ST-Jahresrückblick 1935:
Am 23. und 24. Juni fand in althergebrachter Weise das 99. Plettenberger Schützenfest statt; Paul Thomee errang die Königswürde und wählte Frau Paula Solms zur Königin.


Quelle: S. 76 und 77 der "Willeke-Chronik" (1933-1939) im Archiv HH

Paul Thomée König bei Tropenhitze

Im 99. Jahre des Bestehens feierte die hiesige Schützengesellschaft am 22. und 23. Juni ihr beliebtes Schützenfest. Wie im Vorjahre ließ man es auch in diesem Jahre wieder bei 2 Tage bewenden. Der Wettergott hatte das denkbar beste Wetter beschert und durch eine regelrechte Tropenhitze den an und für sich schon schönen Durst der Schützen noch sehr gesteigert. So war es denn kein Wunder, daß der Aufmarsch zum Scheibenstand am Kohlbuschberg für manchen ein wertvoller Ersatz eines Schwitzbades war, und zwar mit einer so durchschlagenden Wirkung, daß einzelne sich in ihre Bestandteile aufzulösen schienen. Die Straßen der Stadt prangten im schönsten Grün- und Flaggenschmuck, ebenso der Festplatz, auf dem sich eine große Kirmesstadt aufgebaut hatte. Überall, auf dem Scheibenstand wie in der Festhalle, herrschte echte, fröhliche Feststimmung.

Vorauf ging am Samstagabend der Werbefestzug der Jungschützen, ausgerüstet mit schöner Uniform und schmucken Federhütchen und grünen Büschen, voraus das Tambourkorps "Gloria", durch die Straßen unserer Stadt und alsbald vernahm man auch von Bergeshöh das Böllerschießen, womit das Schützenfest angekündigt ward. Der Festsonntag wurde wiederum durch das traditionelle Böllerschießen angekündigt. Gegen 10 Uhr marschierte dann die Jungschützengruppe vom Wieden aus zur Wohnung des Oberst, um dortselbst den Vogel abzuholen. Nach Rückmarsch zum Wieden begann dann hinter der Festhalle das Vogelschießen. Es war ein friedlicher aber heißer Wettkampf und so rechten Spaß machte und allen, die Zeugen dieses Ringens waren und erst gegen 12 Uhr wurde von dem Jungschützen Alex Allhoff der Meisterschuß getan.

Im Anschluß hieran erfolgte dann in der Festhalle die Fahnenweihe der Jungschützengruppe, die der Kreissportleiter der Schützenvereine im Gau Westfalen-Süd vornahm. Während des Weiheaktes heftete er noch das Hakenkreuz-Wimpel an dieselbe mit den Worten, die der Führer einst sprach: "Vor uns liegt Deutschland und nach uns kommt immer nur Deutschland!"

Nachmittags gegen 1 Uhr bewegte sich der Schützenzug unter Vorantritt des Musikkorps des A.-Inf.Regt. 18 Arnsberg zum Rathaus, woselbst die Fahnen abgeholt wurden und dann zur Wohnung des Vorsitzenden, um den Vogel in Empfang zu nehmen, worauf unter klingendem Spiel der Marsch zum Scheibenstand auf dem Kohlbuschberge führte. Oben angelangt begann das Ringen um die diesjährige Königswürde. Manche Feuerpause mußte eingelegt werden, denn der hartnäckige Vogel wollte und wollte nicht fallen. Erst gegen 7 Uhr wurde er beim 643. Schuß vom Adjutanten des Oberst Paul Thomée abgeschossen, während genau vor 25 Jahren sein Vater Schützenkönig wurde.

Nach kurzer Rast begann dann der Abstieg ins Tal, um von der Hestenbergbrücke aus zur schön geschmückten Schützenhalle zu marschieren und dem sich anschließenden Kommers und Tanz beizuwohnen. Im Verlauf des Festkommers wurden die Krönung des neuen Königspaares der Altschützen vorgenommen und der gesamte Hofstaat vorgestellt. Nachdem die begeisterten Hochs verklungen waren, wurde von Jung und Alt noch einige Zeit das Tanzbein geschwungen.

Auch der zweite Festtag zeigte das herrlichste Sommerwetter, denn die Sonne meinte es zu gut. Nach Antretend der 2. Kompagnie am Frühmorgen zum Anholen der Fahne und Rückkehr zur Halle formierten sich die Schützen zu einem Festzug durch die Stadt. Nach Rückkehr in die Halle ein kurzes Verschnaufen und Inempfangnahme der Biermarken. Alsdann nahm das Frühkonzert mit Biergericht seinen Anfang. Die alsdann zur Verlesung gebrachten Urteile lösten bei den Anwesenden ob ihrer öfters sehr originell zusammengestellten Anklageschriften größte Heiterkeit und Humor aus.

Zu dem sich anschließenden Königsessen hatte sich eine Anzahl Teilnehmer eingefunden, denen das vorzüglich zubereitete Mahl des Festwirts Heseler bestens mundete. Für 2.30 Uhr war der Festzug der Jung- und Altschützen programmgemäß angesetzt, jedoch war eine Verzögerung nicht zu umgehen, da der liebliche Sonnenhimmel sich in ein schwarzes Wolkenmeer verwandelte und zuckende Blitze mit Donnergetöse und Regen herniedersandte. Mittlerweile zeigte die Uhr die 4. Nachmittagsstunde an, als sich der Himmel erhellte und die Schützen, nachdem sich die Luft etwas abgekühlt hatte, auf dem Festplatz zum Festzuge formierten. Als der gesamte Hofstaat auf dem Festplatz aufgefahren war, setzte sich der Festzug durch die Hauptstraße der Stadt in Bewegung, freudig begrüßt von den Spalier bildenden Bürgern.

Nach Beendigung des wirklich schönen Nachmittagskonzertes schloß sich ein sehr gut besuchter Festball an. Es war schon heller Morgen, als endlich Majestät Paul I. Feierabend gebot. Mit dem Heimgeleiten des neuen und alten Königspaares fand das Schützenfest seinen Abschluß.