue Fahne enthüllt
worden war, nahm der Redner die Weihe vor mit dem Wunsch, daß ihr auch in fernster Zukunft nie ein solch schmähliches
Ende wie der letzten beschieden sein möge, daß sie vielmehr noch viele Zeiten den Plettenberger Schützen voranwehen
möge als Symbol freien Schützengeistes in einem freien Deutschland. Nach der Übergabe der Fahne durch den Redner
an den Vereinsvorsitzenden spielte die Kapelle den Choral "Großer Gott, wir loben dich!"
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