Quelle: S. 134 bis 136 der "Willeke-Chronik" (1933-1939) im Archiv HH
Den Königsschuß gab
Hauptmann Greth
Wieder einmal sind Plettenbergs Straßen geschmückt. Fichtengrüne Girlanden und
Ehrenpforten tragen Merksprüche, das Blaugelb, die Farbe der Schützengesellschaft,
mischt sich mit den Symbolen des dritten Reiches. Auch die Bürgerschaft hat durch
Ausschmücken der Häuser ihre Sympatien kundgetan. Auf dem Wieden sind acht
Fahnenmasten errichtet worden, und von der Schützenhalle bauscht sich im Wind
die Schützenfahne neben den Hakenkreuzfahnen. Luftschaukel, Karussell, Glücks- und
Schießbuden belebten wieder das Bild auf dem Schützenplatz. Am Donnerstag und
Freitag Abend durchzogen schon die Kinder mit Birkenbüschen unter Vorantritt des
Trommlerkorps "Gloria" die Straßen der Stadt Plettenberg, um für das 101. Schützenfest
zu werben.
Mit dem Kinderschützenfest fing es an. Am Samstag Nachmittag kamen die jüngsten
Grünjacken, mit grünen, buntbebänderten Spitzhüten und dem Gewehr, geführt von dem
König und den Offizieren. Hinter der Schützenhalle wurde es ernst. Schnell war der
Gipsvogel auf der Stange angebracht und aufgerichtet und schon ging es immer der Reihe
nach mit Kaliber 6 mm. Lange dauerte es, bis der Vogel fiel. Kugel auf Kugel hatte Stück
für Stück herausgeholt und dann endlich fiel der letzte Rest um 17.45 Uhr. Der neue
König wurde jubelnd auf die Schultern genommen und gefeiert. Mit Musik, der Arnsberger
Musikzug war inzwischen eingetroffen, ging es in die Schützenhalle, wo zunächst einmal
die jungen Schützen sich bei Kaffee und Kuchen gütlich taten und das junge Königspaar
gekrönt wurde. Dann folgte der große Umzug nach der Wohnung des Schützenkönigs und
durch die Stadt. Dann krachten Böllerschüsse und das große Schützenfest konnte beginnen.
Der Kommersabend in der Schützenhalle war gut besucht, die Halle war hervorragend ausgeschmückt,
die Militärkapelle, die schon zum dritten Male zum Schützenfest spielt, gab ein ausgezeichnetes
Konzert. Während des Abends wurden auch die Preisträger des Medaillenschießens und die
Neuaufnahmen bekannt gegeben. Die Gesellschaft zählt nunmehr 661 Mitglieder. Zum Abschluß
brachte der Vereinsführer noch den Heilgruß an den Führer aus und die Nationalhymnen wurden
gesungen.
Der erste Festtag wurde in althergebrachter Weise durch Böllerschüsse eröffnet. Die Sonne
lachte verheißungsvoll. Gegen 9.30 Uhr holte die erste Kompagnie die Schützenfahne vom
Rathaus ein. Und wieder begleitete der Arnsberger Musikzug die Schützen. Man marschierte
zunächst zum Schützenplatz zur Heldengedenkfeier. Um 13.30 Uhr kamen alle Schützen
auf dem Schützenplatz zusammen und formierten sich zu ihrer Kompagnie. Der Ausmarsch
vom Wieden fand unter Beteiligung von rund 300 Schützen statt, das war eine
Rekordbeteiligung, wie sie die Analen der Chronik noch nicht verzeichneten. Unter
flotter Marschmusik ging es im langen Festzug auf den Kohlbuschberg. Hier widmete
Bürgermeister Dr. Eckler dem Schießsport huldigende Worte. Es ist Brauch und Sitte,
daß der Bürgermeister jeweils den ersten Schuß beim Königsschießen, was auch jetzt
wieder der Fall war, im Andenken an den Führer Adolf Hitler abgibt.
Nun entwickelte sich auf dem Schießstande ein reger Betrieb. Die Schützen stellten sich
in langer Kette an und bald hallten die Schüsse, die durch die Waldschneise auf den
Schützenadler gehalten wurden, im Sale wieder. Schon nach einer Viertelstunde fiel das
Zepter, kurz darauf der Reichapfel, nach einer Stunde die Krone und um 17 Uhr 25 Minuten
nach 970 auf ihn abgegebenen Schüssen stürzte der Vogel. Den Königsschuß gab
Hauptmann Greth. Mit großem Jubel wurde er begrüßt. Die Schießhalle war gerammelt voll,
denn es hatte sich ein Gewitter aufgetan, der den Aufenthalt im Freien unleidlich machte.
Die Stimmung war aber trotzdem gut. Leider konnte der so gern gehörte Arnsberger
Musikzug wegen Platzmangel nicht weiter konzertieren. Im Triumpf wurde zum Abschluß
der neue König durch die Stadt geführt; ein Ehrenkranz schmückte ihn. Abends erfolgte
beim Ball die Krönung des neuen Königspaares Majestät Greth und Majestät Schwarz.
Am anderen Morgen war wie gewöhnlich das große Wecken, dem sich gegen 11 Uhr das
traditionelle Biergericht anschloß. Hernach war dann das Königsessen. Wenn auch der
Vormittag regenreich war, so folgte doch ein Nachmittag mit schönem Wetter, so daß der
Festzug nicht in Frage gestellt war. Dieser war um 15 Uhr und übertraf an Beteiligung alle
bisherigen. Der Königs-Galawagen eröffnete den langen Festzug, ihm folgten die vielen
Wagen des Hofstaates. Tambourkorps "Gloria" und der Arnsberger Musikzug setzten
sich an die Spitze der drei Schützenkompagnien. Im flotten Marschrhythmus wurden die
Hauptstraßen der Stadt bis zum Weidenhof durchzogen, und die Bevölkerung nahm regen
Anteil. Am Maiplatz hatte sich die Menge zum Spalier gestaut.
Nach Beendigung des großen Umzuges wurde in der Schützenhalle (ein) Militärkonzert
ausgeführt. Wie üblich hielt in der Konzertpause der Vereinsführer eine Ansprache, in
der er u. a. erwähnte, daß der Schießbetrieb sich über Erwarten gut entwickelt habe. Es
seien nämlich im letzten Jahr auf der schönen Scheibenstandanlage über 20.000 Schuß
abgegeben worden.
In den Abendstunden trafen sich die Schützenkameraden mit ihren Angehörigen in der
Schützenhalle, woselbst ein großer Festball alle Teilnehmer bis in die frühen Morgenstunden
in froher Volksgemeinschaft zusammenhielt. |